Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 31.07.2009, Az.: 10 B 2925/09
Anspruch auf Durchführung einer Versammlung ; Rechtmäßigkeit einer Verfügung i.R. einer Versammlung zur Beschränkung von Lärmimmission
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 31.07.2009
- Aktenzeichen
- 10 B 2925/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 36061
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2009:0731.10B2925.09.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs. 1 VersG
- § 15 Abs. 1 VersG
- Art. 8 Abs. 1 GG
- Art. 19 Abs. 4 GG
Verfahrensgegenstand
Versammlungsrecht
Antrag nach §80 Abs. 5 VwGO
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 10. Kammer -
am 31. Juli 2009
beschlossen:
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 28.07.2009 gegen die Verfügungen des Antragsgegners vom 08.07.2009 und vom 22.07.2009 wird wiederhergestellt, soweit sich die Klage gegen
- Ziffer 1., 4. Absatz der Verfügung vom 08.07.2009, in dem die Lärmimmissionen während der Zwischenkundgebung auf der Kreuzung Bahnhofstraße/Poststraße auf weniger als 55 dB(A), gemessen einen halben Meter vor dem nächsten zur Bahnhofstraße gelegenen, geöffneten Fenster der Rheumaklinik, Bahnhofstraße 9, beschränkt werden, und
- Ziffer 5. der Verfügung vom 08.07.2009 und Ziffer 2 der Verfügung vom 22.07.2009, in der der Gebrauch von Trommeln auf die Auftakt- und Schlusskundgebung beschränkt wird, wendet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antragsteller trägt 4/5, der Antragsgegner 1/5 der Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Der - sinngemäß - gestellte Antrag des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügungen des Antragsgegners vom 08.07.2009 und vom 22.07.2009 wiederherzustellen,
hat nur teilweise Erfolg.
Der Antrag ist gem. §80 Abs. 5 VwGO als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zulässig, weil der Antragsgegner die sofortige Vollziehung angeordnet hat, ohne die die Klage aufgrund von §80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hätte.
Der Antragsgegner hat zunächst das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen versammlungsrechtlichen Verfügung in einer den Anforderungen des §80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise, nämlich sinngemäß damit begründet, dass der Zweck der mit der Klage angegriffenen Verfügung vollständig vereitelt würde, wenn eine Klage aufschiebende Wirkung hätte.
Bei Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass - das ist hier, auch bei jährlicher Wiederholung gleichartiger Versammlungen, der konkrete Veranstaltungstag - bezogen sind, müssen die Verwaltungsgerichte im Eilverfahren dem Umstand Rechnung tragen, dass der Sofortvollzug der angegriffenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt. Soweit möglich, ist die Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu prüfen, im Übrigen kommt es auf eine sorgsame Interessenabwägung an (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 -, BVerfGE 69, 315, 363 f. [BVerfG 14.05.1985 - 1 BvR 233/81]), in die auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache mit einzubeziehen sind. Ergibt eine summarische Einschätzung des Gerichts, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache offensichtlich erfolglos bleiben wird, ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unbegründet, denn an der sofortigen Vollziehung eines offenbar zu Unrecht angegriffenen Verwaltungsakts besteht regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse. Bei einem nach summarischer Prüfung offensichtlich Erfolg versprechenden Rechtsbehelf überwiegt hingegen im Hinblick auf die Art. 19 Abs. 4 GG zu entnehmende Garantie effektiven Rechtsschutzes das Suspensivinteresse des Betroffenen jedes öffentliche Vollzugsinteresse, so dass die aufschiebende Wirkung grundsätzlich wiederherzustellen ist.
Der Umfang und Dichte der summarischen Sachprüfung sind aufgrund der wenigen bis zum Beginn der Versammlung verbleibenden Zeit - der Antrag ging am 28.07.2009 ein, die Versammlung soll am 01.08.2009 stattfinden - äußerst eingeschränkt. Die Kammer hat dem Antragsgegner einmalig Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und den Verwaltungsvorgang eingesehen.
Ausgehend von den vorstehend dargelegten Abwägungsgrundsätzen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der versammlungsrechtlichen Auflagen, weil gegen deren Rechtmäßigkeit insoweit erhebliche Bedenken bestehen und der Erfolg der Klage hinsichtlich dieser Auflagen nach summarischer Prüfung wahrscheinlicher ist als das Unterliegen des Antragstellers.
Nach §15 Abs. 1 Versammlungsgesetz - VersG - kann die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Aus dem Wortlaut ("unmittelbar") und aus der Bedeutung der Versammlungsfreiheit folgt dabei, dass nicht jede Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung Auflagen rechtfertigt. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat vielmehr eine Güterabwägung stattzufinden mit der Folge, dass eine versammlungsrechtliche Auflage nur zulässig ist, wenn es zum Schutz anderer, dem Versammlungsrecht gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist. Zur Annahme einer Gefährdung i.S.v. §15 Abs. 1 VersG genügt eine abstrakte Gefahr nicht; die Gefährdung muss vielmehr nach dem gewöhnlichen Ablauf der Dinge unmittelbar bevorstehen, der Eintritt der Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit in aller Kürze zu erwarten sein. Die Gefahrenprognose setzt schließlich nachweisbare Tatsachen als Grundlage der Gefahrenprognose voraus; bloße Vermutungen reichen nicht aus (BVerfG, Beschluss v. 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - (BVerfGE 69, 315, 353 f. [BVerfG 14.05.1985 - 1 BvR 233/81])). Gemessen daran müssen sich die streitigen Auflagen auf hinreichend konkrete Erkenntnisse gestützt haben, so dass ohne deren Erlass bei der Veranstaltung ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gedroht hätte.
Als rechtswidrig erweisen sich nach diesen Maßstäben voraussichtlich die Beschränkung der Lärmimmission am Standort Rheumaklinik auf einen tatsächlichen Beurteilungspegel von 45 dB(A) und das Verbot, während des Aufzugs und der Zwischenkundgebungen Trommeln zu gebrauchen. Im Übrigen sind die Auflagen nicht zu beanstanden.
Die Regelung der Lärmemissionen der Veranstaltung in Ziffer 1. 4. Absatz ist voraussichtlich rechtswidrig, soweit darin die Lärmimmissionen während der Zwischenkundgebung auf der Kreuzung Bahnhofstraße/Poststraße auf weniger als 55 dB(A), gemessen einen halben Meter vor einem zur Bahnhofstraße gelegenen, geöffneten Fenster der Rheumaklinik, Bahnhofstraße 9, beschränkt werden.
Zwar ist es nach der Rechtsauffassung der Kammer mit Art. 8 Abs. 1 GG grundsätzlich vereinbar, die Maximalwerte der durch elektroakustische Hilfsmittel verursachten Geräuschimmissionen an die Werte der Technischen Anleitung Lärm (TA-Lärm) anzulehnen. Die Orientierung an diesen Werten bei der Durchführung von Versammlungen erscheint im Hinblick auf die Schutzrichtung der TA-Lärm (Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche sowie der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche) auch sachgerecht. Danach sind die Immissionswerte außerhalb von Gebäuden vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes zu messen (vgl. Anhang zur TA-Lärm, Ziff. A.1.3), wobei die Überschreitung durch einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen nicht mehr als 20 dB(A) betragen darf. Durch die Angabe des maßgeblichen Immissionsorts ist die Verfügung auch hinreichend bestimmt.
