Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 17.06.2020, Az.: 5 U 35/20

Anforderungen an die Substantiierung einer Arzthaftungsklage wegen fehlerhafter Aufklärung vor einer Operation

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
17.06.2020
Aktenzeichen
5 U 35/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 64810
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Osnabrück - 11.03.2020 - AZ: 2 O 1360/19

Amtlicher Leitsatz

1) Stützt die Patientenseite die Haftung auf eine angeblich unzureichende Belehrung über eine konservative Behandlung als Alternative zur streitgegenständlichen OP, muss sie sich mit Blick auf die unter-schiedlichen Kausalverläufe entscheiden, ob mit der Rüge die Fehlerhaftigkeit der Eingriffsaufklärung zur Operation oder ob eine unzureichende therapeutische Aufklärung geltend gemacht werden soll.

2) Werden in diesem Zusammenhang nur Operationsfolgen als Schaden geltend gemacht, kann der Sachvortrag nur so verstanden werden, dass die Fehlerhaftigkeit der Eingriffsaufklärung geltend gemacht soll.

3) Das Gericht ist in diesem Fall nicht nach § 139 ZPO gehalten, die Patientenseite darauf hinzuweisen, dass die Rüge einer unzureichenden Sicherungsaufklärung in diesem Zusammenhang anderen Vortrag zum Kausalverlauf voraussetzte. Mit einem so weitgehenden Hinweis verletzte es seine Pflicht zur Neutralität.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 11. März 2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch wegen behaupteter Behandlungsfehler und unzureichender Aufklärung im Zusammenhang mit einem arthroskopischen Eingriff am Knie am TT. MM 2014 im Krankenhaus der Beklagten.

Der Kläger litt seit Anfang 2014 unter Beschwerden im linken Kniegelenk. Nach mehreren ambulanten Vorstellungen im Hause der Beklagten wurde dann auf der Grundlage eines MRT-Befundes, der einen freien Gelenkkörper sowie einen Innenmeniskusschaden zeigte, die Arthroskopie für den TT.MM.2014 vorgesehen. Die Aufklärung vor dem Eingriff erfolgte durch EE. Den Eingriff führte FF durch; der freie Gelenkkörper wurde entfernt, das Hinterhorn reseziert und der Meniskus geglättet.

Der Kläger hat behauptet, der Eingriff hätte wegen seiner Adipositas (BMI 45) gar nicht durchgeführt werden dürfen. Zudem sei der Eingriff unerwartet und ohne dass man ihn aufgeklärt hätte, um eine Meniskusglättung erweitert worden. Auch stelle es einen Fehler dar, dass man es versäumt habe, ihn nach der OP mit Unterarmgehstützen zu versorgen. Infolge der fehlerhaften Behandlung habe sich ein chronifizierter Dauerschmerz eingestellt, der auch auf seine psychische Gesundheit durchgeschlagen habe; letztlich sei er dadurch arbeitsunfähig geworden und in eine Depression geraten. Zudem hat der Kläger geltend gemacht, dass er unzureichend aufgeklärt worden sei. Ihm sei nicht gesagt worden, dass der freie Gelenkkörper möglicherweise nicht hätte gefunden werden können. Auch habe man nicht über die Hinterhornteilresektion gesprochen. Weiterhin hat er gemeint, man hätte ihm als alternative Behandlungsmethode eine Gewichtsreduktion nahelegen müssen. Wenn man ihm dies so gesagt hätte, hätte er sich dafür entschieden und den Eingriff nicht durchführen lassen.

Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines orthopädisch-unfallchirurgischen Gutachtens der Sachverständigen GG abgewiesen. So sei die Arthroskopie indiziert gewesen. Beim Kläger habe ein freier Gelenkkörper und ein Meniskuseinriss vorgelegen. Hätte man auf den Eingriff verzichtet, hätte die Zerstörung des Gelenkes gedroht. Die Adipositas stelle keine Kontraindikationen für den Eingriff dar. Es sei auch kein Fehler gewesen, den Kläger nicht mit Unterarmgehstützen zu versorgen. Auch die Aufklärungsrügen des Klägers griffen nicht durch. Mit Blick auf die Hinterhornteilresektion hat sich das Landgericht auf der Grundlage der Aussage des Zeugen FF bzw. der Behandlungsdokumentation, dort der Arztbrief vom TT. MM 2014, überzeugt gezeigt, dass FF den Kläger im Vorgespräch am TT. MM 2014 darüber informiert habe, dass auch eine Hinterhornteilresektion beabsichtigt sei. Entsprechendes gelte für die Rüge des Klägers, man habe ihn nicht darüber aufgeklärt, dass der Gelenkkörper möglicherweise nicht gefunden werden könne; auch insoweit hat das Landgericht sich auf den Arztbrief und die entsprechende Dokumentation des Zeugen FF gestützt. Soweit zudem eine Knorpelglättung durchgeführt worden sei, habe es hierzu keiner gesonderten Aufklärung bedurft, wie die Sachverständige ausgeführt habe. Dass der Kläger nicht über besondere Risiken, die sich aus seiner Adipositas ergeben, aufgeklärt worden sei, sei, so das Landgericht, unschädlich. Soweit wegen der Adipositas tatsächlich eine erhöhte Thrombose - und Infektionsgefahr bestehe, könne dahinstehen, ob auf diese Risiken hingewiesen worden sei, weil sich das entsprechende Risiko nicht verwirklicht habe. Soweit der Kläger weiterhin meine, er habe darüber aufgeklärt werden müssen, infolge seiner Adipositas habe das Risiko bestanden, dass die Schmerzen nach der Operation schlimmer würden, treffe dies nicht zu, weil, wie die Sachverständige ausgeführt habe, die Verschlimmerung der Beschwerden nicht auf dem Eingriff beruhe, sondern auf der vorvorhandenen Arthrose, die mit dem Eingriff als solchem nichts zu tun habe.

Schließlich könne der Kläger auch nicht mit seiner Rüge durchdringen, er sei nicht hinreichend über Behandlungsalternativen, insbesondere die Alternative einer Gewichtsreduktion aufgeklärt worden. Zum einen schenke die Kammer seinen Angaben keinen Glauben, wonach er nicht gewusst haben wolle, dass Übergewicht allgemein schädlich für die Gelenke sei; zum anderen habe es sich insoweit um keine gleichwertige Behandlungsalternativen gehandelt, weil Operation und Gewichtsreduktion unterschiedliche Zielrichtung hätten; mit der Sachverständigen sei davon auszugehen, dass die Gewichtsreduktion ausschließlich jene Beschwerden betreffe, die von der Arthrose stammen; davon zu trennen seien der freie Gelenkkörper und die Meniskusläsion. Die durch diese Verletzungen drohende Zerstörung des Kniegelenks könne durch eine Gewichtsreduktion nicht verhindert werden.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen, der erstinstanzlichen Anträge und der Begründung im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit seiner Berufung wendet er sich gegen die Annahme des Landgerichts, er habe Kenntnis von dem Umstand gehabt, dass sein Übergewicht für sein Kniegelenk schädlich gewesen sei. Ferner rügt er, das Landgericht habe die Tatsachen unvollständig festgestellt, wenn es die Arthroskopie als alternativlos ansehe und in der Gewichtsreduktion mit Muskelaufbau keine alternative Therapie sehe. Dazu führt er aus: Zunächst einmal seien seine Beschwerden der Arthrose zuzuordnen; aus den Ausführungen der Sachverständigen, dass die Beschwerden durch eine Gewichtsreduktion hätten reduziert werden können, ergebe sich, dass die Gewichtsreduktion eine Behandlungsalternative sei. Hinzu komme, dass die Arthroskopie mit Blick auf die Schmerzausschaltung keineswegs die überlegene Behandlungsmethode sei. Daraus folge, dass eine gleichermaßen gegebene Indikation zur Gewichtsreduktion als konservative Behandlungsalternative neben der durchgeführten Arthroskopie bestanden habe.

Er macht geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil sich das Landgericht nicht mit seinem Einwand auseinandergesetzt habe, dass die Beklagtenseite die Bedeutung des Eingriffs durch die Darstellung als alltäglichen Routineeingriff heruntergespielt habe. Weiterhin sei ein Fehler darin zu sehen, dass sich das Landgericht auf die Aussage des Zeugen FF bezogen habe; dieser habe sich allerdings an das konkrete Aufklärungsgespräch nicht mehr erinnern können. Die Beklagten hätten keineswegs zu einer generellen Aufklärungspraxis des Zeugen vorgetragen - etwa im Sinne der sogenannten "immer - so" - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dies habe das Landgericht bei seiner Beweiswürdigung übersehen.

