Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 08.01.2003, Az.: 3 U 272/01
Analogie; atypische stille Gesellschaft; Auseinandersetzungsanspruch; Auseinandersetzungsguthaben; Auskunftsanspruch; Bereicherungsanspruch; culpa in contrahendo; Einlageforderung; entsprechende Anwendung; fehlerhafte Gesellschaft; Grundsatz; Kapitalanlagegesellschaft; Rückzahlungsanspruch; Schadenersatzanspruch; ungerechtfertigte Bereicherung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 08.01.2003
- Aktenzeichen
- 3 U 272/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48450
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG - AZ: 8 O 248/01
Rechtsgrundlagen
- § 230 HGB
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 21. November 2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 11.181,95 Euro (21.870,00 DM) festgesetzt.
Gründe
Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, durch das die Klage abgewiesen worden ist.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung und trägt vor:
Der Anlagevermittler C. habe ihm weder die Emissionsprospekte ausgehändigt, noch auf die hohen Risiken der Kapitalanlagemodelle hingewiesen. Er habe vielmehr behauptet, es handele sich bei der A-Rente um eine sichere Anlage, wobei die Rückzahlungen ähnlich einer Rente regelmäßig und in gleichbleibender Höhe erfolgen würden.
C. sei verpflichtet gewesen, den Kläger vor Unterzeichnung der Zeichnungsscheine auf die negative Berichterstattung bzgl. der A. Gruppe hinzuweisen. Sein Unterlassen müssten sich die Beklagten zurechnen lassen.
Einen eigenständigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Beteiligungsvertrages mit der Beklagten zu 1) stelle die Tatsache dar, dass die Beklagte zu 1) ab April 2000 die vereinbarten monatlichen Kapitalrückzahlungen eingestellt habe.
Ein weiteres Festhalten an den Verträgen sei dem Kläger auch deshalb nicht zuzumuten, weil die Beklagten ihre Steuererklärungen für das Jahr 1999 im Sommer 2001 noch nicht erstellt und eingereicht hätten und damit die steuersparenden Verlustzuweisungen schuldhaft verzögert hätten.
Bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch den Anlagevermittler C. hätte der Kläger von den Anlageverträge Abstand genommen. Ihm seien daher die Einlageleistungen unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo zu erstatten.
Die Jahresabschlüsse der Beklagten zu 1) für 1998 und 1999 belegten, dass die von den Anlegern eingezahlten Gelder zum großen Teil nicht investiert, sondern für die Aufrechterhaltung bzw. Ausweitung des Vertriebes und der eigenen Organisation verbraucht worden seien.
Das Geschäftsmodell der Beklagten entspreche einem Schneeballsystem. Fällig werdende Zahlungen an Altgesellschafter könnten nur solange erbracht werden, wie ständig neue Gesellschafter angeworben würden. Bis Ende 1999 habe die Beklagte zu 1) mehr als 2 Mrd. DM von Anlegern erhalten. Nach ihrem Jahresabschluss für 1999 habe sie nur folgende Werte gehabt: Wertpapiere für ca. 310.000,00 DM, Immobilien im Verkehrswert von etwa 238.000.000,00 DM (mit etwa 105.000.000,00 DM belastet) sowie einige Beteiligungen an Unternehmen, die überwiegend Verluste produzierten. Nach dem Jahresabschluss 2000 habe die Beklagte zu 1) nur noch einen Vermögensbestand von etwa 266.000.000,00 DM gehabt. Aus den Jahresabschlüssen 1998-2000 ergebe sich, dass der Kapitalverbrauch zu hoch und die Investitionsquote zu gering sei, so dass die Beklagte zu 1) nicht in der Lage sei, ihren stillen Gesellschaftern die Anlagebeträge zurückzuzahlen, geschweige denn die in Aussicht gestellte Rendite zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und
1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 11.870,00 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger 10.000,00 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise begehrt der Kläger im Wege der Stufenklage die Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben und beantragt insoweit,
die jeweils zwischen dem Kläger und den Beklagten bestehenden Gesellschaften per 31.12.2000 abzurechnen und dem Kläger Auskunft über die Rechnung und den Stand des jeweiligen Auseinandersetzungsguthabens zu geben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tragen vor:
Der Kläger sei von dem Vermittler C. ausführlich über Chancen und Risiken in mehreren Treffen belehrt worden. Der Emissionsprospekt sei dem Kläger nicht nur vor Vertragsschluss überreicht, sondern anhand des Prospekts sei auch die dort abgedruckte Risikobelehrung durchgesprochen worden. C. habe bzgl. der Beklagten zu 1) darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit des Totalverlustes der Einlage bestehe. Dem Kläger sei mit Schreiben der Beklagten vom 24.01. und 10.01.2000 unter Übersendung der Prospekte ein weiteres Widerrufsrecht von jeweils einer Woche eingeräumt worden. Es fehle damit jedenfalls an der Ursächlichkeit der behaupteten Täuschungshandlung des Zeugen C. für die Beteiligungsentscheidung des Klägers.
