Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.02.2017, Az.: 14 K 211/15
Nicht erforderliche umfassende inhaltliche Überprüfung durch das Finanzgericht im Verfahren der Lohnsteueranrufungsauskunft; Ausschluss einer Anwendung von § 8 Abs. 3 EStG für Vorteilsgewährungen durch Konzerngesellschaften
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 21.02.2017
- Aktenzeichen
- 14 K 211/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 43342
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2017:0221.14K211.15.00
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 3 EStG
- § 42e EStG
Amtlicher Leitsatz
Einer umfassenden inhaltlichen Überprüfung durch das Finanzgericht bedarf es im Verfahren der Lohnsteueranrufungsauskunft nicht. Eine Auskunft, wonach eine Anwendung von § 8 Abs. 3 EStG für Vorteilsgewährungen durch Konzerngesellschaften ausgeschlossen sei, entspricht der BFH-Rechtsprechung und stellt daher keine fehlerhafte Auskunft i.S.v. § 42e EStG dar.
Tatbestand
Die Y-KG ist alleinige Gesellschafterin der Klägerin, der X-Gesellschaft (im Folgenden: X), der X-GmbH, der Z-GmbH, der U-GmbH und der W-GmbH.
Die Klägerin betreibt einen Versand- und Filialhandel für .... Auch die X betreibt einen Versand- und Filialhandel für .... Beide Gesellschaften sind in unterschiedlichen Segmenten tätig und haben unterschiedliche Zielgruppen. Die Klägerin und die X sollen ihren Marktauftritt als selbständige, unabhängige Unternehmen behalten. Die Klägerin und die X sind reine Handelsunternehmen ohne eigene Produktion.
Die im Jahre ... gegründete Z-GmbH hatte nach Aktenlage ... Mitarbeiter, von denen ... von der Klägerin und ... von der X übernommen wurden. Bei der Klägerin waren nach Angaben der Klägerin ca. ... Mitarbeiter beschäftigt, bei der X ca. ... Mitarbeiter.
Auf die W-GmbH (ca. ... Mitarbeiter) wurden nach den Angaben der Klägerin in der Lohnsteueranrufungsauskunft vom 12. März 2015 ... Arbeitsverhältnisse überführt, davon ... von der X und ... von der Klägerin. Die W-GmbH, die im Jahr ... gegründet wurde, erbringt zentral Dienstleistungen für sämtliche Konzerngesellschaften. Dies betrifft insbesondere die Bau- und Expansionsabteilung, die Personalabteilung, die Finanzbuchhaltung, IT-Dienstleistungen, Logistikdienstleistungen und Controlling.
Die Klägerin und die X unterstützen sich nach Angaben der Klägerin in der Logistik gegenseitig. Die Klägerin führt danach die Auslieferung der Versandware an Kunden der X durch, und Mitarbeiter der X beliefern auch Filialen der Klägerin. Der Internethandel der X wird von Mitarbeitern der Klägerin abgewickelt.
Die X und die Klägerin arbeiten - nach dem Antrag auf Anrufungsauskunft vom 12. März 2015 - zudem an gemeinsamen Filialkonzepten. Seit dem ... ist eine Filiale in ... eröffnet. Dabei liegen eine Filiale der Klägerin und eine Filiale der X ... nebeneinander und sind so gestaltet, dass ein direkter Übergang von der einen Filiale in die andere Filiale möglich ist. Dadurch soll insbesondere eine Optimierung des Mitarbeitereinsatzes erreicht werden.
Die Mitarbeiter erhalten Rabatte für alle im Konzern vertriebenen Produkte in Höhe von 30 %. So können z.B. Mitarbeiter der Klägerin auch Produkte der X mit Rabatt erwerben. Gleiches gilt umgekehrt.
Das FA entschied über die von der Klägerin im Rahmen einer (ersten) Anrufungsauskunft mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 aufgeworfene Frage, ob auf Mitarbeiterrabatte, die Arbeitnehmern der Klägerin für den Erwerb von Waren der X gewährt werden, die Vorschrift des § 8 Abs. 3 EStG anzuwenden ist, mit Bescheid vom 10. Dezember 2012 abschlägig. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Die Klägerin vertrat gegenüber dem Beklagten in ihrem im Mai 2013 gestellten Antrag auf Anrufungsauskunft unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Oktober 2012 VI R 64/11 die Auffassung, dass Rabatte, die ihre Arbeitnehmer für Produkte der jeweiligen Schwestergesellschaften erhalten, keinen Arbeitslohn darstellten. Preisvorteile und Rabatte, die Arbeitnehmer von Dritten erhalten, begründeten nur dann Lohn, wenn sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellten und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stünden. Inhalt der Anrufungsauskunft war die Feststellung, ob die den Arbeitnehmern zufließenden Vorteile aus der Gewährung von Rabatten Arbeitslohn im Sinne von § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) darstellen.
