Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.03.1990, Az.: L 1 An 133/89
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rückzahlung im Wege der Durchführung des Versorgungsausgleichs geleisteter Rentenbeiträge nach dem Tod des geschiedenen Ehegatten nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs; Bestimmung der Summe der Leistungen hinsichtlich des Grenzbetrags im Sinne des § 4 Abs. 2 VAHRG ; Umfang der Beratungs- bzw. Aufklärungspflicht des Rentenversicherungsträgers hinsichtlich der Überschreitung des Grenzwertes des § 4 Abs. 2 VAHRG bei Beantragung einer Halbwaisenrente
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 14.03.1990
- Aktenzeichen
- L 1 An 133/89
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1990, 21027
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:1990:0314.L1AN133.89.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 2 VAHRG
- § 7 VAHRG
Fundstelle
- FamRZ 1990, 1116-1118 (Volltext mit amtl. LS)
Der 1. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle hat -
auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht E.
den Richter am Landessozialgericht L.,
den Richter am Landessozialgericht Dr. F. sowie
die ehrenamtlichen Richter S. und R.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts L. vom 5. Juli 1989 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung im Wege der Durchführung des Versorgungsausgleichs geleisteter Beiträge an den Kläger nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Der am 25. April 1921 geborene Kläger war mit der am 16. Oktober 1984 verstorbenen W. M., geborene M., verheiratet. Aus der Ehe sind drei Kinder, ua die Tochter K. J. (geb 15. Juni 1960), hervorgegangen. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - U. vom 19. Dezember 1977 wurde die Ehe des Klägers geschieden. Durch ebenfalls rechtskräftigen Beschluß desselben Gerichts vom 30. November 1979 wurde der Kläger verpflichtet, zur Begründung von Anwartschaften auf eine Rente für seine geschiedene Ehefrau einen Betrag von 12.498,61 DM an die Beklagte zu entrichten. Dieser Verpflichtung ist der Kläger nachgekommen.
Gemäß Bescheid vom 20. Januar 1984 bezog die geschiedene Ehefrau des Klägers beginnend mit dem 1. Mai 1983 bis zu ihrem Tode Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nach Ihrem Tode beantragte die Tochter K. J. - kraft Vollmacht vertreten durch Ihren Vater, den Kläger - am 14. Dezember 1984 die Gewährung von Halbwaisenrente. Diesem Antrag entsprach die Beklagte durch Bescheid vom 23. Mai 1985.
Am 17. März 1987 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Rückerstattung der von ihm zur Durchführung des Versorgungsausgleichs geleisteten Beiträge gern § 7 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG).
Diesen Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 14. August 1987 und Widerspruchsbescheid vom 22. August 1988, abgesandt am 25. August 1988, ab. Zur Begründung führte sie insbesondere aus: Aus der nach § 1587 b Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) begründeten Rentenanwartschaft seien höhere als die in § 4 Abs. 2 VAHRG genannten Leistungen gewährt worden, so daß eine Rückerstattung gern § 7 VAHRG nicht möglich sei. Der Grenzwert betrage zwei Jahresbeträge eines Altersruhegeldes aus der genannten Rentenanwartschaft. Der Gesamtbetrag aus der durch Beitragsentrichtung begründeten Rentenanwartschaft erbrachten Leistungen in Höhe von 2.108,94 DM sei mit dem Grenzbetrag is von § 4 Abs. 2 VAHRG zu vergleichen. Dieser Grenzbetrag liege mit 2.088,48 DM niedriger, so daß gern § 7 VAHRG eine Rückzahlung der aufgrund familiengerichtlicher Entscheidung entrichteten Beiträge nicht zulässig sei.
