Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.05.2018, Az.: 10 K 190/16

Streit über die Einkommensbesteuerung des Erlöses aus Aktiengeschäften; Schneeballsystem

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
23.05.2018
Aktenzeichen
10 K 190/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 73668
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand

Streitig ist, ob der der Klägerin von der Firma X bescheinigte Erlös aus Aktiengeschäften der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen ist.

Die Klägerin erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte und solche aus Kapitalvermögen.

Die Klägerin unterhielt Geschäftsbeziehungen zu der Firma X. Deren Inhaber - A, ein selbständiger Finanzdienstleister - legte jedoch die von Anlegern eingezahlten Gelder nicht vertragsgemäß an. Er verwendete sie vielmehr zur Auszahlung an andere Anleger, für Provisionszahlungen an seine Vermittler und für seinen eigenen Lebensunterhalt. Entgegen der Mitteilung gegenüber den Anlegern wurde Kapitalertragsteuer weder angemeldet noch abgeführt. Das Schneeballsystem führte zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Zwischenzeitlich wurde A rechtskräftig u.a. wegen Betrugs verurteilt.

Am 8. Juni 2010 eröffnete die Klägerin ein Depot bei der Firma X. Am 30. Juni 2010 erteilte die Klägerin den Auftrag 800 Stück Aktien der S-AG zum Wert von 26.400,- € mit einer Haltezeit bis zum 1. Juli 2012 zu erwerben. Die Klägerin zahlte zudem 6.400,- € für die Option, die Aktien in zwei Jahren zu einem Stückpreis von 68,- € verkaufen zu können. Diese Sicherheit sollte die Klägerin durch Erwerb eines E-Optionsscheins erlangen (vergl. Vertragsmuster Bd. V Bl. 2016, Bd. II Bl. 515, 595, 604, 647 StA Ermittlungsakte). Tatsächlich gab es nie Geschäftsbeziehungen zwischen der E-AG und der Firma X bzw. dem Betreiber A (Bd. V Bl. 2010 StA Ermittlungsakte) und die abgerechneten Optionen wurden nicht erworben (Bd. V Bl. 2303, Bd. VII Bl. 2791 StA Ermittlungsakte).

Am 28. Juni 2012 erteilte die Klägerin den Auftrag, die kompletten Aktien der S-AG zu verkaufen. In dem Verkaufsauftrag gab die Klägerin an, dass der Verkaufserlös komplett bei der Firma X verbleiben und mit einem folgenden Einkauf verrechnet werden sollte, da sie das Geld zu diesem Zeitpunkt nicht benötigte. Dies ergibt sich aus ihrer Zeugenvernehmung vom 11. Oktober 2013 vor der Polizeistation Y. Unter dem 2. Juli 2012 rechnete die X wie folgt ab:

Verkaufsbetrag54.400,- €
Bankkosten, Börsenspesen-1.142,40 €
Kosten X- 2.720,- €
Abgeltungssteuer- 6.714,40 €
Solidaritätszuschlag- 369,29 €
Ergebnis43.453,91 €
Einkaufswert am 23. Juni 2010- 26.400,- €
Berechnung für die AgSt.26.857,60 €
Gewinn/Verlust nach Abzug aller Kosten17.053,91 €

Die Abrechnung enthielt die Information, dass der Verkauf mit dem nächsten Einkauf verrechnet würde. Mit Schreiben vom 26. Juli 2012 bot die Firma X an, den Verkaufsbetrag in Höhe von 17.034,70 € auszuzahlen. Am 31. Juli 2012 erteilte die Klägerin den Kaufauftrag für 110 Stück Aktien der A-AG zum Wert von 36.850,- €. Der Kaufpreis wurde mit dem vorher bescheinigten Veräußerungserlös verrechnet und der nach Abzug weiterer Kosten verbleibende Betrag von 3,91 € an die Klägerin überwiesen.

Der Finanzdienstleister wickelte die Geschäfte u.a. über ein Konto bei der Bank N ab. Im Jahr 2012 schrieb die Bank einen Umsatz von 12,5 Millionen € gut. Für den Zeitraum 1. Juni 2010 bis 31. Dezember 2012 zahlten Anleger auf das Konto 29.694.613,91 € ein und erhielten im gleichen Zeitraum 24.744.535,81 € ausbezahlt (Bd. II Bl. 515 StA Ermittlungsakten). Die Firma X unterhielt zudem ein Konto bei der Bank L. In 2012 zahlten Anleger auf beiden Konten über 19 Mio € von insgesamt 20.071.539,30 € neuen Anlagegeldern ein. In 2012 zahlte die Firma X 15.801.570,44 € an Anleger aus (Bd. V Bl. 2335 StA Ermittlungsakte). A gab in seiner Aussage vor dem Haftrichter am 5. Juni 2013 an, dass es keinerlei Schwierigkeiten mit Kunden wegen Auszahlungen gegeben habe (Bd. II Bl. 565 StA Ermittlungsakte). Aus der von der Staatsanwaltschaft erstellten Kundenliste sowie einer Kundenliste eines weiteren Beschuldigten ergibt sich, dass nach dem Verkauf der Aktien durch die Klägerin in 2012 als auch in 2013 noch weitere Kunden Geschäfte mit der Firma X tätigten und Einzahlungen vornahmen (Bd. II Bl. 827ff, Bd. V Bl. 2074). Beispielhaft nur einige wenige Fälle:

Anleger-Depot Nr.AnlagesummeKaufdatum
2005511 WA108.000,- €30.10.2012
2004755 JB46.150,- €13.09.2012
2005001 RK23.875,- €05.02.2013
1003395 CB42.000,- €04.09.2012
2005025 HB26.625,- €15.10.2012
2002025 JD32.900,- €04.09.2012
2001450 JE52.800,- €12.09.2012
2008807 TD168.000,- €05.11.2012
2001183 UE52.800,- €11.09.2012
2003455 JF40.800,- €05.11.2012

Am 5. Juni 2013 flog das Schneeballsystem auf. Im August 2013 konnten bei A diverse Gegenstände u.a. Bilder, Uhren und Fahrzeuge gesichert werden. Im Oktober 2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Initiators eröffnet. Die Versteigerung eines Teils der sichergestellten Gegenstände brachte einen Erlös von ca. 1.100.000,- € (Bd. VIII Bl 3203 StA Ermittlungsakte).

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2013 setzte das Finanzamt (im Folgenden FA) gegenüber der Klägerin die Einkommensteuer für 2012 fest. Gleichzeitig stellte es den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2012 fest. Die Vorgänge im Zusammenhang mit der Firma X wurden nicht berücksichtigt.

Später erhielt das FA Unterlagen der Steuerfahndung N, aus denen hervorging, dass die Klägerin Geschäfte mit der Firma X getätigt hatte. Daraufhin änderte das FA den Einkommensteuerbescheid 2012 mit Bescheid vom 14. September 2015 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und unterwarf den Erlös aus der Veräußerung der Aktien in Höhe von 26.858,- € der Besteuerung nach § 32d EStG. Diesen ermittelte es wie folgt:

Verkaufspreis54.400,- €
Anschaffungskosten26.400,- €
Bankkosten1.142,- €
Einkünfte26.858,- €

Kapitalertragsteuer rechnete das FA nicht an. Der Aktiengewinn wurde mit dem verbleibenden Verlustvortrag zum 31. Dezember 2011 verrechnet, sodass mit einem nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid vom 14. September 2015 ein verbleibender Verlustvortrag zum 31. Dezember 2012 von 0,- € festgestellt wurde.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihren Einsprüchen. Sie ist der Ansicht, dass die Einkommensteuer für den Aktienverkauf mit dem Steuerabzug abgegolten sei. Die Firma X habe sie betrogen. Sie habe ihr Geld verloren. Dieser Verlust müsse steuerlich berücksichtigt werden.

Das FA wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2016 als unbegründet zurück. Die Kapitalerträge seien der Einkommensteuer zu unterwerfen. Gutgeschriebene Renditen seien der Besteuerung zu Grunde zu legen, soweit der Anleger die Wahl zwischen Auszahlung und Wiederanlage habe. Wenn er sich für eine Wiederanlage entscheide, führe die darin liegende Schuldumschaffung zu einem Zufluss der Rendite. Im Streitfall seien bis zum Tag des Auffliegens des Schneeballsystems zahlreiche Auszahlungen an die Anleger erfolgt. Aufgrund des sichergestellten Vermögens sei davon auszugehen, dass noch weitere Auszahlungsverlangen hätten bedient werden können.

Dagegen wendet sich die Klägerin nunmehr mit ihrer Klage.

Sie ist der Ansicht, die Kapitalerträge in Höhe von 26.857,- € seien nicht im Rahmen der Einkommensteuer zu erfassen. Zwar würden gut geschriebene Renditen als zugeflossen gelten soweit der Anleger die Wahl zwischen sofortiger Auszahlung und Wiederanlage habe. Jedoch sei hier fraglich, ob der Betreiber des Schneeballsystems überhaupt leistungsbereit und leistungsfähig gewesen sei. Insoweit habe das FA lediglich eine Behauptung aufgestellt. Es sei unklar, ob der Auszahlungswunsch der Klägerin sofort abgelehnt und stattdessen eine andere Zahlungsmodalität verhandelt worden sei. Weiterhin sei der vermeintliche Gewinn um die Kosten des Kurssicherungsgeschäftes zu kürzen.

Die Klägerin beantragt,

...

Der Beklagte beantragt,

...

Das FA verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Im Übrigen seien Kurssicherungsgeschäfte für die Bestimmung des Veräußerungspreises irrelevant, da sie ein eigenständiges Rechtsgeschäft seien.

Der Senat hat die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft N des Verfahrens gegen A beigezogen (Az:...8 Bde. ohne Teilermittlungsakten).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Das FA hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin im Streitjahr Einnahmen aus Kapitalvermögen in der zu Grunde gelegten Höhe erzielt hat.

I. Gutschriften über wieder angelegte Renditen in Schneeballsystemen führen nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig ist (BFH-Urteile 14. Dezember 2004 VIII R 5/02, BStBl II 2005, 739; vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, BStBl II 2009,190; vom 2. April 2014 VIII R 38/13, BStBl II 2014, 698).

1. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) im Sinne von § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige wirtschaftlich über sie verfügen kann (BFH-Urteil vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BStBl II 1984, 480; vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461). Dies wird in der Regel dadurch bewirkt, dass Geldbeträge dem Steuerpflichtigen in bar ausgezahlt oder auf sein Konto überwiesen werden. Jedoch kann ein Zufluss von Einnahmen auch durch Novation bewirkt werden. Dabei vereinbaren Schuldner und Gläubiger, dass ein Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. In dieser Vereinbarung liegt nach der Rechtsprechung des BFH eine Verfügung des Gläubigers über die bisherige Forderung, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Schuld durch tatsächliche Zahlung beglichen und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hat (BFH-Urteil vom 10. Juli 2001 VIII R 35/00, BStBl II 2001, 646; vom 2. April 2014 VIII R 38/13, BStBl II 2014, 698; vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461). Voraussetzung für den Zufluss des aufgrund der Altforderung geschuldeten Betrages im Sinne von § 11 Abs. 1 EStG ist in derartigen Fällen der Schuldumschaffung nach der Rechtsprechung allerdings, dass sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Anlegers) über den Gegenstand der Altforderung darstellt und auf dessen freien Entschluss beruht. Dabei kommt dem Umstand Bedeutung zu, in wessen Interesse die Novation lag. Lag sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über die Altforderung (BFH-Urteil vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138; vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461).

2. Zudem muss der Gläubiger im Zeitpunkt der Novation tatsächlich in der Lage gewesen sein, die Auszahlung ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (BFH-Urteil vom 19. Juni 2007 VIII R 63/03, BFH/NV 2008,194; vom 2. April 2014 VIII R 38/13, BStBl II 2014, 698; vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461). Der Steuerpflichtige muss nach den gesamten Umständen des Einzelfalls davon ausgehen dürfen, dass er, hätte er statt des "Stehenlassen" des gut geschriebenen Betrages und gegebenenfalls dessen Novation die Auszahlung gewählt, den betreffenden Betrag vom Schuldner ohne weiteres Zutun ausgezahlt bekommen hätte (BFH-Urteil vom 30. November 2001 VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138 [BFH 30.10.2001 - VIII R 15/01]; vom 2. April 2014 VIII R 38/13, BStBl II 2014, 698). Entscheidend ist die Sicht des Leistungsempfängers in dem Zeitpunkt, in dem er aus seiner Sicht die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahme erstmals erlangt hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461).

Ob während des Zeitraums der Erteilung von Gutschriften oder der Vereinbarung von Wiederanlage eine Deckungslücke zwischen den dem Betreiber des Schneeballsystems tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen aller Anleger, wenn diese hypothetisch auf einen Schlag zu befriedigen wären, besteht, ist dabei für den Zufluss grundsätzlich unbeachtlich. Aus einer solchen Deckungslücke lässt sich für die Frage des Zuflusses von Erträgen jedenfalls so lange nichts herleiten, wie das Schneeballsystem als solches funktioniert (BFH-Urteil vom 16. März 2013 VIII R 4/07, BStBl II 2014, 147 [BFH 15.05.2013 - IX R 5/11]; vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461; vom 2. April 2014 VIII R 38/13, BStBl II 2014, 698)

Auf die fehlende Leistungsbereitschaft und Fähigkeit des Betreibers des Schneeballsystems kann aufgrund der Umstände des Einzelfalls bereits vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu schließen sein. Dabei ist dem Umstand Bedeutung beizumessen, ob und inwieweit der Betreiber konkreten und berechtigten Auszahlungsbegehren unverzüglich, nur schleppend oder überhaupt nicht nachkommt (BFH-Urteil vom 30. November 2001 VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138; vom 16. März 2010 VIII R 4/07, BStBl II 2014,147 [BFH 15.05.2013 - IX R 5/11]). Kommt der Betreiber eines Schneeballsystems dem berechtigten Auszahlungswunsch eines Anlegers nicht nach, lehnt ihn ab und verhandelt stattdessen über andere Zahlungsmodalitäten, so kann von einem nicht mehr leistungsbereiten und leistungsfähigen Betreiber ausgegangen werden (BFH-Urteil vom 30. November 2001 VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138 [BFH 30.10.2001 - VIII R 15/01]; vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461; vom 2. April 2014 VIII R 38/13, BStBl II 2014, 698).

II. Auf dieser Grundlage kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der Klägerin im Streitjahr Einnahmen aus Kapitalvermögen zugeflossen sind.

1. Die Klägerin konnte über die Beträge aus dem Aktienverkauf wirtschaftlich verfügen. Sie sind ihr i.S.d. § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen.

Die Klägerin ließ sich den aufgrund des Aktienverkaufs erzielten Überschuss nicht auszahlen. Sie bestimmte bereits in dem Verkaufsauftrag, dass dieser Betrag mit dem nächsten Einkauf verrechnet werden sollte. Die Wiederanlage lag im Interesse der Klägerin, da sie das Geld zum damaligen Zeitpunkt nicht benötigte. Dies gab sie selbst in ihrer Zeugenvernehmung an. Sie wählte diese Option daher aus freien Stücken, ohne dazu von der Firma X gedrängt worden zu sein. Diese bot ihr vielmehr später am 26. Juli 2012 erneut die sofortige Auszahlung an, ohne dass die Klägerin diese wahrnahm. Mithin ist die Novation eine Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht durch die Klägerin.

2. Die Firma X war im Streitjahr eine leistungsbereite und leistungsfähige Schuldnerin.

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Betreibers wurde erst im Oktober 2013 eröffnet. Das Schneeballsystem selbst wurde erst im Juni 2013 offenbar. Allein aufgrund der zeitlichen Komponente, lässt sich daraus kein Rückschluss darauf ziehen, dass die Firma X im Juni 2012 nicht leistungsbereit und leistungsfähig war. Für die Annahme der Leistungsbereitschaft und Fähigkeit zur Zahlung des Betreibers eines Schneeballsystems ist es im Grundsatz ausreichend, dass im Streitjahr - wie im Streitfall - keine generelle Zahlungsunfähigkeit des Betreibers festgestellt werden kann (so auch BFH-Urteil vom 2. April 2014 VIII R 38/13, BStBl II 2014, 698).

Darüber hinaus hat der Senat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Betreiber des Schneeballsystems gegenüber der Klägerin oder anderen Anlegern die Auszahlung verweigert oder verschleppt oder eine Wiederanlage nahegelegt hat. Aus den Ermittlungsakten ergeben sich dahingehend keinerlei Anhaltspunkte. Indizien dafür ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vortrag der Klägerin, die sich dazu gar nicht verhält. Die Klägerin selbst hat im Streitjahr keinen Auszahlungswunsch geäußert. Aus dem Schreiben der Firma X vom 26. Juli 2012 folgt vielmehr, dass der Betreiber ohne Druck durch die Klägerin zur Auszahlung der Beträge bereit gewesen wäre. Nach der eingangs dargestellten Rechtsprechung des BFH ist die Sicht des Leistungsempfängers in dem Zeitpunkt, in dem er aus seiner Sicht die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahme erstmals erlangt hat, entscheidend. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin keinerlei Grund, an der Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Firma X zu zweifeln. Sie hat dazu auch nicht weiter vorgetragen.

Aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft ergibt sich, dass die Firma X in 2012 15.801.570,44 € an Anleger ausgezahlt und 20.071.539,30 € an neuen Anlagegeldern erhalten hat. Somit war genügend Liquidität vorhanden, um einem möglichen Auszahlungswunsch der Klägerin nachzukommen. Aus den Ermittlungsakten ergeben sich in den diversen Zeugenvernehmungen keinerlei Hinweise darauf, dass Auszahlungsbegehren nicht nachgekommen wurde oder Vermittler bzw. der Finanzdienstleister selbst die Anleger zum "Stehenlassen" der Gelder gedrängt hätten. Letzterer hat selbst ausgesagt, dass es nie Probleme mit Auszahlungen gegeben hat. Aus den erstellten Kundenlisten für die Firma X geht hervor, dass sowohl Ende 2012 als auch 2013 weitere Anlagegelder in erheblichem Umfang vereinnahmt wurden.

III. Die Aufwendungen für die vermeintliche Kurssicherung der Aktien mindern die Einkünfte der Klägerin nicht.

Unabhängig davon, dass die Firma X den Optionsschein bei der E-AG nicht erworben hat und unabhängig von einem Werbungskostenabzugsverbot, sind die Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit einer Kurssicherung nicht zu berücksichtigen. Ein Geschäft zur Kurssicherung ist ein selbstständiges Rechtsgeschäft und bildet einen getrennt von Aktienkäufen zu beurteilenden wirtschaftlichen Sachverhalt (vergl. BFH-Urteil vom 2. April 2008 IXR 73/04, BFH/NV 2008,1658 [BFH 02.04.2008 - IX R 73/04]).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.