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  • ab 25.06.2008 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 3 Nds. VV-StAR - 3. Rücknahme von Einbürgerungen, Strafanzeigen

Bibliographie

Titel
Niedersächsische Durchführungsbestimmungen zum Staatsangehörigkeitsrecht (Nds. VV-StAR)
Amtliche Abkürzung
Nds. VV-StAR
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
10200

Werden nachträglich Tatsachen bekannt, dass eine Einbürgerung durch Täuschung erwirkt worden ist (z.B. durch Verschweigen einer Staatsangehörigkeit, unrichtige oder unvollständige Angaben zur Person oder des Personenstandes - insbesondere Doppelehe -), ist stets zu prüfen, ob eine Rücknahme der Einbürgerung nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) erfolgen soll. Die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Rücknahmegrundsätze sind zu beachten (Entscheidungen des BVerwG vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 [DÖV 2004 S. 84] - und 9.9.2003 - 1 C 6.03 [DÖV 2004 S. 252] -; BVerfG vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, BVerfG vom 24.10.2006 - 2 BvR 696/04 -, BVerwG vom 14.2.2008 - 5 C 4.07 -):

  • § 48 VwVfG ermöglicht prinzipiell eine "ausreichend vorhersehbare Verwaltungsentscheidung" i. S. der o. a. Rechtsprechung des BVerfG und ist deshalb anwendbar.

  • Die Rücknahme muss möglichst zeitnah erfolgen. Eine einheitliche Festlegung bezüglich eines Zeitrahmens, in dem Rücknahmen als zulässig erachtet werden, fehlt bislang noch. Deshalb kann zunächst unter Berücksichtigung der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung davon ausgegangen werden, dass ein Zeitrahmen von bis zu achteinhalb Jahren vertretbar ist.

  • Die Rücknahme setzt eine Ermessensabwägung voraus, in der die privaten und die öffentlichen Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen. Bei Täuschung über für die Einbürgerung wesentliche Fakten oder beim Verschweigen verfassungsfeindlicher Aktivitäten wird nur in kaum denkbaren Ausnahmefällen das private Interesse am Bestehenbleiben der rechtswidrig erfolgten Einbürgerung überwiegen. Das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes durch eine Rücknahme wird sich vielmehr durchsetzen.

  • Eine Rücknahme ist auch bei Minderjährigen und Ehegatten zulässig, wenn diese selbst getäuscht haben. Gesetzlich Vertretene haben sich das Verhalten des gesetzlichen Vertreters zurechnen zu lassen.

  • Die Rücknahme erstreckt sich nicht auf die Einbürgerung von Angehörigen nach den §§ 9 und 10 Abs. 2 StAG. Die eigenständige Rücknahme wegen eigener Täuschungshandlungen bleibt unberührt.

  • Der bis zur Bestandskraft der Rücknahme erfolgte Erwerb der Staatsangehörigkeit Dritter gemäß § 4 Abs. 1 und § 6 StAG bleibt unberührt; das gilt nicht, wenn sich das Kind in einem Alter befindet, in dem üblicherweise ein eigenes Vertrauen auf den Bestand der Staatsangehörigkeit noch nicht entwickelt werden konnte.

Stets ist auch zu prüfen, ob Art, Umfang und Zeitpunkt der Täuschungshandlung eine Strafanzeige rechtfertigen.