Verwaltungsgericht Göttingen
v. 15.06.2010, Az.: 2 A 131/09
Allgemeinwohl ; Gründe des Baugenehmigung; Reichweite Instandhaltung; Abgrenzung zu Neubau
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 15.06.2010
- Aktenzeichen
- 2 A 131/09
- Entscheidungsform
- Entscheidung
- Referenz
- WKRS 2010, 41040
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2010:0615.2A131.09.0A
Rechtsgrundlage
- NBauO 89 I
Fundstelle
- BauR 2010, 1634
Tatbestand
Die Klägerin zu 1) ist Eigentümerin des Grundstücks L., M. /N., Flurstück O. in der Flur x der Gemarkung N.. Sie bewirtschaftet von hier aus gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Kläger zu 2), eine landwirtschaftliche Hofstelle. Das Grundstück grenzt an seiner Nordseite an das Grundstück der Beigeladenen zu 1), Flurstück P. in der genannten Flur; im Osten grenzt es an das im Eigentum des Beigeladenen zu 2) stehende Flurstück Q.. Auf dem Grundstück der Kläger befand sich an der Nordseite grenzständig bzw. bis zu einem Abstand von 1 Meter in Verlängerung des Wohnhauses nebst anliegender Garage eine Scheune, die als Unterstand für landwirtschaftliche Geräte genutzt wurde. Hieran im rechten Winkel anschließend befand sich ein weiteres Scheunengebäude. Die nördlichen Außenmauern der Scheune waren im oberen Bereich, etwa ab einer Höhe von 2,5 m als Fachwerkwand ausgebaut.
Mit bei dem Beklagten am 14. März 2008 eingegangenem Bauantrag beantragten die Kläger eine Genehmigung für den Teilabbruch vorhandener Scheunen und den Umbau zu Remisen. Gleichzeitig beantragten sie eine Befreiung von den Abstandsvorschriften. Sie legten Einverständniserklärungen der Beigeladenen vor; die Einverständniserklärung der Beigeladenen zu 1) war mit der Begründung versehen, die Grenzwand bleibe im Bestand erhalten. Der vordere Teil sei massiv im Bereich der Scheune Fachwerk wie vorhanden mit Ziegel behangen. Die Baumaßnahme sollte aus einem kompletten Abriss der an der Ostseite des Grundstücks gelegenen Scheune bestehen, die durch eine große Pergola als Freisitz ersetzt werden sollte. Die nordseitige Scheune sollte in Teilbereichen abgerissen und zu Remisen umgestaltet werden. Der Dachboden einschließlich der Dachkonstruktion sollte abgebrochen und durch ein insgesamt flacheres Dach als bisher ersetzt werden. Dieses sollte auf neu zu errichtenden Stützen unter Beibehaltung der vorhandenen Wandkonstruktionen Halt finden. Das Mauerwerk der nördlichen Scheune sollte insgesamt mit Ausnahme der zum Innenhof gelegenen Außenmauer sowie der Durchbrechung der beiden Innenwände für die genannten Dachstützpfeiler erhalten bleiben. Den Bauantragsunterlagen beigefügt war zudem eine statische Berechnung für das Bauvorhaben.
Im Mai 2008 stürzte etwa 1/3 der nördlichen Fachwerkaußenwand in ihrem nordöstlichen Teil ein.
Mit Bescheid vom 25.06.2008 genehmigte der Beklagte die von den Klägern beantragte Baumaßnahme, ohne von diesen über den Teileinsturz des Mauerwerks unterrichtet worden zu sein. Gleichzeitig erteilte er die begehrte Befreiung von den Abstandsvorschriften der Nds. Bauordnung. Nach dieser Befreiung betrage der Abstand zur Grenze des Flurstückes P. 0 m bis 1,20 m statt 3,60 m bis 5,60 m sowie der Abstand zur Grenze des Flurstücks Q. 0 m bis 1,00 m statt 5,50 m.
Nach Erhalt der Baugenehmigung errichteten die Kläger die eingefallene Fachwerkwand neu, indem sie sie mit Ziegelmauerwerk aufmauerten. Gleichzeitig mauerten sie im Innenbereich der Scheune in nordsüdlicher Richtung zwei neue Mauern als Trennwände auf.
Auf Veranlassung der Beigeladenen überwachte der Beklagte die Baumaßnahme im Rahmen verschiedener Ortstermine. Bereits im Rahmen eines Ortstermins am 1. Juli 2008 untersagte der Beklagte den Klägern die Fortsetzung des Baues; diese Untersagungsverfügung wiederholte er anlässlich eines Ortstermins am 15. September 2008. Zur Begründung führte der Beklagte an, die Kläger hätten abweichend von der Baugenehmigung gebaut.
Nach vorheriger Anhörung der Kläger erließ der Beklagte unter dem 22. April 2009 gegen die Kläger eine Beseitigungsverfügung. Mit verschiedenen Einzelanordnungen, für die jeweils für den Fall der nicht fristgemäßen Befolgung ein Zwangsgeld angedroht worden war, verfolgte der Beklagte das Ziel, dass sämtliche von den Klägern durchgeführte Baumaßnahmen die gesetzlichen Grenzabstände einhalten. Wegen der Einzelheiten der angeordneten Maßnahmen wird auf den angefochtenen Bescheid vom 22. April 2009 Bezug genommen.
Zur Begründung dieses Bescheides führte der Beklagte aus, die neu errichteten Teile des Vorhabens widersprächen dem formellen Bauordnungsrecht. Sie seien nicht von der zuvor erteilten Baugenehmigung gedeckt, da sie in ihrer Ausführung hiervon abwichen. Darüber hinaus widerspräche die bestehende Anlage sowohl mit ihren alten wie auch mit den neu errichteten Teilen dem materiellen Bauordnungsrecht; denn das Vorhaben halte die gemäß § 7 Abs. 3 NBauO geforderten Grenzabstände nicht ein. Die mit der Baugenehmigung vom 25. Juni 2008 erteilte Befreiung entfalte im Hinblick auf das nunmehr vorliegende Bauvorhaben keine Wirkung mehr, da sie nur unter der Voraussetzung erteilt worden sei, dass der dort als Bestand bezeichnete Teil der baulichen Anlage erhalten bleibe. Eine neuerliche Befreiung käme nicht in Betracht, da sich die Kläger nicht - mehr - auf Bestandsschutz berufen könnten. Da das Bauvorhaben, wie ausgeführt, insgesamt nicht genehmigungsfähig sei, sei es verhältnismäßig, die Beseitigung zu verlangen.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger im Wesentlichen mit der Begründung Widerspruch ein, die von ihnen gewählte Bauausführung sei durch die Baugenehmigung vom 25. Juni 2008 gedeckt; im Übrigen unterliege die Baumaßnahme dem Bestandsschutz. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2009 zurück. Die Baumaßnahme sei nicht mehr durch die Baugenehmigung vom 25. Juni 2008 gedeckt; es liege keine Instandsetzung, sondern eine Neuerrichtung des größten Teils des Gebäudes vor. Eine Befreiung von den Grenzabstandsvorschriften könne nicht - mehr - gewährt werden. Eine nicht beabsichtigte Härte liege nicht vor, da es sich um die Neuerrichtung eines Bauwerkes handele. Mit dieser Errichtung seien zudem die Nachbarn nicht einverstanden, die im November 2008 ihr Einverständnis mit der Baumaßnahme der Kläger widerrufen und gleichzeitig ein erneutes Einverständnis mit diesem Bauvorhaben versagt hatten.
Am 6. August 2009 haben die Kläger Klage erhoben.
Zur Begründung ihrer Klage wiederholen und vertiefen sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend weisen sie darauf hin, dass für die Neuausführung der Mauerwerke eine statische Neuberechnung nicht erforderlich gewesen sei. Für das Gesamtvorhaben hätten sie etwa 83.000,- € ausgegeben; hiervon seien ca. 9.000,-€ auf die neu errichteten Wände entfallen. Selbst wenn die Baumaßnahme nicht mehr von der Baugenehmigung vom 25. Juni 2008 gedeckt sei und auch Bestandsschutz nicht zu gewähren sei, hätten sie einen Anspruch auf Befreiung von den Grenzabstandsregelungen nach § 86 Abs. 1 NBauO. Da die Scheune früher auf bzw. an der Grenze zu dem Grundstück der Beigeladenen habe stehen dürfen, stelle der Rückbau für sie eine unbeabsichtigte Härte dar. Das fehlende Einverständnis der Beigeladenen stehe einer Befreiung nicht entgegen. Zudem könnten sie sich als Landwirte auf Gemeinwohlbelange berufen. Müssten sie ihre Scheune, wie vom Beklagten verfügt, zurückbauen, wäre ihre Hofstelle für das Befahren der von ihnen zum Getreidetransport benutzten großen Lkw nicht mehr geeignet. Sie müssten ihre Landwirtschaft aufgeben.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 22. April 2009 sowie den dazugehörigen Kostenbescheid vom 24. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 23. Juli 2009 sowie den hierzu gehörenden Kostenbescheid vom 23. Juli 2009 aufzuheben und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte und die Beigeladenen beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie treten dem klägerischen Vorbringen jeweils in der Sache im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die angefochtene Verfügung vom 22. April 2009 entgegen. Ergänzend führt der Beklagte aus, wenn der landwirtschaftliche Betrieb der Kläger eingestellt werden müsste, beruhe dies allein auf der Größe des Grundstücks der Kläger und stelle damit keine unbeabsichtigte Härte dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Gründe
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 22. April 2009 und sein Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2009 sind rechtmäßig, so dass die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Rechtsgrundlage der verschiedenen Beseitigungsanordnungen ist § 89 Abs. 1 Nr. 4 NBauO. Das von den Klägern errichtete Bauvorhaben widerspricht dem öffentlichen Baurecht, namentlich den Grenzabstandsvorschriften der §§ 7 ff. NBauO. Es ist sowohl formell wie auch materiell baurechtswidrig.
