Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 18.05.2022, Az.: 1 Ss 42/21
Anforderungen an Beweiswürdigung bei Aussage gegen Aussage; Keine Aussage gegen Aussage-Situation bei mehreren Belastungszeugen aus einem Lager; Anwendbarkeit einer Aussage gegen Aussage nur bei einzigem Belastungszeugen; Konkrete Anforderungen an Würdigung von Zeugenaussagen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 18.05.2022
- Aktenzeichen
- 1 Ss 42/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 26317
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2022:0518.1SS42.43.21.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Göttingen - 03.02.2021 - AZ: 12 Ns 24 Js 17790/18 (4/19
Rechtsgrundlagen
- § 261 StPO
- § 123 Abs. 1 StGB
- § 223 Abs. 1 StGB
- § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB
- § 473 Abs. 1 StPO
Fundstelle
- NStZ-RR 2023, 25
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die erhöhten Anforderungen, die die Rechtsprechung bei "Aussage gegen Aussage" Situationen an die Beweiswürdigung stellt, beziehen sich nur auf Fälle, bei denen die Verurteilung allein auf der Aussage des "einzigen" Belastungszeugen beruht. Sie greifen nicht ein, wenn die Entscheidung auf mehrere Belastungszeugen gestützt ist, mögen diese auch in einem Lager stehen.
- 2.
Der Umfang der notwendigen Würdigung von Zeugenaussagen orientiert sich jeweils an der konkreten Beweissituation. Es kann im Einzelfall ausreichen, die Übereinstimmung der Angaben mehrerer Belastungszeugen mit dem Sachverhalt, der dem Urteil zugrunde liegt, festzustellen.
Tenor:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 3. Februar 2021 werden auf ihre Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Die Angeklagten A. D. und B. D. sind am 12. Februar 2019 vom Amtsgericht Herzberg am Harz - Jugendrichterin - wegen des Vorwurfs der mit dem nicht revidierenden C. D. begangenen gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit jenem des Hausfriedensbruch zu einer Freiheitsstrafe von je 4 Monaten verurteilt worden. Die dagegen gerichteten Berufungen der Angeklagten hat die wegen des zur Tatzeit (18. April 2018) heranwachsenden C. D. zuständige Jugendkammer des Landgerichts Göttingen am 3. Februar 2021 verworfen, soweit es den Schuldspruch betrifft. Die Rechtsfolgenaussprüche hingegen hat die Kammer aufgehoben und die Angeklagten stattdessen jeweils nur zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt, deren Höhe sie beim Angeklagten A. D. mit 10,- € und beim Angeklagten B. D. mit 20,- € festgesetzt hat.
Nach den Feststellungen der Jugendkammer hätten die Angeklagten B. und A. D. am 17. April 2018 das Grundstück des Zeugen W., der dort einen Autohandelsbetrieb unterhält, in S. aufgesucht. Der Angeklagte B. D. habe mit dem Zeugen F. einen Kaufvertrag über einen Pkw geschlossen. Gemäß dem Kaufvertrag, in dem zahlreiche Mängel des 19 Jahre alten Fahrzeugs aufgelistet waren, habe der Zeuge F. den Pkw zum Preis von 1.500,- € unter Ausschluss jeglicher Garantie und Gewährleistung verkauft. Absprachegemäß habe der Angeklagte B. D. bereits an diesem Tag die Fahrzeugpapiere in Empfang genommen, um das Fahrzeug umgehend anmelden zu können.
Am 18. April 2018 habe der Angeklagte A. D. dann gegen 9:15 Uhr beim Zeugen F. angerufen und diesen aufgefordert, den Kauf wegen der zahlreichen Mängel des Fahrzeugs rückgängig zu machen. Der Zeuge habe daraufhin sinngemäß erwidert, dass er inzwischen - wie vereinbart - neue Reifen für das Fahrzeug bestellt habe und daher keine folgenlose Aufhebung des Kaufvertrages in Betracht komme. Er habe auf einen pauschalierten Schadensersatzanspruch in Höhe von 15 % des Kaufpreises hingewiesen, der ihm nach dem Vertragsinhalt bei einem Rücktritt vom Kaufvertrag zustehe.