Das FA erteilte mit Bescheid vom 21. Mai 2013 die Anrufungsauskunft. Dort führte es aus, die Klägerin müsse gemäß LStH R 8.2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 die den Arbeitnehmern aufgrund eines Dienstverhältnisses zufließenden Sachbezüge dem Lohnsteuerabzug unterwerfen. Auf Sachbezüge, die der Arbeitnehmer nicht unmittelbar von seinem Arbeitsgeber erhalte, sei der Rabattfreibetrag des § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) grundsätzlich nicht anwendbar. Arbeitslohn sei nicht nur ein Rabatt, den der Arbeitgeber selbst einräume. Steuerpflichtig seien auch Preisvorteile, die dem Arbeitnehmer von einem Dritten eingeräumt würden, wenn diese Rabatte im weitesten Sinne als Entlohnung für die individuelle Arbeitsleistung anzusehen seien. Steuerpflichtig seien hiernach alle Preisnachlässe, die nur deshalb gewährt würden, weil die betreffende Person Arbeitnehmer einer bestimmten Firma sei. Der ...P-Konzern ermögliche es den Arbeitnehmern, Waren sämtlicher Konzerngesellschaften unter Anwendung von Rabatten zu erwerben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH würden Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst seien. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis sei zu bejahen, wenn sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das "Zurverfügungstellen" der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweise. Arbeitslohn könne auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt für eine Leistung sei, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringe. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass es sich bei den durch den P-Konzern an die jeweiligen Arbeitnehmer der Konzerngesellschaften gewährten Rabatten um Vorteile aus dem individuellen Dienstverhältnis handele. Die sich aus der Rabattgewährung ergebenden Vorteile seien daher dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, die beim erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen 14 K 210/13 geführt wurde und mit der die Klägerin u.a. vortrug, das FA habe den Begriff des Arbeitslohns zu Unrecht auf einen Sachverhalt ausgedehnt, in dem Mitarbeiter der Klägerin vergünstigt Waren einer Schwestergesellschaft kaufen könnten, hatte keinen Erfolg. Die Klägerin beantragte hilfsweise die Anwendung von § 8 Abs. 3 EStG. Sie führte insoweit (u.a.) aus, dass die erteilte Anrufungsauskunft (jedenfalls) dahingehend abzuändern sei, dass die gewährten Rabatte unter Berücksichtigung des § 8 Abs. 3 EStG zu versteuern seien.
Der Senat wies die Klage ab (14 K 210/13). Er führte u.a. aus, das FA habe der Klägerin zu Recht gemäß § 42e EStG die Auskunft erteilt, dass die den Mitarbeitern der Klägerin gewährten Rabatte beim Erwerb von Produkten der X Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) darstellten. Die Anrufungsauskunft sei daher rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Senat führte im Hinblick auf den Hilfsantrag der Klägerin aus, dieser sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die von der Klägerin beantragte Anrufungsauskunft, über die das FA mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung entschieden habe, habe sich nicht auf die Frage bezogen, ob den Mitarbeitern der Klägerin gewährte Rabatte beim Erwerb von Produkten der X unter Berücksichtigung des § 8 Abs. 3 EStG zu versteuern seien. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass das FA in der erteilten Anrufungsauskunft § 8 Abs. 3 EStG mit einem Satz erwähnt und für nicht anwendbar gehalten habe. Daher fehle es in Bezug auf diese Fragestellung im Streitfall bereits an einem Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Anrufungsauskunft und ebenso an der erfolglosen Durchführung eines Vorverfahrens, das nach § 44 Abs. 1 FGO sowohl für die Zulässigkeit einer Anfechtungs- als auch einer Verpflichtungsklage erforderlich sei. Zudem habe das FA über die von der Klägerin im Rahmen einer früheren Anrufungsauskunft mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 aufgeworfene Frage, ob auf Mitarbeiterrabatte, die Arbeitnehmern der Klägerin für den Erwerb von Waren der X gewährt würden, § 8 Abs. 3 EStG anzuwenden sei, bereits mit Bescheid vom 10. Dezember 2012 entschieden.
Mit ihrem erneuten Antrag auf Anrufungsauskunft vom 12. März 2015 baten die Klägerin sowie die Z-GmbH, die X und die W-GmbH, die unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 20. Januar 2015 (BStBl I 2015, 143) um Auskunft darüber, ob die innerhalb des Konzernverbundes gewährten Mitarbeiterrabatte unter die Begünstigung des § 8 Abs. 3 EStG fallen. Die Klägerin und die X arbeiteten danach an einem gemeinsamen Filialkonzept. Dieses sehe vor, dass die Waren der Klägerin und der X nebeneinander angeboten würden und ein direkter Zugang von der einen in die andere Filiale möglich sei. Die beiden Gesellschaften teilten sich dazu eine Verkaufsfläche mit einem Eingang. Das Sortiment beider Gesellschaften werde im Rahmen des Lagerverkaufs ausgelegt und verkauft. Die im Lagerverkauf beschäftigten Mitarbeiter seien ausschließlich bei der Klägerin angestellt. Obwohl in dem Lagerverkauf sowohl Waren der X als auch solche von der Klägerin angeboten würden, seien dort keine Mitarbeiter der X tätig. Im Ergebnis bedeute dies, dass Mitarbeiter der Klägerin für den Lagerverkauf von Produkten der X verantwortlich seien und es ohne sie keinen Lagerverkauf der X gebe.
