Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 24.04.2018, Az.: 8 C 28/18

Ausschlussfrist; außerkapazitär; Frist und Form außerkapazitärer Zulassungsanträge; innerkapazitärer Antrag; Masterstudiengang, konsekutiver; Örtlich zulassungsbeschränkter Masterstudiengang; universitäre Ordnung; Vorauswahl zum Auswahlgespräch

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
24.04.2018
Aktenzeichen
8 C 28/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74150
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zur Zulässigkeit einer Vorauswahl zum Auswahlgespräch anhand u. a. der Bachelornote für örtlich zulassungsbeschränkten Masterstudiengang (unter I. 1.)
2. Für Anträge auf außerkapazitäre Zulassung zu einem örtlich zulassungsbeschränkten Masterstudiengang können auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 4 Abs. 4 Satz 1 des Nds. Hochschulzulassungsgesetzes in der ab dem 01.01.2016 geltenden Fassung in universitären Ordnungen Ausschlussfristen, die nicht mit denjenigen in § 2 Abs. 1 Satz 1 der Nds. Hochschul-Vergabeverordnung festgelegten übereinstimmen müssen, und spezielle Formvorschriften (insbesondere mit dem Antrag einzureichende Unterlagen) festgelegt werden (unter I. 2.).
3. Für Studienbewerber ist es nicht unzumutbar, Unterlagen erneut einzureichen, die bereits im Rahmen innerkapazitärer Bewerbungen vorgelegt worden sind. Eine Hinweispflicht der Hochschulen auf Unvollständigkeit besteht nicht.

Gründe

Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag die vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang Finanzen, Rechnungswesen und Steuern bei der Antragsgegnerin innerhalb und außerhalb der festgesetzten Kapazität.

Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn vorläufig im Studiengang Finanzen, Rechnungswesen und Steuern (Master), 1. Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2018 zuzulassen,

hat keinen Erfolg.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn diese Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 ZPO). Ist der Antrag - wie vorliegend - auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, so sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich ist und dem Antragsteller ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten (vgl. statt vieler BVerwG, Beschluss vom 08.09.2017 - 1 WDS-VR 4/17 -, juris, Rn. 15).

I.

Ein Anordnungsanspruch ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht, da weder ein Anspruch auf innerkapazitäre (dazu 1.) noch auf außerkapazitäre Zulassung (dazu 2.) bestehet. Die Kammer vermag bei der vorzunehmenden summarischen Prüfung keine mangelhafte Ausführung des Auswahlverfahrens zu erkennen. Ferner ist schon kein ordnungsgemäßer Antrag auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungshöchstzahlen bei der Antragsgegnerin eingegangen.

1.

Der Antragsteller kann keine Zulassung innerhalb der durch die Verordnung über die Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2017/2018 und zum Sommersemester 2018 (ZZ-VO 2017/2018) vom 19.06.2017 (Nds. GVBl. Nr. 11/2017 S. 204) festgesetzten Studienplatzkapazität beanspruchen. Die Antragsgegnerin hat das Auswahlverfahren im Einklang mit höherrangigem Recht ausgestaltet. Eine mangelhafte Durchführung des Auswahlverfahrens kann die Kammer nicht erkennen.

Nach § 9 Satz 1 Nr. 3 Niedersächsisches Hochschulzulassungsgesetz – NHZG – ist das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur ermächtigt, die Festlegung der Zulassungsbeschränkung und die Festsetzung der Zulassungszahlen durch Verordnung zu regeln. Hiervon hat es mit der ZZ-VO 2017/2018 Gebrauch gemacht und darin die Zulassungszahl für den vorliegenden Studiengang zum Sommersemester 2018 auf 25 Studierende festgelegt.

Die in § 2 Abs. 1 der Ordnung über die Zugangsvoraussetzungen und über die Zulassung für den konsekutiven Master-Studiengang „Finanzen, Rechnungswesen und Steuern“ der Antragsgegnerin (ZZ-O FRS; AM I 54/11.10.2016 S. 1511) i. V. m. § 4 ff. ZZ-O FRS geregelten besonderen Zugangsvoraussetzungen entsprechen den Vorgaben, die sich aus § 18 Abs. 8 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes – NHG –  und § 7 NHZG ergeben.

Nach § 18 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 NHG setzt die Zugangsberechtigung zu einem konsekutiven Masterstudiengang ein fachlich hierfür geeignetes, vorangegangenes Studium voraus. Nach § 18 Abs. 8 Satz 3 NHG regelt das Nähere, insbesondere zur Feststellung der fachlichen Eignung eines vorangegangenen Studiums, eine Ordnung. Als lex specialis für zulassungsbeschränkte konsekutive Masterstudiengänge enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NZHG die Regelung, dass bei der Feststellung der Eignung für Masterstudiengänge im Rahmen von konsekutiven Studiengängen insbesondere das Ergebnis der Bachelorprüfung und, wenn dieses noch nicht vorliegt, insbesondere eine anhand der bislang vorliegenden Prüfungsleistungen ermittelte Durchschnittsnote zu berücksichtigen ist. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 NHZG regeln die Hochschulen also das Zulassungsverfahren für weiterführende Studiengänge und Masterstudiengänge in einer Ordnung, wenn Zulassungsbeschränkungen gemäß § 4 Abs. 1 NZHG – wie hier – erforderlich sind. Im Übrigen bestimmt § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NHZG, dass bei der Auswahl überwiegend der von der Hochschule festgestellte Grad der Eignung für den betreffenden Studiengang zugrunde zu legen ist. Im Rahmen dieser Ermächtigungen hält sich die Antragsgegnerin, wenn sie in der ZZ-O FRS für den Zugang zum Masterstudium ein Studium in einem vergleichbaren eng verwandten Studiengang als fachlich geeignetes, vorangegangenes Studium i. S. d. § 18 Abs. 8 Satz 1 NHG verlangt. Die Hochschule kann sich bei der Regelung der Einzelheiten der für die Zulassung zu einem Masterstudiengang erforderlichen Qualifizierung von einer Einschätzungsprärogative leiten lassen und sich auf die ihr verbürgte Lehr- und Wissenschaftsfreiheit berufen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 07.06.2010 - 2 NB 375/09 -, juris, Rn. 8; VG Braunschweig, Beschluss vom 31.03.2017 - 6 B 434/16 -, juris, Rn. 18). Entsprechend den Ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10. Oktober 2003 i. d. F. vom 04.02.2010) können zur Qualitätssicherung oder aus Kapazitätsgründen für den Zugang oder die Zulassung zu Masterstudiengängen weitere Voraussetzungen bestimmt werden (vgl. Abschnitt A. 2. 1; VG Braunschweig, a. a. O.). Dementsprechend führt auch die Begründung zum Gesetzentwurf zur Änderung des § 18 Abs. 8 NHG ausdrücklich aus, dass trotz der grundsätzlichen Neuausrichtung des § 18 Abs. 8 NHG (weg von der fachlichen Eignung der Bewerber hin zur fachlichen Eignung des vorangegangenen Studiums für das anvisierte Masterstudium) eine Reihung der Bachelorabsolventinnen und Bachelorabsolventen nach Maßgabe ihrer Abschlussnote – ggf. unter Berücksichtigung weiterer Auswahlkriterien – künftig ausschließlich bei begrenzten Kapazitäten – wie hier – auf der Grundlage des § 7 NHZG erfolgt (siehe den Gesetzesentwurf der Landesregierung zum Gesetz zur Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen vom 21.07.2015, LT-Ds. 17/3949, S. 19).

