Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 23.05.2007, Az.: 3 B 1/07

Vorläufiger Rechtsschutz gegen eine Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag; Eine städtische Straßenausbaubeitragssatzung als Rechtsgrundlage für den angegriffenen Heranziehungsbescheid; Zulässigkeit einer sich nach äußeren Merkmalen (etwa Straßeneinmündung) ausrichtenden Beitragserhebung; Die Erneuerung der Beleuchtung einer Straßenteilrichtung, die Verbesserung der Straßenentwässerung und der Verkehrsfläche (Gehbereich) u.a. als Voraussetzungen für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
23.05.2007
Aktenzeichen
3 B 1/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 35422
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2007:0523.3B1.07.0A

Verfahrensgegenstand

Straßenausbaubeitrag

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Eine Abschnittsbildung im Rahmen der Erhebung eines Straßenausbaubeitrags verstößt gegen das Willkürverbot, wenn aufgrund der im Zeitpunkt der entsprechenden gemeindlichen Entscheidung ermittelbaren Daten zu erwarten ist, dass bei im Wesentlichen gleicher Vorteilssituation der einzelnen Grundstücke die berücksichtigungsfähigen Kosten für den Ausbau eines Abschnittes je qm Straßenfläche um mehr als ein Drittel höher liegen werden als die des anderen Abschnittes.

  2. 2.

    Die Beitragserhebung nach Bauabschnitten ist zulässig, wenn sich die Abschnitte nach äußeren Merkmalen ausrichten und die bauabschnittsweise Abrechnung auch sonst nicht zu willkürlichen Ergebnissen führt.
    Dies gilt nicht nur dann, wenn es um den "ersten" Abschnitt einer Straße geht, sondern auch dann, wenn der "letzte" Abschnitt ausgebaut wird und der erste Abschnitt durch Ablösungsvereinbarungen bereits endgültig abgerechnet worden ist.

  3. 3.

    Bei der Aufstellung neuer Straßenlampen nach Ablauf der üblichen Nutzungszeit handelt es sich um eine beitragsfähige Erneuerung im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts.

  4. 4.

    Durch bauliche Maßnahmen wird eine Verbesserung erzielt, wenn sich der Zustand der Anlage in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf ihre Benutzbarkeit hat.

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Lüneburg - 3. Kammer -
am 23. Mai 2007
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

  2. 2.

    Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.245,30 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen seine Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag für die B. in C., von der Einmündung D. bis E..

2

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks B., Gemarkung C., Flur, Flurstück F.. Das Grundstück wird sowohl gewerblich als auch wohnlich genutzt. Der Antragsteller wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. Oktober 2006 zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 4.981,21 EUR herangezogen. Dagegen hat der Antragsteller zum Aktenzeichen 3 A 440/06 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Nachdem die Antragsgegnerin mit Mahnung vom 10. Januar 2007 den noch nicht beglichenen Beitrag angefordert hatte, hat der Antragsteller am 16. Januar 2007 vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gestellt. Er macht im Wesentlichen geltend, die Umgestaltung der B. stelle keine beitragsfähige Maßnahme dar. Im Übrigen bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Abschnittsbildung.

3

Der Antrag ist zulässig nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO, da eine Vollstreckung droht. Dies ergibt sich daraus, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller am 10. Januar 2007 gemahnt hat, wobei diese Mahnung mehr ist als eine unverbindliche Zahlungsaufforderung. Angesichts dessen, dass darin nur eine kurze - einwöchige - Zahlungsfrist eingeräumt wird, ist sie vielmehr der erste zum Vollstreckungsverfahren maßgebliche Akt.

4

Der Antrag ist unbegründet, da gegen eine Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides ernstliche Zweifel nicht bestehen,§ 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO.

