Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.04.2024, Az.: 4 K 6/24

Minderung der tariflichen Einkommensteuer im Rahmen der Steuerfestsetzung um kinderbedingte Freibeträge

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
24.04.2024
Aktenzeichen
4 K 6/24
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 16570
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2024:0424.4K6.24.00

Amtlicher Leitsatz

Zur Verfassungsmäßigkeit von § 32c EStG und zur Frage, wie die Steuerermäßigung in Zusammenhang mit der Vergleichsberechnung nach § 31 Satz 4 EStG zu berechnen ist.

  1. 1.

    Es bestehen Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit von § 32c EStG.

  2. 2.

    Bei der Anwendung von § 32c EStG ist das Abstellen auf die tarifliche Einkommensteuer auch dann nicht zu beanstanden, wenn diese im Rahmen der Steuerfestsetzung um kinderbedingte Freibeträge vermindert wurde, die im Rahmen der Berechnung der fiktiven tariflichen Einkommensteuer nicht zu berücksichtigen sind, weil die fiktiven Einkünfte zu einer hinreichenden Steuerfreistellung durch das Kindergeld führen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, wie die Tarifermäßigung nach § 32c EStG zu ermitteln ist.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2016 sowie in den Jahren 2014 und 2015 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sowohl der Kläger als auch die Klägerin erzielen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Ackerbau und Mastschweinhaltung). In den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2014 und 2015 wurden insbesondere folgende Werte zugrunde gelegt:

20142015
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft Kläger 75.718 € 50.880 €
Klägerin11.686 €./. 618 €
Einkommen77.672 €43.222 €
Freibeträge für 3 Kinder./. 18.104 €./.
zu versteuerndes Einkommen59.568 €43.222 €
tarifliche Steuer nach Splittingtarif10.980 €6.102 €
der Steuer hinzugerechneter Kindergeldanspruch5.746 €./.

Im Streitjahr (2016) hatte der Kläger ausweislich des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheids vom 19. Januar 2018 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 59.739 € und die Klägerin in Höhe von 1.661 € erzielt. Bei einem Einkommen bzw. einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 53.286 € ergab sich im Rahmen der nach § 31 Satz 4 EStG vorzunehmenden Vergleichsberechnung, dass die kinderbedingten Freibeträge nicht zum Ansatz kommen.

Unter dem 26. Mai 2020 stellten die Kläger auf der "Anlage 32 c" einen Antrag auf Gewährung der Tarifermäßigung nach § 32c EStG. Sie bezifferten diesen im Antrag und in einer beigefügten Berechnung mit einer Höhe von 717 €. Dabei gingen die Kläger für das Jahr 2014 von einer tariflichen Einkommensteuer laut Steuerbescheid in Höhe von 16.726 € aus. Dies ist der Betrag, der sich ergibt, wenn auf die tarifliche Steuer von 10.980 € laut Steuerbescheid der hinzugerechnete Kindergeldanspruch in Höhe von 5.746 hinzuaddiert wird. Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - war demgegenüber der Auffassung, es müsse für das Jahr 2014 von einer tariflichen Einkommensteuer in Höhe von 10.980 € ausgegangen werden. Dies führte gegenüber der Berechnung der Kläger zu einem niedrigeren Wert für die anteilig auf die begünstigten Einkünfte entfallende tarifliche Einkommensteuer und insgesamt dazu, dass sich gegenüber den tatsächlichen anteiligen tariflichen Einkommensteuern eine höhere fiktive anteilige tarifliche Einkommensteuer für die Jahre 2014-2016 ergab. Dementsprechend bezifferte das FA die Steuerermäßigung mit 0 €.

Das FA erließ unter dem 3. Juli 2020 einen ausweislich der Erläuterungstexte nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid, in welchem es die Höhe der Steuer nicht änderte, jedoch den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob.

Hiergegen legten die Kläger Einspruch unter dem 13. Juli 2020 ein. Die Tatsache des im Jahr 2014 zurückgezahlten Kindergelds in Höhe von 5.746 € werde in der Berechnung des FA nicht berücksichtigt. In der tatsächlichen Steuerberechnung werde die tarifliche Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Freibeträge berechnet und das Kindergeld im Anschluss der Steuer hinzugesetzt, während in der fiktiven Berechnung die Freibeträge nicht zum Ansatz kämen und das bereits bezahlte Kindergeld nicht weiter berücksichtigt werde. Die vom FA vorgenommene Berechnung führe zu einer nicht gerechtfertigten Benachteiligung allein aus dem Grund, dass sie Kinder hätten. Dies könne nicht dem Sinn und Zweck der Tarifermäßigung entsprechen. Vielmehr solle die Tarifermäßigung die durch verschiedene Einflüsse wie beispielsweise den Klimawandel stark schwankenden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ausgleichen. Derartige Schwankungen würden im Streitfall vorliegen und gleichwohl nicht zu einer Tarifermäßigung führen, sofern die Berechnung des FA zuträfe. Würde die Tarifermäßigung ohne Berücksichtigung der Kinder berechnet, ergebe sich ein Betrag von 1.012 €. Es müsse bei der Berechnung von einer tariflichen Steuer in Höhe von 17.046 € ausgegangen werden, welche sich bei einem Ehepaar mit denselben Einkünften und Sonderausgaben aber ohne Kinder ergebe.

Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 4. August 2023 als unbegründet zurück. Darin erläuterte das FA ausführlich, wie die Tarifermäßigung zu berechnen sei. Die Steuerberechnung werde dabei für jeden der drei Veranlagungszeiträume des Betrachtungszeitraums gesondert vorgenommen, so dass sich unterschiedlich hohe fiktive Einkommensteuerbeträge ergeben könnten. Das zu versteuernde Einkommen werde insgesamt neu berechnet, was zu Änderungen im Rahmen des Freibetrags nach § 13 Abs. 3 EStG, des Spendenhöchstbetrags oder der zumutbaren Eigenbelastung bei den außergewöhnlichen Belastungen und - wie im Streitfall - bei den Günstigerprüfungen führen könne (BMF-Schreiben vom 18. September 2020, BStBl. I 2020, 952, Rn. 41). Dies sei den Berechnungsmodalitäten geschuldet, welche auf die tarifliche Einkommensteuer, nicht hingegen auf die festzusetzende Einkommensteuer abstellten. Der Gesetzgeber habe keine korrigierenden Regelungen - wie sie etwa in § 2 Abs. 6 Satz 3 EStG oder in § 10a Abs. 2 Satz 1 EStG vorhanden seien - im Rahmen der Berechnung der Tarifermäßigung geschaffen. Dies verstoße nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG weil die Kläger nach wie vor durch das Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag steuerlich gefördert würden. Es bestehe kein Anspruch darauf, dass die Berücksichtigung von Kindern zu einer weitergehenden Steuerermäßigung führe.

Hiergegen richtet sich die Klage. Mit dieser verfolgen die Kläger ihr Begehren aus dem Vorverfahren weiter. Im Anschluss an eine vom FA vorgenommene Berechnung beziffern die Kläger die Höhe der begehrten Tarifermäßigung nunmehr mit 1.018 €.

...

Das FA verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Der Senat hat erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 32c EStG.

a) Gemäß § 32c Abs. 1 Satz 1 EStG wird für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auf Antrag eine sog. Tarifermäßigung nach Satz 2 der Vorschrift gewährt. Konkret wird bezogen auf einen Betrachtungszeitraum von drei Jahren eine Vergleichsberechnung vorgeschrieben: Es wird - jeweils bezogen auf die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft - der Anteil an der tatsächlichen tariflichen Einkommensteuer verglichen mit einem Anteil an einer fiktiv zu berechnenden tariflichen Einkommensteuer. Die fiktive tarifliche Einkommensteuer wird dabei anhand der durchschnittlich im Betrachtungszeitraum erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ermittelt (§ 32c Abs. 2 Satz 2, Abs. 2 Sätze 2-3 EStG). § 32c Abs. 3 EStG wiederum umschreibt, wie der jeweilige Anteil der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft an der (fiktiven) tariflichen Einkommensteuer zu ermitteln ist. Ergibt der Vergleich, dass der Anteil der Einkünfte an der tatsächlichen tariflichen Einkommensteuer höher ist als derjenige an der fiktiven tariflichen Einkommensteuer, wird die tarifliche Einkommensteuer des letzten Jahres des Betrachtungszeitraums um diesen Unterschiedsbetrag ermäßigt (§ 32c Abs. 1 Satz 2 EStG; vgl. auch § 2 Abs. 6 Satz 1 EStG). Als ersten Betrachtungszeitraum definiert § 52 Abs. 3a Sätze 1-2 EStG die Jahre 2014 bis 2016 mit einer daraus folgenden Tarifermäßigung im Jahr 2016. § 32c Abs. 4 EStG enthält Vorschriften zum Ausschluss bestimmter Einkünfte aus dem anzustellenden Vergleich. Ausgenommen sind danach insbesondere außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 2 EStG (Nr. 1), also etwa solche aus der Veräußerung landwirtschaftlicher Betriebe (§ 34 Abs. 1 Nr. 1, § 14 EStG).

b) Die Vorschrift beruht auf dem Entwurf eines Gesetzes zum Erlass und zur Änderung marktordnungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (BT-Drs. 18/10237) und war im Gesetzesentwurf vorsehen als § 34e (EStG-E). Ziel der Einführung der Vorschrift war es dabei, eine steuerliche Entlastung aufgrund des globalen Klimawandels, welcher "zunehmend spürbar zu massiven Ernteausfällen und daraus resultierenden schwankenden Gewinnen" führe. In der Gesetzesbegründung heißt es außerdem: "Darüber hinaus bestehen weitere vielfältige Gründe, die derzeit zu einer erheblichen Verschlechterung der Ertragslage führen, die im Bereich der Tierhaltung besonders dramatisch ist" (BT-Drs 18/10237, 1 und 7). § 34e EStG-E sollte durch eine individuelle Steuerermäßigung (Tarifglättung) die Gewinnschwankungen in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben korrigieren (BT-Drs 18/10237, 7). Konkret sollte eine ausgeglichene Besteuerung aufeinanderfolgender guter und schlechter Wirtschaftsjahre gewährleistet werden, indem die progressive steuerrechtliche Belastung durch die Gewinnschwankungen nachträglich durch eine individuelle Steuerermäßigung korrigiert werden sollte. Hierdurch würden die Standortverhältnisse einschließlich der klimatischen Veränderung sachgerecht berücksichtigt (BT-Drs. 18/10237, 11).

Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ergab sich - unter Änderungen in Details - insbesondere die Verortung in § 32c EStG (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, BT-Drs. 18/10468, 10). Die zunächst Gesetz gewordene Fassung der Vorschrift wurde durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 einerseits aufgehoben (Art. 31 des Gesetzes), anderseits aber in veränderter Form nach einer vorherigen Abstimmung mit der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Europäischen Kommission sogleich wiedereingeführt (Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes). Die neue Regelung übernehme "den Rechtsgedanken der durchschnittlichen Besteuerung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und setzt den Zeitraum infolge der natur- und damit sektoralbedingten Gewinnschwankungen auf drei Jahre fest (Betrachtungszeitraum mit Blockbildung)" (BT-Drs. 19/13436, 126). In Kraft getreten ist die Regelung schließlich - nach der Feststellung der Europäischen Kommission, wonach die Regelung eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe darstelle - mit Wirkung vom 30. Januar 2020 (vgl. die Bekanntmachung über das Inkrafttreten von bestimmten Teilen des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BGBl. I 2020, 597).

c) Die Vorschrift des § 32c EStG verstößt nach Ansicht des Senats gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

(1) Gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Der Regelung wird der allgemeine Gleichheitssatz entnommen, wonach wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln ist. Dabei ist es im Grundsatz Sache des Gesetzgebers festzulegen, welche Sachverhalte er als rechtlich gleich qualifiziert. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Auswahl nach sachgerechten Kriterien getroffen wird (vgl. etwa BVerfG-Beschluss vom 29. März 2017 2 BvL 6/11, BStBl. II 2017, 1082).

In Zusammenhang mit der auf Gewinneinkünfte beschränkten Begrenzung des Einkommensteuertarifs für das Jahr 2007 ist das BVerfG dabei insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (BVerfG-Beschluss vom 8. Dezember 2021 2 BvL 1/13, BVerfGE 160, 41 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerfG):

aa) Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen. Dabei ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz im Sinne eines stufenlosen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Prüfungsmaßstabs unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Willkür des Gesetzgebers kann zwar nicht schon dann bejaht werden, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat. Es genügt aber eine tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung in Bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand, das heißt Willkür im objektiven Sinn. Der Spielraum des Gesetzgebers endet dort, wo die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt.

Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich insbesondere ergeben, wenn und soweit sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für Einzelne verfügbar sind.

bb) Dem Steuergesetzgeber belässt Art. 3 Abs. 1 GG bei der Auswahl des Steuergegenstands ebenso wie bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weit reichenden Entscheidungsspielraum. Der Gleichheitssatz bindet ihn an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, der gebietet, die Belastung mit Finanzzwecksteuern an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. Das gilt insbesondere im Einkommensteuerrecht, das auf die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Steuerpflichtigen hin angelegt ist.

cc) Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen dem Gerechtigkeitsgebot genügen muss. Unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung der betroffenen Steuerpflichtigen muss die Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands folgerichtig im Sinne von belastungsgleich sein. Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstands getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung (folgerichtige Umsetzung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands) bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß zu rechtfertigen vermag.

Bei der Einkommensteuer liegt die konkrete Ausgestaltung eines für alle Einkünfte geltenden Tarifs grundsätzlich im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, soweit auch im oberen Bereich den Steuerpflichtigen nach Abzug der Steuerbelastung ein - absolut und im Vergleich zu anderen Einkommensgruppen betrachtet - hohes, frei verfügbares Einkommen bleibt, das die Privatnützigkeit des Einkommens sichtbar macht. Wählt der Gesetzgeber indes für verschiedene Arten von Einkünften (vgl. § 2 Abs. 1 EStG) unterschiedliche Tarifverläufe, obwohl die Einkünfte nach der gesetzgeberischen Ausgangsentscheidung die gleiche Leistungsfähigkeit repräsentieren (sog. Schedulenbesteuerung), muss auch diese Ungleichbehandlung den genannten Rechtfertigungsanforderungen genügen. Allein die systematische Unterscheidung zwischen verschiedenen Einkunftsarten genügt dafür nicht. Im Hinblick auf die Belastungsgleichheit macht es keinen Unterschied, ob Einkünfte, die die gleiche Leistungsfähigkeit repräsentieren, in unterschiedlicher Höhe in die Bemessungsgrundlage einfließen oder ob sie einem unterschiedlichen Tarif unterworfen werden.

dd) Ein Rechtfertigungsgrund kann dabei in der Verfolgung von Förderungs- oder Lenkungszwecken liegen.

Der Gesetzgeber ist grundsätzlich nicht gehindert, mit Hilfe des Steuerrechts aus Gründen des Gemeinwohls außerfiskalische Förder- und Lenkungsziele zu verfolgen. Er darf nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines unerwünschten Verhaltens oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein finanzwirtschaftliches Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden.