Am 18. April 2018 gegen 10:15 Uhr seien nunmehr, so die weiteren Feststellungen der Kammer, die Angeklagten A., B. und C. D. gemeinsam auf dem Betriebsgelände in S., das - mit Ausnahme des Bereichs der Einfahrt - mit einer kniehohen Mauer zur Straße sowie mit ca. 20 cm hohen Kantsteinen bzw. mit einem Zaun zu den Nachbargrundstücken eingegrenzt gewesen sei, erschienen. Weil die Angeklagten nach dem vorangegangenen Telefonat damit gerechnet hätten, dass es zu Streitigkeiten zwischen dem Angeklagten A. D. und dem Zeugen F. kommen könnte, hätten C. und B. D. ihren Vater begleitet, um ihn nötigenfalls zu schützen und bei einer von allen Angeklagten nicht ausgeschlossenen körperlichen Auseinandersetzung gegebenenfalls zu unterstützen. Dass seine Söhne eingreifen würden, sei dem Angeklagten A. D. bewusst gewesen, der seine Söhne gezielt aufgefordert habe, ihn zu begleiten.
Der Angeklagte A. D. habe dem Zeugen F. die Fahrzeugpapiere übergeben. Dieser habe sie entgegengenommen und an seine Lebensgefährtin E. weitergegeben, jedoch erneut darauf verwiesen, dass er 15 % des Kaufpreises in Rechnung stellen müsse. Daraufhin sei es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten A. D. und dem Zeugen F. gekommen, deren genauen Inhalt die Kammer nicht habe feststellen können. Im Anschluss daran habe der Zeuge F. jedenfalls mit seinem Zeigefinger auf den Angeklagten A. D. gezeigt und sinngemäß geäußert: "Wenn Sie mir vorhin am Telefon nicht gesagt hätten, dass die Scheißkarre sowieso neue Reifen braucht,...", woraufhin A. D. ihm ins Wort gefallen sei und geantwortet habe, der Zeuge möge nicht mit dem Finger auf ihn zeigen, sonst setze es was. Der Zeuge habe nunmehr angekündigt, eine Rechnung zu versenden und den Streit über einen Rechtsanwalt klären zu lassen, was zu einer lautstarken Antwort des Angeklagten A. D. geführt habe, deren Inhalt die Kammer wiederum nicht mehr habe feststellen können. Daraufhin habe der Zeuge F. erneut mit dem Finger auf A. D. gezeigt und diesen sowie seine beiden Söhne aufgefordert, jetzt sofort sein Grundstück zu verlassen. Dies habe A. D. veranlasst, dem Zeugen F. erneut lautstark anzudrohen, dass es gleich was setze. Der Zeuge F. als Hausrechtsinhaber habe den Angeklagten A. D. sowie seine beiden Söhne nun nochmals aufgefordert, das Grundstück zu verlassen.
Diese Aufforderung hätten die Angeklagten ignoriert und der erzürnte Angeklagte A. D. habe sie zum Anlass genommen, auf den Zeugen F. zuzugehen und ihn anzugreifen. Er habe ihn an seinem T-Shirt gepackt, um ihn zu Boden zu reißen. Eine Verletzung des Zeugen F. habe der Angeklagte A. D. dabei zumindest billigend in Kauf genommen. Als sich der Zeuge gegen diesen Angriff zur Wehr gesetzt habe, sei zunächst der Angeklagte B. D., wie von den drei Angeklagten für diesen Fall vorgesehen, seinem Vater zu Hilfe gekommen. Er habe Herrn F. von der Seite angesprungen, um ihn zu Boden zu bringen, wobei auch er eine Verletzung des Zeugen zumindest billigend in Kauf genommen habe. Sowohl der Zeuge F. als auch die Angeklagten B. und A. D. seien tatsächlich zu Boden gegangen. Nachdem sie wieder aufgestanden seien, habe der Angeklagte B. D. versucht, den Zeugen F. zu schlagen. Dieser habe sich dagegen jedoch erfolgreich zur Wehr setzen können, indem er B. D.s Arme ergriffen habe und diese so habe fixieren können. Anschließend habe der Zeuge F., um sich zu verteidigen, den Angeklagten B. D. in Richtung des Angeklagten A. D., der gerade erneut auf den Zeugen F. zugekommen sei, geschubst. Zuletzt habe der Angeklagte C. D. in die Auseinandersetzung eingegriffen, um, wie verabredet, seinen Vater und seinen Bruder zu unterstützen. Er habe den Zeugen F. fest ins Gesäß getreten, um ihn zu verletzen. Infolge des Angriffs der Angeklagten habe der Zeuge F. Schürfwunden an den Händen, am linken Fuß, an beiden Knien und am linken Ellenbogen erlitten. Außerdem hätten die Angeklagten ihm Schmerzen in der rechten Schulter zugefügt und seine Brille beschädigt.
