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  • ab 14.10.2021 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 3 VR-RMÜRdErl - Kontrolle von Milcherzeugerbetrieben

Bibliographie

Titel
Verfahrensregelungen für die Durchführung der Überwachung von Rohmilch und Kolostrum (VR-Rohmilchüberwachung)
Redaktionelle Abkürzung
VR-RMÜRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
78560

3.1 Allgemeine Überwachungsgrundsätze

Kontrollen im Erzeugerbetrieb nach Artikel 49 der Verordnung (EU) 2019/627 sind nach folgenden Maßgaben durchzuführen:

Die zuständige Behörde überwacht die Milch- und Kolostrumerzeugerbetriebe auf Einhaltung der Anforderungen nach Artikel 3 Abs. 1 i. V. m. Anhang III Abschnitt IX Kapitel I Teil I "Hygienevorschriften für die Rohmilch- und Kolostrumerzeugung" und Teil II "Hygienevorschriften für Milch- und Kolostrumerzeugerbetriebe" der Verordnung (EG) Nr. 853/2004.

Für Zwecke der Überwachung wird bei der Registrierung der Milcherzeugerbetriebe nach Artikel 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. EU Nr. 139 S. 1, Nr. L 226 S. 3; 2008 Nr. L 46 S. 51; 2009 Nr. L 58 S. 3), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2021/382 der Kommission vom 3.3.2021 (ABl. EU Nr. L 74 S. 3) - im Folgenden: Verordnung (EG) Nr. 852/2004 -, neben dem Namen und der Anschrift der Milcherzeugerin oder des Milcherzeugers, der Anschrift der Betriebsstätte, der Registriernummer nach ViehVerkV (eindeutige Identifikation des Betriebes) und der Tierart auch abgefragt, ob eine Übertragung der Meldeverpflichtung nach Anhang III Abschnitt IX Kapitel I Teil III Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 erfolgt ist. Die Daten in BALVI iP sind ggf. entsprechend zu ergänzen.

Die Kontrollen gemäß Artikel 49 Abs. 1 bis 3 der Verordnung (EU) 2019/627 werden durch die amtliche Tierärztin oder den amtlichen Tierarzt durchgeführt.

Die Überprüfungen können im Rahmen anderer Tätigkeiten, wie z. B. Überprüfung und ggf. Probenahme in den Bereichen Lebensmittel, Tiergesundheit, Tierarzneimittel, Tierschutz oder Cross Compliance, durchgeführt werden.

Bei der Überwachung der Betriebe sind Ergebnisse von Eigenkontrollaudits (z. B. QM-Milch) zu berücksichtigen, sofern die Milcherzeugerin oder der Milcherzeuger entsprechende Unterlagen zur Verfügung stellt. Zusätzlich hat die zuständige Behörde eigene Erkenntnisse und weitere verfügbare Informationen (z. B. Feststellungen und Eigenkontrollergebnisse der bestandsbetreuenden Tierärztin oder des bestandsbetreuenden Tierarztes, Milchleistungsdaten) zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse der Überprüfung werden durch die zuständige Behörde dokumentiert und bei der Risikobeurteilung im Bereich Lebensmittel als Grundlage für die Festlegung der Häufigkeit amtlicher Kontrollen des Betriebes genutzt.

Besteht Grund zur Annahme, dass die Anforderungen an die Tiergesundheit nicht erfüllt sind, so ordnet die zuständige Behörde eine Überprüfung des Gesundheitszustandes der milchliefernden Tiere und erforderlichenfalls eine klinische Untersuchung der Euter durch eine von der Milcherzeugerin oder vom Milcherzeuger beauftragte Tierärztin oder einen von der Milcherzeugerin oder vom Milcherzeuger beauftragten Tierarzt oder den Milcherzeugerberatungsdienst oder Eutergesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer an, sofern nicht bereits geeignete Maßnahmen durch die Milcherzeugerin oder den Milcherzeuger eingeleitet wurden. Die zuständige Behörde lässt sich durch die Milcherzeugerin oder den Milcherzeuger, die von dieser oder diesem beauftragte und zur Meldung ermächtigte Tierärztin oder den beauftragten und ermächtigten Tierarzt, den Milcherzeugerberatungsdienst oder den Eutergesundheitsdienst über die Ergebnisse und deren Bewertung sowie über die eingeleiteten Maßnahmen schriftlich unterrichten.

Zeigt sich im Rahmen der allgemeinen Überwachung, dass der Hygienezustand der Betriebsstätte oder der Ausrüstung, die Hygiene beim Melken, bei der Abholung, Sammlung oder Beförderung der Rohmilch oder die Personalhygiene unzureichend ist, hat sich die zuständige Behörde nach Artikel 49 Abs. 4 Satz 3 der Verordnung (EU) 2019/627 zu vergewissern, dass durch geeignete Maßnahmen Abhilfe geschaffen wird.

3.1.1
Zusätzliche Anforderungen an die Überwachung von Vorzugsmilchbetrieben

Die zuständige Behörde überwacht die von ihr genehmigten Vorzugsmilchbetriebe i. S. des § 17 Abs. 2 oder 3 Tier-LMHV hinsichtlich der Einhaltung der Anforderungen nach Anhang III Abschnitt IX Kapitel I der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 und § 18 i. V. m. Anlage 9 Kapitel I Nrn. 1 und 2 sowie Kapitel II Tier-LMHV.