In der Entscheidung darüber, welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei. Insbesondere verfügt er über einen großen Spielraum bei der Einschätzung, welche Ziele er für förderungswürdig hält. Er darf Verschonungen von der Steuer vorsehen, sofern er ansonsten unerwünschte, dem Gemeinwohl unzuträgliche Effekte einer uneingeschränkten Steuererhebung befürchtet.

Förderungs- und Lenkungsziele sind allerdings nur dann geeignet, rechtfertigende Gründe für steuerliche Be- oder Entlastungen zu liefern, wenn entweder Ziel und Grenze der Lenkung mit hinreichender Bestimmtheit tatbestandlich vorgezeichnet sind oder das angestrebte Förderungs- oder Lenkungsziel jedenfalls von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen wird.

Eine Intervention, die das Steuerrecht in den Dienst außerfiskalischer Verwaltungsziele stellt, setzt eine erkennbare Entscheidung des Gesetzgebers voraus, mit dem Instrument der Steuer auch andere als bloße Ertragswirkungen erzielen zu wollen. Andernfalls drohte die Gefahr, dass eine speziell für die Besteuerung vorgesehene Ermächtigung (Art. 105 GG) für nichtsteuerliche Ziele in Anspruch genommen und damit Vergünstigungen zulasten der Ertragshoheit der Länder angeboten sowie unter Umständen Länderkompetenzen überspielt werden könnten. Zudem können die Lenkungswirkungen häufig auch Grundrechte berühren. Für die Steuerintervention muss der Gesetzgeber deshalb gesondert prüfen, ob er das Handlungsmittel der Besteuerung oder der Verschonung davon für außerfiskalische Zwecke einsetzen darf und will.

Die gesetzgeberische Entscheidung für Förderungs- oder Lenkungszwecke muss hinreichend bestimmt sein. Soweit die Konkretisierung nicht durch die tatbestandliche Ausgestaltung der Norm geschieht, mit der das Ziel umgesetzt wird, genügen in den Materialien genannte lediglich vage Zielsetzungen wie "Förderung der Investitionsbereitschaft" oder "Schaffung von Arbeitsplätzen" für sich genommen nicht, um Abweichungen von einer leistungs- und damit gleichheitsgerechten Besteuerung zu rechtfertigen. Erforderlich ist vielmehr ein gesetzgeberischer Akt, der den Förderungstatbestand deutlich umgrenzt sowie gemeinwohlbezogen und zweckgebunden bemisst.

Die Ausgestaltung des Förderungs- und Lenkungszwecks muss zudem gleichheitsgerecht erfolgen. Der Gesetzgeber darf seine Leistungen insbesondere nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, die Regelung darf sich aber nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Umstände stützen und muss insbesondere den Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgrenzen.

(2) Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich die Regelung des § 32c EStG nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang bringen.

aa) Da § 32c EStG die in der Vorschrift geregelte Tarifglättung bzw. Tarifermäßigung nur dann gewährt, wenn zumindest auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt werden, liegt offensichtlich eine unterschiedliche Behandlung von Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen und solchen, die (ausschließlich) andere Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 EStG erzielen, vor. Somit ist das Gebot der horizontalen Lastengleichheit berührt. Da nach der wiedergegebenen Rechtsprechung allein die Differenzierung nach unterschiedlich Einkunftsarten nicht hinreicht, stellt sich allein die Frage, ob die vom Gesetzgeber angeführten Gründe die Sonderregelung rechtfertigen können (zutreffend Pfirrmann, in: Kirchhof/Seer, § 32c EStG Rn. 1).

bb) Eine solche Rechtfertigung ist aus Sicht des Senats nicht ersichtlich.

aaa) Soweit der Gesetzgeber auf die Betroffenheit der Bezieher von land- und forstwirtschaftlichen Einkünften durch die Folgen des Klimawandels abstellt, kann die Differenzierung selbst unter Berücksichtigung einer weitgehenden Typisierungsbefugnis für das steuerliche Massenverfahren nicht als folgerichtig betrachtet werden. Denn einerseits können offensichtlich nicht nur die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft Schwankungen unterliegen, die durch den Klimawandel bedingt sind. Andererseits unterliegen auch offensichtlich zahlreiche Fallgestaltungen, in denen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt werden, keinen potentiell durch den Klimawandel ausgelösten Gewinnschwankungen. Zudem werden nicht alle strukturell landwirtschaftlichen Tätigkeiten den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zugewiesen; in diesen Fällen sieht § 32c EStG jedoch keine Tarifglättung vor.