Es sei unrichtig, wenn das Landgericht davon ausgegangen sei, es habe mit Blick auf den Meniskusriss keine konservative Behandlungsalternative gegeben; der Kläger bezieht sich in diesem Zusammenhang auf mehrere finnische und amerikanische Studien; wegen der Einzelheiten wird insoweit auf Seite 10 der Berufungsbegründung (Bl. 175/I) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

1. Das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 11.3.2020 - 2 O 1360/19 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, das 30.000 € nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren zukünftigen, nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Eingriff am TT.MM.2014 im HH-Hospital, Ort1 entstehen werden, soweit Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den bei ihm aus dem Eingriff am TT.MM.2014 im HH-Hospital, Ort1 eingetretenen Schaden wegen Aufhebung oder Minderung seiner Erwerbsfähigkeit zu ersetzen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn einen Haushaltsführungsschadensersatz in Höhe von 27.030 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage beim Landgericht Osnabrück zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn bis zum Lebensende ab Juni 2019 vorbehaltlich einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse als Haushaltsführungsschadensersatz eine monatliche Rente in Höhe von 510 € zu zahlen, zahlbar jeweils 3 Monate im Voraus.

7. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren vergangenen und zukünftigen materiellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Eingriff am TT.MM.2014 im HH-Hospital, Ort1 entstanden sind oder entstehen werden, soweit Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.612,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage beim Landgericht Osnabrück zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung. Es sei allgemein bekannt, dass Übergewicht gelenkschädlich sei; insoweit seien die Voraussetzungen des § 291 ZPO gegeben. Sie tritt der Annahme des Klägers, es habe eine Alternative zur Operationsindikation gegeben, entgegen. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die Äußerungen der Sachverständigen, insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung. Auch die Aufklärungsrüge greife nicht durch. Die Sachverständige habe den verwendeten Aufklärungsbogen begutachtet und ihn als aus orthopädischer Sicht umfangreich eingeordnet, was als Billigung zu verstehen sei.

Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung des Zeugen EE über das Aufklärungsgespräch vom TT.MM 2014. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beweisbeschluss vom 4. Mai (Bl. 1f./IIGA) und die schriftliche Aussage des Zeugen vom 15. Mai (Bl. 18/II GA) Bezug genommen. Er hat zudem den Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai informatorisch angehört. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift gleichen Datums verwiesen.

II.

Die Berufung bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger ausschließlich gegen die Feststellungen bzw. Schlussfolgerungen des Landgerichts, soweit eine zureichende Aufklärung in Rede steht. Gegen die Feststellung des Landgerichts zur Frage, ob Behandlungsfehler vorgelegen haben, wendet sich der Kläger nicht mehr. Da es sich insoweit um teilbare Bestandteile des Streitgegenstandes handelt, ist jener Komplex, der etwaige Behandlungsfehler der Beklagten betrifft, nicht mehr in der Berufung angefallen und damit auch nicht Gegenstand der Überprüfung durch den Senat.

Nach Ergänzung der Beweisaufnahme durch Vernehmung des aufklärenden Arztes und Anhörung des Klägers, erachtet der Senat das Urteil des Landgerichts im Ergebnis als richtig. Die Einwendungen des Klägers verfangen im Ergebnis nicht.

Im Einzelnen:

Die Mitarbeiter der Beklagten mussten den Kläger im Zuge des Eingriffs vom TT.MM 2014 nicht über die Behandlungsalternative einer Gewichtsreduzierung aufklären. Der Kläger unterscheidet bei seiner Argumentation nicht hinreichend genau zwischen der erforderlichen Eingriffsaufklärung als Rechtfertigung des athroskopischen Eingriffs und einer davon losgelöst möglicherweise bestehenden Verpflichtung zur therapeutischen Aufklärung über die Behandlung einer Arthrose durch Gewichtsreduktion. Gegenstand des Eingriffs war die Beseitigung des freien Gelenkkörpers sowie die Behandlung der Innenmeniskusläsion als denkbare (Mit -) Ursache der Beschwerden des Klägers. Eine Gewichtsabnahme stellt insoweit keine Behandlungsalternative dar, weil sie keinen Einfluss auf den Gelenkkörper und die Meniskusläsion hat. Dies ist für den Senat unmittelbar nachvollziehbar und entspricht den wiederholten Bekundungen der Sachverständigen im ersten Rechtszug. Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang anführt, die Abnahme könne gleichwohl den freien Gelenkkörper therapieren, weil, wie die Sachverständige ausgeführt habe, auch die Möglichkeit bestehe, dass der Gelenkkörper sich in einer Schleimhautfalte verkapsele und dann keine Beschwerden mehr verursache, liegt es nach Ansicht des Senates auf der Hand, dass die in diesem Fall eintretende Beschwerdefreiheit nicht aus einer denkbaren parallelen Diät, sondern ausschließlich aus dem glücklichen Zufall der Verkapselung in der Schleimhautfalte herrührt. Eine etwaige Diät stünde damit in keinem kausalen, sondern nur in einem zufälligen zeitlichen Zusammenhang (cum hoc est non propter hoc).

