Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 25.01.2022, Az.: 3 W 68/21

Beschwerde gegen die Ausschließung als Nachlassgläubiger nach Durchführung eines Aufgebotsverfahrens; Verfahrensfehlerhaftes Aufgebot; Öffentliche Zustellung eines Ausschließungsbeschlusses

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
25.01.2022
Aktenzeichen
3 W 68/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 11170
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2022:0125.3W68.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Northeim - 14.04.2021 - AZ: 3 II 10/20

Fundstellen

  • ErbR 2022, 346-349
  • FamRZ 2022, 978-979
  • FuR 2022, 393-395
  • ZAP EN-Nr. 190/2022
  • ZAP 2022, 267
  • ZEV 2022, 208
  • ZEV 2022, 528-531

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    In einem Aufgebot ist gemäß § 434 Abs. 2 Satz 2 FamFG unter anderem anzugeben, dass etwaige Ansprüche bei dem (Aufgebots-) Gericht anzumelden sind; fehlt diese Angabe, liegt ein Verfahrensfehler vor, der die Aufhebung des Aufgebotsbeschlusses zur Folge hat (Anschluss an OLG Frankfurt, Beschluss vom 6. März 2018 - 20 W 360/16 -, FGPrax 2018, S. 188 [BGH 25.04.2018 - XII ZB 414/16]).

  2. 2.

    Im Falle der öffentlichen Zustellung eines Ausschließungsbeschlusses gemäß § 441 FamFG i.V.m. §§ 186-188 ZPO bedarf es keines Bewilligungsbeschlusses im Sinne des § 186 Abs. 1 ZPO (Abweichung von OLG München, Beschluss vom 26. August 2015 - 34 Wx 247/15 -, ZEV 2016, S. 195 [Rn. 7 a.E.]).

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2. werden der Ausschließungsbeschluss des Amtsgerichts Northeim vom 14. April 2021 - 3 II 10/20 - und das ihm zugrundeliegende Aufgebot vom 11. Juni 2020 aufgehoben.

Das Amtsgericht hat das Aufgebotsverfahren aufgrund des Antrags des Beteiligten zu 1. vom 2. April 2020 erneut unter Beachtung der Rechtsausführungen des Senats durchzuführen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ausschließung als Nachlassgläubiger nach Durchführung des Aufgebotsverfahrens.

Der Beschwerdeführer ist der Bruder des am 27. Januar 2019 verstorbenen Erblassers, der von seiner Tochter beerbt worden ist; der Antragsteller ist der Nachlassverwalter.

Der Antragsteller beantragte die Durchführung des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke der Ausschließung noch unbekannter Nachlassgläubiger; die Nachlassmasse reiche voraussichtlich nicht aus, um die Verbindlichkeiten in Gänze auszugleichen. Zu dem Antrag teilte er 27 mögliche Gläubiger mit, nicht aber den Beschwerdeführer.

Das antragsgemäß erlassene Aufgebot vom 11. Juni 2020 lautet unter anderem:

Die Gläubiger des vorbezeichneten Nachlasses werden gemäß §§ 434, 458, 459 FamFG aufgefordert,

spätestens bis zum 09.11.2020

ihre Rechte als Nachlassgläubiger anzumelden, da sie andernfalls von den Erben Befriedigung nur insoweit verlangen können, als sich nach Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger noch ein Überschuss ergibt.

Das Aufgebot wurde - neben der Zustellung an die bereits bekannten 27 Gläubiger - durch Aushang an der Gerichtstafel vom 16. Juni bis zum 10. November 2020 und durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger am 18. Juni 2020 öffentlich bekanntgemacht. Der Beschwerdeführer meldete keine Rechte als Nachlassgläubiger an.

Mit angegriffenem Ausschließungsbeschluss vom 14. April 2021 beschränkte das Amtsgericht die Rechte derjenigen Gläubiger, die sich in dem Aufgebotsverfahren nicht gemeldet hatten. Wann der Beschluss zur Geschäftsstelle gelangt ist, ist nicht dokumentiert. Er ist gemäß Verfügung der Rechtspflegerin vom 14. April 2021 - neben der Zustellung an die bekannten Gläubiger - durch Aushang an der Gerichtstafel vom 19. April bis zum 1. Juni 2021 und durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger am 22. April 2021 öffentlich zugestellt worden.

Mit am 7. Juni 2021 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage fragte der Beschwerdeführer bei dem Amtsgericht nach dem Stand des Verfahrens. Der Nachlassverwalter habe ihm mitgeteilt, dass das Verfahren abgeschlossen sei. Er habe Forderungen auf Darlehensrückzahlung in Höhe von insgesamt 106.267,07 € gegen den Erblasser und sei auf einer Gläubigerliste verzeichnet, die die Tochter des Erblassers an den Nachlassverwalter übergeben habe. Zudem habe sie dem Nachlassverwalter Unterlagen zu einem Mahnverfahren des zentralen Mahngerichts Uelzen übergeben, die die Forderung dokumentierten. Es sei unverständlich, wenn der Nachlassverwalter nun behaupte, nichts von dieser Darlehensforderung gewusst zu haben. Auch sei der Beschwerdeführer weder vom Nachlassverwalter noch vom Amtsgericht über das Aufgebotsverfahren informiert worden. Dazu legte der Beschwerdeführer Unterlagen zur Bestätigung seiner Forderung vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 7. Juni und 12. August 2021 nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2021 teilte der Nachlassverwalter mit, er habe erst durch eine Nachricht am 28. Mai 2021 vom Beschwerdeführer erfahren, dass dieser Forderungen gegen den Erblasser geltend mache. Der Beschwerdeführer und seine Forderung seien in den Gläubigerlisten und sonstigen Unterlagen, die die Tochter des Erblassers übergeben habe, nicht enthalten gewesen. Nach Angaben der Tochter habe der Beschwerdeführer aber von der schon zwei Jahre andauernden Nachlassverwaltung gewusst.

Das Amtsgericht hat die Einwendungen des Beschwerdeführers als Beschwerde gegen den Ausschließungsbeschluss gewertet, dieser mit Beschluss vom 5. Oktober 2021 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung übersandt; das Aufgebotsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden und der Beschwerdeführer habe seine Forderung nicht innerhalb der Frist des § 438 FamFG angemeldet. Auf eine Unkenntnis vom Aufgebotsverfahren könne sich der Beschwerdeführer nicht berufen, da das Aufgebot und der Ausschließungsbeschluss jeweils öffentlich bekannt gemacht worden seien. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne beim Versäumen der Anmeldungsfrist nicht gewährt werden.

II.

Die zulässige Beschwerde hat im Ergebnis Erfolg.

1. Die Beschwerde gegen den Ausschließungsbeschluss ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 3 Wx 301/11 -, NJW-RR 2012, S. 841 [OLG Düsseldorf 24.01.2012 - I-3 Wx 301/11] m.w.N.) und auch ansonsten zulässig.

Insbesondere ist der Beschwerdeführer beschwerdeberechtigt im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG, da der Ausschließungsbeschluss ihn in seinen Rechten beeinträchtigt: Durch die ausgesprochene Ausschließung muss er mit Erschwernissen bei der Durchsetzung der von ihm behaupteten Forderungen gemäß § 1973 Abs. 1 Satz 1 BGB rechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 - IV ZB 37/15 -, NJW 2016, S. 3664 [Rn. 11 f.]; OLG Köln, Beschluss vom 5. Juni 2019 - 2 Wx 176/19 -, juris, Rn. 9). Eine Mindestbeschwer im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG ist nicht erforderlich, § 439 Abs. 3 FamFG.

Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt worden. Für die Bestimmung der Beschwerdefrist ist für alle Beteiligten die öffentliche Zustellung des Ausschließungsbeschlusses maßgeblich: Die einmonatige Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG beginnt mit dem Eintritt der Zustellungsfiktion des § 188 ZPO, also einem Monat, gerechnet vom Aushang der Benachrichtigung an der Gerichtstafel, § 186 ZPO (vgl. OLG München, Beschluss vom 26. August 2015 - 34 Wx 247/15 -, ZEV 2016, S. 195 [Rn. 7]; KG Berlin, Beschluss vom 19. Mai 2014 - 12 W 57/12 -, NJW-RR 2015, S. 79 [Rn. 15]; Krätzschel, in: Firsching/Graf, Nachlassrecht, § 20, Rn. 80). Der angegriffene Beschluss ist durch Aushang an der Gerichtstafel ab dem 19. April 2021 öffentlich zugestellt worden im Sinne des § 441 FamFG i.V.m. § 186 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die zusätzliche Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger am 22. April 2021 erfolgte fakultativ, § 187 ZPO. Gemäß § 188 Satz 1 ZPO gilt die Zustellung deshalb mit Ablauf des 19. Mai 2021 als bewirkt. Danach war die einmonatige Beschwerdefrist bei Eingang des als Beschwerde zu wertenden Schriftsatzes vom 7. Juni 2021 noch nicht abgelaufen.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Zwar ist der Ausschließungsbeschluss vom 14. April 2021 an sich rechtmäßig ergangen (a), der Beschwerdeführer hat seine Ansprüche nicht (rechtzeitig) im Aufgebotsverfahren angemeldet (b) und eine Wiedereinsetzung in die Anmeldefrist kommt nicht in Betracht (c). Die Beschwerde hat gleichwohl Erfolg, da das Aufgebot vom 11. Juni 2020 nicht alle gesetzlich vorgeschriebenen Informationen enthalten hat (d).

a) Der angegriffene Ausschließungsbeschluss vom 14. April 2021 ist an sich rechtmäßig ergangen. Er ist insbesondere wirksam öffentlich zugestellt worden. Dem steht nicht entgegen, dass die Rechtspflegerin die öffentliche Zustellung des Beschlusses lediglich verfügt und nicht deren Bewilligung förmlich beschlossen hat im Sinne des § 186 Abs. 1 ZPO, denn im Falle der öffentlichen Zustellung eines Ausschließungsbeschlusses gemäß § 441 FamFG i.V.m. §§ 186-188 ZPO bedarf es keines Bewilligungsbeschlusses im Sinne des § 186 Abs. 1 ZPO (so auch Schlögel, in: BeckOK FamFG, 40. Edition, Stand: 1. Oktober 2021, § 441, Rn. 1; Waldner, in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Auflage 2017, § 441, Rn. 2; so wohl auch Harders, in: Bumiller/Harders, FamFG, 12. Auflage 2019, § 441, Rn. 2; a.A. OLG München, Beschluss vom 26. August 2015 - 34 Wx 247/15 -, ZEV 2016, S. 195 [Rn. 7 a.E.]; Dörndorfer, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2019, § 441, Rn. 3; Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 441, Rn. 2).

Dafür sprechen schon Wortlaut und Systematik der Vorschrift: § 441 Satz 1 FamFG ordnet die öffentliche Zustellung des Ausschließungsbeschlusses verbindlich an; dieser Absatz klärt die Frage des "Ob" einer öffentlichen Zustellung, ein Ermessen des Gerichts besteht - anders als noch nach § 956 ZPO in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung - nicht mehr (Harders, in: Bumiller/Harders, FamFG, 12. Auflage 2019, § 441, Rn. 2; vgl. auch die Gesetzesbegründung zum FGG-Reformgesetz, BT-Drs. 16/6308 vom 7. September 2007, S. 295 f.). § 441 Satz 2 FamFG regelt dagegen die Frage des "Wie", namentlich, dass "für die Durchführung der öffentlichen Zustellung" die §§ 186-188 ZPO entsprechend gelten. Von dieser Verweisung ist § 185 ZPO gerade nicht umfasst (KG Berlin, Beschluss vom 19. Mai 2014 - 12 W 57/12 -, NJW-RR 2015, S. 79 [Rn. 16]; Dörndorfer, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2019, § 441, Rn. 2; Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 441, Rn. 2). Anders als im Falle der öffentlichen Zustellung nach § 185 ff. ZPO - in dem sich das Gericht von Amts wegen nach freier Überzeugung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 185 ZPO vergewissern muss (Häublein/Müller, in: MüKo ZPO, 6. Auflage 2020, § 186, Rn. 4) - ist die Frage des "Ob" in § 441 Satz 1 FamFG abschließend geklärt; eine Entscheidung über das "Ob" der öffentlichen Zustellung kann das Gericht im Falle des § 441 FamFG nicht treffen.

Auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift bedarf es keines Bewilligungsbeschlusses im Sinne des § 186 Abs. 1 ZPO: § 441 FamFG trägt der Tatsache Rechnung, dass ein den Nachlass betreffendes Aufgebotsverfahren gegen eine nicht bekannte Zahl nicht bekannter Rechteinhaber geführt wird, so dass eine öffentliche Zustellung immer erforderlich ist. Anders als im Falle einer öffentlichen Zustellung gemäß §§ 185 ff. ZPO besteht in jedem Fall die Möglichkeit, dass Rechteinhaber gänzlich unbekannt sind (vgl. auch die Gesetzesbegründung a.a.O.). Die Notwendigkeit der öffentlichen Zustellung steht damit von vornherein fest, es bedarf nur einer Regelung des "Wie" - die der Gesetzgeber im Wege der Verweisung auf die §§ 186-188 ZPO vorgenommen hat.

Soweit § 441 Satz 2 FamFG auch auf § 186 Abs. 1 ZPO verweist, handelt es sich vor diesem Hintergrund entweder um ein redaktionelles Versehen (so Waldner, in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Auflage 2017, § 441, Rn. 2) oder § 186 Abs. 1 ZPO ist - da § 441 Satz 2 FamFG nur die entsprechende Anwendung der §§ 186-188 ZPO anordnet - von der Verweisung von vornherein nicht gemeint (so Schlögel, in: BeckOK FamFG, 40. Edition, Stand: 1. Oktober 2021, § 441, Rn. 1; so wohl auch Harders, in: Bumiller/Harders, FamFG, 12. Auflage 2019, § 441, Rn. 2). Jedenfalls kann das Gericht nicht über das "Ob" einer bereits gemäß § 441 FamFG obligatorischen öffentliche Zustellung zu entscheiden haben; für einen Bewilligungsbeschluss im Sinne des § 186 Abs. 1 ZPO ist daher kein Raum.

Auch ansonsten bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der öffentlichen Zustellung des Ausschließungsbeschlusses vom 14. April 2021. Sie ist durch Aushang an der Gerichtstafel erfolgt, § 186 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Zudem hat das Amtsgericht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Beschluss zusätzlich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen, § 187 ZPO. Weitergehende Anforderungen nach Landesrecht (§ 484 FamFG) existieren in Niedersachsen nicht (vgl. den dritten Abschnitt des Niedersächsisches Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch [Nds. AGBGB] vom 4. März 1971; Giers, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 484, Rn. 1).

b) Der Beschwerdeführer hat seine Forderungen nicht (rechtzeitig) im Aufgebotsverfahren gemeldet. Die Meldung etwaiger Ansprüche nützt einem Nachlassgläubiger nur dann, wenn sie im Aufgebotsverfahren eingeht. Die in § 458 Abs. 1 FamFG genannte "Meldung" durch Nachlassgläubiger im Sinne einer Anmeldung ihrer Forderung ist nicht dadurch entbehrlich, dass sie bereits im vom Antragsteller beizufügenden Nachlassverzeichnis (§ 456 FamFG) enthalten sind - wie es hier auch nicht der Fall war. Eine Meldung außerhalb des Aufgebotsverfahrens - etwa beim Antragsteller, Nachlassverwalter oder Nachlassgericht - genügt nicht; notwendig ist immer eine formelle Anmeldung der Forderung gerade im Aufgebotsverfahren selbst, § 458 Abs. 1 FamFG (allgemeine Ansicht: Dörndorfer, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2019, § 458, Rn. 9; Schlögel, in: BeckOK FamFG, 40. Edition, Stand: 1. Oktober 2021, § 458, Rn. 1 m.w.N.; Waldner, in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Auflage 2017, § 458, Rn. 2; Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 458, Rn. 2). Der letzte mögliche Anmeldezeitpunkt ist dabei der Tag des Erlasses des Ausschließungsbeschlusses, der sich gemäß § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG aus dem auf dem Beschluss zu vermerkenden Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle ergibt (BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 - IV ZB 37/15 -, NJW 2016, S. 3664 [3665 f. Rn. 15-20]).

Eine solche Meldung des Beschwerdeführers ist aber vor Erlass des Ausschließungsbeschlusses nicht beim Amtsgericht eingegangen: Die Rechtspflegerin hat den Beschluss unter dem 14. April 2021 unterzeichnet und er ist spätestens am 19. April 2021 zur Geschäftsstelle gelangt im Sinne des § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG, denn an diesem Tage ist die Übersendungsverfügung ausgeführt worden. Der Beschwerdeführer hat sich aber erst mit Schreiben vom 7. Juni 2021 an das Amtsgericht gewandt. Der - hier fehlende - Erlassvermerk nach § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG ist auch keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausschließungsbeschluss (OLG Frankfurt, Beschluss vom 6. März 2018 - 20 W 360/16 -, FGPrax 2018, S. 188 [189] [BGH 25.04.2018 - XII ZB 414/16] m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund kann hier dahinstehen, ob der Nachlassverwalter durch den Beschwerdeführer oder die Tochter des Erblassers über die mutmaßliche Gläubigerstellung des Beschwerdeführers informiert worden ist oder Unterlagen hierzu erhalten hat. Dies spielte allenfalls für die Frage etwaiger Regressansprüche eine Rolle, nicht jedoch für die Frage der Meldung im Aufgebotsverfahren.

c) Auch eine Wiedereinsetzung kommt hier nicht in Betracht: Bei Aufgebotsverfahren zur Ausschließung von Nachlassgläubigern nach § 1970 BGB ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung des Anmeldezeitpunkts nicht möglich (BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 - IV ZB 37/15 -, NJW 2016, S. 3664 [3665 f. Rn. 25 ff.]). Der Hauptzweck des Aufgebots besteht darin, dem Erben einen zuverlässigen Überblick über den Umfang der Nachlassverbindlichkeiten und somit eine Grundlage für seine Entschließung zu verschaffen, ob er eine Beschränkung seiner Haftung durch Beantragung der Nachlassverwaltung oder der Nachlassinsolvenz herbeiführen soll oder nicht. Diesem Zweck genügte das Aufgebotsverfahren nicht, wenn der Erbe zu befürchten hätte, dass sich bis zum Ablauf von fünf Jahren (§ 439 Abs. 4 Satz 1 FamFG) nach Ende der Aufgebotsfrist oder Erlass des Ausschließungsbeschlusses und damit lange nach Abschluss des Verfahrens noch unbekannte, rechtskräftig ausgeschlossene Nachlassgläubiger melden und wirksam Wiedereinsetzung in die unter Umständen seit Jahren verstrichene Aufgebotsfrist verlangen könnten (BGH, a.a.O. [3666 Rn. 29] m.w.N.).

d) Das Aufgebot vom 11. Juni 2020 enthält aber nicht alle gemäß § 434 Abs. 2 Satz 2 FamFG erforderlichen Angaben. Nach dieser Vorschrift muss - neben der Bezeichnung des Antragstellers, dem Anmeldezeitpunkt und der Bezeichnung der Rechtsnachteile, die eintreten, wenn die Anmeldung unterbleibt - auch der Anmeldeadressat genau angegeben werden. Dies bedeutet, dass zumindest anzugeben ist, dass die Ansprüche "bei Gericht", "bei dem Gericht" oder "bei diesem Gericht" anzumelden sind (OLG Frankfurt, Beschluss vom 6. März 2018 - 20 W 360/16 -, FGPrax 2018, S. 188 [BGH 25.04.2018 - XII ZB 414/16] ["bei dem Gericht"]; OLG Hamm, Beschluss vom 27. Dezember 2013 - 15 W 299/12 -, FGPrax 2014, S. 136 [noch zur früher zum Teil akzeptierten Wiedereinsetzung]; Herzog, in: BeckOGK BGB, Stand: 1. November 2021, § 1970, Rn. 90 ["bei dem Gericht"]; Krätzschel, in: Firsching/Graf, Nachlassrecht, 11. Auflage 2019, § 20, Rn. 82 ["bei diesem Gericht"]; Schlögel, in: BeckOK FamFG, 40. Edition, Stand: 1. Oktober 2021, § 434, Rn. 5; Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 434, Rn. 11 ["Zudem ist der Anmeldeadressat genau anzugeben."]). Nach weit überwiegender Auffassung kann die Anmeldeaufforderung schlicht den gesetzlichen Wortlaut "bei dem Gericht" übernehmen (OLG Frankfurt, a.a.O. m.w.N.; Dörndorfer, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2019, § 434, Rn. 18); teilweise wird auch die genaue Bezeichnung des Gerichts für tunlich gehalten (vgl. Jäckel, in: Saenger/Ullrich/Siebert, ZPO, 5. Auflage 2021, § 343 FamFG, Rn. 52; Warislohner, in: Kroiß/Siede, FamFG, 2. Auflage 2018, § 434, Rn. 55), zum Teil nebst Anschrift (so noch Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 19. Auflage 2017, § 460, Rn. 5, wohl aufgegeben in der 20. Auflage 2020). Es ist aber jedenfalls klarzustellen, dass die Ansprüche bei dem (Aufgebots-) Gericht und nicht etwa beim antragstellenden Nachlassverwalter anzumelden sind (OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; Waldner, in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Auflage 2017, § 434, Rn. 3).