Den vorstehenden Anforderungen werden die Ordnung über die Zugangsvoraussetzungen und über die Zulassung für den konsekutiven Master-Studiengang „Finanzen, Rechnungswesen und Steuern“ der Antragsgegnerin sowie das vorliegend auf dessen Grundlage durchgeführte Auswahlverfahren gerecht. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 ZZ-O FRS werden 70 % der Studienplätze nach einer Bestenliste vergeben. Diese Rangliste wird nach den in § 6 Abs. 2 ZZ-O FRS genannten Kriterien aufgestellt (basierend auf dem Ergebnis der Bachelornote und besonderen Kenntnissen für den vorliegenden Studiengang). Hiernach hat der Antragsteller 61 Punkte der maximal 90 Punkte erreicht und damit den 53. Rangplatz belegt. Darüber hinaus werden gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 ZZ-O FRS weitere 30 % der Studienplätze nach der sogenannten Kombinationsquote vergeben. Kriterien für die Zulassung nach der Kombinationsquote sind nach § 7 Abs. 2 ZZ-O FRS zum einen die Rangliste nach § 6 Abs. 2 ZZ-O FRS und zum anderen das Ergebnis eines Auswahlgesprächs. Zu Begrenzung der Teilnehmerzahl am Auswahlgespräch findet gemäß § 7 Abs. 3 und 4 Satz 1 und 2 ZZ-O FRS eine Vorauswahl auf mindestens das Zweifache der Zahl der nach dem Auswahlverfahren im Rahmen der Kombinationsquote zu vergebenden Studienplätze statt, wobei sich die Vorauswahl wiederum nach der Rangliste im Sinne des § 6 Abs. 2 ZZ-O FRS richtet. Dabei bestimmt § 7 Abs. 4 Satz 3 ZZ-O FRS, sofern Ranggleichheit besteht, dass sämtliche Bewerberinnen und Bewerber der höchsten Rangfolge zur Teilnahme zugelassen werden.

Insgesamt wurden 38 Bewerber zugelassen. Im Rahmen der Zulassung der Bestenquote nach § 6 ZZ-O FRS wurden 27 Bewerber und Bewerberinnen zugelassen. Dies entspricht einer Überbuchung von ca. 10 Plätzen, weil nur 70 % der 25 Plätze, d. h. 17,5 Plätze, nach der Bestenquote vergeben werden (§ 6 Abs. 1 Satz 2 ZZ-O FRS). Hierbei hat die Auswahlkommission entschieden, dass fünf Kandidaten mit jeweils 67 Punkten noch über die Bestenquote einbezogen werden sollten, um diesen frühzeitig Klarheit zu verschaffen (siehe den Vermerk von Herrn Dr. H. I. zum Auswahlverfahren, Anlage 2 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 12.02.2018, Bl. 46 d. Gerichtsakte zum Verfahren 8 A 427/17). Nach der Kombinationsquote (§ 7 ZZ-O FRS) sollen 30 % der 25 Studienplätze vergeben werden, was 7,5 Plätzen entspricht, wobei auch hier eine leichte Überbuchung, nämlich auf 11 Plätze, stattfand. Zum Auswahlgespräch wurden die nach der gemäß § 6 Abs. 2 i. V. m. § 7 Abs. 4 Satz 2 ZZ-O FRS erstellten Rangliste auf den Plätzen 28 bis 47 befindlichen Bewerber eingeladen (siehe den Vermerk von Herrn Dr. H. I. zum Auswahlverfahren, a. a. O.). Der Antragsteller belegte Platz 53 und wurde deswegen nicht berücksichtigt (siehe Anlage 1 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 12.02.2018, Bl. 43 d. Gerichtsakte zum Verfahren 8 A 427/17). Zum 15.02.2018 waren 33 Bewerber/-innen tatsächlich immatrikuliert (siehe den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 16.02.2018 im Verfahren 8 A 427/17, Bl. 49 d. Gerichtsakte im dortigen Verfahren).

Dieses Vorgehen hält sich im Rahmen des der Antragsgegnerin zustehenden Ermessens und lässt auch sonst keine Verfahrensfehler erkennen.

