Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 25.01.2001, Az.: 7 A 5214/00
Anschaffungswert; Gebrauchsgegenstand; geringer Anschaffungswert; Hausrat; höherer Anschaffungswert; Regelsatz; Sozialhilfe
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 25.01.2001
- Aktenzeichen
- 7 A 5214/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40416
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 21 Abs 1a Nr 6 BSHG
- § 1 Abs 1 S 2 RegSatzV
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Kochtöpfe zählen zum Hausrat mit geringem Anschaffungswert
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt weitere Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 49,90 DM zur Beschaffung von zwei Kochtöpfen.
Sie erhält laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Mutter der Klägerin verfügt über ein Einkommen oberhalb des individuellen Bedarfs der Hilfe zum Lebensunterhalt. Der überschießende Teil des Einkommens wird bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt der Klägerin angerechnet.
Am 25.07.2000 beantragte die Klägerin, die notwendige Beschaffung von zwei Kochtöpfen zu je 20,-- DM bei der Anrechnung des Einkommens zu berücksichtigen. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.07.2000 ab. Die Aufwendungen für Ersatzbeschaffungen von Gebrauchsgütern seien vom Regelsatz mit abgegolten.
Am 01.08.2000 erhob die Klägerin Widerspruch. Kochtöpfe seien kein Hausrat von geringem Wert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2000 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 18.10.2000 hat die Klägerin Klage erhoben.
Haushaltsgegenstände von geringem Wert seien mit 1,74 % des Eckregelsatzes (unter 10,-- DM) anzusetzen.
Der Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin weitere 49,90 DM Hilfe zum Lebensunterhalt zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
Das Gericht hat im vorläufigen Rechtsschutzverfahren -7 B 4457/00 ausgeführt:
"Nach § 11 Abs. 1 BSHG i.V.m. § 76 BSHG ist das Einkommen der Mutter der Antragstellerin bei der Hilfeberechnung zu berücksichtigen, soweit deren Bedarf überschritten ist. Die Feststellung des Bedarfs erfolgt in der gleichen Weise, wie bei Hilfeempfängern.
Es ist keine weitere Verminderung des Einkommensüberhanges der Mutter der Antragstellerin festzustellen, so dass kein weiterer Bedarf festzustellen ist, der sich mindernd auf die Einkommensanrechnung auswirken könnte.
Die Kosten für eine notwendige Anschaffung von 2 Kochtöpfen bleiben vielmehr bei der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens unberücksichtigt.
Zwar trifft es zu, dass die Beschaffung von Kochtöpfen nicht der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens zuzuordnen ist, sondern der Gruppe des hauswirtschaftlichen Bedarfs unterfällt. Gleichwohl ist für die Beschaffung von Gebrauchsgütern von längerer Gebrauchsdauer (über 1 Jahr) ohne höheren Anschaffungswert keine einmalige Leistung zu gewähren, so dass kein zusätzlicher Bedarf entsteht, der sich mindernd auf das zu berücksichtigende Einkommen auswirken kann.
Vielmehr umfasst der den Bedarf deckende Regelsatz die laufenden Leistungen u.a. für den hauswirtschaftlichen Bedarf. Per gesetzlicher Definition (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO) gehört dazu auch Hausrat von geringem Anschaffungswert.
