Amtsgericht Einbeck
Urt. v. 08.11.1990, Az.: 1 F 12/88

Anwendbarkeit des deutschen Rechts bei Sorgerechtsstreitigkeiten von Eltern mit deutscher und syrischer Nationalität swoie bei gleichzeitiger Scheidung der Eltern; Versorgungsausgleich bei Rentenanwartschaften begründet in der gesetzlichen Rentenversicherung

Bibliographie

Gericht
AG Einbeck
Datum
08.11.1990
Aktenzeichen
1 F 12/88
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 21033
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGEINBE:1990:1108.1F12.88.0A

Fundstellen

  • FamRZ 1991, 590-592 (Volltext mit red. LS)
  • IPRspr 1990, 128
  • NJW-RR 1992, 6-8 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Ehescheidung

In der Familiensache
...
hat das Amtsgericht Einbeck
auf die mündliche Verhandlung vom 18.10.1990
durch
den Richter am Amtsgericht Dose
für Recht erkannt:

Tenor:

Die am ... vor der Kommune Tønder, Dänemark, zu Heiratsregister Nr. ..., Journal ... geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.

Die elterliche Sorge für die Kinder ..., geboren am ..., und ..., geboren am ..., wird dem Antragsgegner übertragen.

Vom Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte werden Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 49,00 DM, bezogen auf den 29.02.1988, auf das Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte übertragen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Die Parteien sind getrenntlebende Eheleute. Sie haben am ... vor der Kommune Tønder, Dänemark, miteinander die Ehe geschlossen. Die Antragstellerin ist Deutsche; der Antragsgegner war im Zeitpunkt der Eheschließung syrischer Staatsangehöriger. Die Eheschließung erfolgte in Dänemark, da der Antragsgegner in Syrien seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet hatte und deswegen in der Bundesrepublik Deutschland keine Heiratsfähigkeitsbescheinigung erhielt. Die Eheschließung wurde am ... vom Standesamt Hannover in das Familienbuch der Eheleute eingetragen.

2

Die Parteien lebten zunächst in der Bundesrepublik Deutschland. Am 01.11.1976 wurde die gemeinsame Tochter ..., am 18.03.1979 in Syrien die gemeinsame Tochter ... geboren. Beide Kinder besitzen sowohl die deutsche als auch die syrische Staatsangehörigkeit. Die Parteien hatten seinerzeit eine interne Vereinbarung dahingehend getroffen, daß die Kinder im Sinne des Islam erzogen werden sollten. Dieses sollte auch für die Zeit gelten, in der die Familie in Deutschland wohnte.

3

Am 14.10.1980 erhielt der Antragsgegner durch Einbürgerung die ... deutsche Staatsangehörigkeit; er ist nunmehr deutscher und syrischer Staatsangehöriger.

4

Im Jahre 1983 zogen die Parteien aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses nach Syrien, wo der Antragsgegner eine Arbeitsstelle an der Universität Aleppo antrat. Die Kinder besuchten in Syrien die Schule.

5

Während der Jahre 1984 bis 1986 verbrachte die Antragstellerin gemeinsam mit den Kindern jeweils die Sommermonate in Deutschland. Im Mai 1987 fuhr sie ebenfalls mit den Kindern nach Deutschland. Im Juni teilte sie dem Antragsgegner mit, daß sie beabsichtige, sich scheiden zu lassen.

6

Am 10.06.1987 beantragte sie beim Amtsgericht Einbeck (1 F 83/87), ihr im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge für die Kinder ... und ... zu übertragen. Die Kinder besuchten zu diesem Zeitpunkt in Deutschland die Schule.

7

Anfang Juli 1987 kam der Antragsgegner ebenfalls in die Bundesrepublik Deutschland. Am 08.07.1987 kehrte er, ohne dies zuvor mit der Antragstellerin abgesprochen zu haben, mit den Kindern nach Syrien zurück. Seit dieser Zeit leben die Parteien voneinander getrennt.

8

Mit Beschluß vom 20.07.1987 sprach das Amtsgericht Einbeck der Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung das Sorgerecht für die Kinder ... und ... zu (1 F 83/87). Am 29.07.1987 erstattete die Antragstellerin Strafanzeige gegen den Antragsgegner wegen Kindesentführung. Am 19.01.1988 erging durch das Amtsgericht Hannover ein entsprechender Haftbefehl (270 Gs 69/88). Aufgrund dieses Haftbefehls ist der Antragsgegner bis heute zur Festnahme ausgeschrieben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Hannover (Aktenzeichen: 45 Js 45022/87), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

9

Die Kinder leben seit Juli 1987 in Syrien bei dem Antragsgegner und dessen Familie; sie besuchen dort die Schule. Ausweislich der in den Sorgerechtsverfahren 1 F 83/87 (dort Bl. 43-46) und den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten (dort Bl. 44-50) befindlichen Zeugnisse werden die schulischen Leistungen von ... und ... mit "gut" beurteilt.

10

Während der Ehezeit erwarb die Antragstellerin Rentenanwartschaften bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Höhe von monatlich 87,90 DM; der Antragsgegner erwarb Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 185,90 DM ebenfalls bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.

11

Die Antragstellerin ist der Ansicht, auch hinsichtlich der Sorgerechtsentscheidung sei - wie für den Scheidungsausspruch und die Entscheidung über den Versorgungsausgleich - deutsches Recht anwendbar. Unter Berücksichtigung des Kindeswohls sei ihr das Sorgerecht für ... und ... zu übertragen, zumal diese sich als Mädchen in Syrien nicht so frei entfalten könnten wie in der Bundesrepublik Deutschland.

12

Sie beantragt,

die am ... vor der Kommune Tønder in Dänemark geschlossene Ehe zu scheiden,

und die elterliche Sorge für die minderjährigen Kinder ... und ... ihr zu übertragen.

13

Der Antragsgegner stimmt dem Scheidungsantrag zu und beantragt,

die elterliche Sorge für die minderjährigen Kinder ... und ... ihm zu übertragen.

14

Er ist der Ansicht, für die Entscheidung über die elterliche Sorge sei syrisches Recht anwendbar, wonach das Sorgerecht dem Kindesvater zuzusprechen sei. Im übrigen entspreche dieses auch dem Kindeswohl, zumal die Kinder sich die längste Zeit ihres Lebens in Syrien aufgehalen haben und dort zur Schule gehen.

15

Die Akten des Sorgerechtsverfahrens 1 F 83/87 AG. Einbeck waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

16

Die Anträge der Parteien sind zulässig. Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts ergibt sich aus §606 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Die Antragstellerin hat ihren Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des erkennenden Gerichts. Die Zuständigkeit anderer Gerichte, insbesondere gemäß §606 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO ist nicht gegeben.

17

1.

Der Scheidungsantrag ist gemäß den §§1565, 1566 Abs. 2 BGB begründet.

18

Hinsichtlich der Scheidung ist gemäß Artikel 17 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 14 Abs. 1 Ziffer 1 EGBGB deutsches Recht anwendbar. Die Parteien besitzen beide die deutsche Staatsangehörigkeit; syrischer Staatsangehöriger ist allein der Antragsgegner.

19

Die Voraussetzungen des §1565 BGB liegen vor. Die Ehe der Parteien ist gescheitert. Die eheliche Lebensgemeinschaft besteht seit Juli 1987 nicht mehr, so daß gemäß §1566 Abs. 2 BGB das Scheitern der Ehe unwiderlegbar zu vermuten ist. Im übrigen hat der Antragsgegner dem Scheidungsantrag zugestimmt. Der Scheidung steht auch nicht gemäß §1568 Abs. 1, 1. Alternative BGB das Interesse der minderjährigen Kinder entgegen. Es ist nicht ersichtlich, daß die Aufrechterhaltung der Ehe aus besonderen Gründen ausnahmsweise erforderlich ist.

20

2.

Gemäß §1587 b BGB war von Amts wegen über den Versorgungsausgleich zu entscheiden.