Es ist nicht verfahrensfehlerhalt, dass der Antragsteller nicht zum Auswahlgespräch eingeladen worden ist. Genau wie die Zulassung zu einem wie hier zulassungsbeschränkten weiterführenden Masterstudiengang in einer universitären Zugangsordnung vom Nachweis einer nicht unverhältnismäßigen Mindestnote des Bachelor- oder gleichwertigen Abschlusses zulässigerweise abhängig gemacht werden kann (vgl. dazu Nds. OVG, Beschluss vom 07.06.2010 - 2 NB 375/09 -, NdsVBl. 2010, 296; VG Göttingen, Beschluss vom 20.09.2012 - 8 C 696/12 -, juris, Rn. 9), ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass nicht alle Bewerber um einen Masterstudienplatz zu einem in der universitären Ordnung vorgesehenen Auswahlgespräch eingeladen werden, sondern hierfür eine Vorauswahl getroffen wird, die sich nach dem Ergebnis der Bachelornote und besonderen Kenntnissen, die eine besondere Eignung für das betreffende Masterstudium implizieren, richtet. Denn diese Situation unterscheidet sich insoweit nicht von derjenigen, in der die Hochschule allein eine Auswahl anhand der Note trifft. Außerdem ist in § 7 Abs. 1 Nr. 2 NHZG gerade bestimmt, dass zur Feststellung der Eignung für einen Masterstudiengang u. a. insbesondere das Ergebnis der Bachelorprüfung zu berücksichtigen ist (vgl. nochmals zur Zulässigkeit der Auswahl anhand der Abschlussnote – ggf. unter Berücksichtigung weiterer Auswahlkriterien – die Begründung zum Gesetzesentwurf vom 21.07.2015, a. a. O.). Nur weil sich eine Hochschule entscheidet, daneben (unterstützend) noch die fachliche Eignung anhand eines Auswahlgesprächs festzustellen, bedeutet dies nicht, dass sie nunmehr alle Bewerber zu diesem Auswahlgespräch einzuladen hätte. Vielmehr kann sie u. a. anhand der Bachelornote eine zulässige Vorauswahl treffen.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der letztjährigen Erfahrungen im Hinblick auf das Annahmeverhalten eine leichte Überbuchung vornimmt (vgl. dazu auch Nds. OVG, Beschluss vom 13.01.2015 - 2 NB 324/14 - BA S. 2 ff.), aber dann ab einem gewissen Rangplatz – hier Rangplatz 48 – von der Einladung zum Auswahlgespräch absieht. Denn es liegt insoweit – unter Berücksichtigung der Erwägungen zur zulässigen Überbuchung – im Ermessen der Antragsgegnerin, welchen Bewerbern sie noch die Chance gegeben will, sich im Auswahlgespräch zu präsentieren, bzw. welche Bewerber in der nach der Bestenquote gebildeten Rangliste einen zu niedrigen Rangplatz erreicht haben, sodass diese aus Sicht der Antragsgegnerin keine Chance mehr haben, mit den anderen höher gelisteten Mitbewerbern zu konkurrieren. Dies ist vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Intension als zulässig einzustufen, da es im Rahmen des § 18 Abs. 8 NHG i. V. m. § 7 NHZG dem Gesetzgeber insbesondere auch um den durch die Hochschule festgestellten Grad der Eignung für das konkrete Masterstudium geht (vgl. Unger, in: Epping, Niedersächsisches Hochschulgesetz, 2016, § 7 NHZG, Rn. 7; Rogalla, in: Epping, a. a. O., § 18 NHG, Rn. 52 ff. m. w. N. auch zur Verfassungsmäßigkeit des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG). Bei einem hohen fachlichen und wissenschaftlichen Niveau soll auch die Konkurrenzfähigkeit aller Masterstudierenden in einem Masterstudiengang gewährleistet bleiben (vgl. Rogalla, a. a. O., Rn. 52).