Als zu niedrig dürfte sich indes der angeordnete maximale Beurteilungspegel von 45 dB(A) erweisen. Die Grenze der nach der TA Lärm zumutbaren Lärmimmissionen wird bereits dann eingehalten, wenn am festgesetzten Immissionsort ein tatsächlicher Beurteilungspegel von 55 dB(A) eingehalten wird. Das beruht auf folgenden Erwägungen:
Wohl zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass es sich bei der - bisher einmal jährlich stattfindenden - Versammlung um ein seltenes Ereignis im Sinne von Nr. 7.2 der TA Lärm handelt und deshalb auch im Verlauf des Aufzugs den Immissionsrichtwert von 70 dB(A) festgesetzt worden ist. Dementsprechend müsste dieser Wert allerdings - den Immissionsrichtwerten der TA Lärm in Nr. 6.3 und 6.1 lit. f. folgend - auch vor der Rheumaklinik zugrunde gelegt werden. Der vom Antragsgegner angeführten besonderen Schutzbedürftigkeit des Kurgebiets ist in Anlehnung an Nr. 6.5 TA Lärm durch einen Zuschlag auf den tatsächlichen Beurteilungspegel in Höhe von 6 dB(A) während der Zeit von 13.00 bis 15.00 Uhr, die den Zeitraum der Zwischenkundgebung abdecken dürfte, Rechnung zu tragen. Weitere Zuschläge auf den Beurteilungspegel sind gem. Nrn. A 3.3.5 und A 3.3.6 des Anhangs zur TA Lärm für die Informationshaltigkeit (3 bis 6 dB(A)) und - bei Verwendung von Trommeln - die Impulshaltigkeit der Immissionen vorzunehmen. Bei Berücksichtigung aller Aufschläge wird der Richtwert von 70 dB(A) am festgesetzten Immissionsort auch bei einem tatsächlichen Beurteilungspegel von 55 dB(A) sicher eingehalten.
Die Auflage in Ziffer 5. - das Verbot des Gebrauchs von Trommeln während des Aufzugs und der Kundgebungen - hat der Antragsgegner in seiner Erwiderung vom 29.07.2009 dahingehend modifiziert, dass die Benutzung von Trommeln bei der Auftakt- und der Schlusskundgebung zugelassen wird, während des Aufzugs und der Zwischenkundgebungen jedoch weiterhin untersagt bleibt.
Auch in dieser modifizierten Form erweist sich die Auflage voraussichtlich als rechtswidrig. Die vom Antragsgegner angegebene Begründung für die hier in Rede stehende Auflage enthält keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für eine versammlungsrechtlich bedeutsame Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, die ein absolutes Verbot des Mitführens von Trommeln rechtfertigen könnte. Zwar können aus der Anzahl der mitgeführten Trommeln und der Art und Weise der Benutzung durch die Versammlungsteilnehmer Erinnerungen an nationalsozialistische Kundgebungen geweckt werden. Dem kann jedoch ausreichend dadurch begegnet werden, dass die Zahl der mitgeführten Trommeln beschränkt wird. Einer Lärmbelästigung durch die Trommeln wird bereits durch die in Ziffer 1, 4. Absatz vorgeschriebenen Lärmrichtwerte Rechnung getragen. Werden diese durch Trommeln überschritten, hat der Gebrauch von Trommeln zu unterbleiben; werden sie dagegen eingehalten, ist er unter Lärmschutzgesichtspunkten unbedenklich.
Die Beschränkung auf eine schwarze Fahne je 20 Teilnehmer der Versammlung, die die Kammer bereits in ihrem Urteil vom 17.12.2007 - Az. 10 A 3583/06 - für rechtswidrig erachtet hat, hat der Antragsgegner durch Erklärung in seiner Antragserwiderung vom 29.07.2009 aufgehoben. Einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bedarf es insofern nicht mehr.
Nicht zu beanstanden ist die von der nachgemeldeten Aufzugsstrecke abweichende Anordnung der Route Horster Straße/Bahnhofstraße ab der Kreuzung Horster Straße/Kreuzstraße, denn die für die getroffene Regelung der Aufzugsroute sprechenden Interessen überwiegen das Interesse des Antragstellers an einer frei bestimmten Route. Bei dieser Abwägung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die von dem Antragsgegner festgesetzte Route derjenigen Route entspricht, die der Antragsteller in der Anmeldung des Aufzugs vom 29.07.2006 mitgeteilt hat. Dem ursprünglichen Begehren des Antragstellers ist der Antragsgegner damit nachgekommen. Diese Route stellt auch ausreichend sicher, dass der Antragsteller das mit dem Aufzug verfolgte Anliegen, insbesondere die Zwischenkundgebung am sogenannten Wincklerbad, erreichen kann und mit seinem Anliegen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden kann. Der mit der Routenbestimmung verbundene Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Antragstellers ist deshalb von geringer Schwere.
