Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 11.05.1983, Az.: 9 U 160/82

Liquidation einer Publikums-Abschreibungsgesellschaft; Kommanditeinlage; Prüfungsrechte und Kontrollrechte als Kommanditist; Bilanz

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
11.05.1983
Aktenzeichen
9 U 160/82
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 12835
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1983:0511.9U160.82.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - AZ: 21 O 147/81

Fundstelle

  • ZIP 1983, 943-945

Prozessgegner

...

In dem Rechtsstreitverfahren
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 1983
unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ...,
des Richters am Oberlandesgericht il sowie
des Richters am Landgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover vom 15. April 1982 geändert.

Der Rechtsstreit wird in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt aufgeteilt. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers und den Gerichtskosten tragen der Kläger 1/4, ein weiteres Viertel die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner und die Hälfte die Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner untereinander. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) werden je zur Hälfte dem Kläger und der Beklagten zu 1) auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen diese selbst in vollem Umfange.

Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer:

  1. a)

    für die Beklagte zu 1): 4.000,00 DM,

  2. b)

    für die Beklagten zu 2): jeweils 8.000,00 DM.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Kommanditist der Beklagten zu 1), einer im Jahre 1970 gegründeten sogenannten Publikums-Abschreibungsgesellschaft. Die Beklagte zu 1) befindet sich seit Sommer 1975 in Liquidation, nachdem der einzige Anlagegegenstand, der Frachter MS ... verkauft worden war. Sie nimmt den Kläger in dem Rechtsstreit 22 O 75/81 LG Hannover = 9 U 101/82 OLG Celle aufgrund einer von ihr vorgetragenen Erhöhung der Beteiligung des Klägers auf Zahlung einer restlichen Kommanditeinlage in Höhe von 80.000,00 DM in Anspruch.

2

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger unter Hinweis auf seine Prüfungs- und Kontrollrechte als Kommanditist die Vorlage einer Bilanz sowie die Gestattung der Einsicht in Geschäftsbücher und Geschäftspapiere begehrt. Er hat im ersten Rechtszug zunächst nur die Beklagte zu 1) in Anspruch genommen, alsdann die Klage auf die Beklagte zu 2) erweitert und schließlich beantragt,

die Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, eine die Jahre 1972 bis 1981 zusammenfassende Bilanz über die Abwicklungsvorgänge der seit 1975 in Liquidation befindlichen Beklagten zu 1) zu erstellen,

die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm Einsicht in die zu erstellende Bilanz zu gewähren sowie einem von ihm zu bestellenden Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer oder allen gemeinsam Einsicht in sämtliche Wirtschaftsbücher und Geschäftspapiere der Beklagten zu 1) zur Prüfung der zu erstellenden Bilanz zu gewähren.

3

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

4

Sie haben geltend gemacht, es bestehe keine Notwendigkeit, vor der Beendigung der Liquidation eine weitere Bilanz aufzustellen.

5

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dies damit begründet, daß im Verlaufe der Liquidation einer Kommanditgesellschaft lediglich die Eröffnungs- und die Schlußbilanz zu erstellen sei. Eine weitergehende Verpflichtung zur Aufstellung von Zwischenbilanzen bestehe nur in Ausnahmefällen, deren Voraussetzungen nicht gegeben seien. Außerdem stehe dem Kläger ein Überwachungsrecht nach § 166 Abs. 3 HGB zu, das im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit durchzusetzen sei.

6

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers.

7

Der Kläger vertritt die Auffassung, im vorliegenden Falle, in dem jetzt seit Erstellung der Liquidationseröffnungsbilanz mehr als 7 Jahre verstrichen seien, bestehe die Verpflichtung zur Erstellung einer Zwischenbilanz. Er benötige eine solche und die Einsicht in die Papiere auch, um im gegen ihn wegen einer rückständigen Einlage geführten Prozeß sachgerecht dazu vortragen zu können, ob und in welchem Umfange die Gesellschaft rückständige Einlagen noch zur Durchführung der Liquidation benötige.