Die am 26. September 1988 erhobene Klage hat der Kläger Im wesentlichen damit begründet, daß es zur Überschreitung des Grenzbetrages erst durch Gewährung der Halbwaisenrente für seine Tochter K. J. gekommen sei, die sich seinerzeit noch in Ausbildung befunden und Anspruch auf Unterhalt gegen ihn gehabt habe. Er sei dadurch in seinen Rechten verletzt, daß die Beklagte ihre Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflicht gem Art I §§ 13 bis 15 Sozialgesetzbuch-Allgemeiner Teil (SGB I) verletzt habe. Die Beklagte habe bereits in den Antragsformularen auf Halbwaisenrente darauf hinweisen müssen, daß Rechte Dritter - nämlich des Ausgleichspfllchtlgen - möglicherweise durch die Antragstellung berührt werden könnten. Ein entsprechender Hinweis hätte Veranlassung gegeben, auszurechnen, ob nicht eine Einigung mit der Tochter über eine angemessene Alimentierung ohne Inanspruchnahme der Halbwaisenrente die Ansprüche auf Rückerstattung der Barleistungen eröffnet hätte: Er, der Kläger, hätte dann seiner Tochter versprochen, ihr den Teil zukommen zu lassen, den er durch eine Nichtinanspruchnahme der Waisenrente aus der Rückerstattung seitens der Beklagten zu beanspruchen habe. Als Verfahrensbeteiligter des Versorgungsausgleichsverfahrens hätte ihm die Beklagte die Möglichkeit eröffnen müssen, seine Rechte geltend zu machen.
Durch Urteil vom 5. Juli 1989 hat das Sozialgericht (SG) L. die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung ist im wesentlichen ausgeführt: Zwar gehöre der Kläger zu dem durch Art I § 14 SGB I geschützten Personenkreis. Denn im Zeitpunkt der im Auftrage seiner Tochter erfolgten Antragstellung habe für ihn die Möglichkeit bestanden, aufgrund der Regelung des VAHRG einen Teil der von ihm an die Beklagte entrichteten Beiträge erstattet zu erhalten. Insofern sei die Beklagte grundsätzlich verpflichtet gewesen, ihn über seine damit verbundenen Rechte zu informieren. Dennoch liege eine Beratungspflichtverletzung durch die Beklagte nicht vor. Denn der Kläger habe sich nicht in eigener Sache an die Beklagte mit einem Beratungsersuchen gewandt. Der den Antrag auf Gewährung von Halbwaisenrente bearbeitende Angestellte der Beklagten habe aufgrund der vorliegenden Umstände keine Veranlassung gehabt, vor Entscheidung über die Bewilligung der Halbwaisenrente zu prüfen, ob möglicherweise Interessen schutzbedürftiger Dritter durch die Bewilligung der Rente beeinträchtigt werden könnten. Andernfalls werde nicht nur der Pflichtenkreis der Beklagten deutlich überspannt, sondern auch eine erhebliche Gefährdung der schutzwürdigen Interessen der Halbwaisen herbeigeführt. Denn es seien durchaus Situationen denkbar, in denen ein hinsichtlich der Gewährung von Halbwaisenrente Anspruchsberechtigter sich nicht mit dem nach dem VAHRG Ausgleichsberechtigten hinsichtlich der günstigsten Gestaltungsmöglichkeit für letzteren einige.
Gegen das - ihm am 17. Juli 1989 zugestellte - Urteil hat der Kläger am 17. August 1989 Berufung eingelegt. Zur Begründung des Rechtsmittels hat er im wesentlichen ausgeführt: Sinn des VAHRG sei es, dort einen Ausgleich zu schaffen, wo der Ausgleichspflichtige Aufwendungen gemacht habe, die dann wider Erwarten dem Berechtigten nicht zugute gekommen seien. Diesbezüglich müsse der Staat dem Bürger dazu verhelfen, seine Ansprüche zu erkennen und zu nutzen. Da der Kontakt zwischen geschiedenen Ehepartnern oftmals verlorengehe, sei der Ausgleichsverpflichtete auf die Information durch den Versicherungsträger angewiesen, ob Anrechte aus dem Versorgungsausgleich überhaupt oder nur in der Höhe von zwei Jahresbeiträgen gern § 4 Abs. 2 VAHRG in Anspruch genommen seien. Hinzu komme, daß die Tochter des Klägers unstreitig auf die Waisenrente verzichtet oder den Antrag zurückgenommen hätte, wenn die Erstattungsmöglichkeit der §§ 4, 7 VAHRG bekannt gewesen wäre.