Insbesondere den Mitarbeitern der W-GmbH, der Z-GmbH und der X (...) sei der Rabattfreibetrag daher für Waren der Klägerin und der X zu gewähren. Die Mitarbeiter der Kläger erbrächten wesentliche Beiträge zum Verkauf von Waren der X - auch gegenüber den Kunden der X.
Zur Vermeidung weiterer Einzelheiten wird auf den Antrag auf Anrufungsauskunft vom 12. März 2015 Bezug genommen (...).
Durch Bescheid vom 21. Mai 2015 erteilte der Beklagte eine Anrufungsauskunft gemäß § 42 e EStG. In der Anrufungsauskunft teilte dieser dem Kläger mit, dass die den jeweiligen Arbeitnehmern zufließenden Rabatte Arbeitslohn im Sinne von § 19 EStG darstellten, die Anwendung des Rabattfreibetrages gemäß § 8 Abs. 3 EStG jedoch auf Fälle beschränkt sei, in denen der Arbeitnehmer die Rabatte unmittelbar von seinem Arbeitgeber erhalte. Der Arbeitgeber müsse die Waren in seinem Unternehmen selbst herstellen oder vertreiben bzw. die Dienstleistungen selbst erbringen. Erhalte dagegen der Arbeitnehmer einer Konzerngesellschaft Waren oder Dienstleistungen, die zu dem gewöhnlichen Angebot einer anderen, nicht arbeitgebenden Konzerngesellschaft gehörten, falle dieser Vorgang nicht unter § 8 Abs. 3 EStG, da die Waren oder Dienstleistungen nicht vom Arbeitgeber selbst hergestellt, vertrieben oder erbracht würden. Das BMF-Schreiben vom 20. Januar 2015 behandle nicht die Anwendung des Rabattfreibetrages, sondern Preisvorteile, die von dritter Seite eingeräumt würden. § 8 Abs. 3 finde keine Anwendung auf Konzernrabatte.
Gegen die Anrufungsauskunft des Beklagten erhob die Klägerin fristgerecht Einspruch und verwies auf die Inhalte des Antrags auf Erteilung der Anrufungsauskunft. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, dass Rabatte, die von Konzerngesellschaften gewährt würden, als Arbeitslohn anzusehen seien. Die Gewährung des Rabattfreibetrages komme nicht in Betracht. Der Hersteller einer Ware werde entsprechend dem BFH-Urteil vom 1. Oktober 2009 (VI R 22/07) definiert. Für Vorteile von Dritten greife die Steuerbegünstigung auch nicht innerhalb eines Konzerns.
Hiergegen richtet sich nunmehr die Klage, mit der die Klägerin geltend macht, dass - entgegen der vom Niedersächsischen Finanzgericht bestätigten Argumentation des Beklagten - kein Arbeitslohn vorliege. Dies werde durch einen Aufsatz in der Zeitschrift "Der Betrieb" bestätigt, wonach Rabatte von dritter Seite nur in Ausnahmefällen zu Arbeitslohn führten. Auch entspreche es nicht der aktuellen BFH-Rechtsprechung (Urteile vom 18. Oktober 2012 VI R 64/11, vom 17. Juli 2014 VI R 69/13 und vom 10. April 2014 VI R 62/11). Entsprechend dem BMF-Schreiben vom 20. Januar 2015 müsse eine weite Auslegung auch für den Begriff des "Arbeitslohns" in § 8 Abs. 3 EStG gelten. Dies werde auch durch die Motive des Gesetzgebers, den Wortlaut des § 8 Abs. 3 EStG, der eine entsprechende Auslegung zulasse, und die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verdeutlicht. Die tatsächlichen Verhältnisse seien heute nicht mehr mit denen aus dem Jahre 1990, also dem Streitjahr, zu dem der BFH durch Urteil vom 15. Januar 1993 VI R 32/92 die restriktive Anwendung des Rabattfreibetrages entschieden habe, vergleichbar.
Der Rabattfreibetrag sei auch im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des BFH zu gewähren.