Gleichzeitig streiten für die festgelegte Route gewichtige öffentliche Belange, nämlich die ebenfalls grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit der Veranstalter eines gleichzeitig stattfindenden Aufzugs und die Funktion des Rettungsdienstes während der beiden Aufzüge. Bei der Erwägung von Eingriffen in die Versammlungsfreiheit des Antragstellers hat der Antragsgegner auch die grundrechtlich geschützten Positionen Dritter in Blick zu nehmen; dies gilt insbesondere dann, wenn, wie hier, gleichrangige Grundrechte in Widerstreit sind. Dabei geht die Kammer zunächst davon aus, dass die beiden gegensätzlichen Aufzüge räumlich strikt zu trennen sind, um Gefahren durch gewaltsame Zusammenstöße zwischen den rivalisierenden Teilnehmern zu abzuwehren. Sodann richtet sich die vom Antragsgegner begehrte, neue Routenführung auf den Straßenzug Bornstraße, der bereits Teil der in einem Kooperationsgespräch am 23.06.2009 vereinbarten und zwischenzeitlich genehmigten Aufzugsstrecke des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist. Vor diesem Hintergrund könnte der Antragsgegner dem erst danach geäußerten Routenänderungsbegehren nur entsprechen, wenn er gleichzeitig in den bereits genehmigten Routenverlauf des "gegnerischen" Aufzugs eingriffe. Dabei kann dahinstehen, ob die geänderte Routenführung am 24.06.2009 wirksam durch Marcus Winter angemeldet wurde, der sich mit Schreiben vom 18.03.2008 als Anmelder abgemeldet hatte, oder vielmehr erst am 19.07.2009 durch den Antragsteller wirksam angemeldet wurde, wofür mehr spricht.
Eine weitere Verlegung der Aufzugsstrecke des DGB nach Osten würde dazu führen, dass diese vom Bahnhof aus über die Straßen Gehrenbreite und Haster Straße/Bundesstraße 442 führen müsste und damit in erheblichem Abstand vom Bebauungszusammenhang der Kernstadt Bad Nenndorfs und auf Umwegen zum Zentrum verliefe, wodurch die Wahrnehmbarkeit des Aufzugs des DGB empfindlich beeinträchtigt würde. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der DGB gerade im Hinblick auf die bis dahin angemeldete Route des Aufzugs des Antragstellers bereits Einschränkungen der von ihm ursprünglich begehrten Aufzugsroute hingenommen hat. Demgegenüber bringt der ursprüngliche Verlauf der Aufzugsroute des Antragstellers dessen Aufzug keine erkennbaren Wahrnehmungshindernisse oder anderweitige Erschwernisse. Die Versammlungsfreiheit des Antragstellers muss vor diesem Hintergrund gegenüber der Versammlungsfreiheit der Veranstalter des DGB-Aufzugs zurücktreten.
Die festgelegte Routenführung ermöglicht auch die Realisierung des vom Antragsgegner verfolgten Rettungsdienstkonzepts, wonach auf der Fläche im Bereich Rotrehre/Achternfeld der Zentrale Versorgungsplatz mit einem möglichen Landeplatz für Rettungshubschrauber eingerichtet werden soll und die Zufahrt zu den beiden gleichzeitig stattfindenden Aufzügen über die Bornstraße erfolgen soll. Eine gleichartig geeignete Fläche, die sowohl den Aufzug des Antragstellers als auch den Aufzug des DGB erreichen lässt, ist bei summarischer Prüfung nicht erkennbar.
