Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.08.1990, Az.: 5 A 67/88

Beamtenverhältnis; Versorgungsbezüge; Dienstbezüge; Sicherheitszusage; Besoldungsordnung; Besoldungsanspruch; Ruhegehalt; Ruhegehaltsfähigkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.08.1990
Aktenzeichen
5 A 67/88
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 13070
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1990:0828.5A67.88.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Schleswig - 24.03.1988 - AZ: 11 A 24/88
nachfolgend
BVerwG - 07.01.1991 - AZ: BVerwG 2 B 133.90

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 24. März 1988 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der im Jahre 1922 geborene Kläger stand seit dem Jahre 1945 in einem Beamtenverhältnis zum Lande Schleswig-Holstein. Zuletzt wurde er am 1. November 1980 zum Oberamtsrat befördert. Für seine Verwendung in der Abteilung für Verfassungsschutz des Innenministers des Landes Schleswig-Holstein, der er vom 2. Mai 1961 bis zum 5. Oktober 1970 und vom 15. September 1977 bis zum 30. September 1987 angehörte, erhielt der Kläger neben seinen sonstigen Dienstbezügen eine Zulage nach Nr. 8 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B in Höhe von monatlich 350,-- DM. Mit Ablauf des Monats September 1987 trat er in den Ruhestand.

2

Mit Bescheid vom 23. September 1987 setzte das beklagte Amt die dem Kläger ab 1. Oktober 1987 zustehenden Versorgungsbezüge fest. Dabei wurde die Sicherheitszulage nicht als Teil der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge anerkannt. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 10. Oktober 1987 mit der Begründung, daß die mit dem Dienst bei einer Sicherheitsbehörde allgemein verbundenen Erschwernisse und Aufwendungen auch im Ruhestand fortbestünden. Mit Bescheid vom 5. November 1987 lehnte das beklagte Amt die Gewährung der Stellenzulage nach Nr. 8 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B ab, weil nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG nur solche Zulagen bei der Berechnung des Ruhegehaltes berücksichtigt werden könnten, die als ruhegehaltfähig bezeichnet seien. Die Sicherheitszulage erfülle diese Voraussetzung nicht. Den vom Kläger hiergegen eingelegten Widerspruch wies das beklagte Amt mit Bescheid vom 9. Dezember 1987 als unbegründet zurück.

3

Mit seiner am 8. Januar 1988 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Wenn ihm auch nach den geltenden besoldungs- und versorgungsrechtlichen Gesetzesvorschriften ein unmittelbarer Anspruch auf Weitergewährung der Sicherheitszulage nicht zustehe, so ergebe sich doch ein derartiger Anspruch aus der dem Dienstherrn einem Beamten gegenüber obliegenden Fürsorgepflicht und aus dem Gleichheitsgebot des Art. 3 GG. Auch nach seiner Versetzung in den Ruhestand sei er wegen seiner ehemaligen Zugehörigkeit zu der Abteilung für Verfassungsschutz erheblichen Beschränkungen seiner persönlichen Freiheit, insbesondere der Einschränkung seiner Fortbewegungsfreiheit, unterworfen. Daher sei die Weigerung des Beklagten, ihm die Sicherheitszulage weiterhin zu gewähren, sachlich nicht begründet. Sowohl gegenüber den aktiven Angehörigen der Sicherheitsdienste als auch gegenüber den Ruhestandsbeamten, die den genannten Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit nicht unterworfen seien, werde er willkürlich schlechter gestellt.

4

Der Kläger hat beantragt,

5

den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 23. September 1987 (insoweit), 5. November 1987 und 9. Dezember 1987 zu verpflichten, ihm auch nach dem 1. Oktober 1987 die Sicherheitszulage gemäß Nr. 8 der Anlage I zum BBesG weiterzuzahlen,

6

hilfsweise,

7

den Beklagten unter Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, die Sicherheitszulage als Bestandteil seiner ruhegehaltfähigen Dienstbezüge anzuerkennen.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Das Verwaltungsgericht hat durch Gerichtsbescheid vom 24. März 1988 die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Weitergewährung der Sicherheitszulage noch auf Anerkennung der Ruhegehaltfähigkeit dieser Zulage. Der Hauptantrag sei schon deshalb unbegründet, weil der Kläger mit ihm einen Besoldungsanspruch geltend mache (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 BBesG) und ein derartiger Anspruch einem Ruhestandsbeamten nicht zustehe. Dem Begehren des Klägers stehe insoweit auch die Vorschrift des § 42 Abs. 3 Satz 1 BBesG entgegen, wonach Stellenzulagen nur für die Dauer der Wahrnehmung der herausgehobenen Funktionen gewährt werden dürfen. Schließlich sehe Nr. 8 der Anlage I zum BBesG die Sicherheitszulage nur für Beamte vor, die bei den Sicherheitsdiensten des Bundes und der Länder "verwendet werden". Letzteres sei bei dem Kläger nicht mehr der Fall. Der Hilfsantrag könne keinen Erfolg haben, weil die Sicherheitszulage nicht zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 3 BeamtVG gehöre. Die Sicherheitszulage sei nämlich in Nr. 8 der Anlage I zum BBesG nicht als ruhegehaltfähig bezeichnet worden. Der Beklagte sei auch nicht verpflichtet, die Sicherheitszulage aufgrund der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorgepflicht als ruhegehaltfähig anzuerkennen. Der Gesichtspunkt einer Fürsorgepflichtverletzung scheide als Anspruchsgrundlage aus, weil die Versorgung der Beamten durch Gesetz geregelt werde (§ 3 Abs. 1 BeamtVG).

11

Gegen diesen ihm am 30. März 1988 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 29. April 1988 eingelegten Berufung, mit der er sein Begehren unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens weiterverfolgt.

12

Nachdem durch das Fünfte Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Mai 1990 (BGBl I S. 967) - BesÄndG 1990 - die Sicherheitszulage in Art. 1 Nr. 14 c als ruhegehaltfähig bezeichnet worden ist, wenn der Beamte mindestens 10 Jahre zulageberechtigend verwendet worden ist, vertritt der Kläger die Auffassung, daß diese Vorschrift den mit seiner Klage geltend gemachten Anspruch stütze. Die Anordnung der Ruhegehaltfähigkeit einer Stellenzulage richte sich naturgemäß an Versorgungsempfänger. Hätte der Gesetzgeber von dieser Regelung Altfälle ausnehmen wollen, hätte er dieses ausdrücklich festgelegt. Auch aus Art. 13 BesÄndG 1990, der Vorschriften für Versorgungsempfänger enthalte, könne nicht geschlossen werden, daß die übrigen Bestimmungen des Änderungsgesetzes sich ausschließlich an die Empfänger von Bezügen wenden, die noch im aktiven Dienst stehen. Wäre dies richtig, dann hätten auch die in Art. 14 geregelten Änderungen des Beamtenversorgungsgesetzes in Art. 13 aufgenommen werden müssen. Der Umstand, daß dies nicht geschehen sei, belege, daß die Änderungen, die auch für bestehende Versorgungsverhältnisse gelten, nicht ausschließlich in Art. 13 enthalten seien.

13

Der Kläger beantragt,

14

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu erkennen.

15

Das beklagte Amt beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Es ist weiterhin der Auffassung, daß die Voraussetzungen für die Gewährung der Sicherheitszulage nicht erfüllt sind. Die durch Art. 1 Nr. 14 c des BesÄndG 1990 geregelte Ruhegehaltfähigkeit der Sicherheitszulage wirke sich erst auf die nach dem 31. Dezember 1989 eingetretenen Versorgungsfälle aus. Dies folge aus Art. 13 des Gesetzes, welcher die Vorschriften für die bei Inkrafttreten des Fünften Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften (1. Januar 1990) vorhandenen Versorgungsempfänger enthalte. Eine Anwendung der in Art. 1 Nr. 14 c getroffenen Regelung auf bereits am 1. Januar 1990 vorhandene Versorgungsempfänger, zu denen der Kläger gehöre, sei nicht vorgesehen. Auch die Übergangs- und Schlußvorschriften in Art. 20 BesÄndG 1990 enthielten eine Regelung zugunsten des Klägers nicht.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten A) Bezug genommen.

19

II.

Die rechtzeitig eingelegte Berufung des Klägers ist nicht begründet.

20

Das Verwaltungericht hat zu Recht entschieden, daß dem Kläger ein Anspruch auf Weitergewährung der Sicherheitszulage oder auf Anerkennung der Ruhegehaltfähigkeit dieser Zulage nicht zusteht.

21

Wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt hat, ist der Hauptantrag schon deshalb nicht begründet, weil der Kläger mit ihm einen Besoldungsanspruch geltend macht, der vom Bundesbesoldungsgesetz nur für Beamte vorgesehen ist. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 regelt nämlich das Bundesbesoldungsgesetz die Besoldung u.a. der Beamten der Länder. Mit dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand mit Ablauf des Monats September 1987 ist jedoch das Beamtenverhältnis des Klägers beendet worden. Dies ist vom Gesetzgeber in § 39 Abs. 2 LBG ausdrücklich geregelt worden: Das Beamtenverhältnis endet durch Eintritt in den Ruhestand unter Wahrung der beamtenrechtlichen Stellung der Ruhestandsbeamten. Für die Ruhestandsbeamten tritt an die Stelle der Besoldung die Versorgung, deren Einzelheiten im Beamtenversorgungsgesetz geregelt sind.

