Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 07.12.1978, Az.: 10 UF 164/78

Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs nach Scheidung der Ehe; Pflege und Erziehung eines nicht gemeinschaftlichen Kindes; Ehebruch des Unterhaltsverlangenden

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
07.12.1978
Aktenzeichen
10 UF 164/78
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1978, 14570
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1978:1207.10UF164.78.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 19.05.1978 - AZ: 209 F 16/77

Verfahrensgegenstand

Ehescheidung und Folgesachen
Regelung der elterlichen Gewalt und Unterhalt

Der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 1978
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 19. Mai 1978 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die am 10. März 1975 vor dem Standesbeamten des Standesamts ... (Heiratsregister-Nr. ...) geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.

Wegen des eigenen Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin wird die Klage abgewiesen.

Zur Klarstellung wird festgestellt, daß der Rechtsstreit hinsichtlich der Regelung der elterlichen Gewalt über das am 12. Juni 1977 geborene Kind ... und hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs dieses Kindes in der Hauptsache erledigt ist.

Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Antragstellerin zu 4/5 und der Antragsgegner zu 1/5. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten der Berufungsinstanz vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien haben am 10. März 1975 die Ehe miteinander geschlossen. Während des Bestehens der Ehe hat die Antragstellerin am 12. Juni 1977 die Tochter ... geboren. Durch Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 16. August 1978 (1 C 178/77) ist rechtskräftig festgestellt worden, daß der Antragsgegner nicht der eheliche Vater dieses Kindes ist.

2

Durch das am 19. Mai 1978 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover ist die Ehe der Parteien auf beiderseitigen Antrag geschieden worden. Auf Antrag der Antragstellerin ist ihr ferner die elterliche Gewalt über das Kind ... übertragen worden. Schließlich ist der Antragsgegner auf Antrag der Antragstellerin verurteilt worden, ab Rechtskraft des Scheidungsausspruchs an diese monatliche Unterhaltsrenten von 300 DM für sie selbst und von 140 DM für das Kind ... zu zahlen.

3

Gegen dieses ihm am 21. Juni 1978 zugestellte Urteil hat der Antragsgegner am 18. Juli 1978 Berufung eingelegt und diese am 18. August 1978 begründet.

4

Der Antragsgegner hat unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens zunächst beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Entscheidung über die Regelung der elterlichen Gewalt aufzuheben und die Klage wegen der Unterhaltsansprüche abzuweisen. Nachdem festgestellt war, daß das Kind ... nicht sein eheliches Kind ist, hat er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit er die elterliche Gewalt über das Kind ... und dessen Unterhaltsanspruch betrifft, und beantragt nunmehr,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit er verurteilt worden ist, an die Antragstellerin Unterhalt zu zahlen, und die Kosten des Rechtsstreits der Antragstellerin aufzuerlegen.

5

Die Antragstellerin hat den Rechtsstreit in demselben Umfang in der Hauptsache für erledigt erklärt wie der Antragsgegner. Im übrigen beantragt sie,

die Berufung zurückzuweisen und die Kosten des Rechtsstreits dem Antragsgegner aufzuerlegen.

6

Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Im übrigen macht sie geltend, der Antragsgegner wolle das anhängige Berufungsverfahren überhaupt nicht. Schließlich hält sie ihren Unterhaltsanspruch gemäß § 1576 BGB für gerechtfertigt.

7

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

8

Die Berufung des Antragsgegners ist an sich statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch im übrigen zulässig, weil der Antragsgegner eine wirksame Vollmacht auf seinen Prozeßbevollmächtigten vorgelegt hat. Die Berufung des Antragsgegners mußte in dem Umfange, in dem die Parteien den Rechtsstreit nicht in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, auch Erfolg haben.

9

Der Antragstellerin steht ab Rechtskraft der Scheidung der Ehe der Parteien gegen den Antragsgegner kein Unterhaltsanspruch zu. Von der Antragstellerin kann nach Scheidung der Ehe der Parteien zwar wegen der Pflege und Erziehung des Kindes ... keine Erwerbstätigkeit erwartet werden. Dieser Umstand begründet jedoch keinen Unterhaltsanspruch nach §§ 1569 und 1570 BGB gegen den Antragsgegner, weil inzwischen rechtskräftig feststeht, daß das Kind ... kein gemeinschaftliches Kind der Parteien ist. - Die Antragstellerin kann ihren Unterhaltsanspruch aber auch nicht auf die positive Ergänzungsklausel des § 1576 BGB stützen. Diese Vorschrift ist zwar u.a. für die Fälle geschaffen worden, in denen von einer geschiedenen Ehefrau wegen der Pflege und Erziehung eines nicht gemeinschaftlichen Kindes der geschiedenen Ehegatten eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Insofern könnten die Voraussetzungen des § 1576 BGB in der Person der Antragstellerin vorliegen. Darüber hinaus verlangt § 1576 BGB aber, daß die Gewährung des Unterhaltsanspruchs der Billigkeit entspricht. Das ist jedoch dann nicht der Fall, wenn das Kind, wegen dessen Pflege und Erziehung der unterhaltsverlangende Ehegatte nicht erwerbstätig sein kann, aus einem Ehebruch des Unterhaltsverlangenden hervorgegangen ist (MünchKomm-Richter § 1576 Anm. 4).

10

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus folgendem:

11

Soweit die Ehe der Parteien geschieden worden ist, mußte Kostenaufhebung nach § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO erfolgen; soweit die Klage abgewiesen worden ist, muß die Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreits nach §§ 91, 92 Abs. 1 und 93 a Abs. 1 S. 2 ZPO tragen. In dem Umfange, in dem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, entsprach es nach § 91 a Abs. 1 ZPO billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits der Antragstellerin aufzuerlegen.

12

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.