8

Der Kläger hat im Berufungsrechtszug zunächst beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und

  1. 1.

    die Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, eine Bilanz zum 31. Dezember 1981 nebst Gewinn- und Verlustrechnung zum 31. Dezember 1981 (hilfsweise: beides zum 31. Dezember 1980) zu erstellen, aus der die Geschäftsvorgänge ersichtlich seien, die sich seit 1975 im Rahmen der Liquidation der Beklagten zu 1) ergeben haben, sowie

  2. 2.

    die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm eine Abschrift der gemäß dem Berufungsantrag zu 1) zu erstellenden Bilanz und der zu erstellenden Gewinn- und Verlustrechnung zur Verfügung zu stellen und dem Kläger und/oder einem von ihm beauftragten Rechtsanwalt und/oder Wirtschaftsprüfer Einsicht in die Wirtschaftsbücher und Geschäftspapiere der Beklagten zu 1) zur Prüfung der gemäß dem Berufungsantrag zu 1) zu erstellenden Bilanz und der zu erstellenden Gewinn- und Verlustrechnung zu gewahren.

9

Nachdem dem Kläger durch Beschluß des 1. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Celle (1 W 19/82) vom 8. November 1982 im Verfahren nach § 166 Abs. 3 HGB das Recht zur Einsicht in die Geschäftsbücher und Papiere zugesprochen worden ist und er diese Einsicht genommen hat sowie die Beklagte zu 1) inzwischen jährliche Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnung seit 1975 und eine zusammenfassende Bilanz zum 31. Dezember 1982 vorgelegt hat, beantragt der Kläger,

den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären.

10

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

im Fall einer Maßnahme nach § 711 ZPO, die Sicherheit auch durch selbstschuldnerische, unwiderrufliche und unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.

11

Sie schließen sich der Erledigungserklärung des Klägers deshalb nicht an, weil sie der Auffassung sind, die Klage sei von Anfang an unbegründet gewesen. Dem Kläger habe ein Recht auf Bilanzerstellung und Einsicht nicht zugestanden.

12

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringen der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

13

Die Akten 81 HRA 23336 AG Hannover waren zur Ergänzung des Parteivorbringens Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

14

Die Berufung hat Erfolg. Dem Kläger standen die von ihm im Berufungsrechtszug geltend gemachten Ansprüche zu. Die Hauptsache ist erledigt, weil die Beklagten die Ansprüche erfüllt haben. Im einzelnen gilt folgendes:

15

1.

Die Klage ist zulässig. Es fehlt ihr nicht etwa deswegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger auch im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 166 Abs. 3 HGB vorgehen konnte und dies auch getan hat. Der Fassung des § 166 HGB ist nicht zu entnehmen, daß das Gesetz dem Kommanditisten nur den einen oder anderen Weg der Überwachung zubilligen wollte. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Rechte aus den Absätzen 1 und 3 des § 166 HGB nebeneinander geltend gemacht werden können (so auch Schlegelberger-Gessler, Komm. zum HGB, 4. Aufl. 1965, Rdnr. 7 zu § 166 und Baumbach-Duden, Komm. zum HGB, 25. Aufl. 1983, Anm. 2 D zu § 166). Dies rechtfertigt sich insbesondere daraus, daß das Kontrollrecht nach § 166 Abs. 3 HGB das Vorliegen wichtiger Gründe voraussetzt. Würde man einem Kommanditisten die Kontrollrechte aus § 166 Abs. 1 HGB nicht neben denen aus § 166 Abs. 3 HGB zubilligen, so könnte es geschehen, daß ein auf den Absatz 3 gestützter Antrag im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit abgelehnt wird, weil wichtige Gründe nicht gegeben sind. Dies ist im vorliegenden Fall auch im vom Kläger angestrengten Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in zwei Instanzen geschehen. Das Landgericht hat seinen die Entscheidung des Rechtspflegers bestätigenden Beschluß in HRA 23336 AG Hannover ausdrücklich darauf gestützt, daß wichtige Gründe fehlten. Der Kläger hat in jenem Verfahren erst im Wege der weiteren Beschwerde beim Oberlandesgericht obsiegt.