Davon zu trennen ist die weitere Frage, ob die Mitarbeiter der Beklagten einen Behandlungsfehler begangen haben, weil sie den Kläger nicht darüber aufgeklärt haben, dass seine Beschwerden auch von der Arthrose herrühren könnten und eine sinnvolle Therapie der Arthrose in der Reduktion des Gewichts bestehen könnte. Dies wäre der Vorwurf einer unzureichenden therapeutischen Aufklärung im Sinne eines Behandlungsfehlers in Abgrenzung zur oben erörterten Eingriffsaufklärung. Mit einem derartigen Einwand kann der Kläger im vorliegenden Prozess gleichwohl keinen Erfolg haben. Abgesehen davon, dass ihn im Falle einer unzureichenden therapeutischen Aufklärung die volle Beweislast dafür träfe, dass im Falle einer zureichenden Aufklärung (1.) die Reduktion gelungen wäre und (2.) die arthrosebedingten Beschwerde infolgedessen abgeklungen wären - wofür nichts ersichtlich ist -, hat der Kläger nicht die arthrosebedingten Beschwerden zum Gegenstand seiner Klage gemacht. Der Kläger hat mit der Klage vielmehr Schmerzensgeld für jene Beschwerde verlangt, die er auf den seiner Ansicht nach nicht indizierten/fehlerhaft durchgeführten Eingriff zurückführt. Vergleichbar ist die Kausalitätsbehauptung, soweit der Kläger argumentiert, die Eingriffsaufklärung sei unzureichend gewesen, weil es an einer Aufklärung über Behandlungsalternativen gemangelt habe. Auch der letztgenannte Angriff richtet sich gegen den Eingriff, der im Falle unzureichender Eingriffsaufklärung rechtswidrig und damit haftungsbegründend wäre, und gründet auf die gleiche Kausalitätsbehauptung wie die klägerische Behauptung, der Eingriff sei fehlerhaft durchgeführt worden. Beide Angriffe richten sich gegen den Eingriff und setzen die Kausalitätsbehauptung voraus, dass die Beschwerden, für die der Kläger Schmerzensgeld beansprucht, durch den Eingriff verursacht sind.

Mit dieser Kausalitätsbehauptung ist indessen, die Behauptung, die Beschwerden wären durch eine Gewichtsreduktion vermieden worden, nicht zu vereinbaren. Da es sich wegen der gänzlich unterschiedlichen Kausalverläufe um zwei unterschiedliche Angriffsmittel handelt, die in einem Prozess gleichzeitig nur im Wege des Haupt- und Hilfsvorbringens zur Kausalität geltend gemacht werden könnten, musste das Landgericht den Kläger auch nicht auf diesen Umstand hinweisen, denn das Gericht muss nach § 139 ZPO nur auf Unvollständigkeiten innerhalb eines Angriffs- oder Verteidigungsmittels hinweisen; es verletzte demgegenüber seine Verpflichtung zur Neutralität, wenn es durch den Hinweis neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel in den Prozess einführt (BGH, Beschluss vom 02. Oktober 2003 - V ZB 22/03 -, BGHZ 156, 269-274 - zitiert nach Juris Rn.7; Senat NJW 2015, 1831).

Soweit der Kläger weiterhin in diesem Zusammenhang mit der Berufung rügt, die Aufklärung sei deshalb unzureichend gewesen, weil - anders als das Landgericht und die Sachverständige meinen - der Meniskusriss auch konservativ habe behandelt werden können und dies aus verschiedenen Studien ableiten will, die er mit der Berufungsbegründung vorlegt, gilt hier das Entsprechendes: Der Kläger übersieht bei seiner Argumentation, dass er Schmerzensgeld wegen des Eingriffs und nicht wegen einer unterbliebenen anderweitigen Therapie begehrt, es also um die Frage der Eingriffsaufklärung und nicht der Sicherungsaufklärung geht. Dass indessen der arthroskopische Eingriff nur relativ indiziert war, hat weder die Beklagte noch die Sachverständige in Zweifel gezogen. Auch der Kläger behauptet nicht, dass der Eingriff als absolut indiziert und alternativlos dargestellt worden wäre. Damit ist indessen die Eingriffsaufklärung als solche in Ordnung.