22

Ebenso wie die Besoldung steht auch die Versorgung unter einem strengen Gesetzesvorbehalt (§ 3 Abs. 1 BeamtVG). Dem Ruhestandsbeamten können nur die Leistungen gewährt werden, die durch Gesetz geregelt sind. Nach § 4 Abs. 3 BeamtVG wird das Ruhegehalt auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet. Zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen gehört das Grundgehalt, das dem Beamten nach dem Besoldungsrecht zuletzt zugestanden hat, und neben dem Ortszuschlag bis zur Stufe 2 auch sonstige Dienstbezüge, die im Besoldungsrecht als ruhegehaltfähig bezeichnet sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG). Die Sicherheitszulage nach Nr. 8 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B ist erst mit Wirkung vom 1. Januar 1990 durch Art. 1 Nr. 14 c BesÄndG 1990 als ruhegehaltfähig bezeichnet worden, wenn - was bei dem Kläger der Fall ist - der Beamte mindestens 10 Jahre zulageberechtigend verwendet worden ist. Diese Gesetzesänderung kann jedoch nicht zugunsten des Klägers berücksichtigt werden. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob eine Stellenzulage als ruhegehaltfähig bezeichnet ist, ist der Eintritt des Versorgungsfalles. Wenn dies auch in § 5 Abs. 1 Nr. 3 BeamtVG nicht ausdrücklich vorgesehen ist, so entspricht es doch ganz allgemein einem zu beachtenden Grundsatz des Berufsbeamtentums, daß die zu gewährende amtsgemäße Versorgung des Beamten auf der Grundlage der zuletzt bezogenen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zu erfolgen hat (vgl. Kümmel, Kommentar zum Beamtenversorgungsgesetz, § 5 Erl. 3.8 unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 14. 6. 1960 - 2 BvL 7/60 -, BVerfGE 11, 203 (214) [BVerfG 14.06.1960 - 2 BvL 7/60]). Dieser Grundsatz wird auch bestätigt durch weitere Vorschriften des BesÄndG 1990. In Art. 1 Nr. 14 c dieses Gesetzes ist vorgeschrieben, daß der Betrag der ruhegehaltfähigen Zulage sich aus der im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand geltenden Anlage IX ergibt. Ferner werden in den Fällen, in denen in diesem Gesetz für die Ruhegehaltfähigkeit einer Stellenzulage eine Mindestzeit zulageberechtigender Verwendung gefordert wird, auch die Zeiten vor Inkrafttreten der jeweiligen Vorschrift berücksichtigt, in denen die Verwendung zulageberechtigend gewesen wäre. Aus diesen Vorschriften ist ersichtlich, daß Art. 1 Nr. 14 c BesÄndG 1990 sich nur auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes, dem 1. Januar 1990, in einem aktiven Beamtenverhältnis stehenden Beamten bezieht. Dies folgt insbesondere auch aus Art. 13 BesÄndG 1990, der Vorschriften für die bei in Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandenen Versorgungsempfänger enthält, zu denen auch der Kläger gehört. Die Frage der Ruhegehaltfähigkeit der Sicherheitszulage ist in Art. 13 BesÄndG 1990 nicht erwähnt. Hieraus und aus der Systematik des Gesetzes muß geschlossen werden, daß die durch Art. 1 Nr. 14 c des Änderungsgesetzes vorgeschriebene Ruhegehaltfähigkeit der Sicherheitszulage sich nur auf Versorgungsfälle beziehen kann, die nach dem 1. Januar 1990 eintreten.

23

Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die dargelegte gesetzliche Regelung der Ruhegehaltfähigkeit der Sicherheitszulage nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dem Gesetzgeber steht auf dem Gebiet des Besoldungs- und Versorgungsrechts ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum zu, und zwar sowohl im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG als auch hinsichtlich Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13. 6. 1988 - 2 B 82.88 -, DVBl 1988, 1063 = ZBR 1988, 388, m.w.N.). Diese weitgehende Gestaltungsfreiheit gilt auch hinsichtlich des Personenkreises, auf den sich die jeweiligen Vorschriften erstrecken sollen. Hierbei können auch die finanziellen Auswirkungen eines weitergehenden Anwendungsbereichs berücksichtigt werden. Im Hinblick auf diese besoldungs- und versorgungsrechtlichen Grundsätze ist die hier getroffene Regelung rechtlich nicht zu beanstanden. Die unterschiedliche Behandlung der Ruhestandsbeamten hinsichtlich der Ruhegehaltfähigkeit der Sicherheitszulage je nach dem, ob sie vor oder nach dem 1. Januar 1990 in den Ruhestand getreten sind, liegt innerhalb der Grenzen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums. Diese Regelung ist nicht willkürlich.

24

Hiernach erweisen sich die Bescheide, mit denen es das beklagte Amt abgelehnt hat, die Sicherheitszulage weiterhin zu gewähren bzw. sie als ruhegehaltfähig anzuerkennen, als rechtmäßig. Der Berufung des Klägers gegen den seine Klage abweisenden Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts war daher der Erfolg zu versagen.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten auf § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 10 ZPO.

26

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO oder des § 182 LBG iVm § 127 BRRG gegeben ist.

27

Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Schilling ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschrift beizufügen. Dr. Thiedemann

28

Dr. Thiedemann

29

Reisner