21

Auch für den Versorgungsausgleich ist gemäß Artikel 17 Abs. 3 in Verbindung mit Artikel 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB deutsches Recht anzuwenden. Entscheidend ist hier wiederum, daß beide Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

22

Ehezeit im Sinne des §1587 Abs. 2 BGB ist die Zeit vom 01.02.1975 bis zum 29.02.1988. Da Rentenanwartschaften ausschließlich in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet worden sind, war der öffentlich-rechtliche Wertausgleich vorzunehmen. Nach den Auskünften der beteiligten Rentenversicherungsträger übersteigen die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsansprüche des Antragsgegners die der Antragstellerin um 98,00 DM. Mithin war die Hälfte dieses Betrages in der aus der Urteilsformel ersichtlichen Weise zu übertragen.

23

3.

Die Entscheidung über die elterliche Sorge folgt aus Artikel 170 in Verbindung mit Artikel 146 des syrischen Personalstatutgesetzes (vgl. Bergmann-Ferid, internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Band IX).

24

Hinsichtlich der Sorgerechtsregelung ist gemäß Artikel 19 Abs. 2 Satz 2 EGBGB syrisches Recht anwendbar. Danach richtet sich das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und ehelichen Kindern bei nicht bestehender Ehe nach dem Recht des Staates, in welchem die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dieses gilt auch für den Fall, daß im Scheidungsverbund zugleich über die Ehescheidung und die Sorgerechtsregelung entschieden wird.

25

Bereits dem Wortlaut des Artikel 19 Abs. 2 Satz 2 EGBGB ist zu entnehmen, daß diese Vorschrift auch die Sorgerechtsregelung im Scheidungsverbund umfaßt. Der Sorgerechtsentscheidung geht vielmehr zunächst der Scheidungsausspruch voran, so daß in diesem Zeitpunkt die Ehe gerade nicht (mehr) besteht. Bereits im Hinblick auf den Wortlaut der Vorschrift geht daher die herrschende Meinung in der Literatur von einer Anwendbarkeit des Artikel 19 Abs. 2 Satz 2 EGBGB auch für die Sorgerechtsentscheidung im Scheidungsverbund aus (vgl. Palandt EGBGB Artikel 17 Nr. 5 b a.E., Artikel 19 Nr. 3 b m.w.N.; OLG Hamm, FamRZ 1990, 781 (782) m.w.N.; Münchener Kommentar Schwimann EGBGB Artikel 19 Rdnr. 60).

26

Diese Gesetzesauslegung verbietet sich auch nicht im Hinblick auf einen eindeutigen entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers (anders OLG Frankfurt, FamRZ 1990, 783 mit Anmerkung Henrich). Zwar enthält die Begründung des Regierungsentwurfs des IPR-Neuregelungsgesetzes zu Artikel 17 Abs. 1 EGBGB (Bundestagsdrucksache 10/504 Seite 60) den ausdrücklichen Hinweis, daß von dem Scheidungsstatut auch die Nebenfolgen und insbesondere die Sorgerechtsregelung umfaßt sein soll. Wenngleich der entsprechende Regierungsentwurf letztlich unverändert Gesetz geworden ist, läßt sich daraus allerdings nicht zwingend auch die Billigung dieser Begründung durch die gesetzgebenden Organe entnehmen. Der Gesetzgeber hat bei der Neufassung des EGBGB eine Angleichung an das bereits lange zuvor von der Bundesrepublik ratifizierte Hager Minderjährigenschutzabkommen beabsichtigt (Bundesgesetzblatt 1971 II 217, 1150), in dem stets das Recht des Kindesaufenthalts maßgebend ist. Zudem wird in der Begründung des Regierungsentwurfs zur Neufassung des EGBGB im Rahmen von Artikel 19 Abs. 2 maßgeblich auf das Anpassungs- und Integrationsinteresse des Kindes abgestellt; mit der Auflösung der Ehe der Eltern sei der wesentliche Grund für eine elternbezogene Ankoppelung der Wirkungen des Kindschaftsverhältnisses entfallen; die durch den Gedanken der Familieneinheit gebotene Übereinstimmung der Rechtsordnungen für die Ehewirkungen und die Eltern-Kind-Beziehung sei nicht mehr erforderlich (Bundestagsdrucksache 10/504, Seite 66). Diese weitere Begründung des Regierungsentwurfs verbunden mit einer Gesamtbetrachtung der von der Bundesrepublik anerkannten internationalen Abkommen modifiziert die Begründung an anderer Stelle, so daß von einem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht ausgegangen werden kann.