5

Rechtsgrundlage für den angegriffenen Heranziehungsbescheid ist die Straßenausbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 1992 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 2. Juli 2003 - SABS -. Nach § 1 SABS erhebt die Antragsgegnerin zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Straßen, Wege und Plätze - insgesamt, in Abschnitten oder Teilen - von den Eigentümern/Erbbauberechtigten der Grundstücke, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet, Beiträge nach Maßgabe dieser Satzung. Nach § 3 Abs. 2 SABS ermittelt die Antragsgegnerin den beitragsfähigen Aufwand jeweils für die einzelne Ausbaumaßnahme. Sie kann den Aufwand hiervon abweichend u.a. für Abschnitte einer Maßnahme (Abschnittsbildung) gesondert ermitteln. Nach § 4 Abs. 3 Nr. 4 SABS werden bei Fußgängerzonen 50% des Aufwandes auf die Beitragspflichtigen umgelegt.

6

Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Satzung sind weder geltend gemacht worden noch für das Gericht ersichtlich. Auf dieser Rechtsgrundlage ist die Heranziehung des Antragstellers nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage gerechtfertigt.

7

1.

Der Teil der öffentlichen Einrichtung, für den der Antragsteller straßenausbaubeitragspflichtig ist, ist die B. von der D. bis zur G. /H.. Zwar ist die B. bei der insoweit maßgeblichen natürlichen Betrachtungsweise von dem Platz I. bis zur G. /H. als einheitlicher Straßenzug anzusehen. Der Rat der Antragsgegnerin hat jedoch am 24. November 2005 beschlossen, für die Abrechnung der B., II. Bauabschnitt, einen Abschnitt zu bilden, und zwar von der Einmündung der Straße H. bis zur Einmündung der D..

8

Der Abschnittsbildungsbeschluss ist nicht zu beanstanden.

9

Der Abschnittsbildungsbeschluss ist noch rechtzeitig vor Entstehen der endgültigen Beitragspflicht gefasst worden. Denn im Zeitpunkt des Beschlusses lag die letzte Unternehmerrechnung, die ausweislich eines Vermerks in den Verwaltungsvorgängen vom 28. September 2006 vom 22. Februar 2006 datiert, noch nicht vor.

10

Die Einmündung D. ist hinreichend äußeres Merkmal für die Abschnittsbildung (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2006, § 8 Rdnr. 112 m.w.N.).

11

Die Abschnittsbildung ist nicht als ermessensfehlerhaft, insbesondere nicht als willkürlich anzusehen.

12

Es liegt zunächst kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor, soweit es die unterschiedlichen Kosten für den ersten und zweiten Bauabschnitt anbelangt. So ist ein Verstoß gegen das Willkürverbot anzunehmen, wenn aufgrund der im Zeitpunkt der entsprechenden gemeindlichen Entscheidung ermittelbaren Daten zu erwarten ist, dass - bei im Wesentlichen gleicher Vorteilssituation der einzelnen Grundstücke - die berücksichtigungsfähigen Kosten für den Ausbau eines Abschnittes je qm Straßenfläche um mehr als 1/3 höher liegen werden als des anderen Abschnittes. Berücksichtigungsfähig sind in diesem Zusammenhang ausschließlich Kosten, die auf einer andersartigen und wegen dieser Andersartigkeit aufwändigeren Ausstattung eines Abschnittes im Verhältnis zu der eines anderen Abschnittes beruhen (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a.a.O., § 8, Rdnr. 112 ; Urt. der Kammer vom 06.07.2005 - 3 A 58/03). Nach den Berechnungen der Antragsgegnerin, an denen zu zweifeln kein Anlass besteht, ergibt sich im vorliegenden Fall eine Differenz zwischen den Kosten der Bauabschnitte I und II von lediglich 12%, also weniger als 1/3.

13

Die Erwägungen, die die Antragsgegnerin in Bezug auf die Bildung eines Abschnitts angestellt hat, sind ebenfalls nicht als ermessensfehlerhaft anzusehen.