Schließlich ergebe sich die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des § 8 Abs. 3 EStG aus dem identischen Wortlaut des § 8 Abs. 3 Satz 3 EStG einerseits und des § 19 EStG andererseits sowie aus dem Gleichheitsgebot des Grundgesetzes (GG). Zudem sei eine entsprechende, von der Klägerin gewünschte Auslegung auch aus den Überlegungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 16. Juli 2015 (C-108/14 und C-109/14) abzuleiten. Zwar verhalte sich das Urteil des EuGH nicht zu § 8 Abs. 3 EStG, sondern zur Frage des Vorsteuerabzugs bei Personengesellschaften. Jedoch seien die rechtlichen Erwägungen des EuGH auch im vorliegenden Fall einschlägig, da er festgestellt habe, dass mehrere Personengesellschaften, selbst wenn sie rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden seien, zusammen als ein Steuerpflichtiger zu behandeln seien. Zum einen sei eine Organschaft auch bei Personengesellschaften möglich, zum anderen komme es für die Frage, ob ein einziger Steuerpflichtiger anzunehmen sei, nicht auf dessen rechtliche Abhängigkeit, sondern auf eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Verbundenheit an. Diese Voraussetzungen lägen für den P-Konzern vor. Zusammenfassend sei § 8 Abs. 3 EStG auf Rabatte im P-Konzern anzuwenden. Hilfsweise sei die bereits mit der ersten Klage verfolgte Rechtsfrage, ob die den Mitarbeitern von Schwestergesellschaften gewährten Rabatte Arbeitslohn im Sinne von § 19 EStG darstellten, nicht nur für die Parteien des Rechtsstreits von grundsätzlicher Bedeutung. Daher sei die Revision zuzulassen.
Die Klägerin stellte durch Schriftsatz vom 14. März 2016 klar, dass das Klageverfahren 14 K 210/13 sich im Wesentlichen auf die Frage beschränkt habe, ob gewährte Rabatte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG darstellten. Mit der nunmehr erhobenen Klage verfolge die Klägerin die Klärung der Frage, ob die gewährten Rabatte unter Berücksichtigung des § 8 Abs. 3 EStG zu versteuern seien. Das Rechtschutzinteresse der Klägerin beziehe sich somit auf eine andere Norm als im Klageverfahren 14 K 210/13. Die Begründung der jetzigen Klage baue auf den Erkenntnissen und der Urteilsbegründung des Klageverfahrens 14 K 210/13 auf. Hinsichtlich des Hilfsantrages im Klageverfahren 14 K 210/13 sei zwar § 8 Abs. 3 EStG bereits zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Jedoch gingen die rechtlichen Ausführungen im vorliegenden Klageverfahren erheblich über die Argumentation des Hilfsantrages im vorausgegangenen Verfahren hinaus.
Die Klägerin verweist ergänzend darauf, dass für die Frage, ob eine Ungleichbehandlung vorliege, nicht auf dem Willen des Arbeitgebers, sondern auf den der Arbeitnehmer abzustellen sei. Diese seien gemäß § 38 Abs. 2 EStG (auch) Schuldner der Lohnsteuer. Zudem führe ein enges Verständnis von § 8 Abs. 3 EStG zu einer weiteren verfassungswidrigen Ungleichbehandlung bei der Besteuerung.
Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung sei auch im vorliegenden Fall von maßgeblicher Bedeutung. Der BFH habe mit seiner Rechtsprechung den Weg dafür geebnet, dass innerhalb eines Konzernverbundes mehrere Gesellschaften wesentliche Beiträge zum unternehmerischen Erfolg leisten könnten. Insoweit entspreche es der Tendenz des BFH, den Rabattfreibetrag auch bei der verbilligten Abgabe von Waren verbundener Unternehmen zu gewähren. Die vom Beklagten vorgenommene Auslegung der Urteile des BFH dahingehend, dass "Hersteller" nur diejenigen Unternehmen seien, die zum produzierenden Gewerbe gehörten, sei mit der Rechtsprechung des BFH nicht vereinbar.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung der Anrufungsauskunft vom 21. Mai 2015 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2015 festzustellen, dass auf die Rabatte, die den Arbeitnehmern der Klägerin von der GL GmbH & Co. KG gewährt werden, die Regelung des § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes anzuwenden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist nach wie vor der Auffassung, der Rabattfreibetrag sei nicht zu gewähren. Arbeitslöhne sämtlicher Arbeitnehmer des Konzerns würden nach einheitlichen Regelungen besteuert. Eine Ungleichbehandlung liege vor diesem Hintergrund nicht vor. Soweit Arbeitnehmern der Rabattfreibetrag versagt werde, sei für dieses Ergebnis ausschließlich eine freie unternehmerische Entscheidung maßgeblich. Der Arbeitgeber selbst treffe die Entscheidung, ob er betriebliche Umstrukturierungen vornehme, wie er seine Arbeitnehmer einsetze und ob er Arbeitnehmerüberlassungen vornehme. Das Beschäftigungsverhältnis sei weit mehr als ein bloß "formales Argument". Es bilde vielmehr die wesentliche und wichtigste Grundlage für die von der Klägerin angeführte "gelebte Wirklichkeit". Maßgebend für die Anwendung des Gleichheitssatzes sei im Übrigen nicht, ob Sachverhalte aus Sicht des Unternehmens gleich seien, sondern ob die Gesetze für die betroffenen Arbeitnehmer gleich angewendet würden. Dies treffe hier zu. Darüber hinaus seien die Sachverhalte auch für das Unternehmen offenkundig nicht "gleich". Sonst hätte es der verschiedenen Gestaltungen mit Umstrukturierungen, Ausgliederungen und Arbeitnehmerüberlassungen etc. nicht bedurft.