Abgesehen davon, dass der Zeuge C. dem Kläger erklärt habe, dass die Beklagte zu 1) eine negative Presse habe, ergäben sich die Risiken auch aus den übergebenen und nochmals übersandten Prospekten. Hinsichtlich der Beklagten zu 2) seien keine negativen Presseberichte aus jener Zeit bekannt.
Die ergangenen Steuerbescheide würden von Amts wegen geändert, wenn das Betriebsfinanzamt ... den Anteil am Gewinn- bzw. Verlust an das zuständige Wohnsitzfinanzamt melde. Die Steuererklärungen der Beklagten würden in Kürze abgegeben. Die lediglich eingetretene Verzögerung begründe kein außerordentliches Kündigungsrecht.
Da der Kläger die letzte Rateneinlage am 01.02.2001 gezahlt habe, sei auch die Beklagte zu 1) berechtigt gewesen, die gewinnunabhängigen Entnahmen nicht mehr zu zahlen.
Ein Schneeballsystem liege nicht vor. Aus den Geschäftszahlen folge, dass die Einlagen der stillen Gesellschafter zu einem sehr hohen Anteil durch Investitionen abgedeckt seien, so dass die Beklagten nicht darauf angewiesen seien, Einlagezahlungen neuer Gesellschafter zur Befriedigung der alten Gesellschafter zu verwenden.
Wegen des berufungsinstanzlichen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die zwischen ihnen im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen C.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 28.10.2002 Bezug genommen.
Die zulässige Berufung bleibt erfolglos.
1. Die Hauptanträge sind unbegründet, weil der Kläger die Rückzahlung der von ihm geleisteten Einlagen weder nach Bereicherungsrecht noch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verschuldens bei Vertragsschluss verlangen kann. Denn auf die vorliegende Sache finden die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung mit der Folge, dass dem Kläger ggf. nur ein Anspruch auf Auskunft über seine Auseinandersetzungsguthaben per 31.12.2000 und auf Auszahlung der etwaigen Auseinandersetzungsguthaben zustehen würde. Ein solcher mit dem Hilfsantrag zu a) geltend gemachter Auskunftsanspruch besteht hier jedoch nicht, weil die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht bewiesen sind.
Im Einzelnen:
Auf die stille Gesellschaft finden die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung (Ensthaler/Fahse GK-HGB 6. Aufl. § 230 Rn. 12; Baumbach/Hopt, HGB 30. Aufl., § 230 Rn. 11). Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die im Schrifttum umstritten ist, von der abzuweichen jedoch kein Grund besteht, auch bei der atypisch stillen Gesellschaft der Fall (BGHZ 8, 157; vgl. a. BGH NJW 1992, 2696, 2698; BGH NJW 1993, 2107; vgl. a. OLG Hamm NJW-RR 1999, 1415, 1417; Staub/Zutt, HGB, 4. Aufl. § 230 Rn. 69). Da die stillen Gesellschaften in Vollzug gesetzt worden sind, bedeutet dies, dass ein Fehler nur für die Zukunft geltend gemacht werden kann. Es besteht also bei Vorliegen eines Fehlers ggf. ein Kündigungsrecht mit der Folge der gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung (Ensthaler/GK-HGB 6. Aufl. § 105 Rn. 24; BGH NJW 1992, 2696, 2698). Dies gilt grundsätzlich auch für den Fall der Sittenwidrigkeit (BGHZ 55, 5, 8) und der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (BGHZ 26, 330, 335; BGH NJW 2001, 2118, 2720; Heymann/Emmerich HGB, 2. Aufl. § 105 Rn. 88). Die geltend gemachten Zahlungsansprüche lassen sich demnach mit ggf. bestehenden Auseinandersetzungs- und Auszahlungsansprüchen nicht begründen.