Der Angeklagte A. D. hat sich demgegenüber dahingehend eingelassen, dass der Angriff von dem Zeugen F. ausgegangen sei. Es treffe zwar zu, dass sie gemeinsam (zu seinem Schutz) das Betriebsgelände in S. aufgesucht hätten. Dort sei es dann zum Streit über die Stornogebühr gekommen, die bei der gewünschten Rückgabe des Fahrzeugs habe fällig werden sollen. Laut sei es aber erst geworden als die Zeugin E. hinzugekommen sei und geschrien habe. Sie hätten dann das Betriebsgelände verlassen wollen und seien gemeinsam in Richtung Straße gegangen, als der Angeklagte A. D. vom Zeugen F. von hinten umgestoßen worden und zu Boden gegangen sei. Der Zeuge F. habe A. D. außerdem Schläge auf den Rücken versetzt, weshalb B. D. eingegriffen habe. Während beide miteinander gekämpft hätten und A.D. seinem Sohn B. nicht habe helfen können, habe dann auch C. D. den Zeugen F. in den Hintern getreten. Der Angeklagte B. D. hat die Angaben seines Vaters bestätigt. Er habe Herrn F. "umarmt", damit er nicht weiter schlagen könne. Anschließend seien sie zu Boden gegangen. Den späteren Tritt des C. habe er nicht gesehen, sein Bruder habe ihm aber davon berichtet.
Diese Angaben hat die Kammer als Schutzbehauptung gewertet. Sie hat vielmehr den Zeugen F. und E. Glauben geschenkt, die den Sachverhalt so geschildert hätten, wie ihn die Kammer festgestellt habe. Im Rahmen der Strafzumessung hat die Kammer indes von der Verhängung einer Freiheitstrafe abgesehen und es - angesichts des Mindestmaßes von 3 Monaten Freiheitsstrafe für den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung (im minder schweren Fall) - gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 StGB bei beiden Angeklagten bei der Mindeststrafe von 90 Tagessätzen belassen. Dabei hat die Kammer die lange zurückliegende Tatzeit, die lange Verfahrensdauer, die geringen Verletzungsfolgen und den Umstand berücksichtigt, dass der Zeuge F. durch sein gleichfalls nicht freundliches Verhalten zur Eskalation beigetragen habe.
Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten A. und B. D. Revision eingelegt. Mit ihrer - auch allgemein - erhobenen Sachrüge vertreten die Angeklagten die Auffassung, dass die Beweiswürdigung der Kammer lückenhaft und nicht nachvollziehbar sei; sie widerspreche zudem allgemeinen Denkgesetzen.