Die Kläger können sich für das von ihnen errichtete Vorhaben nicht auf die ihnen erteilte Baugenehmigung vom 25. Juni 2008 berufen. Die von ihnen vorgenommene, von dieser Baugenehmigung abweichende Bauausführung ist von dieser Genehmigung nicht mehr gedeckt.
Wie weit die gestaltende Wirkung einer Baugenehmigung reicht, wird in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich gesehen. Teilweise wird die Auffassung vertreten, jede Abweichung von den Bauvorlagen, die Gegenstand der Baugenehmigung geworden sind, sei unzulässig, so dass die Bauarbeiten insgesamt rechtswidrig seien (Reichel/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht Kapitel 14, RN 9; Kapitel 15, RN 159, m.w.N.). Nach der Rechtsauffassung des Bayerischen VGH (Beschluss vom 26.07.1991 - 20 CS 89.1224 -, BRS 52 Nr. 147) erlischt die gestaltende Wirkung einer Baugenehmigung, wenn von den genehmigten Bauvorlagen so wesentlich abgewichen wird, dass im Ergebnis nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben, ein sogenanntes "Aliud" erstellt wurde. Als für die Identität eines Bauvorhabens wesentliche Merkmale seien Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Zweckbestimmung, Höhe, Dachform oder Erscheinungsbild herauszustellen. Hier seien auch geringfügige Abweichungen von vorneherein beachtlich. Nach Auffassung des Nds. Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 16.05.1986 - 6 A 93/85 -, BRS 46 Nr. 151) deckt eine Baugenehmigung die Bauausführung dann nicht mehr, wenn die Abweichung von den Bauvorlagen erheblich ist (ebenso: Schmaltz in:Grosse-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 8. Auflage, § 75 RN 21; § 89 RN 14).
Unabhängig davon, welcher Rechtsauffassung man sich anschließt, ist die von den Klägern ausgeführte Baumaßnahme nicht mehr von der ihnen erteilten Baugenehmigung gedeckt. Denn selbst wenn man die für die Bauherren großzügigste Auslegung des VGH München heranzieht, weicht die Bauausführung in ihrem Erscheinungsbild erheblich von den Bauvorlagen ab. Denn nach diesen sollte auf der vollen Länge der nördlich zum Grundstück der Beigeladenen gelegenen Mauer das vorhandene Fachwerkerscheinungsbild erhalten bleiben. Nachdem etwa 1/3 dieser Wand eingestürzt war, bei dem es sich gerade um den vollständig fachwerkausgeführten Teil der Wand handelte, haben die Kläger stattdessen eine in ihrem Erscheinungsbild völlig andere reine Stein-Ziegelmauer errichtet. Zusätzlich haben die Kläger, abweichend von den Bauvorlagen, zwei innenliegende Trennwände neu aufgemauert anstatt die alten bestehen zu lassen. Insgesamt handelt es sich damit um wesentliche Abweichungen, ähnlich denen, die Gegenstand des Urteils des OVG Lüneburgs vom 16. Mai 1986 gewesen sind.
Die Baumaßnahme ist allerdings nicht nur formell, sondern auch materiell baurechtswidrig.
Zunächst können sich die Kläger nicht auf Bestandsschutz in der Gestalt berufen, dass an der nördlichen Grenze zum Grundstück der Beigeladenen stets eine Scheunenwand gestanden hat. Für die Neuausführung des Bauvorhabens besteht Bestandsschutz nicht. Bei den von den Klägern durchgeführten Baumaßnahmen handelt es sich nicht mehr um eine Instandsetzung der alten Scheune, sondern vielmehr um einen Neubau. Die Kläger selbst haben dies so gesehen, weil sie die Baumaßnahmen zur Genehmigung des Beklagten gestellt haben. Auch in der Sache handelt es sich angesichts der Baukosten von 94.737,17 € sowie des Umstandes, dass für die beabsichtigte Baumaßnahme ein neue Statikberechnung erforderlich gewesen ist (vgl. zu diesen Kriterien Schmaltz a.a.O., § 99 RN 36; Urteil der erkennenden Kammer vom 02.05.2001 - 2 A 2206/99 -) nicht mehr um ein identisches, dem Bestandsschutz unterliegendes, sondern ein neues Gebäude.