Die von der Verwaltung vorgenommene Auslegung von § 8 Abs. 3 EStG entspreche zudem sowohl dem Willen des Gesetzgebers als auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich darauf verzichtet, eine Konzernklausel in die Vorschrift aufzunehmen, weil er die Steuerbegünstigung im Konzern eben nicht umfassend gewähren wolle. Der Beklagte verweist insoweit auf die Gesetzesbegründung in der Bundestags-Drucksache 11/2157, 142.
Durch die von der Klägerin zitierten Urteile vom 28. August 2008 (VI R 88/99) und vom 1. Oktober 2009 (VI R 22/07) sei der BFH von dieser Rechtsprechung nicht abgerückt. Er habe lediglich zu entscheiden gehabt, wer "Hersteller" im Sinne von § 8 Abs. 3 EStG sei. Dabei habe er festgestellt, dass innerhalb eines Konzernverbundes mehrere Gesellschaften "Hersteller" sein könnten, wenn sie jeweils wesentliche Beiträge zum fertigen Wirtschaftsgut leisteten. Nur in diesem speziellen Sachverhalt könne sich die Rechtsfolge ergeben, dass der Rabattfreibetrag auch bei verbilligter Abgabe von Waren verbundener Unternehmen zu gewähren sei. Dieser Fall liege hier nicht vor.
Hinreichende Gründe dafür, die Revision zuzulassen ("Hilfsantrag" ...) lägen hier nicht vor. Die BFH-Urteile vom 18. Oktober 2012 (VI R 64/11), vom 17. Juli 2014 (VI R 69/13) sowie vom 10. April 2014 (VI R 62/11) führten im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis. Der BFH sei von seiner ständigen Rechtsprechung zur Rabattgewährung im Konzern nicht abgewichen.
Ergänzend weist der Beklagte darauf hin, dass die Klägerin versuche, einen völlig neuen Herstellerbegriff zu definieren. Insoweit sei festzustellen, dass sie weder durch die Erteilung eines Auftrages an einen fremden, außerhalb des Konzernverbundes stehenden Dritten, bestimmte Kleidungsstücke herzustellen, noch durch den Transport der Ware oder sogar durch deren Verkauf selbst am Herstellungsprozess beteiligt sei. Die Klägerin sei damit nicht zusammen mit den anderen im Konzern verbundenen Unternehmen "Hersteller" der Ware (Schriftsatz vom 3. Mai 2016, GA Bl. 109 mit weiteren Einzelheiten).
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie ergänzend auf die Steuerakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die erteilte Anrufungsauskunft ist rechtmäßig.
1. Die Auskunft ist zulässig, soweit die Klägerin die Behandlung von Sachbezügen für Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften im Wege der Anrufungsauskunft geklärt wissen will.
a) Nach § 42e EStG hat das Betriebsstättenfinanzamt auf Anfrage eines Beteiligten darüber Auskunft zu geben, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind.
Der Anfragende, vorliegend der Arbeitgeber, hat danach einen --auch gerichtlich durchsetzbaren-- Anspruch auf Erteilung der Auskunft über die Anwendung lohnsteuerrechtlicher Vorschriften.
Der Arbeitgeber kann eine erteilte Anrufungsauskunft nach den allgemeinen Regeln anfechten und Verpflichtungsklage erheben, um eine Auskunft darüber zu erlangen, ob und inwieweit im Einzelfall Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind. Das Finanzgericht entscheidet dann auch über den Inhalt der Auskunft. Allerdings beschränkt sich die inhaltliche Überprüfung einer Lohnsteueranrufungsauskunft durch das Finanzgericht nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (z.B. Urteil vom 7. Mai 2014 VI R 28/13) darauf, ob die gegenwärtige rechtliche Einordnung des --zutreffend erfassten-- zur Prüfung gestellten Sachverhalts in sich schlüssig und nicht evident rechtsfehlerhaft ist.