Der Argumentation des Antragstellers, da § 7 Abs. 4 Satz 1 ZZ-O FRS nur eine Begrenzung nach unten vorsehe („mindestens das Zweifache“), aber keine Begrenzung nach oben hin, hätte er zum Auswahlgespräch eingeladen werden müssen, kann nicht gefolgt werden. Die Norm besagt lediglich, dass ein Minimum an Bewerbern zum Auswahlgespräch zuzulassen ist, wobei bereits doppelt so viele zum Gespräch zugelassen werden müssen, wie an sich Plätze nach der Kombinationsquote vorgesehen sind. Im Übrigen unterliegt es dem Ermessen der Antragsgegnerin, ob sie – unter Berücksichtigung ihrer Überbuchungsziele nach § 5 Abs. 4 ZZ-O FRS – noch mehr Bewerber zum Auswahlgespräch zulässt oder nicht. Es ist insoweit nicht verfahrensfehlerhaft, dass sich die Antragsgegnerin auf 20 Bewerber für das Auswahlgespräch beschränkt hat, wobei die letzten drei Bewerber 62 Punkte erreichten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass – wenn die Antragsgegnerin noch mehr Bewerber hätte zulassen wollen – sie nach § 7 Abs. 4 Satz 3 ZZ-O FRS gezwungen gewesen wäre, sogleich sieben weitere Bewerber zuzulassen, da diese allesamt (teils abgerundet) 61 Punkte erreichten. Dies ist bereits aus der erstellten Rangliste (siehe Anlage 1 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 12.02.2018, Bl. 42 ff. d. Gerichtsakte im Verfahren 8 A 427/17) erkennbar. Darüber hinaus werden die – zutreffenden – Erwägungen zur Überbuchung und zur Vergabe nach der Bestenquote und nach der Kombinationsquote (samt Vorauswahl) auch aus dem Vermerk von Herrn Dr. H. I. zum Auswahlverfahren (siehe Anlage 2 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 12.02.2018, a. a. O.) ausreichend deutlich.

Die Auswahlkommission, die über die Vorauswahl nach § 7 Abs. 4 ZZ-O FRS entschieden hat, ist aus Sicht der Kammer auch nicht – jedenfalls nicht ergebnisrelevant – verfahrensfehlerhaft besetzt gewesen. Nach § 4 Abs. 2 ZZ-O FRS gehören einer Auswahlkommission drei stimmberechtigte Mitglieder an, die dem hauptberuflichen wissenschaftlichen Personal oder der Hochschullehrergruppe angehören, und ein Mitglied der Studierendengruppe mit beratender Stimme. Wenigstens ein Mitglied muss der Professorengruppe angehören. Nach dem Vermerk zum Auswahlverfahren (siehe Anlage 2 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 12.02.2018, a. a. O.) haben an der Vorauswahl im Sinne des § 7 Abs. 4 ZZ-O FRS drei stimmberechtigte Mitglieder (zwei Mitglieder aus dem sog. „Mittelbau“ sowie ein Professor) und in rein beratender Funktion drei Studierendenvertreter teilgenommen. Zwar mag § 4 Abs. 2 Satz 1 ZZ-O FRS nur einen Vertreter der Studierendengruppe vorsehen, jedoch weist die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 07.03.2018 (Bl. 53 ff. d. Gerichtsakte im Verfahren 8 A 427/17) zurecht darauf hin, dass nicht ersichtlich ist, wie diese Überbesetzung bei rein beratender Stimme zu einer fehlerhaften Festlegung der maximalen Teilnehmerzahl am Auswahlgespräch geführt haben soll. Darüber hinaus vermag die Kammer nicht zu erkennen, wie der Antragsteller durch eine von ihm angeführte fehlerhafte Besetzung der Kommission bei den Auswahlgesprächen betroffen sein soll, wenn er doch schon nicht zu diesen eingeladen wurde.

Darüber hinaus hat die Kammer keinerlei Anlass, an der Zusicherung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 07.03.2018 (a. a. O.) zu zweifeln, dass bei allen Bewerbern anhand der eingereichten Unterlagen sorgfältig in 3 Prüfungsschritten der Nachweis von mindestens 150 erreichten Anrechnungspunkten überprüft wurde. Dazu musste mit der Bewerbung eine Bescheinigung (mit Verifikationsschlüssel oder Testat der ausstellenden Einrichtung) über die erbrachten Leistungen, die Anrechnungspunkte (Credits) und über die Durchschnittsnote eingereicht werden (siehe Bl. 53 f. d. Gerichtsakte im Verfahren 8 A 427/17).