Für die Klärung des Begriffs "geringer Anschaffungswert" dürfte allerdings der Hinweis auf eine "5 %-Klausel" bei der Änderung der Regelsätze ungeeignet sein, weil sie auf eine wesentliche Veränderung der Lebensverhältnisse insgesamt abhebt. Andererseits ist es auch verfehlt, den statistischen Warenkorb durch Auswerfen fester Prozentsätze für Einzelwerte (anders bei Bedarfsgruppen) zur Begriffsdefinition heranzuziehen. So kann eben nicht ohne weiteres von einem Prozentsatz von 1,74 % des Regelsatzes (Brühl, Mein Recht auf Sozialhilfe, 16. Aufl., S. 34) für die Beschaffung von Gebrauchsgütern für die Haushaltsführung zur Bestimmung der Wertgrenze eines geringen Anschaffungswertes ausgegangen werden. Das ergibt sich daraus, dass es sich um statistische Mittelwerte handelt, die aus langen Betrachtungszeiträumen ermittelt werden. Dass der Beschaffungsbedarf für Gebrauchsgüter für die Haushaltsführung nicht monatlich in gleicher Weise besteht, liegt auf der Hand. So kann es durchaus sein, dass monatelang kein oder ein nur sehr geringer Bedarf besteht, in einem anderen Monat jedoch eine höherer. In der fehlenden Festlegung liegt übrigens gerade auch die Freiheit des Hilfeempfängers, seine Bedürfnisse individuell unterschiedlich zu berücksichtigen.
Der Betrag, der im statistischen Mittel für die Beschaffung von Wäsche und Hausrat von geringem Anschaffungswert insgesamt zur Verfügung steht, ist da schon aussagekräftiger. Auch er unterliegt zwar einer Schwankungsbreite, weil eben nicht jeden Monat derartige Beschaffungsmaßnahmen anfallen. Da die notwendigen Beschaffungen eine etwas größere Bandbreite haben, ist die Schwankungsbreite aber geringer. So wird es regelmäßig so sein, dass den einen Monat höhere Ausgaben für Wäsche, im anderen höhere Ausgaben für Hausrat und im weiteren Monat höhere Ausgaben für Dienstleistungen, fremde Reparaturen und Installationen anfallen. Wird gleichzeitig berücksichtigt, dass Wasch-, Putz-, und Reinigungsmittel sowie sonstige Verbrauchsmittel eher regelmäßig anfallen, verbleibt für die Beschaffung geringwertiger Gegenstände, sowie kleinerer Dienstleistungen und Reparaturen ein statistischer Mittelwert von 5.61 % unter Zugrundelegung des o.a. Statistik - Warenkorbes (abgedruckt bei Brühl, a.a.O.). Dies entspricht bei einem Regelsatz von 550,-- DM 30,85 DM. Dieser Wert stellt nach Ansicht der Kammer einen Anhaltspunkt für die Einordnung eines hauswirtschaftlichen Gebrauchsgegenstandes von geringem Anschaffungswert dar. Er liegt noch unter dem Wert einer geringwertigen Sache i.S.d. Strafrechts (50,-- DM; siehe weitere Nachweise bei Dreher/Tröndle, StGB, 44. Aufl., § 248 a, Rdnr.5).
Der Wert wird hier deutlich unterschritten. Dabei ist nicht von den von der Antragstellerin ermittelten Preisen auszugehen. Vielmehr trifft die Ermittlung der Antragsgegner zu, wie dem Gericht bekannt ist. So ist in der benötigten Größe ein Kochtopf aus Edelstahl oder mit Emaillierung im unteren Preissegment für 12,99 DM zu erhalten (z.B. Woolworth, Hannover). Da auch beide Kochtöpfe zusammen einen geringen Anschaffungswert nicht übersteigen, bedarf es keiner Aufklärung, ob eine gestufte (zeitlich gestreckte) Anschaffung deshalb zumutbar ist, weil nicht glaubhaft gemacht ist, dass der Bedarf innerhalb des Beurteilungszeitraumes eines Monats entstanden ist. Auch gleichzeitig beschaffte Töpfe müssen nicht zwangsläufig gleichzeitig kaputt gehen. Das Wegwerfen der alten Töpfe hat zudem eine Überprüfung verhindert, so dass eine vorübergehende Erschwernis hinnehmbar erschiene. Darauf kommt es indes nicht an, weil auch in der Summierung ein geringer Anschaffungswert verbleibt."
Daran hält das Gericht fest.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.