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  • ab 16.11.1989 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 3 APrERL - 3. Voraussetzungen und Grenzen

Bibliographie

Titel
Richtlinien für den Einsatz eines Agent provocateur im Rahmen der Strafverfolgung
Redaktionelle Abkürzung
APrERL,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21011000000023

3.1
Der Einsatz eines Agent provocateur ist nur zulässig zur Aufklärung von Straftaten von erheblicher Bedeutung, namentlich

  • auf dem Gebiet des unerlaubten Betäubungsmittel- oder Waffenverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung,
  • auf dem Gebiet des Staatsschutzes (§§ 74a, 120 GVG),
  • bei gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger oder von einem Bandenmitglied oder in anderer Weise organisierter Tatbegehung,
  • von Verbrechen, soweit auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr der Wiederholung besteht,

sofern die Aufklärung auf andere Weise erheblich weniger Erfolg verspricht oder wesentlich erschwert wäre.

Gibt es Anhaltspunkte dafür, daß eine nicht mehr zu beherrschende oder unverhältnismäßige Gefahr entstehen kann - dies kann namentlich bei gemeingefährlichen Straftaten der Fall sein -, ist der Einsatz eines Agent provocateur nicht zulässig; ein begonnener Einsatz ist sofort abzubrechen.

Ein Minderjähriger darf nicht als Agent provocateur eingesetzt werden.

3.2
Der Einsatz eines Agent provocateur bedarf in jedem Einzelfall besonders sorgfältiger Prüfung. Es ist sicherzustellen, daß durch den Einsatz die durch das Rechtsstaatsprinzip gezogenen Grenzen nicht verletzt werden. Wesentlich für die Beurteilung, ob der Einsatz eines Agent provocateur im Einzelfall zulässig ist, sind dabei

  • Grundlage und Ausmaß des gegen die Zielperson bereits bestehenden Verdachts,
  • Gefährlichkeit, Tatbereitschaft und eigene - weder von einer Ermittlungsbehörde noch von einem Agent provocateur gesteuerte - Aktivitäten der Zielperson,
  • Art, Intensität und sonstige Umstände der erwogenen Einflußnahme durch den Agent provocateur.

Zulässig ist danach eine Einwirkung auf eine Zielperson, wenn bei ihr bereits vor dem Auftreten eines Agent provocateur eine allgemeine Bereitschaft zur Begehung von Straftaten der in Nr. 3.1 genannten Art erwiesen oder auf Grund bestimmter Anhaltspunkte schlüssig anzunehmen ist, die durch den Agent provocateur lediglich konkretisiert und in eine kontrollierbare Richtung gelenkt werden soll.

Dagegen ist der Einsatz eines Agent provocateur unzulässig, wenn dessen Beitrag zu der Tat unvertretbar übergewichtig wäre. Dies ist in der Regel der Fall, wenn der Agent provocateur

  • die Zielperson durch Bedrohung oder Nötigung zu einer Straftat verleiten oder
  • versuchen würde, sie in nachhaltiger Weise durch Ausnutzen einer Notlage, durch wiederholte Überredungsversuche oder durch Versprechungen zur Tatbegehung zu bestimmen.

Beim Einsatz eines Agent provocateur darf auch nicht in der bezeichneten Weise auf die Zielperson eingewirkt werden, um sie von konkreten Rücktrittsüberlegungen abzuhalten.

Der Einsatz als Agent provocateur verleiht niemandem eine besondere Befugnis außerhalb der allgemeinen Rechtsvorschriften. Insbesondere sind die durch das Strafrecht gezogenen Grenzen zu beachten. Ein Agent provocateur darf sich nicht in strafbarer Weise an der Tat beteiligen; bei einem abstrakten Gefährdungsdelikt ist in jedem Falle eine konkrete Gefährdung des geschützten Rechtsgutes zu vermeiden.