Die Rückzahlungsansprüche lassen sich auch nicht aus einem Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss herleiten. Zwar ist der Kläger an der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluss nicht durch die von ihm mit Anwaltsschreiben vom 14.02.2001 erklärte Täuschungsanfechtung gehindert. Denn der auf die Anfechtung zurückgehende Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung und der durch die Täuschung begründete Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlichen Verschuldens bei Vertragsschluss stehen dem Getäuschten nebeneinander zu (BGH VersR 2000, 511, 512). Da jedoch die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft eine rückwirkende Auflösung des Vertragsverhältnisses verbieten, kann auch der Schadensersatzberechtigte nur die sofortige Auseinandersetzung nach § 235 HGB und die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens verlangen (BGH NJW 1993, 2107, 2108). Die rechtliche Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft findet allerdings seine Grenze, wo gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder einzelner Personen entgegenstehen. Fälle dieser Art bilden der Gesetzesverstoß (BGHZ 62, 234, 241; 75, 214, 218), eine besonders grobe Sittenwidrigkeit oder der Umstand, dass sich ein Gesellschafter durch Drohung oder Täuschung einen überaus günstigen Gewinn- und Liquidationsanteil zugestehen lässt und ein deswegen in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellender Schadensersatzanspruch keinen genügenden Ausgleich ermöglicht (BGHZ 55, 5, 9 f.). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben. Wie unter 2.b. noch auszuführen sein wird, liegt ein Verstoß gegen § 138 BGB nicht vor und erst recht nicht eine besonders grobe Sittenwidrigkeit.
Schließlich lässt sich die Notwendigkeit der Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft auch nicht mit der Annahme umgehen, es stehe mit Sicherheit fest, dass der Kläger einen bestimmten Zahlungsbetrag verlangen könne (vgl. BGH DB 1977, 87, 89 [BGH 08.07.1976 - II ZR 34/75]; NJW 2001, 2718 [BGH 02.07.2001 - II ZR 304/00]) Da der Kläger am Verlust der Gesellschaft beteiligt ist (vgl. § 12 des Zeichnungsscheins) ist es nicht zwingend, dass der Kläger bei einer Auseinandersetzung mindestens seine Einlagen zurückfordern kann. Vielmehr ist es offen, ob und ggf. in welcher Höhe bei einer Auseinandersetzung dem Kläger ein Anspruch zusteht.
2. Der Kläger kann aber auch die mit den Hilfsanträgen geltend gemachte Auseinandersetzung nicht verlangen, weil er nicht berechtigt ist, die stille Gesellschaft aus wichtigem Grund vorzeitig zu kündigen.
a) Der Kläger kann sich weder auf die erklärte Täuschungsanfechtung noch auf ein Verschulden bei Vertragsschluss berufen, weil nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme nicht bewiesen ist, dass der Zeuge C. den Kläger bei den Vertragsverhandlungen schuldhaft falsch oder unzureichend informiert und ihn durch unrichtige Angaben oder unerfüllbare Versprechen zur Abgabe seiner Beitrittserklärungen und damit zu den Vertragsschlüssen veranlasst hat.
Der Zeuge hat u. a. folgende Angaben gemacht: Er habe mit dem Kläger bevor dieser die Zeichnungsscheine am 21.12.1999 unterzeichnet habe, mehrere Gespräche geführt. In diesen Gesprächen sei auch über die Frage des Totalverlustes und der Nachschusspflicht gesprochen worden. Er habe dem Kläger die Nachschusspflicht und auch die diesbezüglichen steuerlichen Gesichtspunkte erklärt. Er habe dem Kläger nicht gesagt, dass die Nachschusspflicht nur pro forma in den Vertrag aufgenommen worden sei. Allerdings habe er dem Kläger gesagt, dass eine Nachschusspflicht nicht wahrscheinlich sei, was zum damaligen Zeitpunkt auch zutreffend gewesen sei, weil die A. zu jener Zeit mit Gewinn gearbeitet habe. Der Kläger sei sehr wissbegierig gewesen, so dass er, der Zeuge, davon ausgehe, dass er ihm die Prospekte schon bei den Gesprächen vor Unterzeichnung der Zeichnungsscheine übergeben habe. Er habe den Kläger auch darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu 1) eine „negative Presse“ habe. Er habe dem Kläger die entsprechenden Zeitungsartikel und auch Gutachten zur Verfügung gestellt, er habe ihm aber auch gesagt, dass das gerichtlich ausgefochten werde und auch zum Teil erfolgreich.
Sollte der Zeuge C. den Kläger in der von ihm angegebenen Weise informiert haben, so wäre er seiner Verpflichtung nachgekommen, den Anlageinteressenten über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind, richtig und vollständig aufzuklären (BGH NJW-RR 2000, 998 [BGH 13.01.2000 - III ZR 62/99]). Dafür, dass die Angaben des Zeugen C., der auf den Senat einen glaubwürdigen Eindruck gemacht hat, unzutreffend sind, finden sich keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar hat der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung angegeben, der Zeuge C. habe auf die Frage, ob es möglich sei, dass er, der Kläger, sein Geld verlieren könne, gesagt: „Nein, die sind so sattelfest, da kann nichts passieren.“ Dem ist der Zeuge jedoch nachvollziehbar mit der Erklärung entgegengetreten, dass dies nicht seine Ausdrucksweise sei und dass der Satz auch nicht dazu passe, dass über das Risiko gesprochen worden sei. Soweit der Kläger angegeben hat, der Zeuge habe auf Frage erklärt, der schlimmste Fall könne der sein, dass er, der Kläger, eine Verzinsung wie auf der Bank erhalten könne, hat der Zeuge hierzu nachvollziehbar angegeben, eine solche Angabe habe er gar nicht machen können.
b) Der Kläger kann sein Auseinandersetzungsverlangen auch nicht darauf stützen, dass die Beklagten ein Schneeballsystem betrieben. Denn nach dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers handelt es sich bei dem Geschäftsmodell der Beklagten nicht um ein sittenwidriges Schneeballsystem, sondern um ein Anlagenmodell, das durch ein schlechtes Wirtschaften gekennzeichnet ist. Ein Schneeballsystem liegt beispielsweise bei einem Spielsystem vor, das darauf angelegt ist, dass die ersten Mitspieler einen (meist) sicheren Gewinn erzielen, während die große Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muss, weil angesichts des Vervielfältigungsfaktors in absehbarer Zeit keine neuen Mitspieler mehr gewonnen werden können (BGH NJW 1997, 2314, 2315 [BGH 22.04.1997 - XI ZR 191/96]).
Um ein solches System handelt es sich bei den Anlagemodellen der Beklagten nach dem Vorbringen des Klägers gerade nicht. Zwar trägt er vor, dass fällig werdende Zahlungen an Altgesellschafter nur solange erbracht werden könnte, wie ständig neue Gesellschafter geworben würden. Er behauptet jedoch nicht, dass die Anlagemodelle der Beklagten darauf angelegt seien, die Ansprüche der Altgesellschafter aus den Anlagen der Neugesellschafter zu befriedigen. Vielmehr macht er geltend, dass die eingezahlten Gelder zum großen Teil nicht investiert, sondern für die Aufrechterhaltung bzw. Ausweitung des Vertriebs und der eigenen Organisation der Beklagten verbraucht worden seien. Damit wirft der Kläger den Beklagten nicht das Betreiben eines Schneeballsystems, sondern eine unwirtschaftliche Verwendung der eingezahlten Gelder mit der Folge vor, dass wegen fehlender Gewinne die Einlagen von Neugesellschaftern auch zur Zahlung an Altgesellschafter verwendet werden müssten.
c) Der Kläger war nicht berechtigt, die Gesellschaftsverträge vorzeitig zu kündigen. Nach § 234 Abs. 1 S. 2 HGB i. V. m. § 723 BGB kann die Gesellschaft aus wichtigen Gründen ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt nach § 723 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BGB vor, wenn ein Gesellschafter eine ihm obliegende wesentliche Verpflichtung aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat. Eine grob fahrlässige Pflichtverletzung seitens der Beklagten lässt sich nicht feststellen.
aa) Eine grob fahrlässige Pflichtverletzung liegt nicht darin, dass die Beklagten nach Darstellung des Klägers die eingezahlten Gelder zum großen Teil nicht investiert, sondern für die Aufrechterhaltung bzw. die Ausweitung des Vertriebs und der eigenen Organisation verwendet haben. Insoweit handelte es sich um eine unternehmerische Entscheidung, die auch dem Zweck diente, dem Kläger die erwünschten steuerlichen Verlustzuweisungen zukommen zu lassen.
bb) Dass die Verlustzuweisungen für das Jahr 1999 noch nicht erfolgt sind, stellt keinen wichtigen Grund i. S. d. § 723 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BGB dar. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die möglichst zeitnahe Einreichung der Steuererklärungen durch die Beklagten eine wesentliche Verpflichtung darstellt. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die eingetretene Verzögerung auf grober Fahrlässigkeit beruht. Darüber hinaus führt die Verzögerung nicht zu einem Ausfall der Verlustzuweisung. Denn ergangene Steuerbescheide werden von Amts wegen geändert, wenn das Betriebsfinanzamt ... den Anteil des Klägers am Verlust an das zuständige Wohnsitzfinanzamt meldet (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO).
cc) Dass die Beklagte zu 1) die Auszahlung der Entnahmen im Dezember 2000 eingestellt hat, stellt ebenfalls keinen wichtigen Grund für eine Kündigung dar. Denn die Entnahme war von untergeordneter Bedeutung, zudem hatte der stille Gesellschafter nach § 11 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages bei der Entnahme Rücksicht auf die Liquiditätslage der Gesellschaft zu nehmen. Das bedeutet, dass die Beklagte zu 1) berechtigt sein sollte, die Entnahmen zeitweise zu kürzen oder auszusetzen. Dass sich die Beklagte zu 1) bereits Ende 2000 in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befand, hat der Kläger selbst vorgetragen.
dd) Ein Recht zur Kündigung oder auf Vertragsanpassung ergibt sich für den Kläger nicht daraus, dass das frühere Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen der Beklagten zu 1) im Oktober 1999 untersagt hat, die Auseinandersetzungsguthaben ratenweise an die Anleger auszuzahlen. Denn in § 23 S. 1 des zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) am 21./30.12.1999 abgeschlossenen Vertrages ist keine ratierliche Auszahlung, sondern allein die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens in einer Summe vorgesehen.
3. Soweit in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen der Parteien vom 08.11. und 03.12.2002 neue Angriffs- und Verteidigungsmittel enthalten sind, können diese gem. § 296 a S. 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n. F. zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann, hat grundsätzliche Bedeutung (BGH WM 2002, 1896).
Das ist vorliegend zwar nicht der Fall im Hinblick auf die Anwendung der Grundsätze einer fehlerhaften Gesellschaft, weil die Fragen aufgrund der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geklärt sind. Jedoch sind beim Senat eine Vielzahl ähnlich gelagerter Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte zu 1) und mit ihr verbundener Unternehmen anhängig, wobei die unter 2 b und 2 c abgehandelten Fragen Entscheidungsbedeutung haben. - Eine Beschränkung der Zulassung soll mit dieser Begründung nicht ausgesprochen sein.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug ist gem. § 3 ZPO festgesetzt.