16

2.

Die Klageanträge waren bis zum Eintreten der Erledigung in der Sache auch begründet. Der Kläger durfte hinsichtlich seines ursprünglichen Antrages zu 2) sowohl die Beklagte zu 1) als die Beklagten zu 2) in Anspruch nehmen. Nach herrschender Meinung richtet sich der Anspruch auf Erteilung einer Bilanzabschrift und Einsicht in die Geschäftspapiere mindestens auch gegen die Gesellschaft (vgl. u. a. BGH in BB 1962, 899 und 1970, 187 für den ähnlichen Fall des § 118 HGB, Baumbach-Duden a.a.O. Anm. 1 C zu 118, Fischer auf S. 3 der Anm. in LM § 128 HGB Nr. 11; Hueck, Das Recht der oHG, 4. Aufl. § 18 III 2 und Schilling in Großkomm. zum HGB, 3. Aufl. 1970, Rdnr. 6 zu § 166 m.w.N.; a. II. Schlegelberger-Gessler a.a.O. Rdnr. 7 zu § 166 m.w.N.). Dies rechtfertigt sich einmal daraus, daß es sich um die Erfüllung einer Sozialverpflichtung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter handelt (Hueck a.a.O.). Zum anderen ist ein Anspruch gegen die Gesellschaft auch deswegen angemessen, weil die Geschäftsführer bzw. Liquidatoren im Laufe des Rechtsstreites wechseln können - im vorliegenden Falle ist inzwischen auch ein Antrag auf Abberufung der Liquidatoren gestellt - und dies zu Schwierigkeiten führen kann, die bei Inanspruchnahme der Gesellschaft vermeidbar sind.

17

3.

Die Liquidatoren waren zur Erstellung einer Zwischenbilanz jedenfalls zum 31. Dezember 1981 und neben der Gesellschaft zur Übersendung einer Abschrift dieser Bilanz verpflichtet (§ 166 Abs. 1 HGB). In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, daß die Liquidatoren schließlich sogar mehr getan haben und neben jährlichen Bilanzen eine zusammenfassende Bilanz zum 31. Dezember 1982 erstellt haben. Dem Kläger kam es ersichtlich darauf an, eine möglichst neue Bilanz zu erhalten, nur ging er davon aus, daß zum Zeitpunkt seiner Antragstellung die Bilanz zum Ende 1982 noch nicht fertiggestellt sein würde.