27

Für die Auffassung des Gerichts, daß sich die Sorgerechtsentscheidung im Scheidungsverbund nach Artikel 19 Abs. 2 Satz 2 EGBGB und nicht nach dem Scheidungsstatut des Artikel 17 Abs. 1 EGBGB richtet, spricht im übrigen auch die Gesetzessystematik. Hinsichtlich der Scheidungsfolgen Unterhalt und Versorgungsausgleich enthalten die Vorschriften der Atikel 17 Abs. 3 und 18 EGBGB gesonderte Regelungen. Insbesondere die Bestimmung des Artikel 17 Abs. 3 EGBGB hinsichtlich des ebenso wie die Sorgerechtsregelung im notwendigen Verbund zu entscheidenden Versorgungsausgleichs läßt nur den Schluß zu, daß Artikel 17 Abs. 1 EGBGB nicht für die Scheidungsfolgen, sondern nur für den Scheidungsausspruch an sich gelten soll. Auch die gesonderte Existenz des Artikel 19 EGBGB spricht dafür, daß dessen spezielle Regelung wie die Bestimmungen der Artikel 17 Abs. 3 und 18 EGBGB eine abschließende Regelung enthält, so daß es einer über den Wortlaut des Artikel 17 Abs. 1 EGBGB hinausgehenden Auslegung nicht bedarf (anders OLG Frankfurt a.a.O.).

28

Der Sinn und Zweck des Artikel 19 Abs. 2 Satz 2 EGBGB verbietet es auch, insoweit auf die Rechtskraft der Scheidung abzustellen. Die im Scheidungsverbund zu treffende Sorgerechtsentscheidung wird jedenfalls nicht vor dem Scheidungsausspruch selbst rechtskräftig. Sie entfaltet ihre Wirkung somit in einem Zeitpunkt nach Auflösung der Ehe. Anderes kann lediglich für einstweilige Anordnungen im Rahmen eines Scheidungsverfahrens gelten, die ihre Wirkung noch während der Ehezeit entfalten (so auch Henrich FamRZ 1986, 841, 852).

29

Gemäß Artikel 19 Abs. 2 Satz 2 EGBGB war hier syrisches Recht anzuwenden. Die Kinder der Parteien haben ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Syrien. Nachdem sie bereits zuvor mehrere Jahre in diesem Land verbracht hatten, leben sie seit Juli 1987 bei ihrem Vater in Syrien. Der Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts steht nicht entgegen, daß ... und ... vom Antragsgegner gegen den Willen der Antragstellerin nach Syrien gebracht worden sind. Als gewöhnlicher Aufenthaltsort einer Person wird im allgemeinen deren tatsächlicher Mittelpunkt der Lebensführung bezeichnet. Zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltsorts im Ausland ist üblicherweise eine gewisse Aufenthaltsdauer und die soziale Eingliederung an dem Aufenthaltsort erforderlich (Münchener Kommentar Siehr, Anhang zu Artikel 19 EGBGB Rdnr. 23-25). Da die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts demnach ausschließlich faktisch und nicht rechtlich geprägt ist, schließt eine Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes gegen den Willen eines Sorgeberechtigten nicht aus, daß der neue Aufenthaltsort des Kindes durch Eingliederung in das soziale Umfeld zum gewöhnlichen Aufenthaltsort wird (Palandt Artikel 1 MSA, Anmerkung 2). Die Kinder sind zweisprachig aufgewachsen und gehen in Syrien zur Schule. Da sie unter Zugrundelegung der Werte des Islam erzogen wurden und einen Großteil ihres Lebens in Syrien verbracht haben, muß davon ausgegangen werden, daß sie sich dort sozial eingegliedert haben. Dafür spricht auch, daß ihre schulischen Leistungen mit "gut" bewertet werden.