Das Verbot von Fahnen bzw. Transparentstangen, deren Länge weniger als 1 m und mehr 1,5 m beträgt (Ziffer 4 Absatz 2) hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung vom 29.07.2009 dahingehend modifiziert, dass anstelle einer Maximallänge von 1,5 m eine Länge von 1 m bis 2,5 m zugelassen wird. Diese Vorgabe und die im übrigen Absatz 2 geregelten Maße der Haltestangen (Kantenlänge bzw. Durchmesser von weniger als 3 cm) hat die Kammer in früheren Entscheidungen unbeanstandet gelassen (vgl. Beschluss vom 27.04.2009, Az. 10 B 1713/09); sie ist auch hier nicht zu beanstanden.
Auch insoweit gilt, dass die grundgesetzlich geschützten Rechte des Antragstellers, sich versammeln und seine Meinung äußern zu dürfen, abzuwägen sind mit den Rechten und Interessen Dritter, hier im Besonderen den Sicherheitsinteressen der Öffentlichkeit und der Polizei. Dabei ist festzustellen, dass die Interessen des Antragstellers durch die Auflage nur in sehr geringem Maße tangiert sind, denn es ist ihm gestattet, bei seinem Aufzug und während der Kundgebungen Transparente und Trageschilder zu verwenden. Lediglich der Gebrauch von stärkeren und längeren Trage- und Fahnenstangen als bestimmt ist ihm verwehrt. Gegen diesen Gebrauch stärkerer und schwererer Stangen stehen gewichtige öffentliche Interessen der Sicherheit im Allgemeinen und insbesondere der den Zug und die Kundgebungen begleitenden Beamten der Polizei. Dies gilt unabhängig von der Art der Versammlung und dem jeweiligen Anmelder bzw. den zu erwartenden Demonstranten, denn kürzere Stangen sind ebenso wie längere Stangen als Hieb- und Stoßwerkzeuge geeignet, die von Teilnehmern der Versammlung oder von Dritten, die sich der Stangen bemächtigen, gegen Teilnehmer, Dritte oder Polizeibeamte eingesetzt werden können.
Schließlich werden sich auch die in Ziffer 7. der angegriffenen Verfügung genannten Bekleidungsvorschriften voraussichtlich als rechtmäßig erweisen. Dabei legt die Kammer den Antrag zugunsten des Antragstellers dahingehend aus, dass er nicht nur die Ausführungen in Absatz 2, sondern auch die Regelung in Absatz 1 erfasst, denn in Absatz 1 wird die eigentliche Regelung getroffen, wonach das Tragen gleichartiger Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung untersagt ist. Die in Absatz 2 getroffenen Ausführungen enthalten demgegenüber keine eigenständige Regelung, sondern nehmen ausdrücklich ("Darunter fällt auch ...") auf die Regelung in Absatz 1 Bezug, die durch Absatz 2 lediglich erläutert wird. Dabei erkennt die Kammer keine hinreichenden Mängel in der Bestimmtheit dieser Ausführungen. Bereits aus dem Wortlaut "Darunter fällt auch" wird deutlich, dass es sich bei den genannten Kleidungsstücken nur um Beispiele mit Hinweischarakter handelt, die das Verbot des Tragens gleichartiger Kleidung aus Absatz 1 erläutern sollen und dabei auf Kleidungsstücke Bezug nehmen, die üblicherweise von Teilnehmern politisch ähnlich ausgerichteter Demonstrationen getragen werden. Dieser sprachlich nicht ganz gelungene Hinweis ist nach Auffassung der Kammer unschwer dahingehend zu verstehen, dass auf das Tragen gleichartiger durchweg dunkler T-Shirts in geschlossenen Blöcken, gleichartiger durchweg dunkler Pullover in geschlossenen Blöcken, gleichartiger durchweg dunkler Polo-Shirts in geschlossenen Blöcken etc. hingewiesen werden sollte. In materieller Hinsicht wirft das Verbot, als Ausdruck einer politischen Gesinnung gleichartige Kleidung zu tragen, im Hinblick auf §3 Abs. 1 VersG keine tiefgreifenden Bedenken auf.
Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §53 Abs. 3 Nr. 2, §52 Abs. 1 GKG. Der bei einem Versammlungsverbot anzusetzende Auffangstreitwert ist für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren nicht zu reduzieren, da mit der Entscheidung eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache einhergeht.