14

In der Vorlage der Verwaltung an den Rat zur Bildung eines Abschnittsbildungsbeschlusses wird ausgeführt, dass der Ausbau des I. Bauabschnitts im Jahre 2003 erfolgt sei und alle Ausbaubeiträge durch Verträge hätten abgelöst werden können. Dies sei beim Ausbau des II. Bauabschnittes auch versucht worden. Zwei Anlieger seien nicht bereit, die Ablösungsangebote anzunehmen. Voraussichtlich müssten die Ausbaubeiträge durch Bescheide erhoben werden. Um den Aufwand im Falle eines förmlichen Beitragserhebungsverfahrens so gering wie möglich zu halten, solle der II. Bauabschnitt separat abgerechnet werden. Eine Abschnittsbildung sei auch noch möglich.

15

Die Erwägungen der Verwaltung in der Beschlussvorlage sind nicht ermessensfehlerhaft. Dort ist nicht nur darauf abgestellt worden, dass der Aufwand des Beitragserhebungsverfahrens möglichst gering gehalten werden sollte, sondern auch ausgeführt worden, dass die Ausbaubeiträge des I. Bauabschnitt vollständig abgelöst worden seien. Bei dieser Sachlage ist eine Abschnittsbildung nicht als willkürlich anzusehen. Es ist seit jeher zulässig gewesen, die Beitragserhebung nach Bauabschnitten vorzunehmen, wenn sich die Abschnitte nach äußeren Merkmalen (etwa Straßeneinmündung) ausrichten und die bauabschnittsweise Abrechnung auch sonst nicht zu willkürlichen Ergebnissen führt (BVerwG, Urt. v. 29.05.1968 - IV C 23.66 -, KStZ 1969, 57- ; Urt. v. 11.12.1970 - IV C 24.69 -, BRS 37 Nr. 43). Diese Grundsätze gelten nicht nur dann, wenn es um den "ersten" Abschnitt einer Straße geht, sondern auch dann, wenn der "letzte" Abschnitt ausgebaut wird und der erste Abschnitt durch Ablösungsvereinbarungen bereits - wie hier zwei Jahre zuvor - endgültig abgerechnet worden ist.

16

2.

Die Voraussetzungen für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für die abgerechneten Baumaßnahmen liegen vor. Die Straßenteilrichtung Beleuchtung ist erneuert worden (a), die Straßenentwässerung und die Verkehrsfläche (Gehbereich) erfahren durch die baulichen Maßnahmen eine Verbesserung (b) und c)).

17

a)

Bei der Aufstellung neuer Straßenlampen handelt es sich um eine beitragsfähige Erneuerung.

18

Unter einer Erneuerung wird im Straßenbaubeitragsrecht die Ersetzung einer abgenutzten Anlage durch eine gleichsam neue Anlage von im Vergleich zum ursprünglichen Ausbau gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleichwertiger Befestigungsart verstanden, mithin eine Maßnahme, durch die eine nicht mehr voll funktionsfähige, also eine erneuerungsbedürftige Anlage in einen im Wesentlichen der ursprünglichen Anlage vergleichbaren Zustand versetzt wird. Beitragsfähig ist eine Erneuerung, sofern die Anlage aufgrund einer durch die bestimmungsgemäße Benutzung der Anlage verursachten Abnutzung erneuerungsbedürftig ist und zumindest die übliche Nutzungszeit abgelaufen ist, die unter Berücksichtigung der Qualität des früheren Ausbaus zu ermitteln ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl. 2004, § 32 Rdnr. 14). Eine beitragsfähige Erneuerung kann sich auch - wie hier - auf einzelne Teileinrichtungen beschränken.

19

Hier ist ein Erneuerungsbedarf der Straßenbeleuchtung nach Ablauf der üblichen Nutzungszeit anzunehmen. Die vormals vorhandene Beleuchtung ist bei Herstellung der B. in den Jahren 1970/1971 (das genaue Herstellungsdatum ist nicht bekannt) aufgestellt worden. Diese - ca. 35 Jahre alte Beleuchtung - war auch erneuerungsbedürftig. Dies ergibt sich aus einem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Vermerk vom 20. März 2003, in dem erwähnt wird, die vorhandene Straßenbeleuchtung sei abgängig und werde entsprechend der Beleuchtung I. neu installiert. Für ein Abgängigsein der Beleuchtung spricht auch, dass bereits im Jahr 1999/2000 (nur) defekte Lampen erneuert worden sind. Gegen das Vorliegen einer beitragsfähigen Erneuerung spricht auch nicht, dass die neuen Lampen jetzt möglicherweise an einer anderen Stelle aufgestellt worden sind und ein anderes Aussehen besitzen. Denn der neue Zustand muss dem ursprünglichen nur im Wesentlichen vergleichbar sein (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a.a.O., § 8 Rdnr. 292).

20

b)

Die Straßenentwässerung ist durch das Anlegen einer Gosse verbessert worden. Eine Verbesserung liegt vor, wenn sich der Zustand der Anlage in irgendeiner Hinsicht (z.B. räumliche Ausdehnung, funktionale Aufteilung der Gesamtfläche, Art der Befestigung) von ihrem ursprünglichen Zustand in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf ihre Benutzbarkeit hat (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 07.09.1999 - 9 L 393/99 -; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a.a.O., § 32 Rdnr. 29). Vor den baulichen Maßnahmen erfolgte die Oberflächenentwässerung durch feldweise Entwässerung in Abläufe ohne Wasserläufe. Demzufolge lief das Wasser unkontrolliert ab. Selbst wenn das Vorhandensein des alten Pflasters mit den breiteren Fugen dazu geführt haben mag, das im Gegensatz zum jetzigen Ausbauzustand ein Teil des Oberflächenwassers in den Fugen versickern konnte, stellte diese Möglichkeit des Versickerns eine geregelte Straßenentwässerung nicht dar. Nunmehr ist hingegen eine Wasserführung, die Gosse, in der Mitte der Verkehrsfläche angelegt worden, die das Wasser kontrolliert abführt, was die Benutzung der Fußgängerzone durch die Fußgänger erleichtert.

21

c)

Auch die Verkehrsfläche, der Gehbereich, ist verbessert worden.

22

Die Verbesserung ist allein schon darin zu sehen, dass der Unterbau verstärkt und frostsicherer hergestellt worden ist. Vormals war der Ausbau wie folgt: 10 cm Betonplatten 50 x 50 cm (Heidekieselplatten "Waschbeton"), 5 - 10 cm Sand, 10 - 15 cm Schotter, der anstehende Boden war mit Bauschutt durchmischt. Nach den baulichen Maßnahmen ist der Ausbau wie folgt: 10 cm Granitplatten, 3 cm Pflastersand, 30 cm Frostschutzschicht (Schotter-Splitt-Sand-Gemisch, Recycling-Material 0,32), 22 cm Frostschutzschicht (Sand- oder Sand-Kies-Gemisch). Der Aufbau beträgt nunmehr ca. 65 cm gegenüber dem vorherigen, der ca. 35 cm betrug. Des Weiteren sind zwei Frostschutzschichten vorhanden. Aus dem verstärkten Unterbau, verbunden mit einer geringeren Frostanfälligkeit folgt eine geringere Reparaturbedürftigkeit, die einen sicheren gefahrloseren Verkehr ermöglicht (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a.a.O., § 32 Rdnr. 51). Der Unterbau entspricht den heutigen Anforderungen hinsichtlich der zulässigen Gesamtgewichte für Lieferlastwagen nach der Straßenverkehrszulassungsordnung.

23

Ermessensfehler der Antragsgegnerin bezüglich der Entscheidung, den Unterbau im erfolgten Maße zu verbessern, liegen nicht vor.