Ohne Frage können die Folgen des Klimawandels und der dadurch ausgelösten Wetterextreme sowohl die typischen landwirtschaftlichen Tätigkeitsbereiche des Ackerbaus als auch der Tierzucht betreffen, letztere zumindest aufgrund der ggf. zu erwartenden höheren Preise für Futter. Indes können etwa auch Bezieher von Einkünften aus Gewerbebetrieb von den benannten Folgen ebenso betroffen sein (glA Nacke, in: Brandis/Heuermann, § 32c EStG Rn. 45; Kanzler, DStR 2017, 210 (212); Lammers, DStR 2017, 1576 (1576 f.)). Zu denken ist hier insbesondere an den gesamten Bereich der Außengastronomie (z. B. Eisdielen und Biergärten), im Bereich der Schausteller (z.B. Jahrmärkte), im Bereich der Freizeitgestaltung unter freiem Himmel (z.B. Freizeitparks, Zoos) oder auch gewerblicher Tätigkeiten im Bereich der Landwirtschaft (z.B. Vieh- oder Getreidevermarktung). Dabei macht es nach Auffassung des Senats keinen entscheidenden Unterschied, dass im Bereich der Landwirtschaft die Folgen des Klimawandels direkt auf die mögliche Produktion einwirken, während in den übrigen genannten Bereichen des Dienstleistungssektors stets die vorhergehende Entscheidung hinsichtlich der Inanspruchnahme der Dienstleistung durch potentielle Kunden maßgebend ist. Denn in den genannten Bereichen ist die Entscheidungsfindung im Ergebnis so stark vorgezeichnet, dass letztlich keine Unterscheidung zu einer direkten Einwirkung feststellbar ist. So können bspw. Starkregenereignisse nicht nur die Ernte gefährden, sondern führen eben genauso dazu, dass Biergärten und Fußgängerzonen menschenleer sind oder eine Getreidevermarktung nicht möglich ist.

Demgegenüber unterliegen auch nicht sämtliche Lebenssachverhalte, die zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führen, den Folgen des Klimawandels. So erzielen - nach der forensischen Erfahrung des Senats - nicht wenige Land- und Forstwirte die Einkünfte allein aus der Verpachtung des ehemals selbst oder durch die Rechtsvorgänger bewirtschafteten Betriebs. Die - im Regelfall annähernd gleichbleibenden Einkünfte - hängen hier im Grundsatz nicht von der Witterung ab. Zu deutlichen Gewinnschwankungen kommt es hier regelmäßig nur dann, wenn zum Betriebsvermögen gehörende Grundstücke, etwa nach der Ausweisung als Bauland, veräußert werden (ähnlich: Kulosa, in: Schmidt, § 32c Rn. 3). Für derartige Einkünfte bedarf es aber, jedenfalls mit der Begründung des Gesetzgebers, keiner Tarifglättung. Inwieweit sich die Ungleichbehandlung zu verpachteten Gewerbebetrieben und einem aus dem gewerblichen Betriebsvermögen veräußerten Grundstück, was im Ergebnis nicht zu einer Tarifglättung führt, rechtfertigen lassen soll, erschließt sich dem Senat nicht.

In der Literatur werden überdies Zweifel an der Norm geltend gemacht, weil die Tarifbegünstigung allein auf die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft abstellt und daher die Betriebe von der Begünstigung ausnimmt, die zwar landwirtschaftlich tätig werden, aber kraft Rechtsform Einkünfte aus Gewerbebetrieb beziehen (vgl. hierzu Kanzler, in: Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, Kapitel 47 Rn. 22 f.; ders., DStZ 2017, 210 (212); Gossert, in: Korn § 32c Rn. 22). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an, soweit originär landwirtschaftliche Einkünfte - etwa aufgrund von § 15 Abs. 3 EStG - in solche aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden. Demgegenüber geht dieser Einwand bei Kapitalgesellschaften und dem dort herrschenden linearen Steuertarif ins Leere, da in diesen Fällen ohnehin eine Tarifglättung ohne Wirkung bliebe (Wendl, in: Herrmann/Heuer/Raupach § 32c Anm. 6).

bbb) Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt steuerrechtlicher Folgerichtigkeit kann auch der im Gesetzgebungsverfahren angesprochene Punkt der verschlechterten Ertragslage, in Verbindung mit in der Gesetzesbegründung nicht näher bezeichneter "weiterer vielfältiger Gründe", nicht für eine Rechtfertigung dienen (aA Nacke, in: Brandis/Heuermann, § 32c EStG Rn. 41). Eine verschlechterte Ertragslage wird steuerrechtlich bereits durch den Grundfreibetrag bzw. durch den progressiven Steuertarif Rechnung getragen. Aus geringeren Erträgen und damit geringeren Einkünften folgt also ohnehin eine geringere Steuerlast. Im Übrigen ergibt sich allein aus dem - zunächst als zutreffend unterstellten - Umstand, dass im Bereich der Land- und Forstwirtschaft bzw. im konkret bezeichneten Fall der Tierhaltung eine schlechtere Ertragslage herrschen soll, keine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung mit Beziehern anderer Einkünfte, die - aus welchen Gründen auch immer - eine schlechtere Ertragslage haben. Die Gesetzesbegründung enthält insofern nicht einmal einen Erklärungsversuch. Im Übrigen führt die unterstellte schlechtere Ertragslage nicht zu Gewinnschwankungen, die dann durch § 32c EStG ausgeglichen werden sollen, sondern zu insgesamt fallenden Gewinnen oder Verlusten, bei welchen die Förderung ins Leere geht (Pfirrmann, in: Kirchhof/Seer, § 32c EStG Rn. 1).

Zudem ist insofern zu berücksichtigen, dass bei Land- und Forstwirten bereits die Regelungen zum abweichenden Wirtschaftsjahr und zur Erfassung des Gewinns (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 EStG) zu einer Tarifglättung führen (Kulosa, in: Schmidt, § 32c Rn. 3), nämlich dann, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren Gewinne in unterschiedlicher Höhe (bei ansonsten konstanten Einkünften) erzielt werden. Warum konkret bei Beziehern von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft darüber hinaus eine Betrachtung von drei Veranlagungszeiträumen erforderlich sein soll, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nicht in der gebotenen Deutlichkeit (vgl. auch Lammers, DStR 2017, 1576 (1576 f.)).

Nicht unerwähnt kann in diesem Zusammenhang bleiben, dass die in der Gesetzesbegründung erwähnte erhebliche Verschlechterung der Ertragslage, die im Bereich der Tierhaltung besonders dramatisch sei, ohne weitergehende Substantiierung bleibt. In der Literatur wird dieser Umstand in Zweifel gezogen (Kulosa, in: Schmidt, § 32c Rn. 3 unter Hinweis auf Ruß/Kinne/Hüsing, DStR 2019, 1704 (1710)). Bereits in BR-Drs. 715/16, 2 ist die Erforderlichkeit der Regelung angesichts wieder steigender Milchpreise in Zweifel gezogen worden (Wendl, in: Herrmann/Heuer/Raupach § 32c Anm. 6). Angesichts dessen wäre es zu erwarten gewesen, dass der Gesetzgeber sich die Frage der weiteren Erforderlichkeit der Regelung aufgrund der zunächst nicht inkraftgetretenen Regelung vor deren Neuregelung stellt. Dies ist ausweislich der Gesetzesmaterialien nicht geschehen.

Schließlich können auch die letztlich nur als solche behaupteten weiteren vielfältigen Gründe schon allein aufgrund fehlender Konkretisierung nicht für eine Rechtfertigung genügen.

ccc) Auch unter dem Gesichtspunkt einer Lenkungsnorm ist die durch § 32c EStG herbeigeführte Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen.

Als Lenkungszweck kommt der in der Gesetzesbegründung schlagwortartig genannte Klimawandel bzw. eine Bekämpfung desselben zunächst nicht in Betracht. Denn weder kann die Tarifglättung dem entgegenwirken, noch ergibt eine Förderung von Tierhaltungsbetrieben als erhebliche Mitverursacher von Treibhausgasen vor diesem Hintergrund Sinn (Kulosa, in: Schmidt, § 32c Rn. 3; dem folgend Gossert, in: Korn, § 32c Rn. 22).

Auch sofern die Regelung als Beitrag zur Unterstützung des betrieblichen Risikomanagements in der Landwirtschaft wirken und drohenden Betriebsaufgaben entgegenwirken soll, ist die Regelung in Zweifel zu ziehen (vgl. Kanzler,DStZ 2017, 201 (212)). Schon angesichts der Tatbestandsvoraussetzungen der Norm, welche erst im Rahmen des jeweils dritten Veranlagungszeitraums zu prüfen ist, kann dieses Ziel nicht tauglich erreicht werden. Denn die Steuerentlastung ist nicht einkalkulierbar, da sie von den Ergebnissen dreier Veranlagungszeiträume (und damit im Regelfall von vier Wirtschaftsjahren) abhängt. Demzufolge lassen sich evident damit auch keine Aufgaben von noch aktiven land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verhindern, zumal der Effekt der Entlastung in der Mehrzahl der Fälle eher gering ausfällt (Wendl, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 32c Anm. 6).

Sofern als Lenkungsziel die Förderung der Betriebe der Primärproduktion, verbunden mit der wirtschaftlichen Sicherstellung der Nahrungsmittelproduktion, angestrebt worden ist, wäre dieses Ziel ebenfalls nicht folgerichtig umgesetzt. Denn einerseits bezieht sich die Förderung nicht ausschließlich auf die Primärproduktion, als sie auch die ausschließlich verpachtenden Landwirte, die Gartenbaubetriebe und die Forstwirte in Anspruch nehmen können. Andererseits werden etwa mit Gewinnerzielungsabsicht geführte Pferdezuchtbetriebe gefördert, obwohl Pferde zu einem nicht unerheblichen Umfang zum Zwecke der Freizeitgestaltung erworben und gehalten werden.

Es verbleibt damit als Lenkungsziel die steuerliche Entlastung der Bezieher von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Insofern fehlt es aber aus den bereits unter aaa) genannten Gründen an einer sachgerechten Abgrenzung des von § 32c EStG betroffenen Personenkreises.

2. Gleichwohl sieht der Senat von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ab. Die Entscheidung des FA stellt sich aus anderen Gründen als zutreffend dar, so dass es im Streitfall an einer Entscheidungserheblichkeit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 32c EStG fehlt.

a) Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist eine Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn das vorlegende Gericht "ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt" für verfassungswidrig hält. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ist bei der Begründung des Vorlagebeschlusses anzugeben, "inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist". Die sich daraus ergebende Entscheidungserheblichkeit ist nur gegeben, wenn das Gericht im Ausgangsverfahren bei Ungültigkeit der Norm anders entscheiden müsste als bei deren Gültigkeit (Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 12. Auflage 2021, Rn. 148).