Gibt es in einem Vorzugsmilchbetrieb einen Hinweis darauf, dass in dem Bestand durch die Milch übertragbare Zoonoseerreger (z. B. Mycobacterium spp., Brucella spp., Salmonellen, Verotoxin produzierende Escherichia coli (VTEC), Listeria monocytogenes, Campylobacter, Coxiella burnetii) vorhanden sind, so ist unverzüglich die Untersuchung einer Tankmilchprobe gegenüber dem Betrieb anzuordnen. Beim Nachweis von VTEC in der Rohmilch ist ein Verfahren nach § 18 Abs. 2 Tier-LMHV gemäß dem Handlungsschema VTEC (Anlage 1) durchzuführen. Dieses Schema ist beim Nachweis anderer Krankheitserreger oder Toxine nach Nummer 6 der Tabelle in Anlage 9 Kapitel I Nr. 3 Tier-LMHV entsprechend anzuwenden. Beim Nachweis von Coxiella burnetii in der Rohmilch ist die Notwendigkeit der Durchführung eines Verfahrens gemäß Abschnitt III Nr. 2.4.1 Buchst. j (Pasteurisierung) der Empfehlungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft für hygienische Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern vom 7.7.2014 (Banz. AT 01.08.2014 B1), geändert durch die Erste Bekanntmachung zur Änderung der Bekanntmachung von Empfehlungen für hygienische Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern vom 19.8.2014 (BAnz. AT 28.08.2014 B1) i. V. m. dem Handlungsschema "Untersuchung von Vorzugsmilch (VZM) auf "Coxiella burnetii" (Anlage 2) zu prüfen.

Werden bei Vorzugsmilchbetrieben die Anforderungen nach Anlage 9 Tier-LMHV nicht eingehalten, sind gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 Tier-LMHV das Ruhen der Genehmigung, oder gemäß Satz 4 die Rücknahme und der Widerruf der Genehmigung für die Gewinnung von Vorzugsmilch zu prüfen.

Die Überwachungsfrequenz der Betriebe ergibt sich aus der individuellen Risikobeurteilung für Direktvermarkter Vorzugsmilch als Risikobetriebsart (Risikokategorie 3 = mindestens 1 x in 1,5 Jahren) laut Betriebsartenkatalog des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Hierbei sind die Aspekte der Hygieneanforderungen an die Rohmilcherzeugung und an die Milcherzeugerbetriebe vor Ort zu überprüfen.

Bei Vorzugsmilchbetrieben ist die Dokumentation der Einhaltung der Anforderungen gemäß Anlage 9 Kapitel I Tier-LMHV regelmäßig zusätzlich in kürzeren Abständen zu kontrollieren. Dies kann ohne eine Kontrolle vor Ort als reine Dokumentenkontrolle stattfinden.

3.1.2
Zusätzliche Anforderungen an die Überwachung von Milcherzeugerbetrieben mit Milch-ab-Hof-Abgabe

Die zuständige Behörde überwacht Betriebe, die Rohmilch gemäß § 17 Abs. 4 Tier-LMHV abgeben (anzeigepflichtige Milch-ab-Hof-Abgabe) auf die Einhaltung der Anforderungen nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV und der Anforderungen des Anhangs III Abschnitt IX Kapitel I der Verordnung (EG) Nr. 853/2004.

Die Überwachungsfrequenz der Milch-ab-Hof-Abgabe ergibt sich aus der landesweit festgelegten Kontrollfrequenz für Direktvermarkter Rohmilch. Eine jährliche Kontrolle ist in BALVI iP festgelegt. Hierbei sind die Aspekte der Hygieneanforderungen an die Rohmilcherzeugung und an die Milcherzeugerbetriebe vor Ort zu überprüfen.

Bei der Überwachung von Rohmilchausgabeautomaten sollte die Einhaltung der Empfehlungen des Merkblatts "Aufstellung und Betrieb von Rohmilchausgabeautomaten" überprüft werden. Die jeweils geltende Fassung ist der Internetseite des LAVES unter https://www.laves.niedersachsen.de und dort über den Pfad "Lebensmittel > Lebensmittelgruppen > Milch, Milcherzeugnisse & Käse > Rohmilch- ein unterschätztes Risiko" zu entnehmen.

3.1.3
Zusätzliche Anforderungen an die Überwachung von Betrieben mit automatischen Melkverfahren (AMV-Betriebe)

In AMV-Betrieben sind wegen des fehlenden direkten Kontaktes der melkenden Person mit den Kühen beim Melken die Hygienevorschriften nach Anhang III Abschnitt IX Kapitel I Teil II Buchst. B Nr. 1 Buchst. a und b der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 hinsichtlich des Reinigungszustandes des Euters und der Erkennung und Separierung abnormer Milch nur durch besondere technische Ausstattung einzuhalten.

Hierzu hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMEL) die "Bekanntmachung zur Durchführung von Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang III Abschnitt IX Kapitel I der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. L 226 vom 25.6.2004, S. 22) hinsichtlich der Anwendung bestimmter Maßnahmen in Milcherzeugungsbetrieben mit automatischen Melkverfahren" vom 4.9.2012 (Banz. AT 18.09.2012 B3) mit einem Maßnahmenkatalog veröffentlicht.

Der Lebensmittelunternehmer soll die Eignung der technischen Ausstattung zur Sicherstellung der Einhaltung der Hygienevorschriften durch Vorlage eines unabhängigen Sachverständigen-Gutachtens belegen. Soweit kein Gutachten vorgelegt werden kann, ist die Einhaltung der Hygienevorschriften auf der Basis des in Absatz 2 der Bekanntmachung des BMEL genannten Maßnahmenkataloges zu überwachen.

Kommt es im Rahmen der Rohmilchgüte-Kontrolle zu Überschreitungen der Kriterien (Keimzahl oder somatische Zellen) oder besteht Grund zur Annahme der Nichteinhaltung der Anforderungen gemäß Anhang III Abschnitt IX Kapitel I Teil II der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 prüft die zuständige Behörde, ob und ggf. welche Maßnahmen des Maßnahmenkataloges vom Betrieb umzusetzen sind.