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In § 154 HGB heißt es zwar nur, daß die Liquidatoren beim Beginne sowie bei der Beendigung der Liquidation eine Bilanz aufzustellen haben. Dies ist jedoch keine erschöpfende Regelung. In Rechtsprechung und Rechtslehre ist anerkannt, daß es Fälle geben kann, in denen Zwischenbilanzen notwendig sind. Bei umfangreichen Abwicklungen und größeren Veränderungen der Aktiven und Passiven kann nach Lage des Falles das Erfordernis bestehen, den Gesellschaftern durch eine jährliche Aufstellung und Mitteilung von Bilanzen oder in anderer Weise laufend einen Überblick über die Abwicklungsgeschäfte und den Stand der Abwicklung zu geben (vgl. BGH in NJW 1980, 1523 [BGH 05.11.1979 - II ZR 145/78]; Schilling in Groß komm., Rdnr. 7 zu § 154 und Schlegelberger-Gessler a.a.O. Rdnr. 2, 3 zu § 154). Dabei kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob Jahresbilanzen notwendig waren. Jedenfalls war es erforderlich, wie beantragt, 6 Jahre nach Eröffnung der Liquidation eine Zwischenbilanz zu erstellen. Das beruht auf folgenden Überlegungen. Es handelt sich um eine Abwicklung, die einen erheblichen Zeitraum beansprucht. Es war abzusehen und hat sich inzwischen bestätigt, daß die Liquidation auch nicht etwa kurze Zeit nach dem Ablauf des Jahres 1981 beendet werden konnte. Die Liquidatoren rechnen selbst mit einer Liquidationsdauer bis Ende 1984, ohne daß abzusehen ist, ob sich dies wird einhalten lassen. Im Verlaufe der sechs Jahre seit Beginn der Liquidation waren - wie auch der Parallelrechtsstreit der Liquidationsgesellschaft gegen den hiesigen Kläger auf Zahlung einer rückständigen Einlage zeigt - umfangreiche Maßnahmen vorzunehmen. Es fand zwar keine werbende Tätigkeit mehr statt und der Anlagegegenstand (das Motorschiff ... war verkauft. Andererseits bestanden nach dem eigenen Vortrag der Liquidatoren im Parallelrechtsstreit mannigfache Verbindlichkeiten, die zu berichtigen waren. Die Aktiven haben sich ständig verändert. Das folgt daraus, daß es sich bei der Beklagten zu 2) um eine Publikums-Abschreibungsgesellschaft handelt, an der ungefähr 500 Kommanditisten beteiligt sind. Es standen nach Ansicht der Liquidatoren noch viele Kommanditisteneinlagen aus und es sind viele Prozesse gegen Kommanditisten geführt worden, um die rückständigen Einlagen einzuklagen. Auch Rechtsstreite mit Dritten haben stattgefunden und laufen noch. Durch die Belastung mit den Prozeßkosten einerseits, eingehende Zahlungen von vielen Kommanditisten einschließlich der Zinsbewegungen andererseits war die Vermögenslage der Liquidationsgesellschaft größeren Veränderungen unterworfen.

19

Auf der anderen Seite war zu berücksichtigen, daß die Aufstellung einer Zwischenbilanz für Dezember 1981 die Liquidatoren nicht unangemessen belastete. Sie waren nach steuerrechtlichen Grundsätzen ohnehin zur Aufstellung von Jahresbilanzen verpflichtet (vgl. Schlegelberger-Gessler a.a.O. Rdnr. 2 zu § 154 HGB). Darüber hinaus stand in den von der Gesellschaft geführten Prozessen wegen angeblich rückständiger Kommanditeinlagen die Frage im Raum, ob diese Einlagen zur Durchführung der Liquidation benötigt würden. Insoweit obliegt nach der Rechtsprechung zwar den Kommanditisten die Darlegungs- und Beweislast. Die Liquidatoren trifft aber eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Sie haben die insoweit bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft darzulegen, soweit sie dazu imstande sind (vgl. BGH in BB 1978, 1133). Schon aus diesem Grunde mußten sie für sich und dem Gericht gegenüber eine zusammenfassende Aufstellung der Abwicklungsvorgänge erstellen. Unter Abwägung aller Umstände war deshalb im vorliegenden Falle wenigstens eine Zwischenbilanz für Ende 1981 erforderlich.

20

4.

