Amtsgericht Stade
Beschl. v. 13.11.2002, Az.: 41 III 19/01

Bibliographie

Gericht
AG Stade
Datum
13.11.2002
Aktenzeichen
41 III 19/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 43589
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Standesbeamte wird angewiesen, seine Mitwirkung bei der Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht wegen Zweifeln an der Geschlechtszugehörigkeit des A. zu verweigern.

Gründe

1

Der deutsche ... und der thailändische Staatsangehörige A. lernten sich vermutlich in Thailand kennen, wobei sich Zeitpunkt, Umstände und Ort nicht sicher aus den Akten ergeben.

2

Am 1. 7. 2002 jedenfalls reiste A. mit einem gültigen Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 30. 7. .2002 suchten die beiden die Standesbeamtin auf, um die Anmeldung der Begründung einer Lebenspartnerschaft vorzunehmen. Bei diesem Besuch erschien A. in Frauenkleidern, mit einen Push-up-BH, die Haare waren lang, Peter M. sprach A. in diesen und den in der Folgezeit geführten Gesprächen beim Standesamt durchweg mit „sie“ an. Das äußere Erscheinungsbild von A. ist weiblich. Wegen des Auseinanderfallens des weiblichen Erscheinungsbildes mit den Angaben in der Geburtsurkunde und dem Paß (jeweils männlich), bat die Standesbeamtin um die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung zur Geschlechtszugehörigkeit. Ein praktische Arzt untersuchte A., stellte in der Untersuchung einerseits einen kleinen Busen (Wölbung), andererseits aber auch zwei Hoden und einen Penis fest. Nach seiner Einschätzung liegt ein männlicher Phänotypus vor.

3

Die Standesbeamtin hat den Vorgang dem Gericht wegen der „erheblichen Zweifel an der Geschlechtszugehörigkeit des A.“ zur Entscheidung gemäß § 45 Abs. 2 Personenstandsgesetz vorgelegt, ob diese Lebenspartnerschaft geschlossen werden kann.

4

Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften (LpartG) können zwei Personen gleichen Geschlechts eine Lebenspartnerschaft begründen, wenn sie gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, so dass die Standesbeamtin die Eingehung der Lebenspartnerschaft nicht wegen der Bedenken an der Geschlechtszugehörigkeit des A. verweigern darf. A. ist nach seinem Geburtseintrag männlichen Geschlechts, gleichfalls nach seinem Paß. Dies deckt sich auch mit dem Ergebnis der Untersuchung durch den Arzt. Theophil. Dass er eine kleinen Busen hat und nach außen als Frau auftritt, ist insoweit ohne Bedeutung.

5

Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Klärung der Frage, ob dies dann der Fall wäre, wenn A. zwar nach seinem Geburtseintrag männlichen Geschlechts wäre, sich jedoch dem weiblichen Geschlecht als zugehörig empfinden und sich einem seine äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hätte, durch den eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des weiblichen Geschlechts erreicht worden wäre, also (für den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Transsexuellengesetzes genannten Personenkreis) die Voraussetzungen zur Feststellung der geänderten Geschlechtszugehörigkeit nach § 8 des Transsexuellengesetzes gegeben wären.

6

Gleichwohl sieht sich das Gericht zur abschließenden Entscheidung noch nicht in der Lage. Es bedarf noch einer Klärung der Frage, ob nicht möglicherweise die Registrierung nur zum Zweck der Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis betrieben wird, also mißbräuchlich ist. Zwar ist diese Frage gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Indes muß auch hier schon wegen der Gleichbehandlung mit Eheschließungswilligen die Verweigerungspflicht der §§ 1310, 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB greifen (vgl. Palandt-Brudermüller, 61 Aufl. Rdnr. 7 zu § 1 LpartG). Ein Anhaltspunkt in diese Richtung könnte, nicht muß, die enge zeitliche Abfolge zwischen Einreise und Anmeldung bei Gericht sein.