Landgericht Osnabrück
Urt. v. 24.05.1994, Az.: 20 Ns (V 42/94) 13 Js 40168/93
Minderschwerer Fall bei Umgang mit Cannabisprodukten; Aussetzung zur Bewährung wegen künftigem Wohlverhalten
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 24.05.1994
- Aktenzeichen
- 20 Ns (V 42/94) 13 Js 40168/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 17626
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:1994:0524.20NS.V42.94.13JS4.0A
Rechtsgrundlagen
- § 30 Abs. 2 BtmG
- § 56 Abs. 2 StGB
In dem Rechtsstreit
hat die V Strafkammer des Landgerichts Osnabrück
auf die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Schöffengerichts in Nordhorn vom 01. März 1994
in der Sitzung vom 24. Mai 1994,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Landgericht Lindemann als Vorsitzender
Landwirt Gerhard Raming-Freesen, Oberlangen, Kfm.-Angestellter Lutz Natenhorst, Bissendorf als Schöffen
Staatsanwalt Heuer als Beamter der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwalt Siebers, Braunschweig als Verteidiger
Justizassistentin Fangmeier als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
Der Angeklagte wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.
Die Vollstreckung wird zur Bewährung ausgesetzt.
Die Kosten der Berufung einschließlich der Auslagen des Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.
Weiter angewendete Vorschrift: § 56 Abs. 2 StGB.
Gründe
Der Angeklagte ist durch das Schöffengericht wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt worden.
In der auf seine Berufung erneuten Hauptverhandlung hat die Strafkammer zu seinen persönlichen Verhältnissen sowie zum Schuldspruch dieselben Feststellungen wie in I. Instanz getroffen, so daß insoweit auf die Gründe des angefochtenen Urteils (Seite 2 der Urteilsurschrift, oben, bis Seite 3, Ende des dritten Absatzes) Bezug genommen werden kann.
Auf Grund dieser Feststellungen ist der Angeklagte zutreffend der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, beides in zwei Fällen, strafbar nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtmG; § 52, 53 StGB, für schuldig befunden worden.
Bei der Strafzumessung ist die Kammer in beiden Fällen von einem minderschweren Fall im Sinn des § 30 Abs. 2 BtmG ausgegangen. Hinsichtlich des ersten Falles hat die Kammer das Geständnis des Angeklagten in besonderem Maße mildernd gewertet, weil es die wesentliche Grundlage für den Schuldspruch war. Allein die von der Polizei gefundene Wechselquittung vom 15. November wäre insoweit, hätte der Angeklagte geschwiegen, nicht ausreichend gewesen. Deshalb erschien es gerechtfertigt, die Öffnung des Strafrahmens nach unten durch § 30 Abs. 2 BtmG auch tatsächlich zu nutzen. Eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten erschien danach ausreichend, wobei mit dem Abrücken vom unteren Rand des Strafrahmens abgegolten ist, daß die Grenze zur nicht geringen Menge hier doch erheblich überschritten war.
Hinsichtlich beider Fälle hat die Kammer zugunsten des Angeklagten gewertet, das Gegenstand der Taten Cannabis Produkte waren, und hat deshalb auch die Tat vom 23.11. als minder schwer (§ 30 Abs. 2 BtmG) angesehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 09. März 1994 im Ergebnis zwar die Strafbarkeit des Umgangs mit Cannabisprodukten bejaht. Das Gericht hat aber bei der Auseinandersetzung mit dem übermaßverbot (in Hinblick auf das vergleichsweise geringe Gefährdungspotential) die weiten Strafrahmen des Betäubungsmittelgesetzes als wesentlich bezeichnet. Konkret erschien hier für den Fall vom 23.11. eine Einzelstrafe von 18 Monaten Tat- und Schuldangemessen, wobei auch insoweit die bisherige Unbestraftheit und das Geständnis ins Gewicht fielen, wenn letzteres auch nicht die Bedeutung für den Schuldspruch hatte, wie im anderen Fall. Bei der Festsetzung der Gesamtstrafe auf 1 Jahr und 9 Monate ist die Gleichartigkeit beider Taten sowie der zeitliche und räumliche Zusammenhang berücksichtigt worden.
Die Kammer hat diese Strafe, soweit sie noch nicht durch die seit der Festnahme am 24. November 1993 erlitten Untersuchungshaft als verbüßt gilt, zur Bewährung ausgesetzt (§ 56 Abs. 2 StGB). Die Erwartung künftigen Wohlverhaltens hat die Kammer aus dem persönlichen Eindruck des Angeklagten gewonnen, an dem der bisherige Haftvollzug offensichtlich nicht wirkungslos vorbeigegangen ist, und der sich von der nachdrücklichen Verfolgung der Betäubungsmitteldelikte in der Bundesrepublik durchaus beeindruckt gezeigt hat. Die Besonderheit der Tat hat die Kammer wiederum in dem Umstand gesehen, daß es sich bei dem Gegenstand des Deliktes um ein Betäubungsmittel von minderer Gefährlichkeit gehandelt hat, die besonderen persönlichen Umstände in dem eher uneigennützigen Tatmotiv, wie es sich aus den oben in Bezug genommenen Feststellungen ergibt.
Diesen, sich aus der Gesamtwürdigung ergebenden Ergebnis steht auch nicht der Gesichtspunkt der Verteidigung der Rechtsordnung entgegen; auch hier ist auf das Rechtsverständnis der Allgemeinheit, die über die geringere Gefährlichkeit des Umgangs mit Cannabisprodukten aufgeklärt ist, abzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Der geständige Angeklagte hat sein Rechtsmittel zwar nicht förmlich beschränkt, jedoch das Ziel, nämlich eine deutliche Besserstellung im Rechtsfolgenausspruch, erreicht. Dem entspricht die Kostenentscheidung.