Denn die gerichtliche Kontrolldichte eines angefochtenen Verwaltungsaktes hängt wesentlich von dessen Regelungsaussage ab (vgl. BFH-Urteil vom 29. Februar 2012 IX R 11/11, 9, BStBl II 2012, 651 zur verbindlichen Auskunft). Diese erschöpft sich bei einer Lohnsteueranrufungsauskunft darin, wie die Finanzbehörde einen ihr zur Prüfung gestellten typischerweise hypothetischen Sachverhalt im Hinblick auf die Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug gegenwärtig beurteilt. Die Lohnsteueranrufungsauskunft entscheidet weder über den Einkommensteueranspruch noch setzt sie die Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers fest (BFH-Urteile vom 13. November 1959 VI 124/59 U, BStBl III 1960, 108; vom 9. Oktober 1992 VI R 97/90, BStBl II 1993, 166; BFH-Beschluss vom 22. Mai 2007 VI B 143/06, BFH/NV 2007, 1658). Denn das Lohnsteuerabzugsverfahren ist nur ein Vorauszahlungsverfahren (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1 [BVerfG 10.04.1997 - 2 BvL 77/92]) mit vorläufigem Charakter. Seine Besonderheiten und Regelungen wirken nicht in das Veranlagungsverfahren hinein (Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 38 Rz A 7). Auch wird der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Lohnsteuer entsprechend der ihm erteilten Auskunft zu berechnen und abzuführen.
Trifft die Lohnsteueranrufungsauskunft aber keine Entscheidung über den materiellen Einkommensteueranspruch, bedarf es keiner umfassenden gerichtlichen Kontrolle, welche lohn- und einkommensteuerrechtlichen Folgen der Sachverhalt tatsächlich zeitigen wird, sollte er --wie in der Anfrage angekündigt-- verwirklicht werden. Vielmehr ist aufgrund des vorläufigen Charakters des Lohnsteuerabzugsverfahrens nur zu untersuchen, ob das Betriebsstättenfinanzamt mit der Mitteilung über die gegenwärtige Einschätzung der Rechtslage den Anforderungen an ein faires Verwaltungsverfahren genügt hat (ebenso für die verbindliche Auskunft BFH-Urteil in BStBl II 2012, 651 [BFH 29.02.2012 - IX R 11/11]). So hat die Finanzbehörde den ihr im Rahmen einer Lohnsteueranrufungsauskunft zur Prüfung gestellten Sachverhalt zutreffend zu erfassen. Das Gebot der Durchführung eines fairen Verwaltungsverfahrens erfordert auch, dass die Behörde keine Auskunft erteilt, die offensichtlich nicht mit dem Gesetz oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung --soweit sie von der Finanzverwaltung angewandt wird, d.h. kein Nichtanwendungserlass besteht-- in Einklang steht. Einer umfassenden inhaltlichen Überprüfung durch das Finanzgericht bedarf es nicht.
b) Für Arbeitnehmer anderer Konzerngesellschaften fehlt die Antragsbefugnis für die Klägerin. Insoweit ist die Klägerin nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet und daher nicht aus eigenem Recht betroffen. Die Klägerin wollte zwar zunächst die Frage entschieden wissen, ob "der von der Klägerin den Mitarbeitern der Schwesterunternehmen gewährte Rabatt Arbeitslohn" sei bzw. § 8 Abs. 3 EStG unterfalle (Schriftsatz vom 10. Dezember 2015, S. 3). Aufgrund der Klarstellung des Klageantrages ist lediglich noch darüber zu entscheiden, ob auf die den Mitarbeitern der Klägerin gewährten Rabatte durch andere Gesellschaften des P-Konzerns, insbesondere die LG-KG, die Regelung des § 8 Abs. 3 EStG anzuwenden ist. Insoweit ist der Antrag zulässig. Hinsichtlich der durch die Klägerin vertriebenen Waren ist die Anwendung von § 8 Abs. 3 EStG dagegen unstreitig.
2. Nach den angeführten Rechtsgrundsätzen hatte die Klägerin vorliegend keinen Anspruch auf die Erteilung einer Auskunft mit dem von ihr (in der mündlichen Verhandlung) begehrten Inhalt, selbst wenn eine Überprüfung der Auskunft lediglich beschränkt auf etwaige evidente Fehler erfolgen würde (s.o.). Im Streitfall hat die Finanzbehörde auf der Grundlage des ihr in der Anrufungsauskunft zur Prüfung vorgelegten Sachverhalts unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH die Auffassung vertreten, im Streitfall liege Arbeitslohn vor, der nicht der Regelung des § 8 Abs. 3 EStG unterfalle. Die innerhalb der Konzerngesellschaft gewährten Rabatte seien als Arbeitslohn zu erfassen. Würden die Rabatte an den Arbeitnehmer nicht durch den eigenen Arbeitgeber aufgrund seines Dienstverhältnisses gewährt, sei die Anwendung von § 8 Abs. 3 EStG ausgeschlossen.
