Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 11.06.1981, Az.: 11 WF 40/81
Anspruch auf Prozesskostenhilfe für eine Unterhaltsklage trotz fehlender Verwendung der amtlich eingeführten Vordrucke bei der Antragstellung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 11.06.1981
- Aktenzeichen
- 11 WF 40/81
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1981, 22923
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1981:0611.11WF40.81.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Emden - 19.03.1981
Rechtsgrundlagen
- § 117 Abs. 2 ZPO
- § 117 Abs. 3 ZPO
- § 117 Abs. 4 ZPO
Fundstelle
- NJW 1981, 2130 (amtl. Leitsatz)
In dem Rechtsstreit
...
hat der 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 11. Juni 1981
durch
die unterzeichneten Richter
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Klägerinnen wird der Beschluß des Amtsgerichts Emden vom 19. März 1981 geändert.
Den Klägerinnen wird Prozeßkostenhilfe gewährt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die Klägerinnen suchen um die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für die von ihnen eingereichte Unterhaltsklage gegen den Beklagten nach. Durch Beschluß vom 19. März 1981 hat das Amtsgericht den Antrag abgelehnt, weil er nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form gestellt worden sei; denn die Klägerinnen hätten sich entgegen der aus § 117 Abs. 4 ZPO ergebenden Verpflichtung nicht des amtlich eingeführten Vordruckes bedient.
Hiergegen haben die Klägerinnen Beschwerde eingelegt und darauf verwiesen, daß sie nach § 1 Satz 2 Nr. 2 der Verordnung des Bundesministers der Justiz vom 24. November 1980 (BGBl. I S. 2163) als Minderjährige von der Benutzung des Vordruckes befreit seien.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Auffassung vertreten, § 1 Satz 2 Nr. 2 der Verordnung halte sich nicht im Rahmen der dem Verordnungsgeber in § 117 Abs. 3 ZPO erteilten Ermächtigung. Der Bundesminister der Justiz sei nur bevollmächtigt worden, Vordrucke einzuführen oder nicht, nicht aber gewisse Personen von dem Benutzungszwang auszunehmen. Eine solche Entscheidung habe allein dem Gesetzgeber obgelegen. Abgesehen davon fehle es an entsprechenden Erklärungen der Klägerinnen über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne von§ 117 Abs. 2 ZPO.
Die Beschwerde ist nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und auch sachlich gerechtfertigt.
Die Klägerinnen brauchen sich nicht des amtlichen Vordruckes zu bedienen.
Nach § 117 Abs. 2 ZPO sind dem Antrag auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Soweit Vordrucke für die Erklärung eingeführt sind, muß sich die Partei dieser nach§ 117 Abs. 4 ZPO bedienen. Durch Verordnung vom 24.11.1980 hat der Bundesminister der Justiz einen Vordruck für die Erklärung der Partei nach § 117 Abs. 2 ZPO eingeführt. Nach § 1 Satz 2 Kr, 1-3 dieser Verordnung gilt das nicht für die Erklärung einer Partei kraft Amtes, einer Juristischen Person oder einer parteifähigen Vereinigung, für die Erklärung eines minderjährigen unverheirateten Kindes, wenn äs einen Unterhaltsanspruch geltend, macht oder vollstrecken will, und für die Erklärung eines minderjährigen und verheirateten nichtehelichen Kindes", wenn es die Feststellung der Vaterschaft begehrt.
Der Senat hält diese in der Verordnung getroffene Regelung für wirksam. Sie hält sich im Rahmen der dem Verordnungsgeber erteilten gesetzlichen Ermächtigung. In § 117 Abs. 3 ZPO ist der Bundesminister der Justiz ermächtigt, aber nicht verpflichtet worden, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vordrucke für die Erklärung einzuführen. Wieweit er von dieser Ermächtigung Gebrauch machen wollte, lag in seinem Ermessen. Er konnte daher auch bestimmte Personengruppen von der Verpflichtung, sich des Vordruckes zu bedienen, ausnehmen. Versagt waren ihm allenfalls Differenzierungen, die unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) bestimmte Personengruppen ohne sachliche Berechtigung bevorzugt oder benachteiligt hätten; denn dann hätte sich der Verordnungsgeber einen Spielraum angemaßt, der üblicherweise nur dem Gesetzgeber zukommt, und damit den Rahmen der Ermächtigung überschritten. Hiervon ist vorliegend jedoch nicht auszugehen. Aus der Begründung zu der Verordnung (Bundesratdrucksache 531/80) ergibt sich, daß der Verordnungsgeber mit der Befreiung bestimmter Personen vom Benutzungszwang an die früher in§ 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO getroffene Regelung anknüpfen wollte. Nach jener Bestimmung brauchte ein minderjähriges unverheiratetes Kind, das einen Unterhaltsanspruch geltend machen wollte, ein Armutsattest nicht vorzulegen. Es ist sachgerecht wenn der Verordnungsgeber jene Regelung, die sich bewährt hatte, auch für das Verfahren auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe übernehmen wollte. Eine unzulässige Korrektur des Gesetzgebers liegt darin nicht.
Die Befreiung vom Zwang zur Benutzung des amtlichen Vordrucks entbindet die in § 1 Satz 2 Nr. 1 - 3 genannten Personen allerdings nicht davon, die nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Insofern ist gegenüber der früher in § 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F, getroffenen Regelung keine Erleichterung eingetreten; denn nach Jener aufgehobenen Bestimmung brauchte die Vermögenslage eines minderjährigen unverheirateten Kindes überhaupt nicht überprüft zu werden. Das Kind war daher auch von der Abgabe entsprechender Erklärungen und von der Vorlage von Belegen befreit, Der Zweck, den der Verordnungsgeber mit § 1 Satz 2 Nr. 1 -3 der Verordnung vom 24.11.1980 verfolgte, ist deshalb nur unvollkommen erreicht worden. Es kann sich sogar fragen, ob nicht durch diese Bestimmung in Wahrheit eine Erschwernis für diese Personengruppe eingetreten ist; denn der Vordruck ermöglicht der Partei zu erkennen, auf welche Erklärungen und Belege es nach § 117 Abs. 2 ZPO ankommt. Der Vordruck erleichtert also im gewissen Umfang die Antragstellung. Das ändert gleichwohl nichts daran, daß der Verordnungsgeber befugt war, den genannten Personenkreis von der Verpflichtung auszunehmen, die Vordrucke zu benutzen. Immerhin steht es diesen Personen frei, sich trotz der Befreiung der Vordrucke zu bedienen, wenn sie es für zweckmäßig erachten.
Das Amtsgericht hat nach alledem die Versagung der Prozeßkostenhilfe zu Unrecht darauf gestützt, daß sich die Klägerinnen des amtlichen Vordrucks nicht bedient haben.
Da sich im übrigen die für die Entscheidung über den Antrag auf Prozeßkostenhilfe nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Angaben aus den Schriftsätzen der Klägerinnen und den sonst von ihnen eingereichten Unterlagen ergeben, war ihnen unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung Prozeßkostenhilfe zu gewähren.
Die Kostenentscheidung folgt aus KV Nr. 1180, 1181 zu § 11 GKG und § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO.