Anwaltsgerichtshof Niedersachsen
Beschl. v. 16.02.2009, Az.: AGH 13/08
Bibliographie
- Gericht
- AGH Niedersachsen
- Datum
- 16.02.2009
- Aktenzeichen
- AGH 13/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 50683
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Es wird festgestellt, dass das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Der Geschäftswert für das Verfahren wird auf 20.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrte, nach Erlöschen seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ weiter führen zu dürfen, um damit die Voraussetzung zu schaffen, sich „Notar a. D.“ nennen zu können.
Seinen diesbezüglichen Antrag hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10.04.2008 abgelehnt. Die Ablehnung begründete sie damit, dass nach dem Verzicht des Antragstellers auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und einem entsprechenden Widerruf gemäß § 14 Abs. II Nr. 4 BRAO Ende Januar 2008 bekannt geworden sei, dass über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Bei seinem Verzicht vom November 2007 habe der Antragsteller nicht ausdrücklich erklärt, dass er wegen hohen Alters oder wegen körperlicher Leiden auf die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet habe. Es dränge sich der Verdacht auf, dass der Antragsteller mit seinem Verzicht einem Zulassungs-Widerruf wegen Vermögensverfalls zuvorkommen wollte, was nicht mehr aufklärbar sei.
Mit Schreiben vom 21.04.2008 an die Antragsgegnerin trat der Antragsteller dieser Bewertung entgegen. Er habe wegen hohen Alters auf seine Zulassung verzichtet und dies nur aus Unkenntnis in seiner Verzichtserklärung nicht ausdrücklich erwähnt. Einem Widerruf (wegen Vermögenslosigkeit) habe er nicht zuvorkommen wollen. Das Insolvenzverfahren habe er selbst beantragt. In seiner fast 40-jährigen Tätigkeit als Anwalt und Notar habe es keine nennenswerten Beanstandungen gegeben und hierfür sei ihm sowohl seitens der Antragsgegnerin wie auch seitens des OLG-Präsidenten gedankt worden. Er kündigte an, dass er fristwahrend gegen den Bescheid Rechtsmittel einlegen würde.
Der entsprechende Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 30.04.2008 ist am 02.05.2008 beim Anwaltsgerichtshof eingegangen.
Mit Schreiben vom 15.05.2008 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sein Schreiben vom 21.04.2008 zu einer erneuten Beratung des Präsidiums Anlass gegeben habe. Das eingeleitete Gerichtsverfahren könnte ggf. einer Erledigung zugeführt werden, wenn der Antragsteller nachvollziehbar vortragen würde, weshalb er ein Insolvenzverfahren habe beantragen müssen.
Der Antragsteller erläuterte mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 21.04.2008, dass der Erwerb von Grundstücken in den neuen Bundesländern Ursache seiner Insolvenz gewesen sei. Nach erheblichen Aufwendungen auf die Immobilien sei der erwartete Aufschwung ausgeblieben und die Grundstückswerte und erzielbaren Nettomieten seien erheblich gesunken. Die sich daraus ergebenen Verluste habe er letztlich nicht mehr auffangen können und nach Veräußerung sämtlicher Immobilien, auch seines Wohnhauses und Verwertung seiner Altersversorgung, seien immer noch erhebliche Verbindlichkeiten verblieben, die er nicht mehr habe abdecken können.
Mit Verfügung vom 27.05.2008 nahm die Antragsgegnerin ihren Ablehnungsbescheid zurück und erteilte dem Antragsteller gemäß § 17 Abs. II BRAO die Erlaubnis, sich weiterhin „Rechtsanwalt“ zu nennen.
Mit Schriftsatz vom 27.05.2008 hat die Antragsgegnerin das Verfahren für erledigt erklärt und beantragte, dem Antragsteller die Kosten aufzuerlegen.
II.
Mit Erteilung der beantragten Erlaubnis ist das Verfahren in der Hauptsache erledigt.
Dementsprechend war entsprechend der Anwendung des § 91 a ZPO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes.
Hiernach waren die (Gerichts-)Kosten dem Antragsteller aufzuerlegen.
Gemäß § 17 Abs. II BRAO kann einem Rechtsanwalt, der wegen hohen Alters oder wegen körperlicher Leiden auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet, die Erlaubnis erteilt werden, sich weiterhin Rechtsanwalt zu nennen.
Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Da der Antragsteller bei seinem Verzicht auf die Rechte aus seiner Zulassung 68 Jahre alt war, kann das Alter des Antragstellers Grund für seinen Verzicht gewesen sein, auch wenn der Antragsteller dies zunächst nicht ausdrücklich angegeben hatte. Auf der anderen Seite hat der Antragsteller nur zwei Monate später die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt, das auch eröffnet wurde, so dass ein Vermögensverfall im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO gegeben war. Die Vermutung liegt nicht fern, dass der entsprechende Widerrufsgrund zumindest schon angelegt war zum Zeitpunkt des freiwilligen Verzichts, ohne dass der Antragsteller seinerzeit bereits auf seine finanziellen Probleme hingewiesen hätte. Wenn die Antragsgegnerin bei ihrer ursprünglich ablehnenden Haltung auch nach näherer Darlegung der Umstände durch den Antragsteller geblieben wäre, hätte dies möglicherweise noch eine zulässige Ausübung des Ermessens sein und damit zur Ablehnung seines Antrags führen können, was hier abschließend nicht zu entscheiden ist. Auf der anderen Seite handelt es sich bei den erforderlichen Abwägungen um Einzelfallentscheidungen (vgl. Henssler/Prütting, Kommentar zur Bundesrechtsanwaltsordnung, 2. Auflage 2004, § 17 Anmerkung 14). Zugunsten des Antragstellers sprachen eine langjährige, offenbar ohne nennenswerte Beanstandungen ausgeübte Tätigkeit als Notar und Rechtsanwalt und die außerhalb dieser Berufstätigkeit liegenden Umstände für die später eingetretene Insolvenz dafür, dem Antragsteller die Fortführung der Berufsbezeichnung zu erlauben und damit sein früher einwandfreies berufliche Wirken anzuerkennen. Die entsprechende Entscheidung, so wie sie dann letztlich auch von der Rechtsanwaltskammer gefällt worden ist, ist jedenfalls (auch) vertretbar. Zwingend war die Erlaubniserteilung durch die Antragsgegnerin allerdings nicht, so dass es gerechtfertigt ist, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Anlass, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen, bestand nicht (§§ 40 Abs. 4 BRAO, 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG). Bei der Bemessung des Geschäftswertes war zu berücksichtigen, dass es sich hier nur um die Erlaubnis zur Weiterführung der Berufsbezeichnung handelt.