24

Eine Gemeinde hat sowohl bei der Entscheidung, ob überhaupt und welche Ausbaumaßnahmen vorgenommen werden sollen, als auch bei der Entscheidung über den Inhalt des Bauprogramms (Ausbauart) einschließlich der Einzelarbeiten, die zur Verwirklichung des mit der jeweiligen Maßnahme verfolgten Ziels erforderlich sind, einen weiten Spielraum, der vom Gericht nur eingeschränkt überprüfbar ist und erst dann überschritten ist, wenn keine Gründe ersichtlich sind, die die Maßnahme im durchgeführten Umfang rechtfertigen können. Hinsichtlich der Entscheidung darüber, ob eine Ausbaumaßnahme an einer bestimmten öffentlichen Einrichtung durchgeführt werden soll, könnte eine Ermessensüberschreitung mit der Folge einer mangelnden Beitragsfähigkeit der entsprechenden Maßnahme allenfalls ausnahmsweise anzunehmen sein, nämlich wenn die Anlage - nachdem sie erst vor sehr kurzer Zeit mit einer Beitragsbelastung grundlegend ausgebaut worden ist - ohne sachlich rechtfertigenden Grund und mithin willkürlich (erneut) verbessert oder gleichsam "uferlos" verbreitert wird, oder wenn Teileinrichtungen oder Bestandteile von Teileinrichtungen angelegt werden, für die aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse unter keinen erdenklichen Gesichtspunkten ein von den "anliegenden" Grundstücken ausgehendes Bedürfnis besteht (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a.a.O., § 33 Rdnr. 43).

25

Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Fußgängerzone mit einem verstärkten und frostsichereren Unterbau herzustellen, ist nach vorstehenden Grundsätzen nicht als ermessensfehlerhaft anzusehen, denn über die Fußgängerzone ist auch der Anlieferverkehr zu den Geschäften in der Fußgängerzone abzuwickeln. Insoweit erscheint es nicht willkürlich, dass die Antragsgegnerin nicht ausschließlich auf die Belastung der Straße mit Fußgängern abgestellt hat, sondern auch diesen Schwerlastverkehr berücksichtigt hat. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass den Ausführungen der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung zufolge das alte Pflaster und der Unterbau auf Grund der Beanspruchung der Fußgängerzone u.a. durch Zulieferverkehr, Ver- und Entsorgungsfahrzeuge Verdrückungen aufwies, die sich durch Instandsetzungsmaßnahmen nicht mehr beheben ließen.

26

Die Neupflasterung der Straßendecke ist Teil der Verbesserung des Unterbaus, der dafür entstandene Aufwand stellt somit beitragsfähigen Aufwand für die Verbesserung des Unterbaus dar, mit der die Neupflasterung einhergeht. Insoweit kann offen bleiben, ob die Straßendecke als solche durch die Neupflasterung eine eigenständige beitragsfähige Verbesserung erfahren hat.

27

Die Antragsgegnerin hat das ihr eingeräumte Ausbauermessen in vorliegendem Fall nicht überschritten, als sie den ca. 35 Jahre alten Unterbau verbessert hat und im Zuge dessen die Verkehrsfläche neu gepflastert hat. Allerdings ist der Aufwand für die Ersetzung einer noch intakten Fahrbahndecke durch ein im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit gleichartige neue Decke nicht schon deshalb beitragsfähig, weil die Neugestaltung der Fahrbahndecke mit einer beitragsfähigen Verbesserung des Unterbaus verbunden ist (Nds. OVG, Urt. v. 28.11.2001 - 9 L 3193/00 -, Nds. Rechtspflege 2003, 52). Einer Gemeinde ist es grundsätzlich zumutbar, mit der Verbesserung des Unterbaus abzuwarten, bis sich die festgestellten Mängel am Unterbau der Straße auf die Ebenflächigkeit der Straße auswirken.