Soweit sich der Antragsteller außerdem auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.12.2017 (- 1 BvL 3/14 -, NJW 2018, 361) beruft, ist dem Hinweis der Antragsgegnerin beizupflichten, dass es sich lediglich um eine Unvereinbarkeitserklärung handelt und die dort genannten Vorschriften teilweise für verfassungswidrig erklärt wurden, aber bis zum 30.12.2019 fortgelten. Ohnehin betrifft die Entscheidung neben der Zulassung zum Studium der Humanmedizin, für die sie spezifische Vorgaben enthält, nur alle anderen bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengänge, deren Studienplätze nach für verfassungswidrig erklärten Vorschriften vergeben werden (derzeit Pharmazie, Tiermedizin, Zahnmedizin). Nur örtlich zulassungsbeschränkte Studiengänge – wie vorliegend – berührt sie nicht direkt, wenn bzw. soweit die Versagung eines Platzes am Wunschort nicht über das „Ob“ der Ausbildung und damit des Berufs entscheidet (vgl. BVerfG, NJW 2018, 361, 380 m. Anm. von Coelln).

2.

Auch ein Anspruch auf außerkapazitäre Zulassung ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Denn schon der außerkapazitäre Antrag ist nicht innerhalb der vorgesehenen Ausschlussfrist vollständig – formgerecht – gestellt worden. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Ordnung über die allgemeinen Bestimmungen für die außerkapazitäre Zulassung zu weiterführenden zulassungsbeschränkten Studiengängen (veröffentlicht in den Amtlichen Miteilungen I der Georg-August-Universität F., Nr. 44 vom 30.08.2016 S. 1246; MaZ-O) müssen Zulassungsanträge für Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität für das Sommersemester bis zum 15. März bei der Universität eingegangen sein (Ausschlussfristen). Nach § 3 Abs. 2 MaZ-O muss der eigenhändig unterschriebene Zulassungsantrag bei der Universität vor Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist eingegangen sein, wobei die in § 3 Abs. 2 a) - c) genannten schriftlichen Unterlagen dem Antrag beigefügt sein müssen (u. a. Bachelor-Abschlusszeugnis). Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 MaZ-O sind Bewerbungen, die nicht vollständig, form- oder fristgerecht eingehen, vom weiteren Verfahren ausgeschlossen. Darüber hinaus statuiert § 4 MaZ-O eine besondere Erklärungspflicht, die mit dem Zulassungsantrag zu erfüllen ist. Dort heißt es: „Mit dem Zulassungsantrag hat die Bewerberin oder der Bewerber ferner eine schriftliche Erklärung darüber abzugeben, 1. ob die Bewerberin oder der Bewerber den gewählten Studiengang oder einen fachlich eng verwandten Master-Studiengang bislang erfolgreich, erfolglos oder noch nicht beendet hat; 2. ob die Bewerberin oder der Bewerber bereits an einer deutschen Hochschule ein Studium abgeschlossen hat oder eingeschrieben war, gegebenenfalls für welche Zeit.“

Die außerkapazitäre Bewerbung des Antragstellers ist nach § 3 Abs. 3 Satz 1 MaZ-O vom Verfahren ausgeschlossen, da diese Formerfordernisse hier nicht erfüllt sind. Der Antragsteller hat zwar mit Schreiben vom 26.01.2018 einen außerkapazitären Zulassungsantrag innerhalb der Ausschlussfrist gestellt (Anlage 1 zur Antragsschrift vom 02.04.2018, Verfahrensakte 8 C 28/18), diesem Antrag aber keine Unterlagen beigefügt. Es ist nur glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller der besonderen Erklärungspflicht nach § 4 MaZ-O nachgekommen ist, die bereits „mit dem Zulassungsantrag“ zu erfüllen ist. Denn die Antragsgegnerin gibt in ihrer Antragserwiderung vom 18.04.2018 ausdrücklich an, dass dem außerkapazitären Antrag vom 26.01.2018 keine Unterlagen beigefügt waren, wobei sich die Antragsgegnerin darüber nochmals am 10.04.2018 bei dem für das Vergabeverfahren zuständigen Lehrstuhl von Prof. Dr. J. K. informieren ließ. Die Kammer hat keinerlei Anhaltspunkte, dies in Zweifel zu ziehen, insbesondere auch deshalb, weil der außerkapazitäre Antrag des Antragstellers vom 26.01.2018 keinen Hinweis auf beigefügte Unterlagen enthält (siehe nochmals die Anlage 1 zur Antragsschrift vom 02.04.2018, a. a. O.).

Die §§ 3 f. MaZ-O finden ihre Ermächtigungsgrundlage in § 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 4 Abs. 4 Satz 1 des Nds. Hochschulzulassungsgesetzes (NHZG) in der ab 01.01.2016 geltenden Fassung (Artikel 2 des Gesetzes zur Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen vom 15.12.2015; Nds. GVBl. S. 384), welche durch die genannte Gesetzesänderung Eingang in das NZHG gefunden haben. Danach ist die Antragsgegnerin betreffend die Geltendmachung von Ansprüchen auf Zulassung zum Studium außerhalb des Verfahrens der Studienplatzvergabe berechtigt, durch eine universitäre Ordnung Form und Inhalt der Antragstellung, insbesondere die dem Antrag beizufügenden Unterlagen sowie Ausschlussfristen, innerhalb derer der Antrag bei der Hochschule eingegangen sein muss, zu regeln. § 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 4 Abs. 4 Satz 1 NHZG stellen eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der §§ 3 und 4 MaZ-O dar.

Die sonach vorgesehene(n) Ausschlussfristen und Formerfordernisse sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie sind mit höherrangigem Recht vereinbar und stellen insbesondere keinen Verstoß gegen das Recht auf freien Hochschulzugang nach Art. 12 Abs. 1 GG dar (vgl. zu derartigen Formerfordernissen und Ausschlussfristen OVG NRW, Beschluss vom 21.05.2013 - 13 B 341/13 -, juris, Rn. 4 ff.; Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss vom 10.05.2017 - 9 C 7/17 -, juris, Rn. 7 ff.; VG Köln, Beschluss vom 13.03.2013 - 6 L 1127/12 -, juris, Rn. 24; vgl. zu in universitärer Ordnung geregelter Ausschlussfrist VG Lüneburg, Beschluss vom 08.11.2016 - 6 C 46/16 -, juris, Rn. 15 ff. m. w. N.). Im Rahmen der genannten Ermächtigungsgrundlage des § 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 4 Abs. 4 Satz 1 NHZG kann die Antragsgegnerin Formerfordernisse aufstellen, die der einfachen, zweckmäßigen und zügigen Durchführung des außerkapazitären Zulassungsverfahren dienen, aber weder zu einer unverhältnismäßigen Belastung noch willkürlichen Schlechterstellung des betreffenden Antragstellers führen dürfen (siehe zu diesen allgemeinen Grenzen eines Verfahrensermessens VG Freiburg, Beschluss vom 27.10.2014 - NC 6 K 2180/14 -, juris, Rn. 20 m. w. N.). Auch eine unzumutbare Zugangserschwerung darf mit dem Formerfordernis nicht verbunden sein. Mit Blick auf das gewichtige öffentliche Interesse an einem möglichst zügigen Abschluss auch der außerkapazitären Zulassungsverfahren ist es den Studienbewerbern ohne Weiteres zumutbar, den außerkapazitären Zulassungsantrag mit den erforderlichen Unterlagen bis zur in § 3 Abs. 1 Satz 1 MaZ-O vorgesehenen Frist zu stellen. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass es sich für die Antragsgegnerin um Massenverfahren handelt, die in kurzer Zeit – nämlich vor Semesterbeginn – abgehandelt werden sollen (vgl. dazu VG Freiburg, Beschluss vom 27.10.2014, a. a. O., Rn. 21 m. w. N.). Den Zweck der Reduktion des Verwaltungsaufwands für die Universitäten verfolgte im Übrigen auch der niedersächsische Landesgesetzgeber ausweislich der Begründung zur Gesetzesänderung des § 4 Abs. 4 NZHG, als er § 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 4 Abs. 4 Satz 1 NZHG zum 01.01.2016 einführte und die Hochschulen ermächtigte, durch Ordnung festzulegen, welche Unterlagen dem Antrag auf außerkapazitäre Zulassung beizufügen sind (siehe die Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 21.07.2015, LT-Drs. 17/3949, S. 31 oben; vgl. auch Unger, in: Epping, Niedersächsisches Hochschulgesetz, 2016, § 4 NHZG, Rn. 13a).

Falls der Antragsteller meint, er habe seinem Antrag auf außerkapazitäre Zulassung keine weiteren Unterlagen beifügen müssen, weil er diese zu seiner Bewerbung im innerkapazitären Verfahren eingereicht habe, so folgt die Kammer dieser Einschätzung nicht. Es ist insbesondere keine bloße „Förmelei“, hier im außerkapazitären Verfahren (erneut) die Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu fordern. Das in § 7 Abs. 1 Satz 3 NZHG normierte Verfahren auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen ist eigenständig. Der Verordnungsgeber stellt zur Erlangung desselben Ziels – die Zuweisung eines Studienplatzes – zwei voneinander unabhängige Verfahrenswege zur Verfügung. Der außerkapazitäre Weg zur Studienzulassung, der auf dem grundrechtlich begründeten Anspruch auf Hochschulzugang beruht, steht selbstständig neben dem gesetzlich normierten Vergabeverfahren (vgl. zum Vorstehenden OVG NRW, Beschluss vom 21.05.2013, a. a. O., Rn. 10 f. m. w. N.). Der außerkapazitäre Antrag ist nicht vom Vorliegen eines innerkapazitären Antrags abhängig. Für beide Verfahren gelten zudem unterschiedliche Fristen (siehe § 3 der Ordnung über die Zugangsvoraussetzungen und über die Zulassung für den konsekutiven Master-Studiengang „Finanzen, Rechnungswesen und Steuern“ der Georg-August-Universität F., Änd. AM I/6 vom 17.02.2016, S. 95, Änd. AM I 54/11.10.2016, S. 1511, und § 3 Abs. 1 Satz 1 MaZ-O), so dass, wenn überhaupt beide Anträge gestellt werden, diese ganz typischerweise zeitversetzt eingehen. Die Vergabeverfahren innerhalb der festgesetzten Kapazität sind bis zu den in § 3 Abs. 1 Satz 1 MaZ-O genannten Fristen regelmäßig beendet. Da der Bewerber mit dem Antrag auf außerkapazitäre Zulassung das Vorliegen der Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch nachweisen muss, kann es nicht Sache der Antragsgegnerin sein, zum einen Unterlagen aus einem etwaigen vorherigen innerkapazitären Bewerbungsverfahren bis zu einem etwaigen außerkapazitären Antrag aufzubewahren und zum anderen bei Eingang solcher Anträge zunächst nachzuprüfen, ob bereits aus einem (typischerweise) zeitlich vorausgehenden selbstständigen Verfahren Unterlagen vorliegen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.05.2013, a. a. O., Rn. 12). Dies gilt selbst bei einem Hinweis auf die Vorlage der Unterlagen im innerkapazitären Bewerbungsverfahren (vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 06.04.2018 - 8 C 4/18 -, BA, S. 4). Wenn ein solcher Hinweis genügen würde, so liefen die Regelungen in §§ 3 f. MaZ-O i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 3 und § 4 Abs. 4 Satz 1 NZHG – insbesondere § 3 Abs. 3 Satz 1 MaZ-O – im Ergebnis leer.

Für die Antragsgegnerin bestand auch insgesamt keine Verpflichtung, den Antragsteller auf seinen insoweit unvollständigen Antrag und die sich hieraus für ihn ergebenden negativen Folgen hinzuweisen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.2009 - 2 NB 241/09 -, juris, Rn. 9). Es ist nicht unzumutbar, die vollständige und formgerechte Einreichung der außerkapazitären Bewerbung den Studienbewerbern zu überantworten. Vor diesem Hintergrund ändert auch die Eingangsbestätigung der Antragsgegnerin vom 31.01.2018 (Anlage 2 zur Antragsschrift vom 02.04.2018), die als Reaktion auf die außerkapazitäre Bewerbung (Schreiben vom 26.01.2018, a. a. O.) erfolgte, nichts am hier gefundenen Ergebnis.

Da es nach den vorstehenden Ausführungen bereits an einem ordnungsgemäßen Antrag auf außerkapazitäre Zulassung mangelt, kommt es auf die übrigen Einwände des Antragstellers gegen die Bemessung der Kapazität nicht mehr an. Für eine Überprüfung der Kapazitätsberechnung durch die Kammer war demnach hier aus Rechtsgründen kein Raum.