Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 14.10.2013, Az.: 12 W 273/12

Gebührenpflicht der Eintragung eines gemeinnützigen Vereins im Handelsregister nach Erteilung eines vorläufigen Befreiungsbescheides

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
14.10.2013
Aktenzeichen
12 W 273/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 52790
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2013:1014.12W273.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Oldenburg - 14.08.2013

Fundstelle

  • DStR 2014, 14

Amtlicher Leitsatz

Ist einem (gemeinnützigen) Verein vom Finanzamt ein Freistellungsbescheid erteilt worden, aus dem sich eine vorläufige Befreiung von der Steuerlast bis mindestens zum Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrages ergibt, so ist der Verein nach §1 Abs. 2 Nds. GGebBefrG vorläufig von der Zahlung der Gerichtsgebühren für die Eintragung in das Vereinsregister befreit.

Tenor:

Auf die Beschwerde vom 22.09.2013 wird der Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 14.08.2013 aufgehoben.

Die Gebühren für die am 15.05.2013 durch den Beschwerdeführer beantragte und am 21.06.2013 durch das Amtsgericht erfolgte Eintragung in das Vereinsregister können erst erhoben werden, wenn der Beschwerdeführer im Jahr 2017 keinen Freistellungsbescheid für das Jahr 2013 vorlegt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer ist ein gemeinnütziger Verein. Er beantragte eine Eintragung in das Vereinsregister. Die Kostenbeamtin stellte für die Eintragung Gebühren in Höhe von 60,00 € in Rechnung. Mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz machte der Beschwerdeführer geltend, als gemeinnütziger Verein von den Gebühren für die Eintragung nach § 1 Abs.2 Nds. GGebBefrG befreit zu sein. Der Amtsrichter wies die Erinnerung mit der Begründung zurück, der Beschwerdeführer könne keinen auf den Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Freistellungsbescheid vorlegen. Mit der durch das Amtsgericht zugelassenen Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein Ziel der Gebührenbefreiung weiter.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Das Verfahren richtet sich gem. § 134 Abs.1 S.1 GNotKG nach der KostO. Die Zulässigkeit der Beschwerde ergibt sich aus der vom Amtsgericht gem. § 14 Abs.3 S.2 KostO ausgesprochenen Zulassung. Im Übrigen ist das Oberlandesgericht nach § 14 Abs.4 S.2 KostO in Verbindung mit § 119 Abs.1 Nr.1 b) GVG zur Entscheidung über die Beschwerde berufen. Der Einzelrichter ist gem. § 14 Abs.7 S.1 KostO zuständig.

Die Beschwerde hat Erfolg, weil der Beschwerdeführer sich in Ansehung des § 1 Abs.2 Nds. GGebBefrG auf eine vorläufige Gebührenbefreiung berufen kann. Die Norm steht einem Gebührenanspruch der Staatskasse zum jetzigen Zeitpunkt entgegen. Nach § 1 Abs.2 S.1 Nds. GGebBefrG sind gemeinnützige Vereine im Sinne des Steuerrechts von den Gebühren nach der KostO befreit. Sie haben aber gem. § 1 Abs.2 S.2 Nds. GGebBefrG die steuerrechtliche Behandlung als gemeinnützig durch eine Bescheinigung des Finanzamtes nachzuweisen. Als Möglichkeit des Nachweises gibt das Gesetz den Freistellungsbescheid oder eine sonstige Bestätigung vor.

Gegenstand eines Freistellungsbescheides des Finanzamtes ist eine Bestätigung, dass nach der Vereinssatzung gemeinnützige Ziele verfolgt werden und die tatsächliche Geschäftsführung mit diesen Zielen übereinstimmt. Nach Erteilung des ersten Freistellungsbescheides, der spätestens 18 Monate nach Gewährung einer vorläufigen Bescheinigung beantragt werden muss, findet eine Überprüfung durch das Finanzamt lediglich turnusmäßig alle drei Jahre statt. Prüfungsgegenstand ist notwendigerweise immer der abgelaufene Zeitraum. Auch das Finanzamt kann nach Vorlage der Unterlagen durch den Verein lediglich für die Vergangenheit die Gemeinnützigkeit überprüfen. Mithin können alle niedersächsischen gemeinnützigen Vereine bei der Berufung auf § 1 Abs.2 Nds. GGebBefrG einen Freistellungsbescheid stets nur für die Vergangenheit vorlegen. Dies ist für die vorläufige Gebührenbefreiung ausreichend. Das ergibt die Gesetzesauslegung.

Zunächst bestimmt der Wortlaut der Norm nicht, dass der Freistellungsbescheid den Zeitpunkt der Antragstellung betreffen muss. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dies bewusst formuliert hat. Legte man das Gesetz so aus, dass das Datum des Freistellungsbescheides dem Zeitpunkt der beantragten gerichtlichen Maßnahme entsprechen muss, wäre das vom Gesetzgeber ausdrücklich aufgenommene Kriterium des Freistellungsbescheides gegenstandslos. Der Gesetzgeber forderte den Vereinen bei dieser Sichtweise etwas Unmögliches ab. Schließlich kann, wie oben ausgeführt, die Freistellung durch das Finanzamt nur nachträglich nach Überprüfung der Tätigkeit des Vereins in der Vergangenheit bestimmt werden.

Auch aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich nicht, dass der Verein gehalten ist, einen aktuellen Freistellungsbescheid vorzulegen. So führt der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien (Landtagsdrucksache 7/429) im Bereich der Begründung der einzelnen Vorschriften zu § 1 Abs. 2 (Drucksache 7/429, Seite 8) aus, dass die Gebührenbefreiung der Vereine von der Steuerbefreiung abhängig gemacht werden soll. Aus dem Freistellungsbescheid vom 21.04.2011 ergibt sich, dass zugunsten des Beschwerdeführers bis Ende 2014 vom Kapitalertragssteuerabzug Abstand genommen werden soll. Der durch den Beschwerdeführer vorgelegte Freistellungsbescheid enthält also eine vorläufige Befreiung von der Steuerlast. Berücksichtigt man den Willen des Gesetzgebers, Steuerbefreiung und Gebührenfreiheit gleich zu schalten, ist von einer vorläufigen Befreiung auch von den Gerichtskosten auszugehen.

Schließlich wäre es sinnlos, den Verein auf die weiter im Gesetzestext aufgeführte "sonstige Bestätigung" des Finanzamtes zu verweisen. Eine entsprechende Bestätigung kann sich ohne Durchführung der gerade nur turnusmäßig durch das Finanzamt angesetzten Überprüfung nur auf die Vergangenheit beziehen. Sie ist damit genauso aussagekräftig wie der Freistellungsbescheid für die Vergangenheit.

Die Interessen der Landeskasse sind durch den vorläufigen Charakter der Gebührenbefreiung ausreichend berücksichtigt. Sie besteht bis zum Jahr 2017. Dann muss der Verein den Freistellungsbescheid für das Jahr 2013 vorlegen. So ist nach den Angaben des Beschwerdeführers damit zu rechnen, dass er spätestens im Jahr 2017 eine Entscheidung vom Finanzamt über die Erteilung eines Freistellungsbescheides für das Jahr 2013 erhält. Es bedarf keines Schutzes der Staatskasse wegen der Verjährungsvorschrift des § 17 KostO. Nach dieser beginnt die vierjährige Verjährungsfrist nach Ablauf des Kalenderjahres in dem das Verfahren über die Kosten beendet wurde. Die Verjährung endet mithin am 31.12.2017. Ein Neubeginn der Verjährung kann seitens der Landeskasse durch Zahlungsaufforderung im Jahr 2017 gem. § 17 Abs.3 S.2 KostO herbeigeführt werden, sollte der Bescheid nicht vorgelegt sein.

Weder der Verwaltungsaufwand der Gerichte durch Verfristung der Akte noch die theoretische Möglichkeit, dass die Gebühren nicht mehr eingetrieben werden können, obwohl ein Freistellungsbescheid für das Jahr 2013 letztlich nicht erteilt wird, rechtfertigen eine andere Sichtweise. Insbesondere ist es unangebracht, den Verein in Vorleistung treten zu lassen. Das würde den Zweck des § 1 Abs.2 Nds. GGebBefrG, gemeinnützige Vereine zu entlasten, in unangemessener Weise ein schränken. Es ist im konkreten Fall weiter unbillig, weil bei einem Verein, dem in den Jahren zuvor stets ein Freistellungsbescheid erteilt worden ist, eine Änderung dieser Beurteilung nicht erwartet werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 Abs.4 KostO.