Amtsgericht Wilhelmshaven
Urt. v. 08.05.2001, Az.: 6 C 1016/99 (II)

Ausgestaltung des Schmerzensgeldanspruchs eines während einer kurzen Spielunterbrechung eines Fußballspiels durch einen Tritt in den Unterleib vorsätzlich verletzten Fußballspielers

Bibliographie

Gericht
AG Wilhelmshaven
Datum
08.05.2001
Aktenzeichen
6 C 1016/99 (II)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 32391
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGWILHV:2001:0508.6C1016.99II.0A

In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Wilhelmshaven
auf die mündliche Verhandlung vom 24.04.01
durch
den Richter am Amtsgericht Faße
fürRecht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.04.1999 zu zahlen.

  2. 2.)

    Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen materiellen und immateriellen Zukunftsschaden aus dem Vorfall vom 11.04.1999 in Heppens, Wilhelmshaven, zu ersetzen hat, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

  3. 3.)

    Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

  4. 4.)

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.500,00 DM.

Tatbestand

1

Anläßlich eines Fußballspieles am 11.04.1999 wurde der Kläger am Unterleib nicht unerheblich verletzt.

2

Der Kläger behauptet, anläßlich des Fußballspieles habe der Beklagte, der sich noch am Boden liegend befand, dem vor ihm stehenden Kläger mit großer Kraft mit seinem Stollenschuh in den Unterleib getreten.

3

Der Kläger wurde in der Zeit vom 11.04.1999 bis 19.04.1999 im Reinhard-Nieter-Krankenhaus stationär behandelt.

4

Der Kläger behauptet, durch den Tritt des Beklagten habe er eine schwere Schwellung beider Hoden, ein sogenanntes Hodentrauma, sowie starke Blutergüsse an den Hoden erlitten. Vom 19.04.1999 bis einschließlich 03.05.1999 sei er krankgeschrieben gewesen.

5

Der Kläger behauptet weiter, aufgrund der erlittenen Verletzungen könne es zu sogenannten Spät- oder Folgeschäden kommen. Eine solche Verletzung, wie sie der Kläger erlitten hatte, könne nur dadurch entstanden sein, dass gezielt mit der Spitze eines beschuhten Fußes in den Unterleib bzw. in den Hoden des Klägers getreten worden sei.

6

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

7

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Der Beklagte behauptet, durch das Foulspiel des Klägers sei er zu Boden gefallen, wodurch das rechte Bein des Beklagten in die Höhe geriet und versehentlich und unglücklicherweise den Kläger in den Unterleib getroffen habe.

9

Die Berührung der Parteien sei erfolgt, als das Spiel noch nicht durch den Schiedsrichter unterbrochen gewesen sei.

10

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

11

Das Gericht hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf die Protokolle vom 11.11.1999, 16.12.1999 sowie 02.03.2000 und auf das Sachverständigengutachten vom 29.09.2000 verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist begründet.

13

Der Kläger hat gegen den Beklagten nach den §§ 823, 847 BGB einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000,00 DM.

14

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich der Vorfall am 11.04.1999 so abgespielt hat, wie er vom Kläger behauptet wird.

15

Zwar haben die Zeugen ... und ... bekundet, der Kläger sei nach einem Foul auf den Beklagten gefallen und habe sich dabei verletzt. Keinesfalls habe der Beklagte dem Kläger vorsätzlich in den Unterleib getreten.

16

Demgegenüber haben die Zeugen ... und ... glaubhaft bekundet, der Beklagte habe dem Kläger in den Unterleib getreten, nachdem das Spiel zuvor vom Schiedsrichter unterbrochen gewesen sei.

17

Das Gericht gibt den Aussagen der zuletzt genannten Zeugen den Vorzug, da diese Aussagen indirekt auch von den Zeugen ... und ... bestätigt werden. Diese beiden Zeugen haben ausgesagt, dass der Schmerzensschrei des Klägers erst erfolgte, nachdem das Spiel bereits einige Zeit unterbrochen worden war.

18

Demnach hatte der Kläger sich nicht dadurch verletzt, dass er auf den Fuß des Beklagten fiel. Wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte der Schmerzensschrei des Klägers sofort erfolgen müssen. Nach Angaben des Zeugen ..., bei dem es sich im übrigen um den Schiedsrichter des Spiels handelte und des Zeugen ... war der Schmerzensschrei des Klägers erst einige Zeit nach dem Schiedsrichterpfiff zu hören. Es steht daher zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte dem Kläger vorsätzlich in den Unterleib getreten hatte.

19

Hierdurch ist der Kläger nicht unerheblich verletzt worden. Insoweit wird auf die Aussage des Zeugen ... und das Sachverständigengutachten vom 29.09.2000 verwiesen. Danach hatte der Kläger einen Bluterguß im linken Hodensack davongetragen, der bis in Richtung Leiste reichte und sich optisch durch eine deutliche Vergrößerung des linken Hodensackes darstellte. Der Sachverständige führt weiter aus, dass es aufgrund der beschriebenen Schmerzsymptomatik bei dem Vorfall vom 11.04.1999 wohl auch zu einer Prellung (Kontusion) des Hodens und Nebenhodens links gekommen ist.

20

Aufgrund dieser erheblichen Verletzungen, die bekanntermaßen sehr schmerzhaft sind und der Tatsache, dass der Kläger 8 Tage lang im Reinhard-Nieter-Krankenhaus stationär behandelt werden mußte, ist ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 DM angemessen.

21

Der Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet, da durch die Minderdurchblutung des linken Hodens es zu einem Verlust der Hodenfunktion kommen kann. Unabhängig von den organischen Schäden kann es nach Ansicht des Sachverständigen bei anhaltender Schmerzsymptomatik im Bereich des linken Hodensackes und der Leiste zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität und körperlichen Belastbarkeit kommen. Der Sachverständige führt weiter aus, dass möglicherweise auftretende psychische Beeinträchtigungen sowohl durch anhaltende Schmerzen als auch bei möglichem Verlust oder Beeinträchtigung der Zeugungsfähigkeit und/oder sexuellen Funktionen schwer abzuschätzen sind.

22

Der Zinsanspruch ist gerechtfertigt nach den §§ 288, 291 BGB.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

24

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar nach § 709 ZPO.

25

Der Streitwert wird auf 6.000,00 DM festgesetzt, davon entfallen auf das Schmerzensgeld 5.000,00 DM und auf den Feststellungsantrag 1.000,00 DM.

Faße Richter am Amtsgericht