28

Abgesehen davon, dass es den Ausführungen der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung zufolge auch zu Verdrückungen des Pflasters gekommen ist, kann in vorliegendem Fall letztlich dahinstehen, ob entsprechende Mängel der Decke bereits vorlagen, denn ein Ermessensfehlgebrauch der Antragsgegnerin liegt deshalb nicht vor, weil in der B. 2005 Leitungsarbeiten der J. und der K. erforderlich waren. Dies durfte die Antragsgegnerin zum Anlass nehmen, die mehr als 35 Jahre alte Straße in der von ihr vorgenommenen Weise zu verbessern. Aus einem in den Verwaltungsvorgängen enthaltenem Zeitungsartikel vom 28. November 2002 ergibt sich, dass jedenfalls die Gasleitung bis zum Jahr 2006 entfernt werden musste. In diesem Zusammenhang äußerte der Tiefbauamtsleiter bei einer Sitzung des Bauausschusses der Antragsgegnerin (zwar in Bezug auf den I. Bauabschnitt, Gleiches hat jedoch für den II. Bauabschnitt zu gelten), dass etwa die Hälfte der 1971 verlegten Betonplatten bei den Bauarbeiten kaputt gehen würden. Sie müssten ersetzt werden, die Folge sei dann, dass dies wie ein Flickenteppich aussehe und nicht überall exakt ebenerdig sein werde, es würden Platten kippeln. In einem Protokoll der Bürgerversammlung am 7. September 2004 ist festgehalten worden, dass der Oberbürgermeister geäußert habe, dass die J. und die K. in 2005 auf jeden Fall Teile der Straße aufnehmen müssten, um alte Gas- und Abwasserleitungen zu erneuern. Aus Erfahrung wisse man, dass dabei große Teile der aufgenommenen Platten nicht wieder verlegt werden könnten, und es deshalb wünschenswert sei, wenn die Stadt C. im Anschluss an die Leitungsarbeiten den Straßenabschnitt neu gestalten könne. Anlass daran zu zweifeln, dass die Arbeiten der J. bzw. der K. notwendig waren, liegen demzufolge nicht vor.

29

Eine andere rechtliche Wertung wäre nur dann vorzunehmen, wenn die Antragsgegnerin sich bei nur kurzer Nutzungsdauer und bei einer Beschädigung der Straße durch Leitungsbauarbeiten der Ver- und Entsorgungsträger zu einer Verbesserung entschlossen hätte, um eine Beitragsfinanzierung zu ermöglichen, mithin den Weg der Verbesserung als Ausweg gewählt hätte, um die für eine beitragsfähige Erneuerung bestehenden Beschränkungen zu umgehen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 06.07.2006 - 9 LA 199/04 -). So eine Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Angesichts der beträchtlichen Nutzungsdauer der B. kann die Durchführung der Verbesserung mit dem Ziel der Anpassung an moderne verkehrstechnische Verhältnisse nicht rechtsmissbräuchlich sein.

30

d)

Die vom Antragsteller vorgetragenen eingetretenen Nachteile - Rutschgefahr, Pfützenbildung - führen nicht zu einer Kompensation der eingetretenen Verbesserung. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn der frühere Zustand eine erhebliche Veränderung zum Schlechteren erfahren hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a.a.O., § 32 Rdnr. 43). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden. Der Qualifizierung einer Maßnahme als beitragsfähige Verbesserung steht im Übrigen nicht entgegen, dass nachträglich an der verbesserten Anlage Mängel auftreten, die durch eine Nachbesserung behoben werden können. Dass die Ausbauart offensichtlich ungeeignet und ein Ermessensfehler der Antragsgegnerin diesbezüglich zu bejahen wäre (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a.a.O., § 32 Rdnr. 40), ist nicht erkennbar.

31

3.

Bedenken an der Höhe des beitragsfähigen Aufwandes bestehen bei summarischer Prüfung nicht, sie sind vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht worden. Gleiches gilt für die Ermittlung der Verteilungsfläche und die Veranlagung des Antragstellers im Einzelfall.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.245,30 EUR festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG. Der Streitwert ist auf 1/4 des Betrages von 4.981,21 EUR festzusetzen, der hier in Streit steht.

Siebert
Minnich
Sandgaard