Diese Klarstellung enthält das Aufgebot vom 11. Juni 2020 nicht. Darin werden die Gläubiger lediglich aufgefordert, "ihre Rechte als Nachlassgläubiger anzumelden". Oben rechts enthält das Aufgebot zwar das niedersächsische Landeswappen und den Schriftzug "Amtsgericht Northeim". Die einzige Anschrift, die in dem Aufgebot enthalten ist, ist aber die des antragstellenden Nachlassverwalters nebst dessen Geschäftszeichen. Insbesondere in dieser Kombination ist das Aufgebot geeignet, bei seinen Adressaten den falschen Eindruck zu erwecken, dass eine Anmeldung bei dem Nachlassverwalter zu erfolgen habe. Dies wird auch nicht dadurch geheilt, dass die §§ 434, 458 und 459 FamFG genannt werden (OLG Frankfurt, a.a.O.).

Bleibt der Inhalt des Aufgebots - wie hier - hinter den oben geschilderten Mindestanforderungen des § 434 Abs. 2 Satz 2 FamFG zurück, liegt ein Verfahrensfehler vor, der die Aufhebung des Aufgebotsbeschlusses zur Folge hat (OLG Frankfurt, a.a.O. m.w.N.; Küpper, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 1970, Rn. 2 [Fn. 6]; Schlögel, in: BeckOK FamFG, 40. Edition, Stand 1. Oktober 2021, § 434, Rn. 5).

Dabei kommt es hier nicht darauf an, ob im konkreten Fall beim Beschwerdeführer ein falscher Eindruck über den Anmeldeadressaten entstanden ist. Anders als bei der Frage der Wiedereinsetzung ist hier ein Verschulden des Nachlassgläubigers unerheblich. Das Aufgebot richtet sich an eine unbekannte Vielzahl von Adressaten; ob ein Aufgebotsadressat einem Irrtum darüber unterlegen ist, an wen er die Anmeldung richten muss, erfährt das Aufgebotsgericht möglicherweise nie; insoweit führt der Verfahrensfehler unabhängig von seinen Auswirkungen im konkreten Fall zur Aufhebung des Aufgebotsbeschlusses und in der Folge auch des auf nicht rechtmäßiger Basis ergangenen Ausschließungsbeschlusses. Vor dem Hintergrund, dass eine Wiedereinsetzung nach der oben genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr statthaft ist, ist es auch legitim, hohe Anforderungen an die Richtigkeit und Klarheit des Aufgebots zu stellen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG.

Einer Wertfestsetzung bedarf es vor dem Hintergrund der getroffenen Kostenentscheidung nicht.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG besteht kein Anlass. Soweit der Senat von der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München (Beschluss vom 26. August 2015 - 34 Wx 247/15 -, ZEV 2016, S. 195 [Rn. 7]) abweicht, ist dies nicht tragend.