Der Kläger beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts L. vom 5. Juli 1989 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. August 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 1988 aufzuheben;
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, ihm den aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - U. vom 30. November 1979 zur Durchführung des Versorgungsausgleichs gezahlten Betrag in Höhe von 12.498,61 DM, gemindert um die nach §§ 4, 7 VAHRG abzuziehenden Beträge, zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Die Verletzung einer aus dem Sozialrechtsverhältnis entstehenden Aufklärungs- und Beratungspflicht des Versicherungsträgers scheitere vorliegend schon daran, daß zwischen Kläger und Beklagter aufgrund der gemäß § 1587 b Abs. 3 BGB begründeten Anwartschaften kein Sozialrechtsverhältnis begründet worden sei. Auch bei Annahme einer Beratungspflicht sei die vom Kläger vorgetragene Möglichkeit einer Vereinbarung zugunsten der Tochter bei deren Verzicht auf den Anspruch auf Halbwaisenrente nicht geeignet, im vorliegenden Fall eine Beratungspflicht zu konstituieren. Denn es könne nicht Aufgabe des Sozialversicherungsträgers sein, sich Indirekt in Unterhaltsfragen einzumischen, um den Sozialleistungsempfänger von seinen Ansprüchen zugunsten gleichwertiger privater Ansprüche abzuhalten. Zudem sei eine entsprechende Einigung zwischen dem Kläger und seiner Tochter nicht bewiesen.
Außer den Gerichtsakten - L 1 An 133/89 - lagen die Verwaltungsakten der Beklagten - Versicherungsnummer: 52 240424 M 518-4424 - vor und waren Gegenstand der Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils, der Prozeß- und Beiakten sowie der Sitzungsniederschrift ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz - SGG - statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und damit zulässig.
Sachlich ist das Rechtsmittel jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückerstattung der von ihm zur Durchführung des Versorgungsausgleichs geleisteten Beiträge nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Denn die Beklagte hat ihm gegenüber die sozialrechtliche Pflicht zur Auskunft, Aufklärung bzw Beratung nicht verletzt. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14. August 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. August 1988 erweist sich mithin nicht als rechtswidrig.
Gemäß § 7 VAHRG sind dem Leistenden vom Rentenversicherungsträger die Beiträge unter Anrechnung der gewährten Leistungen zurückzuzahlen, die er aufgrund des Versorgungsausgleichs für den Berechtigten zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat, wenn feststeht, daß aus dem durch die Beitragszahlungen begründeten Anrecht keine höheren als die in § 4 Abs. 2 VAHRG genannten Leistungen zu gewähren sind. Nach dieser Vorschrift i.V.m. § 4 Abs. 1 VAHRG soll der Versorgungsanspruch des Verpflichteten nicht gekürzt werden, wenn der Berechtigte verstorben ist und aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht Leistungen gewährt worden sind, die insgesamt zwei Jahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezuges berechneten Rente aus dem erworbenen Anrecht nicht übersteigen. Im Gegensatz zu § 4 Abs. 1 VAHRG, der eine "Rückübertragung" von Rentenanwartschaften vor Eintritt eines Versicherungsfalls in der Person des Ausgleichsverpflichteten nicht gestattet (vgl. Urteil des BSG vom 08.11.1989 - 1 RA 61/87 -, zur Veröffentlichung vorgesehen), setzt der Rückzahlungsanspruch nach § 7 VAHRG den Eintritt des Versicherungsfalls beim Ausgleichsverpflichteten nicht voraus: Es muß nur feststehen, daß aus dem begründeten Anrecht keine höheren als die in § 4 Abs. 2 VAHRG genannten Leistungen zu gewähren sind.