Schließlich ist die Beseitigungsanordnung des Beklagten auch nicht deshalb Ermessensfehlerhaft, weil die Kläger etwa einen Anspruch auf Befreiung von den Grenzabstandsvorschriften gemäß § 86 Abs. 1 NBauO hätten. Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in dessen Beseitigungsverfügung vom 22. April 2009 sowie in dessen Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2009 gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen.
Ergänzend ist auszuführen, dass schon zweifelhaft ist, ob die Kläger sich auf einen atypischen Sachverhalt berufen können, der allein eine derartige Befreiung ermöglicht. Es liegt vielmehr nahe, anzunehmen, dass die Einhaltung von Grenzabstandsvorschriften geradezu typische Folge davon ist, dass eine Baumaßnahme, wie hier, sowohl formell wie auch materiell rechtswidrig ist. Diese Zweifel können offen bleiben, weil die von den Klägern verlangte Einhaltung der Grenzabstandsvorschriften im Verhältnis zum Grundstück des Beigeladenen nicht zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führt (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 NBauO). Eine nicht beabsichtigte Härte in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn die Einhaltung der Norm nicht notwendig ist, um die gesetzliche Zielsetzung zu erreichen. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, ob aus seiner Sicht bzw. der des untergesetzlichen Normgesetzgebers die Anwendung der Norm im Einzelfall zu einem Ergebnis führt, das er so nicht beabsichtigt hat und das eine vernünftige Bebauung erheblich erschwert. Da die NBauO nur Anforderungen an bauliche Anlagen, Baumaßnahmen und die Bebaubarkeit von Grundstücken stellt, kann die offenbar nicht beabsichtigte Härte sich grundsätzlich nur aus den Besonderheiten des Grundstücks, insbesondere seinem Zuschnitt und seiner Lage oder aus Besonderheiten der Bebauung und ihrer Nutzung, nicht aber aus den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Bauherren ergeben (vgl. zum ganzen Schmaltz, a.a.O., § 86 RN 9; Urteil der erkennenden Kammer vom 02.05.2001, a.a.O.).
Wie dargelegt ist die Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzabstandsvorschriften die zwingende Folge aus den obigen Ausführungen. Es ist den Klägern auch ohne weiteres möglich, diese Abstände einzuhalten. Dass der Hof, wie die Kläger behaupten, dann künftig nicht mehr wie bisher für ihr landwirtschaftliches Unternehmen genutzt werden könnte, ist kein Aspekt des Grundstücks, sondern der Bewirtschaftungsverhältnisse, denen für die Beurteilung einer unbeabsichtigten Härte nach dem gesagten keine Bedeutung zukommt.
Schließlich kommt auch eine Befreiung aus Gründen des allgemeinen Wohls gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 2 NBauO nicht in Betracht. Die Kläger begehren eine Befreiung für ihr, eigenen Erwerbszwecken dienendes Hofgebäude. Derartige eigenwirtschaftliche Erwägungen lassen sich auch nicht dadurch mit dem Allgemeinwohl gleichstellen, dass ihr Wirtschaften aus öffentlichen Mitteln subventioniert wird. Andernfalls würde jedes Gewinn abwerfende wirtschaftliche Unternehmen dem Allgemeinwohl dienen, weil es durch seine Steuerpflicht zu staatlichen Einnahmen führt. Derartige mittelbare Auswirkungen auf das Wohl der Allgemeinheit, werden durch § 86 Abs. 1 Nr. 2 NBauO jedoch nicht geschützt.
Da die zu beseitigenden Gebäudeteile rechtswidrigerweise auf der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen bzw. im Bauwich von 3 m stehen (§ 7 Abs. 3 und 4 sowie 7 a Abs. 1 NBauO) sind sie zu beseitigen. Hinsichtlich der in Verfügungspunkt Nr. 1 genannten Garage hat der Beklagte die Regelung in § 12 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. S. 2 NBauO zutreffend umgesetzt.
Die für die jeweiligen Verfügungspunkte ausgesprochene Zwangsgeldandrohungen finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 Nr. 2, 65 Abs. 2, 67 und 70 Abs. 1 und 2 Nds. SOG.
Schließlich bleibt die Klage auch erfolglos, soweit sich die Kläger gegen die zu den angefochtenen Bescheiden gehörenden Kostenfestsetzungsbescheide wenden. Angriffe gegen die Rechtmäßigkeit der Höhe der Festsetzung sind nicht vorgetragen und für das Gericht nicht ersichtlich. Da die zugrundeliegenden Sachbescheide rechtmäßig sind, folgt auch hieraus die Rechtswidrigkeit der Kostenbescheide nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, da sie einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist nicht notwendig gewesen, da die Klage erfolglos bleibt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.