Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 11.01.1979, Az.: 2 VAs 6/78
Möglichkeit der Nachprüfung der Begrenzung eines Betrages für den zusätzlichen Einkauf von Nahrungsmitteln und Genußmitteln für Untersuchungsgefangene durch die Verfügung des Vorstandes einer Justizvollzugsanstalt im Wege eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung beim Oberlandesgericht
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 11.01.1979
- Aktenzeichen
- 2 VAs 6/78
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1979, 17604
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1979:0111.2VAS6.78.0A
Rechtsgrundlagen
- § 23 EGGVG
- § 25 Abs. 1 EGGVG
- § 119 StPO
- § 126 StPO
- § 304 StPO
- Nr. 51 Abs. 1 UVollzO ni
- Nr. 51 Abs. 2 UVollzO ni
Fundstelle
- NJW 1979, 731 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
EGGVG §§ 23, 25 Abs. 1; StPO §§ 119, 126; Nr. 51 Abs. 1 und 2 UVollzO
Der Untersuchungsgefangene kann die Verfügung des Vorstandes der Justizvollzugsanstalt, mit welcher der zusätzliche Einkauf von Nahrungs- und Genußmitteln für Untersuchungsgefangene (Nr. 51 Abs. 1 und 2 UVollzO) auf einen bestimmten Betrag begrenzt worden ist, nicht mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Oberlandesgericht zur Nachprüfung stellen (§§ 23, 25 Abs. 1 EGGVG), sondern muß hierfür den Haftrichter anrufen, dessen Entscheidung er mit der Beschwerde nach§ 304 StPO anfechten kann.
In der Strafsache
...
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 11. Januar 1979
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
den Richter am Oberlandesgericht ... sowie
den Richter am Amtsgericht ...
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Der Antragsteller befindet sich seit dem 28. Dezember 1976 wegen Verdachts der versuchten räuberischen Erpressung (15 KLs 3/77 StA Oldenburg) in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg. Der Leiter dieser Anstalt hat mit der Hausverfügung vom 25. April 1977 den Höchstbetrag zum Einkauf eines Untersuchungsgefangenen für Zusatznahrungs- und Genußmittel nach Nr. 51 UVollzO auf monatlich 200,-- DM festgesetzt. Den Antrag des Angeklagten, ihm hierfür mehr zu bewilligen, hat der Vorsitzende der V. großen Ferienstrafkammer des Landgerichts Oldenburg am 5. September 1977 abgelehnt, da der Betrag von 200,-- DM ausreiche, um sich im Rahmen einer vernünftigen Lebensweise selbst versorgen zu können; ob dem Untersuchungsgefangenen daneben gestattet werden könne zusätzlich Essen von einer Gaststätte zu beziehen, könne erst entschieden werden, wenn die Voraussetzungen der Nr. 50 Abs. 2 UVollzO vorlägen, also geklärt sei, ob eine Gaststätte zur Lieferung des Essens bereit sei, und der Angeklagte einen entsprechenden Kostenvorschuß geleistet habe.
Der Leiter der Justizvollzugsanstalt gestattete dem Angeklagten mit der Verfügung vom 16. September 1977 nach Nr. 50 Abs. 2 UVollzO die Selbstbeköstigung in der Weise, daß die Mittags- und Abendmahlzeiten von der Gaststätte xxx Hilfe der Firma xxx liefern seien, und der Angeklagte für drei Wochen einen Vorschuß von insgesamt 1.071,-- DM zu erbringen habe. Nach dem Vermerk des Oberverwalters Brigant vom selben Tage wurde diese Verfügung dem Angeklagten eröffnet, der daraufhin entgegnete, er wolle nun doch von der Selbstbeköstigung absehen, da ihm das alles zu teuer sei (Bl. 123 Teil I der Gefangenenpersonalakten, Buch Nr. 1358/76).
Mit dem Antrage vom 17. August 1978 erstrebte der Angeklagte die Aufhebung der Beschränkung des Betrages für den zusätzlichen Einkauf von Nahrungs- und Genußmitteln. Das lehnte der Leiter der Justizvollzugsanstalt mit der am 30. August 1978 dem Angeklagten eröffneten Verfügung vom 29. August 1978 ab. Der Präsident der Justizvollzugsamtes Celle wies den hiergegen angebrachten Widerspruch des Untersuchungsgefangenen mit dem Bescheid vom 18. September 1978, zugestellt am 21. September 1978, zurück, Dagegen wendet sich der Untersuchungsgefangene mit seinem am 18. Oktober 1978 beim Oberlandesgericht angebrachten Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 15. Oktober 1978.
Der Antrag kann keinen Erfolg haben, da er nicht zulässig ist. Zwar kann nach § 23 Abs. 1 EGGVG auch ein Untersuchungsgefangener gegen Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen der Vollzugsbehörden im Vollzug der Untersuchungshaft ggf. nach vorangegangenem Rechtsbehelf einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Oberlandesgericht (§ 25 Abs. 1 EGGVG) mit der Behauptung stellen, er sei durch die betreffende Anordnung, Verfügung oder sonstige Maßnahme in seinen Rechten verletzt (§ 24 Abs. 1 EGGVG). Ein solcher Antrag ist aber dann nicht statthaft, wenn "bereits auf Grund anderer Vorschriften" eine sonstige Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit angerufen werden kann (§ 23 Abs. 3 EGGVG). Das ist bei Entscheidungen, die sich auf die Untersuchungshaft beziehen, fast stets (weitergehend Röhl in NJW 1960, 416, vgl. ferner Grünau, UVollzO, 2. Aufl. Anm. 5 zu Ns. 75) der Fall (Löwe-Rosenberg StPO 23. Aufl. Anm. Rn 245 zu § 119). Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Antragsteller kann nach §§ 119 Abs. 6 oder 126 StPO die Entscheidung des Haftrichters herbeiführen, die ihrerseits mit der Beschwerde nach § 304 StPO angefochten werden kann. Sein Antrag bezieht sich auf eine Maßnahme der Justizvollzugsanstalt, die der Richter abstellen kann (vgl. Löwe-Rosenberg a.a.O. Anm. Rn 246 zu § 119). Der Antragsteller hat in seiner Anhörung vom 8. Januar 1978 vor dem Berichterstatter des Senats erklärt, daß er die nachträgliche Beschränkung des Einkaufs auf monatlich 200,-- DM durch die Verfügung des Vorstandes der Justizvollzugsanstalt nicht für gerechtfertigt halte, da er dadurch auf vieles verzichten müsse. Damit wendet er sich gegen eine Maßnahme des Anstaltsleiters, die sich auf die Wahrung des Haftzweckes oder auf die Ordnung in der Vollzugsanstalt oder auf die Einschränkung von Bequemlichkeiten des Untersuchungsgefangenen bezieht.
Nach § 119 Abs. 3 StPO dürfen dem Verhafteten nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung in der Vollzugsanstalt erfordert. Nach § 119 Abs. 4 StPO darf sich der Gefangene auf eigene Kosten Bequemlichkeiten verschaffen, soweit sie mit dem Zweck der Untersuchungshaft vereinbar sind und nicht die Ordnung in der Anstalt stören. Zu solchen Bequemlichkeiten gehören Sachen, die es dem Gefangenen ermöglichen, das Leben im Haftraum angenehm zu machen, Das trifft auch auf die Selbstbeköstigung (Nr. 50 Abs. 2 UVollzO) sowie auf den zusätzlichen Einkauf von Nahrungs- und Genußmitteln (Nr. 51 Abs. 1 und 2 UVollzO) zu (Löwe-Rosenberg a.a.O. Anm. Rn 117, 148, 149). Es begegnet jedoch keinem sinnvollen Zweifel, daß der übermäßige Einkauf von Waren zu Tauschgeschäften mit anderen Gefangenen, insbesondere mit Abgangsgefangenen führen und dadurch den Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung in der Anstalt gefährden oder stören kann.
Danach ist der Senat im vorliegenden Falle zur Entscheidung nicht berufen, so daß er den Antrag als unzulässig verworfen hat.
Nach § 8 GKG sind Kosten für diesen Antrag nicht zu erheben.