Dem Kläger stand darüber hinaus das Recht auf Einsicht in die Geschäftsbücher und Geschäftspapiere zur Prüfung der Bilanz zu. Dieses Recht ist grundsätzlich höchstpersönlicher Art. Es ist in der Rechtsprechung aber anerkannt, daß ein Kommanditist - soweit die Leitung der Einsicht bei ihm bleibt - einen Sachverständigen hinzuziehen kann, um von seinem Einsichtsrecht überhaupt einen sachgerechten Gebrauch machen zu können (vgl. BGHZ 25, 115 (123) [BGH 08.07.1957 - II ZR 54/56]). Das gleiche muß auch für einen vom Kommanditisten bevollmächtigten (in diesem Falle nicht wirtschaftlichen, sondern) juristischen Sachverständigen, nämlich einen Rechtsanwalt, gelten. Der Kläger hatte nun allerdings auch beantragt, das Einsichtsrecht nicht nur ihm und einem Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer, sondern auch einem von ihm beauftragten Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer allein zu gewähren (vgl. die Formulierung und/oder im ursprünglichen Klageantrag zu 2)). Eine solche Einsicht durch einen Dritten allein ist nur ausnahmsweise zulässig (vgl. dazu BGH a.a.O.). Im vorliegenden Falle ist die Befugnis des Klägers zu bejahen, zur Einsicht auch einen Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer allein zu entsenden. Es handelt sich um wirtschaftliche Vorgänge, von denen der Kommanditist einer Massengesellschaft regelmäßig nicht viel versteht. Er ist einer solchen Abschreibungsgesellschaft im wesentlichen aus steuerlichen Gründen beigetreten. Besondere Beziehungen zu der Gesellschaft oder den anderen Gesellschaftern bestehen normalerweise nicht. Der Kläger wohnt zudem weitab vom Sitz der Liquidationsgesellschaft, wie es sich überhaupt um eine Publikums-KG mit über die gesamte Bundesrepublik verstreuten Kommanditisten handelt. In einem solchen Falle wäre es förmelnd, unbedingt die Anwesenheit des Kommanditisten selbst neben dem Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt zu verlangen.

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Er wird mangels Kenntnissen und persönlicher Beziehung zur Gesellschaft seiner Verpflichtung zur Leitung der Einsicht ohnehin nicht nachkommen können, sondern sich darauf verlassen müssen, was der juristische oder wirtschaftliche Sachverständige im Hinblick auf die Einsicht für notwendig und zweckmäßig hält. Aus diesem Grunde belastet auch das Erscheinen eines bevollmächtigten Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts ohne den Kommanditisten die Gesellschaft nicht mehr, als wenn der. Kommanditist sich auch noch in den Räumen der Liquidationsgesellschaft aufhielte.

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Im übrigen sei noch auf folgenden Umstand hingewiesen. Im Verfahren nach § 166 Abs. 3 HGB hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle in den Gründen seines Beschlusses vom 8. November 1982 angemerkt, daß die Überwachungsrechte des einzelnen Kommanditisten bei einer Publikums-KG mit nahezu 500 Kommanditisten ihre Schranken dann finden können, wenn etwa jeder einzelne Kommanditist für sich und durch eigene Bevollmächtigte Einsicht begehrt und dadurch die Weiterführung der Liquidation ernsthaft in Frage gestellt wird. Er hat in einem solchen Fall den Kommanditisten gegebenenfalls ein gemeinsames Vorgehen zugemutet. Auch dies spricht dafür, nicht ein persönliches Erscheinen eines jeden Einsicht begehrenden Kommanditisten zu verlangen. Vielmehr ist es im Sinne aller Beteiligten in einem solchen Falle angebrachter, wenn mehrere oder alle Kommanditisten gemeinsam einen Sachverständigen beauftragen, der an ihrer Stelle die Einsichtsrechte wahrnimmt. Abschließend sei insoweit noch bemerkt, daß das Verlangen des Klägers auf Einsicht auch durch einen Rechtsanwalt bzw. Wirtschaftsprüfer allein im Rahmen des Gesamtantrages ohnehin nur unbedeutend ist und kostenmäßig nicht ins Gewicht fiele.

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5.

Demgemäß war die Klage in vollem Umfange begründet, bis sie sich dadurch erledigt hat, daß die geforderte Bilanz - und sogar eine solche zum Abschluß des Jahres 1982 - erstellt und die Einsicht gewahrt worden ist. Auf den Antrag des Klägers war daher durch Urteil die Erledigung der Hauptsache auszusprechen. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 92, 269 Abs. 3 ZPO, wobei die Kostenverteilung für die erste Instanz sich daraus rechtfertigt, daß der Kläger dort die Bilanzerstellung zunächst von der Beklagten zu 1) verlangt hatte, die Klage insoweit aber nach Erweiterung auf die Beklagten zu 2) nicht mehr aufrechterhalten (also zurückgenommen) hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.