a) Diese Auslegung des Beklagten ist nicht fehlerhaft.
aa) Insoweit, wie Mitarbeiter der Klägerin Waren vom der X erhalten, liegt Arbeitslohn vor. Es besteht ein objektiver Zusammenhang zwischen der jeweiligen Einnahme und dem Dienstverhältnis. Für Vorteilsgewährungen innerhalb eines Konzerns führt die vom Klägerbevollmächtigten zitierte BFH-Rechtsprechung (z.B. BFH v. 18. Oktober 2012 VI R 64/11, BFH v. 17. Juli 2014 VI R 69/13) regelmäßig nicht zu einer veränderten Beurteilung (vgl. BMF v. 20. Januar 2015, DB 2015, S. 218). Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen im Verfahren 14 K 210/13 (Urteil vom 13. März 2014).
bb) Die Regelung des § 8 Abs. 3 EStG ist für Rabatte der X auf Mitarbeiter der Klägerin auf Grundlage der Rechtsprechung des BFH und der Auffassung der Finanzverwaltung nicht anwendbar. Erhält ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird, so gelten nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG als deren Werte abweichend von § 8 Abs. 2 EStG die um 4 % geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.
Im Streitfall ist lediglich über die Abgabe von Waren durch Konzerngesellschaften, also nicht die Klägerin selbst, an Mitarbeiter der Klägerin zu entscheiden. Es sind auch keine Hinweise erkennbar, dass die Konzerngesellschaften (insbesondere die X) für Rechnung der Klägerin tätig wurden (hierzu Genk in Blümich, § 8 Rz. 183). Vielmehr ist nach dem Inhalt der Anrufungsauskunft die X Zuwendende, soweit keine Waren zugewendet wurden, die die Klägerin vertreibt (vgl. Anrufungsauskunft Seite 4).
(1) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass § 8 Abs. 3 EStG ausschließlich für solche Zuwendungen gilt, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses gewährt. Für Vorteile von Dritten greift die Steuerbegünstigung dagegen selbst dann nicht, wenn die Dritten --wie etwa konzernzugehörige Unternehmen-- dem Arbeitgeber nahe stehen (BFH-Urteile vom 15. Januar 1993 VI R 32/92, BStBl II 1993, 356; vom 8. November 1996 VI R 100/95, BStBl II 1997, 330; vom 28. August 2002 VI R 88/99, BStBl II 2003, 154; BFH vom 1. Oktober 2009 V I R 22/07, BStBl. II 2010, 204).
Der BFH beruft sich für seine einschränkende Auslegung darauf, dass in die Regelung bewusst keine Konzernklausel aufgenommen wurde. Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften oder ein überbetrieblicher Belegschaftshandel sollten nicht begünstigt werden. In der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drs. 11/2157, 142) heißt es: "Die Regelung soll nicht gelten für Waren und Dienstleistungen, die nicht im Unternehmen des Arbeitgebers hergestellt, vertrieben oder erbracht werden. Es sollen weder Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften, noch ein überbetrieblicher Belegschaftshandel steuerlich begünstigt werden."
(2) Zwar könnte zu erwägen sein, dass die Rabattgewährung durch Konzerngesellschaften als von § 8 Abs. 3 EStG umfasst anzusehen sein könnte, sei es aus verfassungsrechtlichen Gründen (Kister, in H/H/R, EStG/KStG, § 8 EStG Rz. 161; Gröpl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 8 EStG Rz. D 19ff) oder aufgrund einer teleologischen Auslegung (Glenk, in Blümich, § 8 EStG Rz. 174; a.A. Gröpl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 8 EStG Rz. D 19ff; Adamek, in B/B § 8 Rz. 207; Pust, in Littmann/Bitz/Pust, § 8 Rz. 594). Der in den Gesetzesmaterialien formulierte Gedanke hat keinen Ausdruck im Gesetz gefunden. Auch der Wortlaut der Norm ist nicht eindeutig. Der Wortlaut der Vorschrift begrenzt den Anwendungsbereich sachlich lediglich auf die durch das Dienstverhältnis veranlassten Zuwendungen von Waren und Dienstleistungen.
Die Auskunft des Beklagten, eine Anwendung von § 8 Abs. 3 EStG für Vorteilsgewährungen durch Konzerngesellschaften sei ausgeschlossen, entspricht indes der o.g. BFH-Rechtsprechung (unter (1)) und stellt daher - auch unter Berücksichtigung der vom Klägerbevollmächtigten genannten Literatur und der neueren BFH-Rechtsprechung - keine fehlerhafte Auskunft i.S.v. § 42e EStG dar. Denn eine Auskunft, die der geltenden BFH-Rechtsprechung entspricht, kann im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Anrufungsauskunft nicht als fehlerhaft beurteilt werden.
dd) Der Senat weist klarstellend darauf hin, dass selbst dann, wenn man von einer Abgabe der Waren durch die Klägerin ausginge, die Anwendung von § 8 Abs. 3 EStG nicht geboten wäre.
Nach Aktenlage kommt es nicht in Betracht, die Klägerin auch als Herstellerin von Waren anzusehen, die von der X angeboten werden. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, stellt der Arbeitgeber die Ware i.S. des § 8 Abs. 3 EStG zwar nicht nur her, wenn er den Gegenstand selbst produziert oder wenn er ihn auf eigenen Kosten nach seinen Vorgaben und Plänen von einem Dritten produzieren lässt, sondern auch dann, wenn er damit vergleichbare sonstige gewichtige Beiträge zur Herstellung der Ware erbringt. Entscheidend ist, dass dem Arbeitgeber der Herstellungsprozess zugerechnet werden kann. Nicht jede beliebige Beteiligung an Herstellungsprozess reicht hierfür aus. Der Beitrag an Herstellungsprozess muss vielmehr derart gewichtig sein, dass bei wertender Betrachtung die Annahme der Herstellereigenschaft gerechtfertigt erscheint (BFH-Urteile vom 1. Oktober 2009 VI R 22/07, BStBl II 2010, 204; vom 28. August 2002 VI R 88/99, BStBl II 2003, 153 [BFH 12.01.2001 - VI R 102/98]).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist eine Herstellereigenschaft der Klägerin für Produkte nicht zu erkennen, die von der X vertrieben werden. Es ist nicht ersichtlich, dass ein Beitrag der Klägerin an dem Herstellungsprozess derart gewichtig ist, dass bei wertender Betrachtung die Annahme der Herstellereigenschaft gerechtfertigt erscheint.
Eine (teilweise) Mitwirkung beim Verkauf in dem in dem Antrag auf Erteilung der Anrufungsauskunft dargestellten Maß stellt kein "Vertreiben" i.S.v. § 8 Abs. 3 EStG dar, zumal auf Grundlage der Anfrage unklar bleibt, wie gewichtig die Beiträge der Klägerin beim Verkauf der Produkte der X sind. Eine gegenseitige Unterstützung bzw. ein gemeinsames Filialkonzept (Antrag auf Anrufungsauskunft vom 12. März 2015, Seite 3 unten und 4 oben) führt jedenfalls nicht dazu, dass die Klägerin die Produkte der X vertreibt. Der Arbeitgeber muss den Herstellungs-, Vertriebs- oder Erbringungsprozess zwar nicht alleine durchführen; ausreichend ist, dass sein Beitrag von einigem Gewicht ist (Kirchhof, in Kirchhof, 15. Aufl. 2016, § 8 Rz. 52). Ungeachtet der Frage, ob sich die vom BFH zur Beurteilung bei der Herstellereigenschaft entwickelten Grundsätze auf ein "arbeitsteiliges Vertreiben" übertragen lassen, reichen die in dem Antrag auf Anrufungsauskunft vorgetragenen Mitwirkungsbeiträge der Klägerin insoweit nicht aus, zumal die Klägerin, soweit erkennbar, erst im Klageverfahren vorgetragen hat, dass der Internethandel der X durch die Kläger "abgewickelt" werde (Schriftsatz vom 10. Dezember 2015, Seite 7). Abgesehen davon beinhaltet eine "Abwicklung" dieses Bereichs ebenfalls kein (eigenes) "Vertreiben" von Waren. Es liegt, wie letztlich auch von der Klägerin vorgetragen, in der Natur der Sache, dass im Konzern einzelne Konzerngesellschaften zum Erfolg des Endprodukts beitragen können. Dies befreit indes nicht von der Voraussetzung des "Herstellens" bzw. "Vertreibens" i.S.v. § 8 Abs. 3 EStG durch den Zuwendenden.
3. Überdies und unabhängig von den o.g. Erwägungen ist die Auskunft nicht evident fehlerhaft. Die Finanzbehörde kann jedenfalls - auch im Hinblick auf den vorläufigen Charakter - durch eine Anrufungsauskunft nicht zu einer Auskunft verpflichtet werden, die nicht der Auffassung der Finanzverwaltung entspricht (BFH vom 27. Februar 2014 VI R 23/13). Eine umfassende inhaltliche Kontrolle oder die Klärung bislang "offener" bzw. umstrittener Rechtsfragen soll durch eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG gerade nicht ermöglicht werden. Dass die Rabattgewährung von Konzerngesellschaften innerhalb des Konzerns unter § 8 Abs. 3 EStG fällt, entspricht indes nicht der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. H 8.2 [Anwendung des Rabatt-Freibetrags] LStH).
4. Die Kostenfolge beruht auf § 135 FGO. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 115 FGO) sind nicht erkennbar.