Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 03.01.2008, Az.: 32 Ss 188/07
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 03.01.2008
- Aktenzeichen
- 32 Ss 188/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 42422
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2008:0103.32SS188.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 08.10.2007 - AZ: 7061 Js 46440/06
In der Strafsache
...
wegen Nötigung
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 8. Oktober 2007 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Meier, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Ferber und den Richter am Landgericht Wolter am 3. Januar 2008 beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hannover zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Hannover hat den Angeklagten mit Urteil vom 15. Mai 2007 wegen Betrugs und Titelmissbrauchs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten hat die Strafkammer mit dem angefochtenen Urteil verworfen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Sachrüge erhebt.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Landgericht, weil die Urteilsgründe dem Senat nicht die Nachprüfung der die Entscheidung des Landgerichts tragenden Strafzumessungserwägungen ermöglichen.
1. Zur Person des Angeklagten enthält das Urteil des Landgerichts - mit Ausnahme einer auszugsweisen Darstellung der Vorstrafen im Rahmen der Strafzumessung - keinerlei eigene Feststellungen. Lediglich einleitend wird im Urteil dargestellt, wie der Angeklagte bzw. dessen Verteidiger die Taten in der Berufungshauptverhandlung erklärt haben. Ob die Kammer aber von diesen Einlassungen als inhaltlich zutreffend überzeugt ist und sie demgemäß ihrem Urteil als eigene Feststellungen zugrunde legt, lässt das Urteil nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen. Dass die Einlassung des Angeklagten den Feststellungen zugrundegelegt werden sollte, ist auch keineswegs selbstverständlich oder naheliegend; so findet etwa dessen Einlassung, durch eine Strafhaft werde ihm alles, was er sich aufgebaut habe, genommen, in der Strafzumessung keine Berücksichtigung. Dies lässt eher darauf schließen, dass die Kammer diese Einlassung des Angeklagten ihren Feststellungen nicht zugrunde legen wollte.
2. Soweit die Kammer ausführt, der Angeklagte habe den Titel eines Bauingenieurs nicht aufgrund harmloser Wichtigtuerei, sondern aufgrund eines Bereicherungsinteresses benutzt, ist nicht erkennbar, worauf die Kammer diese Bewertung stützt, da entsprechende Erkenntnisgrundlagen im Urteil nicht mitgeteilt werden.
3. Das Urteil berücksichtigt sodann bei der Strafzumessung im weiteren bei der Frage der Anwendung des § 47 StGB und der Prüfung der Strafaussetzung zur Bewährung zu Lasten des Angeklagten, dass dieser bereits mehrfach einschlägig vorbestraft sei und die abzuurteilenden Taten während einer Bewährungszeit aus einem Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 13.06.2003 begangen habe. Allerdings werden die Vorstrafen nach Tatzeit, Tatbegehung und Strafhöhe oder sonstigen Umständen, auf die es insbesondere für die Entscheidung über eine positive Prognose i.S. von § 56 StGB ankommt, nicht im Einzelnen mitgeteilt. Da die konkrete Strafhöhe der einzelnen Verurteilungen sowie der Tag des ersten Urteils, an dem der Lauf der Tilgungsfrist für die Vorverurteilungen nach §§ 46 Abs. 1, 47 Abs. 1, 36 BZRG beginnt, nicht mitgeteilt werden, kann der Senat auch nicht prüfen, ob diese Vorbelastungen bereits getilgt sind und deshalb ein Verwertungsverbot nach § 51 BZRG eingreift. Die mitgeteilten Jahreszahlen der Urteile legen jedenfalls nahe, dass zwischen einzelnen Verurteilungen Tilgungsreife und damit ein Verwertungsverbot eingetreten sein könnte.
4. Zudem lässt die Strafzumessung eine Auseinandersetzung mit der Frage vermissen, ob der Zeitablauf seit der Tatbegehung bei der Strafzumessung gewürdigt wurde. Auch berücksichtigt das Urteil nicht die Frage einer besonderen Strafempfindlichkeit des Angeklagten wegen eines drohenden Bewährungswiderrufs.
5. Die Strafzumessung ist weiterhin lückenhaft, weil sie keine Prüfung der Voraussetzungen des § 46a StGB enthält. Wenn Wiedergutmachungsleistungen oder -bemühungen des Angeklagten vorliegen, ist vorrangig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 46a StGB gegeben sind (vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl., § 46a Rdnr. 6). Der Täter-Opfer-Ausgleich gemäß § 46a Nr. 2 StGB, der hier vorrangig in Betracht kommen dürfte, setzt voraus, dass die Leistungen Ausdruck einer Übernahme von Verantwortung sind (vgl. Fischer a.a.O., Rdnr. 11). Auch hierzu fehlen entsprechende Feststellungen im Berufungsurteil.