Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 21.11.2012, Az.: 4 WF 216/12

Zulässigkeit einer Beschwerde gegen die Ablehnung der Einsichtnahme in die gegnerischen Prozesskostenhilfeunterlagen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
21.11.2012
Aktenzeichen
4 WF 216/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 38026
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2012:1121.4WF216.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Westerstede - 08.10.2012 - AZ: 87 F 7061/12 UK

Fundstelle

  • FamRZ 2013, 805

Redaktioneller Leitsatz

Gegen die Ablehnung der Einsichtnahme in die gegnerischen Verfahrenskostenhilfeunterlagen ist die Beschwerde nicht eröffnet.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Westerstede vom 08.10.2012 wird als unzulässig verworfen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 300 € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist nicht statthaft.

Das Gesetz sieht die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde für die Ablehnung eines Antrags auf Einsichtnahme in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Gegners nicht vor, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Eine entsprechende Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO kommt nicht in Betracht. Die Interessenlage ist nicht vergleichbar. Bei dem Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren handelt es sich nicht um ein kontradiktorisches Verfahren. Beteiligten sind lediglich der Antragsteller und das Gericht, nicht jedoch der Gegner des Hauptverfahrens (vgl. Zöller/Geimer, 29. Auflage § 118 Rn. 1, 2 m.w.N.). Die Regelung bestimmt dementsprechend das Beschwerderecht des die Verfahrenskostenhilfe begehrenden Beteiligten. Ein Beschwerderecht des lediglich anzuhörenden Gegners, beispielsweise gegen die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe, ist nicht vorgesehen.

Auch scheidet eine entsprechende Anwendung des § 127 Abs. 3 ZPO aus. Die Staatskasse hat als Dritter ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahrens. Sie übernimmt mit der Entscheidung das Kostenrisiko und kann die Entscheidung lediglich insoweit anfechten. Der Gesetzgeber hat damit die Fiskalinteressen des Staates anerkannt. Ein vergleichbares eigenes Interesse des Gegners wird vom Gesetz hingegen nicht angenommen. Tatsächlich dürfte sich dieses Interesse auch in der Frage des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens erschöpfen. Die nur mittelbare Betroffenheit von der Verfahrenskostenhilfeentscheidung rechtfertigt die Reduzierung des Gegners auf einen anzuhörenden Dritten. In diesem Fall löst sich das Interesse noch weiter vom Zweck der Vorschrift, da die Antragstellerin noch Einsicht in Unterlagen des bereits abgeschlossenen Verfahrens begehrt.

Darüber hinaus wird auch kein, das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen, § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Wie bereits ausgeführt, ist die Antragstellerin am Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren des Antragsgegners lediglich nach § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO als grundsätzlich anzuhörender Dritter beteiligt. Sie kann daher in diesem Verfahren kein Gesuch an das Gericht richten, dessen Ablehnung die Beschwerdemöglichkeit eröffnet.

Es besteht ferner keine gesetzliche Grundlage für das von ihr formulierte Begehren, weshalb bereits kein Gesuch im Sinne der Vorschrift vorliegt, daneben die Antragstellerin durch die Ablehnung aber auch nicht beschwert ist. Insbesondere ist § 117 Abs. 2 ZPO keine Anspruchsgrundlage auf Übersendung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Norm sieht vor, dass dem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen ist. Nach Satz 2 darf diese Erklärung der Gegenseite grundsätzlich nur mit Zustimmung des Antragstellers zur Kenntnis gebracht werden. Das Zustimmungserfordernis entfällt lediglich in den Fällen, in denen ein bürgerlich-rechtlicher Auskunftsanspruch des Gegners besteht. Sodann ist der Antragsteller vor Übersendung der Unterlagen zu hören und bei Übersendung davon zu unterrichten.

Sinn und Zweck der Norm ist nach dem Willen des Gesetzgebers die Richtigkeitsgewähr der Feststellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für das Gericht (BT-Drucks. 16/6308 S. 325 "Zu Nummer 6"). Nicht jedoch ein Informationsgewinn des Gegners. Soweit sich das Gericht dafür entscheidet, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Beteiligung des Gegners der Entscheidung zugrunde zu legen, ist dieser dadurch nicht beschwert (OLG Bremen, 5 WF 100/11, juris Rn. 9). Das gilt gerade dann, wenn das Verfahren, wie hier, bereits abgeschlossen ist und weder ein Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO, noch ein solches nach § 124 ZPO betrieben wird, es also aktuell kein Interesse des Gerichts an der Richtigkeitsgewähr gibt.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 243 Nr. 1 FamFG.