Die - vom Kläger insoweit nicht angegriffene und nach den gesetzlichen Vorschriften durchgeführte - Berechnung der Beklagten im Bescheid vom 14. August 1987 belegt jedoch, daß der Gesamtbetrag der aus der durch Beitragsentrichtung begründeten Rentenanwartschaft erbrachten Leistungen (Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Ausgleichsberechtigte, Halbwaisenrente sowie Beiträge zur KVdR) den Grenzbetrag is des § 4 Abs. 2 VAHRG übersteigt: Dem Gesamtbetrag der Leistungen in Höhe von 2.108,94 DM steht ein Grenzbetrag is des § 4 Abs. 2 VAHRG in Höhe von 2.088,48 DM gegenüber.
Bei der Bestimmung der Summe der Leistungen ist die Beklagte auch zutreffend davon ausgegangen, daß neben der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auch die Hinterbliebenenrente und die Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung berücksichtigt werden müssen. Zwar ist der Begriff "Leistung" in § 4 VAHRG selbst nicht erläutert. Der mit "Leistungen aus der Versicherung" überschriebene Zweite Abschnitt des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG - regelt aber in seinem § 12 den Leistungsbegriff; ihm unterfallen sämtliche Regelleistungen der Versicherung, wozu insbesondere auch die Hinterbliebenenrenten (Halbwaisenrenten) zählen.
Die Beklagte hat dem Kläger gegenüber aber keine Beratungs- oder Aufklärungspflicht verletzt, so daß sie im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht verpflichtet ist, einen Zustand herzustellen, wie er ohne eine solche Pflichtverletzung bestehen würde. Denn bei Beantragung der Halbwaisenrente zugunsten der Tochter K. J. des Klägers, die schließlich zur Überschreitung des Grenzwertes des § 4 Abs. 2 VAHRG führte, oblag der Beklagten nicht die Pflicht, den Kläger hinsichtlich eines möglichen Verlustes seiner Ansprüche aus § 7 VAHRG zu belehren.
Bedenken bestehen bereits insoweit, als der Kläger an den Rechtsbeziehungen zwischen seiner Tochter als Antragstellerin der Halbwaisenrente und der Beklagten nicht unmittelbar beteiligt war. Im Hinblick auf das (nachwirkende) Sozialrechtsverhältnis zwischen seiner Tochter als Hinterbliebene der verstorbenen Versicherten und der Beklagten als Versicherungsträger bestanden unmittelbare rechtliche Beziehungen (Sozialrechtsverhältnis) zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht. Indes wird man den Begriff des Sozialrechtsverhältnisses is des Art I §§ 13 bis 15 SGB I weiter fassen müssen als beschränkt auf solche unmittelbaren Rechtsbeziehungen: Die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs über § 1587 b Abs. 3 BGB wirkten - zumindestens hinsichtlich eines möglichen Rückerstattungsanspruchs nach § 7 i.V.m. § 4 Abs. 2 VAHRG - über die reine Durchführung des Versorgungsausgleichs durch Begründung von Rentenanwartschaften zugunsten der Ausgleichsberechtigten mittels Beitragsentrichtung hinaus fort. Das folgt aus dem auch in § 7 VAHRG zum Ausdruck gekommenen Ziel der gesetzlichen Rentenversicherung, eine effektive Alterssicherung zu gewährleisten (vgl. insoweit Urteil des Senats vom 24. Januar 1990 - L 1 An 152/89 -), auch wenn der Kläger selbst nicht Versicherter der Beklagten ist und sich seine Rechtsbeziehungen zu ihr auf die Begründung von Rentenanwartschaften im Wege des Versorgungsausgleichs zugunsten seiner versicherten Ehefrau beschränkten.
Indes begründet das Verhalten der Beklagten bei Bearbeitung des Halbwaisenrentenantrags der Tochter des Klägers keinen Herstellungsanspruch. Denn das richterrechtliche Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs setzt tatbestandlich voraus, daß ein Versicherungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder aufgrund eines bestehenden Sozialrechtsverhältnisses dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht insbesondere zur Auskunft und Beratung sowie zu einer dem konkreten Anlaß entsprechenden verständnisvollen Förderung verletzt und dadurch dem Versicherten einen rechtlichen Nachteil zugefügt hat (BSGE 55, 40 ff, 43 [BSG 24.03.1983 - 1 RJ 92/81] m.w.N.). Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist in der letzteren Fallgruppe jedoch auf Sachverhalte begrenzt, in denen der Versicherungsträger nicht auf eine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit hingewiesen hat, die nach den dem Versicherungsträger bekannten tatsächlichen Umständen - objektiv - "klar zutage" lag und deshalb für ihn "erkennbar" war (BSGE 41, 126 ff, 128 [BSG 18.12.1975 - 12 RJ 88/75]; 46, 124 ff, 126; SozR 4220 § 6 Nr. 3; SozR 2200 § 1418 RVO Nr. 6). Den Versicherungsträger trifft mithin insoweit nur die Pflicht zur "verständnisvollen Förderung"; die bloße Möglichkeit, daß der Betroffene eine andere Wahl hinsichtlich eines ihm zustehenden Rechts getroffen hätte, begründet noch keine Pflicht zur entsprechenden Beratung (BSG SozR 1200 Art I § 14 SGB I Nr. 8 m.w.N.).
Auch wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, daß zwischen ihm und der Beklagten wegen der Fortwirkung rechtlicher Beziehungen aus dem Versorgungsausgleich zum Zeitpunkt der Beantragung der Halbwaisenrente durch die Tochter des Klägers ein Sozialrechtsverhältnis bestand, so hat die Beklagte doch Rechte des Klägers nicht dadurch verletzt, daß sie bei der Bearbeitung des Halbwaisenrentenantrags der Tochter weder diese noch ihn - den Kläger - darauf hingewiesen hat, daß durch die Gewährung der beantragten Rente ein - sonst bestehender - Rückerstattungsanspruch ausgeschlossen werde.
Es kann hier dahinstehen, ob ein Rentenversicherungsträger bei vorzeitigem Tod eines Rentenempfängers mit Leistungen aus einem Versorgungsausgleich zur Aufklärung und Beratung von Amts wegen verpflichtet ist, wenn der Grenzwert des § 4 Abs. 2 VAHRG bis dahin nicht überschritten worden ist. Eine solche Verpflichtung besteht jedenfalls dann nicht, wenn die Voraussetzungen für weitere Rentenleistungen aus dem Versicherungsverhältnis erfüllt, diese beantragt sind und zu erwarten ist, daß mit der Gewährung der beantragten Leistung der Grenzwert überschritten wird. Vor allem aber trat es hier nach den objektiven Umständen für die Beklagte nicht "klar zu tage", daß die Tochter des Klägers als Antragstellerin bei Kenntnis der Sach- und Rechtslage zugunsten des Klägers auf ihren Waisenrentenanspruch verzichten könnte. Allein die - entfernte - rechtliche Möglichkeit, daß die Tochter nach Aufklärung über die Zusammenhänge eine (zivilrechtliche) vertragliche Vereinbarung mit dem Kläger auf Zahlung eines gleichen Betrages wie die Halbwaisenrente treffen und daraufhin zugunsten des Klägers auf ihren Rentenanspruch verzichten werde, ist nicht geeignet, eine entsprechende Beratungspflicht der Beklagten zu begründen. Dies gilt umso mehr, als ein materiell-rechtlich gleichwertiger zivilrechtlicher Anspruch gegen den Vater nicht mit, gleicher Sicherheit durchsetzbar gewesen wäre wie ein Rentenanspruch gegen den öffentlich-rechtlichen Träger der Sozialversicherung. Die Beratungspflicht des Rentenversicherungsträgers kann nicht so weit gehen, daß dieser unter Einbeziehung aller denkbaren privatrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten die materiell-rechtlich optimale Berechnung unter Einbeziehung aller möglicher Beteiligter abzuklären hätte.
Allein die anders denkbare Handhabung indiziert nicht eine Pflichtverletzung der Beklagten. Dies gilt - worauf das SG zu Recht hingewiesen hat - insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, daß eine entsprechende Aufklärung eines nicht unmittelbar Betroffenen (des Klägers) gegebenenfalls zu einer erheblichen Gefährdung der schutzwürdigen Interessen der Halbwaisen führen könnte, insbesondere dann, wenn keine Einigkeit zwischen dem Ausgleichsberechtigten is des VAHRG und der Halbwaisen besteht. In solchen Fällen ist nicht auszuschließen, daß ein Ausgleichsberechtigter insbesondere minderjährige Halbwaise im Hinblick auf ein für ihn günstiges Ergebnis unter Druck setzt.
Allein die Tatsache, daß der Versicherungsträger hinsichtlich aller Daten und der Möglichkeit der Feststellung, ob die Voraussetzungen der §§ 7, 4 Abs. 2 VAHRG vorliegen, bessere Informationsmöglichkeiten - schon aufgrund der elektronischen Datenverarbeitung - besitzt als der Ausgleichsverpflichtete, rechtfertigt nicht die Annahme einer so weitgehenden Auskunfts- und Beratungspflicht. Fraglich ist schon, inwieweit der zuständige Sachbearbeiter bei Bearbeitung eines eingegangenen Waisenrentenantrags über die Feststellung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hinaus überhaupt gehalten ist, festzustellen bzw nachzuprüfen, ob die Rente auch auf im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen oder begründeten Anwartschaften beruht. Selbst bei einer solchen Feststellung muß - ohne weitere Anhaltspunkte wie z.B. eine entsprechende Anfrage eines Beteiligten - keinesfalls "klar zutage" treten, daß ein Dritter (Ausgleichsverpflichteter) im Hinblick auf §§ 7, 4 Abs. 2 VAHRG gegebenenfalls Nachteile erleidet. Jedenfalls wird für ihn nicht objektiv erkennbar, daß Rechte des Dritten - die im Einzelfall nicht mit den Interessen und Rechten des Antragstellers korrespondieren müssen - beeinträchtigt werden könnten. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der Kläger als durch §§ 7, 4 Abs. 2 VAHRG möglicherweise Begünstigter es selbst war, der in Vollmacht seiner - volljährigen - Tochter den Antrag auf Halbwaisenrente gestellt hat.
Unter Berücksichtigung dessen, daß der vollzogene Versorgungsausgleich den Normalfall, der Rückausgleich hingegen den Sonderfall darstellt (vgl. BVerfGE 53, 302 f; BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 ua - DAngVers 1989, 392 ff) besteht für den Rentenversicherungsträger auch keine generelle Verpflichtung, in die Formulare und ggf Merkblätter zum Antrag auf Gewährung einer Regelleistung - vorliegend: Halbwaisenrente - einen besonderen Hinweis auf diese Sonderregelung aufzunehmen. Keinesfalls ist der Versicherungsträger verpflichtet, auf jede rechtlich denkbare Konstellation und Gestaltungsmöglichkeit bzw rechtliche Konsequenz eines Antrags hinzuweisen. Dabei kann dahinstehen, inwieweit selbst bei Annahme einer solchen allgemeinen Informationspflicht deren Verletzung einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen könnte (vgl. hierzu u.a. BSG SozR 2200 § 1324 Nr. 3).
Der Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 193 Abs. 1 SGG der Erfolg zu versagen.
Der Senat hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) und daher die Revision zugelassen.