30

Nach Artikel 70 des syrischen Personalstatutgesetzes war dem Antragsgegner das Sorgerecht für ... und ... zu übertragen. Das Recht der Personensorge, das insbesondere auch die Erziehungsgewalt umfaßt, steht nach syrischem Recht dem Vater zu. Das daneben bestehende Recht der Mutter hinsichtlich der persönlichen Fürsorge für die Kinder nach Artikel 137 f ist gemäß Artikel 146 erloschen. Das Recht der persönlichen Fürsorge der Mutter endet für Mädchen mit Vollendung des 11. Lebensjahres. Sowohl ... als auch ... haben das 11. Lebensjahr vollendet.

31

Die Anwendung syrischen Rechts scheitert auch nicht an Artikel 6 EGBGB. Die Sorgerechtsregelung des syrischen Personalstatutgesetzes verstößt nicht gegen den bundesdeutschen ordre public. So scheiterte die Anwendbarkeit syrischen Rechts nicht daran, daß die Sorgerechtsregelung an die Religionszugehörigkeit des Sorgeberechtigten geknüpft ist. Eine entsprechende Regelung ist dem syrischen Personalstatutgesetz - welches hier allein anwendbar ist - nicht zu entnehmen (anders für das jordanische Recht OLG Hamm FamRZ 1990, 781). Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Regelungen im syrischen Recht allgemein der durch Artikel 3 Grundgesetz bestimmten Gleichstellung von Mann und Frau widersprechen. Eine mögliche Ungleichbehandlung hat in jedem Fall keinen Einfluß auf das Kindeswohl, das verfassungsrechtlich durch Artikel 6 Grundgesetz geschützt ist. Mögen die Rechte der Antragstellerin hinsichtlich der Gleichstellung in der Ehe auch beeinträchtigt sein, so kann dieses nicht zu einem Verstoß gegen Artikel 6 Grundgesetz hinsichtlich der Sorgerechtsregelung führen. Grundlage der Entscheidung über die elterliche Sorge ist ausschließlich das Kindeswohl und somit die Vorschrift des Artikel 6 Grundgesetz. Daß dem Wohl der Kinder durch die Anwendung syrischen Rechts nicht entsprochen wird, ist jedoch nicht zu erkennen. Vielmehr enthält das syrische Personalstatutgesetz in den Artikeln 137-151 und Artikel 170-175 eine ausführliche Regelung der Sorgerechtsbestimmungen, durch die für das Kindeswohl mehr als ausreichend Sorge getragen wird. Als Beispiele können hier Artikel 170 Abs. 4, durch den die Einhaltung der Schulpflicht garantiert wird, und Artikel 171, durch den ein besonderer Schutz des Vermögens des Kindes geregelt ist, angeführt werden.

32

Im übrigen entspricht die Übertragung des Sorgerechtsfür ... und ... auf den Antragsgegner auch dem Kindeswohl. Die Kinder haben einen Großteil ihres Lebens in Syrien verbracht. Sie sind mit den Werten des Islam vertraut und in deren Sinne erzogen worden. ... und ... sprechen arabisch und besuchen mit Erfolg die Schule. Es ist nicht ersichtlich, daß sie sich in Syrien nicht wohlfühlen. Die Tatsache, daß beide aufgrund ihres Geschlechts eine andere Behandlung durch ihre Umwelt erfahren, als dies in der Bundesrepublik Deutschland der Fall wäre, reicht nicht aus, um eine Beeinträchtigung des Kindeswohls anzunehmen. Die Anlegung westlicher Wertmaßstäbe ist insoweit nicht gerechtfertigt. ... und ... sind nach dem einvernehmlichen Umzug nach Syrien in einer arabischen Umwelt aufgewachsen und im Sinne des Islam erzogen worden. Es entspricht deshalb auch dem für das Kindeswohl mitentscheidenden Kontinuitätsinteresse, sie in ihrer gewohnten Umgebung zu belassen.

33

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus §93 a ZPO.

Dose