Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 12.10.2023, Az.: 1 ORs 4/23
Vermögensauskunft; debitorisches Bankkonto; Versicherung an Eides Statt; Tatbestandsirrtum; Verbotsirrtum; Falsche Versicherung an Eides Statt im Rahmen der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 12.10.2023
- Aktenzeichen
- 1 ORs 4/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 39709
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2023:1012.1ORS4.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Stade - 25.05.2023 - AZ: 900 Ns 3/23
Rechtsgrundlagen
- StGB § 16
- StGB § 17
- StGB § 156
- StGB § 161
- ZPO § 802c
Fundstellen
- StRR 2024, 4
- ZWH 2024, 98-101
- wistra 2024, 175
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Der Schuldner hat im Rahmen der nach §§ 156 und 161 Abs. 1 StGB strafbewehrten Auskunftserteilung nach § 802c ZPO auch solche Konten anzugeben, welche dauerhaft überzogen und mit Schuldzinsen belastet sind (debitorische Bankkonten). Auf die Frage, ob dem Schuldner ein vertraglich vereinbarter Kontokorrentkredit eingeräumt ist oder es sich lediglich um eine geduldete Kontoüberziehung handelt, kommt es nicht an.
- 2.
Geht der Schuldner im Rahmen der Vermögensauskunft irrtümlich davon aus, dass er bei der Frage über vorhandene Konten solche nicht anzugeben braucht, die ständig im Negativsaldo geführt wurden (debitorische Konten), so handelt es sich nicht um einen Irrtum über Tatumstände (§ 16 Abs. 1 StGB), sondern um einen Verbotsirrtum (§ 17 StGB).
In der Strafsache
gegen M. I. A. H.,
geboren am ...,
wohnhaft: ...,
- Verteidiger: Rechtsanwalt K. aus O. -
wegen vorsätzlicher falscher Versicherung an Eides Statt
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht XXX, dem Richter am Oberlandesgericht XXX und den Richter am Oberlandesgericht XXX am 12. Oktober 2023 gemäß § 349 Abs. 2 einstimmig beschlossen:
Tenor:
- 1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 9. kleinen Strafkammer des Landgerichts Stade vom 25. Mai 2023 wird als unbegründet verworfen.
- 2.
Der Angeklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Zeven - Strafrichter - hatte den Angeklagten am 21. Oktober 2022 wegen vorsätzlicher falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätze zu jeweils 20 EUR verurteilt. Die dagegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat die 9. kleine Strafkammer des Landgerichts Stade mit Urteil vom 25. Mai 2023 verworfen.
Nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils gab der Angeklagte am 27. Oktober 2020 gegenüber der Obergerichtsvollzieherin W. in seiner Wohnung in Z. eine Vermögensauskunft nach § 802c ZPO ab und versicherte nach erfolgter Belehrung über die Strafbarkeit bei vorsätzlich falschen Angaben deren Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides Statt.
Die ihm schriftlich in der Vermögensauskunft unterbreitete Frage zu Ziffer 14 über vorhandene Konten, insbesondere Sparguthaben, Gehaltskonten, Geschäftskonten, Girokonten, Paypalkonten und ohne vermögenswirksame Leistungen anzusparenden Bausparverträgen verneinte der Angeklagte zunächst, gab jedoch nachfolgend ergänzend an, über ein derzeit mit einem negativen Saldo von 400 Euro bestehendes Guthabenkonto bei der P. zu verfügen. Ein weiteres vom Angeklagten als Einzelkaufmann genutztes Geschäftskonto bei der Sparkasse R.-O. verschwieg der Angeklagte dagegen. Der Angeklagte nutzte dieses Konto sowohl für Zahlungsabwicklungen im Rahmen seines Gebrauchtwagenhandels als auch für private Zwecke. Dem vorbezeichneten Geschäftskonto lag eine Kreditrahmenvereinbarung von 10.000 Euro zugrunde, welche der Angeklagte regelmäßig mindestens teilweise in Anspruch nahm. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Vermögensauskunft wies das Konto einen negativen Saldo in Höhe von 8.800,04 Euro auf.
Die Frage zu Ziffer 19 nach sonstigen Forderungen, insbesondere solchen aus Kauf- und Darlehensverträgen, Rückerstattungs- und/oder Ersatzansprüchen, Bezugsrechten an/aus Versicherungen, verneinte der Angeklagte ebenfalls bewusst wahrheitswidrig. Tatsächlich war ihm bei Abgabe der Vermögensauskunft jedoch bekannt, dass er eine Zahlung in Höhe von 6.700 Euro von einem Fahrzeugfinanzierer (der B. K. GbR) erwartete. Dem lag ein Finanzierungsgeschäft zum Verkauf eines Personenkraftfahrzeugs zugrunde, welches der Käufer M. zuvor vom Angeklagten erworben hatte. Bereits am 19. Oktober 2020 hatte der Käufer eine entsprechende Anzahlung über 1.500 Euro auf das Geschäftskonto des Angeklagten überwiesen.
Zur Beweiswürdigung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Angeklagte den äußeren Sachverhalt sowie die Höhe des vereinbarten Kreditrahmens eingeräumt habe. Er sei jedoch der Auffassung gewesen, sein Geschäftskonto aufgrund der fortwährenden Überziehung nicht habe angeben zu müssen. Zudem habe es sich um ein Geschäftskonto gehandelt, welches er schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen getrennt von seinem sonstigen Vermögen zu unterhalten habe.
Die Feststellungen zu den im Rahmen der Vermögensauskunft getätigten Angaben sowie die zuvor erfolgte Belehrung hat die Kammer auf die Bekundungen der die Vermögensauskunft entgegennehmenden Obergerichtsvollzieherin W. und die auszugsweise Verlesung der vom Angeklagten unterzeichneten Erklärung vom 27. Oktober 2023 gestützt.
Zur subjektiven Tatseite hat das Landgericht ausgeführt, dass der Angeklagte die Existenz des Geschäftskontos nebst eingeräumten Kreditrahmen zum Zeitpunkt der Vermögensauskunft eingestanden habe. Die entsprechende Kenntnis werde auch durch mehrere im Rahmen des Onlinebankings am Tattag durchgeführte Verfügungen belegt. Darunter hätten sich auch mehrere negative Buchungen befunden, was für die Kenntnis vom im Zeitpunkt der Erklärung noch nicht ausgeschöpften Kreditrahmen spreche. Dass der Angeklagte sich bei der Abgabe der Auskunft auch über Bestand und Umfang einer unmittelbar bevorstehenden Zahlung in Höhe von 6.700 Euro aus der festgestellten Fahrzeugfinanzierung bewusst gewesen sei, werde durch den am nächsten Tag in entsprechender Höhe eingegangenen Zahlungseingang und mit einer bereits am 19. Oktober 2020 erfolgten Anzahlung im Rahmen desselben Fahrzeuggeschäfts belegt. Soweit der Angeklagte die Trennung von Geschäfts- und Privatkonten als Grund für die unterbliebene Angabe vorgebracht habe, hat die Kammer dies als Schutzbehauptung gewertet, weil die auf dem Geschäftskonto festgestellten Buchungen sowohl geschäftlichen als auch privaten Transaktionen dienten. Die Kammer vermochte hingegen nicht auszuschließen, dass der Angeklagte der Auffassung war, ein debitorisches Konto nicht angeben zu müssen.
Bezüglich der Fehlvorstellung über die Angabeverpflichtung bezüglich debitorischer Konten sah die Kammer einen vermeidbaren Verbotsirrtum im Sinne von § 17 S. 2 StGB als verwirklicht an und hat den Strafrahmen des § 156 StGB nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Aus seiner Sicht sei von der Verpflichtung zur Angabe im Rahmen der Vermögensauskunft nur das aktive Vermögen umfasst. Ein debitorisches Konto sei nur dann anzugeben, wenn der Schuldner von seiner Bank aufgrund einer bestehenden Vereinbarung weiteren Kredit in Anspruch nehmen könne und es sich nicht lediglich um eine geduldete Überziehung gehandelt habe. Das Urteil verhalte sich nicht dazu, ob ein solcher Anspruch bestanden habe. Zudem habe sich der Angeklagte über den Umfang seiner Auskunftspflicht geirrt, was zu einem Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum führe. Soweit das Landgericht die Verwirklichung einer falschen Versicherung an Eides Statt wegen fehlender Angabe einer Forderung von 6.700 Euro gesehen habe, sei dies in unzulässiger Weise allein auf den späteren Zahlungseingang gestützt worden. Eine schon zum Zeitpunkt der Abgabe der Versicherung bestehende Rechtsbeziehung werde damit nicht belegt, zumal die Anzahlung für den Fahrzeugkauf auch von einer anderen Person erfolgt sei. Ferner werde eine Einlassung des Angeklagten zu diesem Punkt nicht mitgeteilt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel, mit dem der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts rügt, ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Verurteilung des Angeklagten wegen falscher Versicherung an Eides statt (§ 156 StGB) hinsichtlich seiner unwahren Angaben zu Ziffer 14 und Ziffer 19 der am 27. Oktober 2020 nach § 802c ZPO abgegebenen Vermögensauskunft hält rechtlicher Nachprüfung stand (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Gemäß § 156 StGB macht sich strafbar, wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt.
Die Wahrheitspflicht im Sinne des § 156 StGB richtet sich dabei im Verfahren nach § 802c ZPO maßgeblich nach deren Zweck, namentlich dem Gläubiger Auskunft über Zugriffsmöglichkeiten im Rahmen einer Vollstreckung zu geben (vgl. Fischer StGB 70. Aufl. 2023, § 156 Rn. 13; BayOblG, NJW 2003, 2181 f. [BayObLG 06.03.2003 - 5 St RR 18/03], m. w. N; MüKoStGB/H. E. Müller, 4. Aufl. 2021, StGB § 156 Rn. 25).
Insofern besteht ein öffentliches Interesse (BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1982 - 1 BvL 34/80 -, BVerfGE 61, 126-138, Rn. 28), dem Vollstreckungsgläubiger, dem der Staat als Inhaber des Zwangsmonopols die Selbsthilfe verbietet, die Verwirklichung seines Anspruchs und als Voraussetzung dafür die mit der Offenlegung bezweckte Feststellung der pfändbaren Vermögensgegenstände zu ermöglichen. Die Angaben des Schuldners im Rahmen seiner Auskunftspflicht nach § 802c ZPO müssen so genau und vollständig sein, dass der Gläubiger anhand des Vermögensverzeichnisses sofort die seinen Zugriff erschwerenden Umstände erkennen und Maßnahmen zu seiner möglichen Befriedigung treffen kann. Insbesondere können solche Angaben in einer Vermögensauskunft nach § 802c ZPO unrichtig sein, wenn sie geeignet sind, die Vollstreckung durch Gläubiger zu erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 - 2 StR 36/15 -, Rn. 44, juris).
Nach dem Wortlaut des § 802c Abs. 2 Satz 1 StGB hat der Schuldner zur Auskunftserteilung alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Hierzu zählen die einzelnen beweglichen Vermögenswerte wie körperliche Sachen sowie Forderungen und andere Vermögenrechte, auch wenn diese bereits gepfändet, versetzt oder sicherungsübereignet sind (vgl. BT-Drs. 16/10069 S. 25). Nach § 802c Abs. 2 Satz 2 sind zudem bei Forderungen Grund und Beweismittel zu bezeichnen.
Soweit in der Vergangenheit im Rahmen der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO (i.d.F. bis 31. Dezember 2012) bei einem Bankkonto danach differenziert worden ist, ob dem Schuldner eine Kreditlinie eingeräumt worden war oder lediglich eine geduldete Überziehung vorlag, ist eine solche Unterscheidung nach der jetzigen Gesetzeslage nicht mehr geboten. Hintergrund für die vormalige Differenzierung war die Erwägung, dass allein der Darlehensanspruch aus einer eingeräumten Kreditlinie (vgl. BGH NJW 2012, 1081 [BGH 09.02.2012 - VII ZB 49/10]), mangels eines vertraglichen Anspruchs nicht aber derjenige aus einer lediglich geduldeten Überziehung der Pfändung unterworfen war (vgl. Dr. Michael C. Frege/Rudolf et. al., Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, B. Die Pflicht des Schuldners zur Vermögensauskunft und zur Vermögensoffenbarung, juris Rn. 149; OLG Bamberg NJW 2009, 385 [OLG Bamberg 29.09.2008 - 3 Ss 106/08]). Nach der gesetzlichen Neukonzeption ist es dagegen ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers, den Schuldner auch zur Angabe von nicht nur aktuell werthaltigen Forderungen, sondern auch unsicheren oder erst künftig entstehenden zu veranlassen. Hierzu zählen nach der Gesetzesbegründung auch solche Konten, welche dauerhaft überzogen und mit Schuldzinsen belastet sind (debitorische Bankkonten) (vgl. BT-Drs. 16/10069 S. 25).
Grund hierfür war die Zulässigkeit einer künftige Aktivsalden erfassenden Kontenpfändung gemäß § 833a ZPO (vgl. MüKoZPO/Forbriger, 6. Aufl. 2020, ZPO § 802c Rn. 31; Saenger, Zivilprozessordnung, ZPO § 802c Rn. 19, beck-online; Seibel in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 802c ZPO, Rn. 25). Demnach gilt zum einen, dass der Schuldner im Rahmen von § 802c ZPO sämtliche Bankkonten anzugeben hat, auch wenn diese immer im Debit sind bzw. waren. Zum anderen hat der Schuldner darüber hinaus die Einräumung eines eventuellen Überziehungskredits zu offenbaren, damit der Gläubiger die Möglichkeit hat, in die Kreditlinie zu vollstrecken, sobald der Kredit abgerufen wird (vgl. BGH NJW 2012, 1081 [BGH 09.02.2012 - VII ZB 49/10]).
2. Ausgehend von den vorstehend dargestellten rechtlichen Grundsätzen hat das Landgericht die Erklärung des Angeklagten zu Nr. 14 des Vermögensverzeichnisses vom 27. Oktober 2020 zutreffend als falsche Versicherung an Eides Statt gemäß § 156 StGB angesehen. Nach den tatrichterlichen Feststellungen handelte es sich zwar um ein jedenfalls bei Abgabe der Erklärung im Debit befindliches Konto. Mit Rücksicht auf die Regelung in § 833a ZPO hätte der Angeklagte dieses Konto gleichwohl im Rahmen einer wahrheitsgemäßen und vollständigen Vermögensauskunft nach § 802c ZPO offenbaren müssen, zumal der dem Angeklagten nach den Feststellungen eingeräumte Kreditrahmen nicht ausgeschöpft war.
In diesem Zusammenhang kann die Revision auch nicht mit der Beanstandung durchdringen, es fehle an ausreichenden Feststellungen zur vertraglichen Einräumung eines Kreditrahmens. Denn vorliegend lässt sich den Urteilsfeststellungen hinreichend entnehmen, dass für das Konto eine Kreditlinie vereinbart worden war. Zwar verhalten sich die Gründe nicht weiter zu den näheren Einzelheiten dieser Vereinbarung. Der Formulierung das Konto "verfügte über einen Kreditrahmen von 10.000 EUR" lässt sich jedoch hinreichend deutlich entnehmen, dass es sich gerade nicht nur um eine geduldete Überziehung handelte, sondern der Angeklagte vertraglich berechtigt war, bis zur Höhe der Kreditlinie sein Kontokorrent in Anspruch zu nehmen.
3. Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite halten einer rechtlichen Überprüfung ebenfalls stand.
Der Vorsatz muss sich insbesondere auf die Unrichtigkeit der versicherten Angaben beziehen (MüKoStGB/H. E. Müller, 4. Aufl. 2021, StGB § 156 Rn. 80), der Täter muss also wissen, welche Tatsachen seine Erklärungspflicht begründen. Ferner muss er den Umfang dieser Pflicht kennen (MüKoStGB aaO; Schönke/Schröder/Bosch/Schittenhelm, 30. Aufl. 2019, StGB § 156 Rn. 34 m.w.N.; KG JR 1985, 161, 162). Gegenstand des Vorsatzes ist dabei auch der Umstand, dass die falsche Angabe zum wahrheitspflichtigen Inhalt der Vermögensauskunft gehört (vgl. Matt/Renzikowski StGB 2. Auflage 2020 § 156 Rn. 26; Satzger/Schluckebier/Widmaier StGB 5. Auflage 2021 § 156 Rn.17; Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 156 Rn. 6; KG JR 1985, 161, 162). Ein Irrtum darüber, ob ein anzugebender Vermögensgegenstand der Offenbarungspflicht unterfällt, ist daher grundsätzlich als Fehlvorstellung über ein normatives Tatbestandsmerkmal und damit Tatbestandsirrtum nach § 16 Abs. 1 StGB anzusehen (vgl. KG aaO, BayObLG, BayObLGSt 1992, 134, 137). In diesem Fall würde eine Strafbarkeit wegen einer Falschen Versicherung an Eides Statt nach § 156 StGB ausscheiden und allenfalls eine fahrlässige Versicherung an Eides Statt nach § 161 Abs. 1 StGB in Betracht kommen.
Erfasst der Täter aber den wesentlichen Bedeutungsgehalt des Tatbestandsmerkmals und seine damit einhergehende Pflicht und nimmt dennoch an, dass diese auf den Sachverhalt nicht zutreffe, unterliegt er einem bloßen Subsumtionsirrtum, der den Vorsatz nicht berührt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2009 - 1 StR 478/09 -, juris). Denn er irrt nicht über ein Tatbestandsmerkmal, sondern darüber, dass sein Verhalten unter das gesetzliche Verbot fällt (vgl. BGH NJW 1960, 1820 [BGH 01.04.1960 - 4 StR 450/59], beck-online). Der Täter kennt in diesem Fall zwar den grundsätzlichen Umfang der Erklärungspflicht, er verkürzt jedoch den spezifischen Gehalt dieser Verpflichtung aufgrund eigener Fehlvorstellungen (vgl. zum Irrtum über ein vermögenswertes Optionsrecht OLG Frankfurt GA 1973, 154, 155). Der Täter weiß, dass er sich mit seinen falschen Angaben im Rahmen seiner Auskunftspflicht bewegt, glaubt aber dennoch, sie unterlägen aufgrund einer Verkennung des rechtlichen Umfangs nicht seiner Offenbarungspflicht.
