Abschnitt 2 WaffRRBRdErl - Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit
Bibliographie
- Titel
- Waffenrecht; Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit von sog. Reichsbürgern und Selbstverwaltern
- Redaktionelle Abkürzung
- WaffRRBRdErl,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 21012
Bestehen Anhaltspunkte für die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit einer Person i. S. des § 5 WaffG, so sollte der Nachweis der Unzuverlässigkeit auf alle in Betracht kommende Unzuverlässigkeitsgründe gestützt werden.
2.1 Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 WaffG
Von einer Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG ist auszugehen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Personen
- a)
Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
- b)
mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,
- c)
Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.
Es ist als gesichert zu betrachten, dass mit der Verneinung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland und der damit einhergehenden offensiven Ablehnung der Rechtsordnung die maßgeblichen Regelungen, insbesondere des Polizei- und Waffenrechts von Reichsbürgern und Selbstverwaltern als nicht bindend angesehen werden. Im Wege einer Verhaltensprognose bestehen damit hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass Regelungen des Waffenrechts zu Verwendung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG), Umgang und Verwahrung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG) und Überlassung an Unberechtigte (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG) von Reichsbürgern und Selbstverwaltern nicht beachtet werden, ohne dass bereits konkrete Verstöße gegen waffenrechtliche Vorschriften vorliegen müssen. Da es der Sinn und Zweck der waffenrechtlichen Regelung ist, solchen Personen den Umgang mit Waffen zu untersagen und damit der Gefahrenabwehr aus präventiven Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, ist hier von einer Unzuverlässigkeit auszugehen. Daher kann die Unzuverlässigkeit neben dem Rückgriff auf die Fälle des § 5 Abs. 1 WaffG auch durch die Zugehörigkeit zum Spektrum der Reichsbürger- und Selbstverwalterbewegung oder die Übernahme von deren Gesinnung begründet werden. An diese Einschätzung sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Für die Einschätzung, ob eine Person der Reichsbürger- oder Selbstverwalterszene zuzuordnen ist, kann auf den nicht abschließenden Katalog der Nummer 1 der Anlage dieses RdErl. zurückgegriffen werden. Häufig wird schon eine Verhaltensweise oder ein Vorkommnis i. S. des Beispielskatalogs ausreichen, um von einer Zuordnung zur Reichsbürger- oder Selbstverwalterszene auszugehen. Dennoch muss eine Betrachtung des Einzelfalles erfolgen. Ebenfalls wahrscheinlich ist die Zugehörigkeit zur Reichsbürger- oder Selbstverwalterszene, wenn eine Person Mitglied einer der Nummer 2 der Anlage genannten Vereinigungen ist.
Die Sicherheitsbehörden unterstützen, wie unter Nummer 4 beschrieben, diese Gesamtwürdigung mit der Übermittlung gerichtsverwertbarer Erkenntnisse an die Waffenbehörden. Für die Bewertung können auch Anhörungsschreiben i. S. des § 28 VwVfG, die Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 4 Abs. 5 WaffG oder die Durchführung von Aufbewahrungskontrollen nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG Klarheit schaffen. In jedem Fall sollte vor der Anhörung zur Versagung, zum Widerruf oder zur Rücknahme und ebenso vor Aufbewahrungskontrollen mit der zuständigen Polizeidienststelle und dem Verfassungsschutz Kontakt aufgenommen werden, um mögliche weitere Schritte abzustimmen. Unter Berücksichtigung der in Nummer 1 genannten Charakteristika sind ablehnende Reaktionen zu erwarten, welche in die Bewertung einbezogen werden sollten.
Entscheidend bei der Zuordnung einer Person zur Reichsbürger- oder Selbstverwalterszene ist die individuelle Bewertung und eine ausführliche Dokumentation, in der alle Erkenntnisse dargestellt werden. Auch Hinweise möglicher Zeugen sind in diesem Zusammenhang zu dokumentieren. Die Behörde muss im Streitfall ihre Bewertung substantiiert darlegen können.
2.2 Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG
In Betracht kommt daneben auch eine Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG. In der Regel unzuverlässig sind danach u. a. Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Bestrebungen einzeln verfolgt haben, Mitglied in einer entsprechenden Vereinigung waren oder eine solche Vereinigung unterstützt haben.
Vereinigungen von Reichsbürgern und Selbstverwaltern richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Personen sind daher in der Regel i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b WaffG unzuverlässig, wenn sie in den letzten fünf Jahren Mitglied einer Vereinigung von Reichsbürgern oder Selbstverwaltern waren. Während es in diesem Fall ausreicht, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person in den letzten fünf Jahren Mitglied der Vereinigung war, muss die Zuordnung der Vereinigung zur Reichsbürger- oder Selbstverwalterszene sicher erfolgen können. Entsprechendes gilt für die Unterstützung einer Vereinigung nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c WaffG. Als Anhaltspunkt für die Zuordnung einer Vereinigung zu der Reichsbürger- oder Selbstverwalterszene dient hier der nicht abschließende Katalog der Nummer 2 der Anlage. Allerdings ist es in diesem Zusammenhang erforderlich ausführlich darzulegen, warum die Vereinigung der Reichsbürger- oder Selbstverwalterszene zugeordnet wird und welche Bestrebungen sie diesbezüglich verfolgt. Hierzu sollte grundsätzlich eine Bewertung des Verfassungsschutzes eingeholt werden.
Außer Kraft am 1. Januar 2030 durch Nummer 5 des RdErl. vom 15. Juli 2024 (Nds. MBl. 2024 Nr. 324)