Dies ist hier nicht der Fall. Denn nach Auffassung des Senats hat das FA, die Verfassungsmäßigkeit von § 32c EStG unterstellt, die Norm zutreffend auslegt und zurecht eine Tarifermäßigung versagt bzw. mit 0 € beziffert.

b) Zunächst, hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit, hat das FA die sich aus § 32c Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 EStG ergebenden Rechenschritte richtig vorgenommen und dabei eine Tarifermäßigung in Höhe von 0 € ermittelt. Dabei hat es insbesondere wie vom Gesetz gefordert die (fiktive) tarifliche Einkommensteuer als Ausgangsgröße berücksichtigt. Dabei handelt es sich um die nach § 32a EStG zu ermittelnde Steuer auf das zu versteuernde Einkommen, in welchem die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG, sofern diese im Rahmen der nach § 31 Satz 4 EStG vorzunehmenden Vergleichsberechnung zum Ansatz kommen, bereits berücksichtigt sind (vgl. § 2 Abs. 5 Satz 1 EStG). Andererseits wird im Rahmen der tariflichen Einkommensteuer der hinzuzurechnende Kindergeldanspruch noch nicht berücksichtigt (vgl. § 2 Abs. 6 Satz 3 EStG).

c) Soweit die Kläger diese Berechnungsmodalitäten bemängeln, sind zwar die Befunde, die die Kläger hieraus ziehen, zutreffend (dazu unter (1)), diese führen jedoch nicht dazu, dass die Vorschrift anderweitig auszulegen wäre (dazu unter 2)).

(1) Zunächst trifft der Befund der Kläger zu, dass eine Berechnung der Tarifermäßigung dergestalt, dass nur die Berücksichtigung der Kinder der Kläger außer Betracht bleibt, dazu führte, dass eine Tarifermäßigung zu gewähren wäre. Es wird insofern auf die von der Klägerseite vorgelegte Berechnung verwiesen.

Ebenso trifft es zu, dass der Vergleich der Steuerbeträge für das Jahr 2014 dadurch gekennzeichnet ist, dass die tatsächliche Steuer auf einem bereits um die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG vermindertes Einkommen beruht, während die fiktive tarifliche Steuer ohne eine entsprechende Minderung des fiktiven Einkommens berechnet wird. Dies führt im Streitfall trotz deutlich geringerer fiktiv anzusetzender Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft dazu, dass sich die anteilige fiktive tarifliche Steuer gegenüber der anteiligen tatsächlichen Steuer nur geringfügig nach unten ändert.

(2) Gleichwohl ist die Berechnungsweise des FA nicht zu beanstanden und verstößt ihrerseits nicht gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG.

aa) Die im Streitfall angewandte Berechnungsmethode, von welcher auch das BMF-Schreiben (vom 18. September 2020, BStBl. I 2020, 1217 mit späteren Änderungen, Rn. 41) ausgeht, wird in der Literatur soweit ersichtlich lediglich referiert, aber nicht kritisch begleitet (etwa Kanzler, NWB 2020, 3879, 3888 f.; Gossert, in: Korn § 32c Rn. 36; Nacke, in: Brandis/Heuermann § 32c Rn. 55).

bb) Auch der Senat sieht im Ergebnis keinen Anlass, die Tarifbegünstigung aus Gründen der Gleichbehandlung anderweitig zu berechnen. Der Gesetzgeber hat sich insofern zur Überzeugung des Senats im Rahmen der ihm einzuräumenden Typisierungsbefugnis bewegt.

Im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG (i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG) kann eine Rechtfertigung im Sinne eines ausreichenden Differenzierungsgrunds in der Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten liegen, denen der Gesetzgeber anders nur schwer Herr werden kann. Die mit einer Typisierung verbundene Belastung ist hinzunehmen, wenn die mit ihr verbundenen Härten nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2004 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176). So liegt der Fall auch hier.

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber ausweislich der schon wiedergegebenen Gesetzesbegründung ausschließlich eine Glättung des Tarifs bezweckte. Ersichtlich keine Rolle sollte dabei spielen, wie die unterschiedlichen tariflichen Steuern zustande kommen. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber konkrete Vorgaben zur Berechnung machen müssen. Die hierfür vorgesehenen Regelungen in § 32c Abs. 4 EStG, wonach bestimmte Einkünfte aus der Berechnung ausgenommen werden, enthalten aber nur Gewinne, welche eine anderweitige steuerliche Begünstigung erfahren, um keine Doppelbegünstigung zu gewähren.

Zugleich darf der Gesetzgeber, wenn er schon eine an die Steuerbeträge anknüpfende Begünstigung einführt, die Berechnungsmodalitäten im Interesse eines nicht durch Berechnungen überfrachteten Besteuerungsverfahrens einfach halten. Angesichts der Vielzahl der Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen, wäre eine mit anzustellenden Hilfsüberlegungen belastete Berechnung verfehlt. Durch die Vorgaben in § 32c EStG ist für den Vollzug der Vorschrift in den Finanzämtern klar geregelt, welche Beträge in den vorzunehmenden Probe- bzw. Prüfberechnungen miteinander zu vergleichen sind. Dabei ist die Regelung offenkundig von dem Ziel getragen, dass - abseits der erforderlichen Vergleichsberechnung - nur die Änderung einer Kennzahl der ohnehin bei den Finanzämtern gespeicherten Daten vorzunehmen ist. Dies sind namentlich die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, welche mit dem Durchschnittswert für die Berechnung zu berücksichtigen sind.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass - wie es auch die vom FA verwendete Berechnungstabelle zeigt - insgesamt zahlreiche Rechenschritte erforderlich sind. Denn dies ist letztlich dem Gesetzeszweck geschuldet, wonach (nur) eine Tarifglättung (nur) bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gewährt werden sollte. Dies macht sowohl die Berechnung des Durchschnittswerts als auch die Berechnung der auf die (fiktiven) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entfallenden Steuer erforderlich.

Überdies ist der Regelung auch keine generelle Benachteiligung von Familien mit Kindern zu entnehmen. Die im Streitfall erfolgte konkrete Berechnung ist gleichsam zufällig zulasten der Kläger ausgefallen. Es sind durchaus andere Fallgestaltungen denkbar und ebenso wahrscheinlich, in denen gerade durch höhere durchschnittliche Einkünfte die kritischen Grenzen zur Berücksichtigung der kinderbedingten Freibeträge nach § 32 Abs. 6, § 31 Satz 4 EStG überstiegen werden. In diesen Fällen kann sich trotz höherer durchschnittlicher Einkünfte in einzelnen Jahren des Betrachtungszeitraums eine geringere anteilige tarifliche Steuer ergeben, da erst in deren Rahmen die Freibeträge das Einkommen mindern würden. In der Folge kann es zu einer hohen zu berücksichtigenden Tarifglättung selbst dann kommen, wenn die Einkünfte der einzelnen Jahre des Betrachtungszeitraums nicht weit auseinanderliegen. All dies ist aber Folge der Vereinfachung im Rahmen der Berechnung und nicht etwa der gewollten oder ungewollten Differenzierung bei Familien mit Kindern und damit im Rahmen der Typisierungsbefugnis hinzunehmen. Weder das Überschreiten noch das Unterschreiten der kritischen Grenzen für die Berücksichtigung der Freibeträge ist der typische Anwendungsfall der Norm. Auch die steuerliche Freistellung des Existenzminimums der Kinder wird in der vom FA gewählten Berechnung nicht beeinträchtigt, da die Kläger weiterhin von den Freibeträgen bzw. vom Kindergeld profitieren.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine vom Ziel der Tarifglättung getragene anderweitige Berechnung näherliegt. In Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Freibeträgen oder Kindergeld müsste - ggf. für jedes der drei Jahre des Betrachtungszeitraums und ggf. mehrfach bei erforderlichen Änderungen der Steuerfestsetzung - eine weitere Hilfsberechnung durchgeführt werden, welche über das Ablesen und Übertragen von Zahlen aus Prüfberechnungen hinausgeht und damit fehleranfällig ist. Ein Öffnen der Berechnungsmodalitäten für die individuellen Verhältnisse des Einzelfalls kann zu einer erheblichen Mehrbelastung beim Vollzug der Regelung führen und deren Streitanfälligkeit erhöhen. Insbesondere das Anknüpfen an eine spätere Berechnungsstufe bis hin zur schließlich festzusetzenden Steuer kommt nicht in Betracht. Denn aufgrund anderweitiger Steuerermäßigungen würde man sich auf diese Weise vom gesetzgeberischen Ziel, eine Glättung des Tarifs herbeizuführen, entfernen.

Im Übrigen ist konkret für den Fall der Kläger festzuhalten, dass auch die Berechnung des FA zu einer gegenüber der tatsächlichen anteiligen tariflichen Steuer niedrigeren anteiligen fiktiven tariflichen Einkommensteuer für das Jahr 2014 führt. Lediglich aufgrund der Berechnungsergebnisse der Jahre 2015 und 2016, zu welchen die Kläger keine Einwendungen geltend machen, wurde die Tarifermäßigung insgesamt versagt.

(3) Der Senat sieht auch keinen Raum für eine Auslegung der Vorschrift dergestalt, dass die Kinder bei der Berücksichtigung insgesamt außer Betracht bleiben. Eine solche Auslegung würde gegen den klaren Wortlaut der Vorschrift verstoßen.

Ebenso wenig ist Raum für eine Analogie. Zwar gibt es Vorschriften im EStG, in denen zum Zwecke der Berechnung bestimmte Größen anderweitig in eine Berechnung einzubeziehen sind. In Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Kindern ist hier insbesondere zu denken an § 2 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 51a Abs. 2 Satz 1 EStG. Nach Auffassung des Senats spricht aber die Existenz solcher Regelungen verbunden mit dem Umstand, dass auch § 32c Abs. 4 EStG bereits Abweichungen zur Bestimmung jedenfalls der einzubeziehenden Einkünfte enthält, dafür, dass weitere Abweichungen in den Berechnungen nicht durch den Gesetzgeber vorgesehen waren. Es fehlt daher schon an einer durch eine Analogie zu füllenden Regelungslücke.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen.