Landgericht Bückeburg
Beschl. v. 23.07.2008, Az.: 4 T 62/08
Bibliographie
- Gericht
- LG Bückeburg
- Datum
- 23.07.2008
- Aktenzeichen
- 4 T 62/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 43345
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBUECK:2008:0723.4T62.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Rinteln - 11.06.2008 - AZ: 8 M 120/08
Fundstellen
- AGS 2009, 76-77 (Volltext mit red. LS)
- FamRZ 2008, 2293-2294 (Volltext mit red. LS)
Tenor:
- 1.
Auf die sofortige Beschwerde der Gläubiger wird der Beschlussdes Amtsgerichts Rinteln - 8 M 120/08- vom 11. Juni 2008 abgeändert:
- 2.
Den Gläubigern wird im Umfang der PKH-Bewilligung Rechtsanwältin ... als Rechtsanwältin beigeordnet.
- 3.
Die im eigenen Namen eingelegte sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubiger wird als unzulässig verworfen.
- 4.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
- 5.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die beiden minderjährigen Gläubiger betreiben wegen rückständigen und laufenden Kindesunterhalts nebst Zinsen aus einem Urteil des Amtsgerichts Rinteln - 4 F ... - vom ... 2007 die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner, ihren Vater. Der Unterhaltsrückstand belief sich im Februar 2008 einschließlich Zinsen auf rund 20 700 €.
Die Gläubiger haben um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines kombinierten Zwangsvollstreckungsauftrags über einen Teilbetrag von 5 000 € nachgesucht und die Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten als Rechtsanwältin beantragt.
Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 11. Juni 2008 die Prozesskostenhilfe für den Zwangsvollstreckungsauftrag, soweit die Vollstreckung innerhalb des Amtsgerichtsbezirks erfolgt, antragsgemäß bewilligt. Den Beiordnungsantrag hat das Amtsgericht allerdings zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, die Angelegenheit sei sachlich und rechtlich einfach, es könne die Hilfe der Rechtsantragstelle in Anspruch genommen werden.
Gegen diesen ihnen am 13. Juni 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 20. Juni 2008 eingegangene sofortige Beschwerde, die die Verfahrensbevollmächtigte der Gläubiger sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der Gläubiger eingelegt hat. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, in einer Unterhaltsangelegenheit mit minderjährigen Gläubigern sei die Zwangsvollstreckung niemals sachlich und rechtlich einfach, sodass die Beiordnung eines Anwaltes immer gerechtfertigt sei. Eine Zwangsvollstreckung wegen solcher Unterhaltsansprüche minderjähriger Gläubiger mit Zinsforderungen und umfangreichen Forderungsberechnungen könne auch unter Inanspruchnahme der Rechtsantragstelle nicht sachgerecht beantragt und überwacht werden. Im Übrigen ergäben sich im Hinblick auf mögliche Anträge nach § 850d ZPO und die Auswertung von Antworten der Drittschuldner kaum zu bewältigende Probleme. Schließlich begehren sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung.
II.
Die sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 127 Abs. 2 ZPO) ist nicht zulässig, soweit sie von der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubiger im eigenen Namen eingelegt worden ist. Der erst beizuordnende Anwalt hat gegen die seine Beiordnung ablehnende Entscheidung kein eigenes Beschwerderecht (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 66. Aufl., § 127 Rn. 73; Zöller-Philippi, ZPO, 26. Aufl., 127 Rn. 19; jeweils m.w.N.), beschwerdebefugt ist vielmehr nur die vertretene Partei selbst.
Die sofortige Beschwerde ist, soweit sie im Namen der Gläubiger eingelegt worden ist, form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Sie hat in der Sache auch Erfolg, weil das Amtsgericht zu Unrecht die beantragte Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubiger abgelehnt hat.
Nach § 121 Abs. 2 ZPO kann einer Partei im Wege der Prozesskostenhilfe ein Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn entweder die Vertretung durch einen Rechtsanwalt "erforderlich" ist oder wenn der Gegner seinerseits durch einen Anwalt vertreten ist. Weil der Schuldner hier - in dem beabsichtigten Zwangsvollstreckungsverfahren - jedenfalls noch nicht anwaltlich vertreten ist, käme eine Beiordnung im vorliegenden Verfahren nur dann in Betracht, wenn diese Beiordnung auch "erforderlich" wäre. Das ist hier der Fall.
Ob - auch im Falle einer Unterhaltsvollstreckung - die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jeweils im Einzelfall zu prüfen. Dabei hängt die Notwendigkeit einer Beiordnung bei der Unterhaltsvollstreckung einerseits von den Schwierigkeiten der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie und andererseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen gerade des Antragstellers ab (BGH FamRZ 2003, 592; NJW 2003, 3136; Motzer in Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 121 Rn. 13). Dass im Falle einer Unterhaltsvollstreckung für minderjährige Gläubiger eine Beiordnung immer erforderlich sei, wie dies die Gläubiger vertreten, entspricht gerade nicht der Rechtsprechung des BGH, auch wenn die Kommentarliteratur - unter Bezugnahme auf eben diese Rechtsprechung - derartiges ohne nähere Begründung zu vertreten scheint (vgl. Zöller-Philippi, a.a.O., § 121 Rn. 8; Baumbach/Lauterbach, a.a.O., § 121 Rn. 50; Thomas-Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 121 Rn. 5).
Bei dem Anlegen dieses Maßstabes ist eine Beiordnung hier notwendig.
Die Stellung und Bearbeitung des maßgeblichen kombinierten Zwangsvollstreckungsauftrages an sich ist zwar nicht mit besonderen rechtlichen Schwierigkeiten verbunden, wohl aber mit erheblichen tatsächlichen Schwierigkeiten. Denn die Zwangsvollstreckung soll hier aus einem Unterhaltstitel zugunsten zweier minderjähriger Kinder erfolgen. Es sind wegen des mehrjährigen Unterhaltsrückstandes (jedenfalls Mai 2005 bis Februar 2008), der teilweise nicht betragsmäßig erfolgten Titulierung ("100 % des Regelunterhaltsbetrages nach der jeweiligen Altersstufe der jeweils geltenden Düsseldorfer Tabelle unter Anrechnung des gesetzlichen Kindergeldes") sowie der titulierten Verzinsung komplexe Forderungsberechnungen zu erstellen. Schließlich ist wegen des langjährigen Zahlungsrückstandes auch ein betragsmäßig erheblicher Forderungsrückstand aufgelaufen, der in dem Vollstreckungsantrag mit rund 20 700 € beziffert worden ist, sodass die Stellung des Antrages für die Gläubiger auch erhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat. Probleme im Hinblick auf die Berechnung des Pfändungsfreibetrages (§ 850d ZPO) und der Auswertung von Drittschuldnererklärungen mögen zwar tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten beinhalten, sind hier - es ist Prozesskostenhilfe nur für einen kombinierten Vollstreckungsauftrag beantragt und bewilligt worden, nicht für den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses - aber ohne Relevanz. Dies alles rechtfertigt in der gebotenen Gesamtschau, dass den Gläubigern hier antragsgemäß ein Rechtsanwalt beigeordnet wird.
Soweit die Gläubiger in der Beschwerdeinstanz ergänzend um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung nachgesucht haben, ist die Kammer in dem vorliegenden Verfahren nicht zur Entscheidung befugt; Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich der von dem Amtsgericht zurückgewiesene Beiordnungsantrag, nicht aber ein - von dem Amtsgericht noch gar nicht beschiedener - ergänzender Prozesskostenhilfeantrag; diesen muss das Amtsgericht zunächst in eigener Zuständigkeit prüfen und bescheiden.
Von der Erhebung einer Gerichtsgebühr wird, weil die Beschwerde zum ganz überwiegenden Teil Erfolg gehabt hat, abgesehen (Nr. 1812 KV GKG). Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich erscheint (§ 574 Abs. 2 und 3 ZPO).