So liegt der Fall hier. Der Angeklagte war sich grundsätzlich darüber bewusst, dass er bei Frage 14 sämtliche Kontoverbindungen anzugeben hatte. Dies zeigt sich schon daran, dass er zunächst die Frage mit Nein beantwortet hat und kurz darauf ein bei der Postbank (ebenfalls im Negativsaldo) geführtes Konto angegeben hat. Der Angeklagte war sich daher nach den Feststellungen des Landgerichts der Tatsache bewusst, dass sich die Vermögensauskunft auf alle vorhandenen Konten bezieht. Die irrtümliche Annahme, dass dies jedoch dann nicht mehr der Fall ist, wenn diese debitorisch, also ständig im Negativsaldo, geführt wurden, betrifft somit nicht das normative Tatbestandsmerkmal, sondern den Umfang der Norm und stellt damit einen Irrtum über die Voraussetzungen einer Norm dar. Mithin ist das Landgericht zu Recht von einem Verbotsirrtum und nicht von einem Tatbestandsirrtum ausgegangen.
4. Gegen die Feststellung, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Abgabe der Vermögensauskunft eine künftige Forderung in Höhe von 6.700 Euro wahrheitswidrig nicht angab, ist rechtlich ebenfalls nichts zu erinnern.
Die Verpflichtung zur Angabe von künftigen Forderungen und Rechten hängt davon ab, dass diese bereits Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein können. Dies ist dann der Fall, wenn zwischen Schuldner und Drittschuldner bereits eine Rechtsbeziehung besteht, aus der die künftigen Ansprüche erwachsen können (vgl. MüKoStGB/H. E. Müller, 4. Aufl. 2021, StGB § 156 Rn. 30).
Dass das Landgericht aus der Anzahlung des Kunden Morteza auf einen Autokauf am19. Oktober 2020 auf die Kenntnis des Angeklagten von der sich am 28. Oktober 2020 realisierten Forderung über den Restkaufpreis von 6.700 Euro geschlossen hat, ist nicht zu beanstanden.
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es reicht aus, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 06.06.2018 - 2 StR 20/18 - juris Rn. 14; vom 10.05.2017 - 2 StR 258/16 - juris Rn. 17). Die zur richterlichen Überzeugung erforderliche persönliche Gewissheit des Richters setzt jedoch objektive Grundlagen voraus. Diese müssen aus rationalen Gründen den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Ob solche objektiven Grundlagen vorliegen, ist der revisionsrechtlichen Prüfung zugänglich. Deshalb müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist (BGH, Beschluss vom 12.12.2001 - 5 StR 520/01 - juris Rn. 7; Beschluss vom 26.09.1994 - 5 StR 453/94 - juris Rn. 8).
An diesem Maßstaben gemessen erweist sich die Beweiswürdigung als tragfähig. So hat das Landgericht dem zeitlichen Abstand zwischen Vermögensauskunft und Forderungsausgleich wie auch dem Verwendungszweck zu Recht die Schlussfolgerung gezogen, dass der Forderung bereits eine bestehende Rechtsbeziehung zugrunde lag. Auch der Umstand, dass die Anzahlung und der Eingang der Forderung über 6.700 Euro von verschiedenen Personen stammten, führt zu keiner anderen Bewertung. Vielmehr liegt dies bei einem finanzierten Geschäft - wie im vorliegenden Falle ein finanzierter Autokauf - sogar nahe. Denn üblicherweise wird die Anzahlung von dem Erwerber selbst gezahlt, wohingegen die zu finanzierende Restforderung von einem Fahrzeugfinanzierer (idR einer Bank) übernommen wird. Dies ändert nichts daran, dass Schluss auf eine bereits zum Zeitpunkt der Abgabe der Auskunftserklärung bestehende Rechtsbeziehung und die Kenntnis von der Forderung über 6.700 Euro möglich ist.
5. Dass das Landgericht den Strafrahmen des § 156 StGB insgesamt nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert hat, obgleich es nur hinsichtlich der unterbliebenen Angabe des Geschäftskontos, nicht jedoch auch hinsichtlich der verschwiegenen Forderung über 6.700 Euro einen vermeidbaren Verbotsirrtum angenommen hat, beschwert den Angeklagten nicht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.