Wenn der Kläger weiter geltend macht, das Landgericht habe sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt, weil es sich nicht mit seinem Einwand auseinandergesetzt habe, die Mitarbeiter hätten den Eingriff bagatellisiert, kann der Senat dem nicht zustimmen. Der Hinweis, es handele sich um einen alltäglichen Routineeingriff, ist, wenn der Eingriff tatsächlich eine Routine darstellt, nicht ungebührlich bagatellisierend, sondern dem therapeutischen Wunsch geschuldet, den im Übrigen zureichend aufgeklärten Patienten nicht ohne Not zu verängstigen. Dass es sich tatsächlich nicht um einen Routineeingriff gehandelt hätte, ist nicht erkennbar.

Allerdings ist dem Kläger in diesem Zusammenhang darin zuzustimmen, dass das Landgericht Feststellungen zur Grundaufklärung versäumt hat und die Aussage des Zeugen FF keine taugliche Grundlage für die Annahme bildet, der Kläger sei hinreichend aufgeklärt worden; tatsächlich hatte die Beklagte Beweis für das Aufklärungsgespräch auch nicht durch Vernehmung des Zeugen FF, sondern durch Vernehmung des Zeugen EE angeboten. Das hat der Senat durch Vernehmung des Zeugen EE nachgeholt.

Für den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist nicht erforderlich, dass sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch (Ort, Umstände, genauer Inhalt) erinnert. Angesichts der Vielzahl von Informations- und Aufklärungsgesprächen, die Ärzte täglich führen, kann dies nicht erwartet werden. Da an den vom Arzt zu führenden Nachweis der Aufklärung keine übertriebenen Anforderungen zu stellen sind, darf das Gericht seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auf die Angaben des Arztes stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und "einiger" Beweis für ein Aufklärungsgespräch erbracht ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt erklärt, ihm sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben. Einen wesentlichen Anhaltspunkt für die Tatsache, dass ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat, gibt dabei das von dem Arzt und dem Patienten unterzeichnete Formular, mit dem der Patient sein Einverständnis zu dem ärztlichen Eingriff gegeben hat(vgl. nur zuletzt BGH vom 24.01.2014, VI ZR 143/13 -Juris Rn.13)

Der Zeuge hat bekundet, dass er sich an das Gespräch nicht mehr erinnere, dass er aber immer in der Weise aufkläre, dass mindestens 24 Stunden vor dem Eingriff ein Gespräch führe, das er im Aufklärungsformular dokumentiere (Anlage K 3, Anlagenband K I). Er informiere den Patienten über die Diagnose, die Therapie und Alternativen; danach erkläre er Art, Umfang und Durchführung der Maßnahme sowie Risiken und mögliche Komplikationen (Schriftliche Aussage vom 15. Mai, Bl.18 / II). Gemessen an den dargestellten Maßstäben zur Überzeugungsbildung erachtet der Senat, den Beweis einer zureichenden Grundaufklärung als geführt an. Soweit der Kläger sich in seiner persönlichen Anhörung gegen die Aufklärung wendet, beanstandet er mit Blick auf den Inhalt des Formulars auch nicht, dass ihm die dort benannten Komplikationen nicht benannt worden wären oder dass man ihn über den Verlauf des geplanten Eingriffs, wie er im Formular dargestellt ist, nicht erläutert wäre, so dass der Senat von einer ordnungsgemäßen Grundaufklärung des Klägers ausgeht.

Soweit der Kläger vor dem Senat angeführt hat, er beklage, dass man ihn nicht darüber aufgeklärt habe, dass der Eingriff das Arthroserisiko erhöhe, bestand eine solche Verpflichtung nicht. Die Sachverständige hat die dokumentierte Aufklärung für umfangreich und ausreichend erachtet. Auch die vom Kläger mit der Berufungsbegründung angeführten Studien besagen derartig Weitgehendes nicht. Sie kommen vielmehr zu dem Ergebnis, dass die Wirksamkeit arthroskopischer Eingriffe bei Meniskusläsionen in Zweifel zu ziehen und daher die Indikation zurückhaltend zu stellen sei; dass der Eingriff mit einem konkreten Risiko der Verschlechterung einer vorvorhandenen Arthrose vergesellschaftet sei, ist ihnen nicht zu entnehmen (und auch nicht schriftsätzlich vorgetragen).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr.10, 711 ZPO.