Es liege eine "Aussage gegen Aussage" Konstellation vor. Die besonderen Anforderungen, die die Rechtsprechung bei solchen Fällen entwickelt habe, erfasse nicht nur "Eins gegen Eins Situationen"; sie seien auch zu beachten, wenn mehrere Zeugen in demselben Lager stünden. Eine solche Konstellation liege hier vor, weil weitere neutrale Beweismittel nicht vorhanden seien. Solche Beweismittel seien insbesondere nicht in den dokumentierten Verletzungen zu erkennen, weil es unstreitig zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen und lediglich fraglich sei, von wem der erste Übergriff ausgegangen sei. Es fehle bereits die konkrete Darlegung der Aussage des angeblich geschädigten Zeugen F.. Auch zur Zeugin E., der Lebensgefährtin des Zeugen F., werde nur pauschal festgehalten, dass sie die Aussage des Zeugen F. bestätigt habe. Die Kammer habe ferner jegliche Ausführungen zu Plausibilität, Detailliertheit oder möglichen Aussagemotiven versäumt. In Bezug auf die Konstanz der Aussage des Zeugen F. habe die Kammer lediglich festgestellt, dass sie im "Kerngeschehen" konstant gewesen sei. Was nach Ansicht der Kammer das Kerngeschehen ausmache, teile sie nicht mit. Ebenfalls lasse sich dem Urteil nicht entnehmen, in welchen Randbereichen die Aussage nicht konstant gewesen sei.
Zudem ziehe die Kammer im Rahmen ihrer Beweiswürdigung angebliche allgemeine Erfahrungssätze heran, die es gar nicht gebe und die denklogisch auch nicht plausibel seien. So führe die Kammer aus, dass die Angaben des Angeklagten A. D. schon deshalb "sehr fernliegend" seien, weil er das Betriebsgelände des Zeugen F. nach der verbalen Auseinandersetzung angeblich "friedlich" verlassen haben wolle. Es gebe aber zum einen nicht den allgemeinen Erfahrungssatz, dass "aufgebrachte und aufbrausende" Personen anschließend Körperverletzungsdelikte begehen. Zum anderen würde dies in gleichem Maße für den Zeugen F. gelten, der nach den Urteilsfeststellungen "nicht freundlich" zum Angeklagten gewesen sei.
Schließlich habe die Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung auch an keiner Stelle ausgeführt, warum von einem einvernehmlichen Zusammenwirken der Angeklagten im Sinne des § 224 Abs.1 Nr. 4 StGB auszugehen sei. Allein der Umstand, dass die Söhne ihren Vater zu dem Gespräch begleitet hätten, lasse diesen Schluss nicht zu. Verwandte würden regelmäßig zu schwierigen Verhandlungsgesprächen als emotionale Unterstützung mitgenommen. Weshalb die Angeklagten B. und C. D. auch eine Unterstützung des Angeklagten A. D. bei einer körperlichen Auseinandersetzung in ihren Willen einbezogen haben sollen, lasse sich dem Urteil nicht entnehmen.
Die Verteidiger beantragen, das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Göttingen zurückzuverweisen
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt ebenfalls, das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Göttingen zurückzuverweisen.
Dabei tritt die Generalstaatsanwaltschaft den Ausführungen der Angeklagten bei, dass die Beweiswürdigung den revisionsrechtlichen Anforderungen nicht genüge. Es könne dahinstehen, ob die Anforderungen, die bei der Würdigung einer "Aussage-gegen- Aussage" Konstellation einzuhalten seien, auch im Falle einer Lagerbildung beachtet werden müssten. Jedenfalls habe der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass es, sofern es die für die Urteilsfindung maßgebliche Zeugenaussage betreffe, nicht genüge, pauschal darauf zu verweisen, dass ein Zeuge ein Tatgeschehen entsprechend den getroffenen Feststellungen geschildert habe. Vielmehr sei es in solchen Fällen erforderlich, den näheren Inhalt der den Angeklagten belastenden Aussagen und die Umstände ihrer Entstehung darzustellen. Daran fehle es.
II.
Der Angeklagte B. D., dem das angefochtene Urteil vom 3. Februar 2021 erst am 8. Januar 2022 wirksam zugestellt worden ist, hat sein Rechtsmittel form- und fristgerecht mit der Sachrüge begründet. Beim Angeklagten A. D. gilt dasselbe, nachdem ihm der Senat mit Beschluss vom 18. Februar 2022 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gewährt hat.
In der Sache haben die Rechtsmittel indes keinen Erfolg. Die Kammer hat sowohl in Bezug auf die Voraussetzungen der gefährlichen Körperverletzung (§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) als auch auf jene des Hausfriedensbruchs durch Nichtentfernen vom befriedeten Besitztum trotz Aufforderung (§ 123 Abs. 1 Var. 2 StGB) auf der Grundlage einer tragfähigen Beweiswürdigung ausreichende Feststellungen getroffen.
Auch im Übrigen weist das Urteil keine durchgehenden Rechtsfehler auf.
1.
Soweit es die Feststellungen zum Vorwurf einer in Mittäterschaft begangenen gefährlichen Körperverletzung betrifft, folgt der Senat der Generalstaatsanwaltschaft, die mit Recht davon ausgeht, dass sich die Voraussetzungen eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB aus dem Urteil ergeben. § 224 Abs. 1 Nr. 4 ist erfüllt, wenn der Täter mit einem anderen Beteiligten (mag dieser auch Gehilfe sein) bewusst zusammenwirkt (Fischer, StGB, 69. Aufl., § 224 Rn. 23). Der von der Kammer festgestellte Sachverhalt rechtfertigt bei beiden Angeklagten die Annahme von Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB. Dafür ist es nicht erforderlich, dass jeder Mittäter sämtliche Tatbestandsmerkmale in seiner Person verwirklicht. Es reicht stattdessen, dass sein Handeln als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung des eigenen Beitrags erscheint (BGH, Beschluss vom 28. April 2021, 2 StR 34/20, juris, Rn. 25; Fischer, StGB; 69. Aufl., § 25 Rn. 23). Das ist den dargestellten Feststellungen der Kammer zu entnehmen, die zunächst ausgeführt hat, dass der Angeklagte A. D. seine Söhne bewusst mitgenommen habe, damit diese ihn bei einer nicht ausgeschlossenen körperlichen Auseinandersetzung gegebenenfalls unterstützen können. Nach den weiteren Feststellungen der Kammer haben sodann zunächst der Angeklagte B. D. und danach C. D. in das Geschehen eingegriffen und den Zeugen F. ihrerseits gemäß der vorangegangenen Abrede angegriffen.
Dass die Angeklagten nach ihrer eigenen Einlassung mit Verteidigungswillen gehandelt haben wollen, schadet nicht. Denn aus den Angaben des Geschädigten F. und seiner Lebensgefährtin E., die die Kammer in rechtlich nicht zu beanstandender Weise (dazu sogleich unter 2.) für glaubhaft angesehen hat, ergibt sich, dass der Angeklagte A. D. und seine Söhne gerade nicht zum Zweck der Verteidigung gehandelt haben. Danach ist der Angriff vielmehr vom Angeklagten A. D. ausgegangen, der erzürnt war, nachdem er vom Geschädigten F. aufgefordert wurde, das Grundstück zu verlassen. An diesem Angriff haben sich die beiden Söhne (also auch der Angeklagte B. D.) dann absprachegemäß aktiv beteiligt.
Dass die Angeklagten A. und B. D. darüber hinaus auf der Grundlage der Feststellungen jeweils den Tatbestand des Hausfriedensbruchs durch Verweilen trotz Aufforderung des Hausrechtsinhabers erfüllt haben, begegnet ebenfalls keinen Bedenken.
Die Annahme einer tateinheitlichen Verwirklichung der Vorwürfe der gefährlichen Körperverletzung und des Hausfriedensbruchs mag rechtlich unzutreffend sein (vgl. dazu Krüger in Leipziger Kommentar, StGB, 13. Aufl., § 123 Rn. 95), beschwert die Angeklagten aber nicht.
2.
Im Gegensatz zur Auffassung der Angeklagten und der Generalstaatsanwaltschaft weist auch die Beweiswürdigung der Kammer keine revisionsrechtlich beachtlichen Fehler auf. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts und, sofern sie keine Rechtsfehler enthält, im Revisionsverfahren hinzunehmen. Auf die Sachrüge beachtliche Rechtsfehler sind unter anderem gegeben, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist (BGH, Beschluss vom 18. März 2021, 4 StR 480/20, juris, Rn. 2; BGH, Beschluss vom 26. November 2019, 2 StR 300/19, juris, Rn. 9). Solche Rechtsfehler liegen nicht vor. Die Kammer durfte insbesondere bei den Aussagen der Belastungszeugen F. und E. auf die Feststellungen verweisen und musste diese im Rahmen der Beweiswürdigung nicht in allen Einzelheiten wiedergeben.
a.
So sind zunächst die Kriterien, die die Rechtsprechung (vgl. schon BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1997, 2 StR 591/97, juris, Rn. 6; BGH, Urteil vom 29. Juli 1998, 1 StR 94/98, juris, Rn. 13) bei "Aussage gegen Aussage" Konstellationen aufstellt, hier nicht anzuwenden. Das Kammergericht (Beschluss vom 12. Dezember 2018, (2) 161 Ss 150/18, juris) weist zutreffend darauf hin, dass diese Rechtsprechung keine Fälle erfasst, bei denen Angeklagte durch mehrere Zeugen belastet werden. Mögen die Zeugen auch - wie hier die Zeugen F. und E. - in einem Lager stehen, bedeutet das noch nicht, dass ihre Aussagen gleichsam zu einer verschmelzen (KG Berlin, a.a.O., Rn. 4; Ott in Karlsruher Kommentar, StPO, 8. Aufl., § 261 Rn. 100). Die gegenteilige Auffassung des OLG Frankfurt (Beschluss vom 6. November 2009, 1 Ss 390/08, juris, Rn. 31) ist erkennbar dem konkreten Einzelfall (übereinstimmende Aussage von vier Polizeibeamten) geschuldet und jedenfalls mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an der sich der erkennende Senat orientiert, nicht zu vereinbaren. Denn der Bundesgerichtshof bezieht die erhöhten Anforderungen der "Aussage gegen Aussage" Rechtsprechung nur auf Fälle, bei denen die Verurteilung allein auf der Aussage des "einzigen Belastungszeugen" beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1997, 2 StR 591/97, juris, Rn. 6; BGH, Urteil vom 29. Juli 1998, 1 StR 94/98, juris, Rn. 13; BGH, Beschluss vom 16. Juni 2021, 1 StR 109/21, juris, Rn. 10; BGH, Beschluss vom 6. August 2021, 1 StR 178/21, juris, Rn. 8). Das OLG Karlsruhe, das in der Revisionsbegründung der Angeklagten ebenfalls zitiert wird, steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang und geht bereits nicht von einer "Aussage gegen Aussage" Konstellation aus. Es hat lediglich ausgeführt, dass Fälle mit Zeugen, die in einem Lager stehen, einer "Aussage gegen Aussage" Konstellation "nahe" stünden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22. März 2005, 2 Ss 2/05, juris, Rn. 4).
Liegt bereits aus diesem Grund keine "Aussage gegen Aussage" Konstellation vor, kommt noch hinzu, dass die Annahme einer solchen auch deshalb auf Bedenken stößt, weil in die Beweiswürdigung der Kammer bedeutsame Umstände eingeflossen sind, die jedenfalls nicht allein auf den Angaben der Belastungszeugen beruhen. So ist es gleichsam "unstreitig", dass die Angeklagten A. und B. D. das gekaufte Fahrzeug an den Zeugen F. zurückgeben wollten und es wegen dessen Weigerung, dieses ohne Stornogebühr zurückzunehmen, bereits am Telefon zu einem lautstarken Streit gekommen ist. Wenn der Zeuge F. dann vor Ort hartnäckig auf dem geschlossenen Vertrag beharrt hat, was ebenfalls von den Angeklagten nicht in Abrede genommen wird, liegt zudem für den Angeklagten A. D. und dessen Söhne das von der Kammer angegebene Motiv für die nachfolgende Körperverletzung auf der Hand. Auch in Bezug auf Teile des Tatgeschehens - beispielsweise den Tritt des C. D. - decken sich die Angaben der Belastungszeugen mit der Einlassung der Angeklagten.
b.
Im Gegensatz zur Auffassung der Verteidigung und der Generalstaatsanwaltschaft genügt die Beweiswürdigung auch sonst den Anforderungen.
Das Tatgericht muss in den Urteilsgründen darlegen, dass seine Überzeugung auf einer umfassenden, von rational nachvollziehbaren Erwägungen bestimmten Beweiswürdigung beruht (BGH, Beschluss vom 18. März 2021, 4 StR 480/20, juris, Rn. 3). Das bedeutet indes nicht, dass Zeugenaussagen in allen Einzelheiten wiedergegeben werden müssten (BGH, a.a.O., Rn. 5). Im Gegenteil: Es ist verfehlt, Zeugenaussagen in allen Einzelheiten wiederzugeben. Die Darstellung der Aussageunterschiede ist, liegen solche vor, auf erhebliche Abweichungen zu beschränken (KG Berlin; Beschluss vom 30. März 2022, (2) 121 Ss 133/21, juris, Rn. 8). Vor diesem Hintergrund war es im vorliegenden Einzelfall ausreichend, dass die Kammer die Übereinstimmung der Angaben des Zeugen F. und seiner Lebensgefährtin E. mit dem Sachverhalt, der dem Urteil zugrunde liegt, feststellt. Der festgestellte und von den beiden Zeugen geschilderte Sachverhalt ist detailliert und von der Kammer im Gegensatz zu den Ausführungen in der Revisionsbegründung auch auf Plausibilität untersucht worden. So hat das Landgericht unter anderem ausdrücklich ausgeführt, dass sich die Angaben des Zeugen F. mit den Verletzungen decken, die sich der Zeuge nach seinen Bekundungen bei dem Tatgeschehen vom 18. April 2018 zugezogen hat. Auch ist dem Urteil zu entnehmen, dass der Zeuge Nachfragen "stimmig" so beantwortet habe, dass seine Ergänzungen bruchlos mit den vorangegangenen Angaben vereinbar gewesen seien. Es genügte, dass die Kammer zur Aussagekonstanz der Zeugen ausgeführt hat, die Geschehnisse vom 17. und 18. April 2018 (Zeuge F.) sowie vom 18. April 2018 (Zeugin E.) seien von beiden sowohl anlässlich ihrer polizeilichen Vernehmungen als auch bei Gericht (in beiden Instanzen) "im Kerngeschehen übereinstimmend und konstant" (so die Formulierung beim Zeugen F.) oder "in den wesentlichen Punkten konstant" (so die Kammer zur Aussage der Zeugin E.) geschildert worden. Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass es gerade keine wesentlichen Abweichungen bei den maßgeblichen Tatsachen gab. Solche werden von den Angeklagten auch nicht aufgezeigt. Dass die Zeugen als Lebensgefährten in einem "Lager" stehen und sich abgesprochen haben könnten, hat die Kammer schließlich erkannt (UA S. 12), solche Absprachen aus den genannten Gründen aber rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. März 2009 (4 StR 662/08, juris), auf die sich die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer schriftlichen Stellungnahme bezogen hat. Diese Entscheidung fordert nicht zwingend eine Darlegung des näheren Inhalts der Zeugenaussage. Vielmehr hielt der Bundesgerichtshof dies nur "in einem Fall wie dem vorliegenden" für erforderlich (BGH, a.a.O., Rn. 7). Der zugrunde liegende Fall, bei dem es um eine Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in 18 Fällen ging, war durch die Besonderheiten gekennzeichnet, dass der Zeuge seinerseits tatbeteiligt war, sich in der Hauptverhandlung teilweise auf § 55 StGB berufen hatte und sich die Kammer deshalb auf dessen Aussage bei der Polizei gestützt hatte. Zudem war zu besorgen, der Zeuge könnte sich in dem gegen ihn selbst gerichteten Verfahren im Hinblick auf § 31 BtMG entlasten wollen (BGH, a.a.O., Rn. 10). Dass der Darstellung der Aussage eines Zeugen bei einem solchen Sachverhalt besonderes Gewicht zukommt, liegt auf der Hand. Vergleichbare Besonderheiten weist der hier zu entscheidende Fall aber nicht auf.
Die Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft, wonach die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mit Blick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. November 2019 (2 StR 300/19, juris) geboten ist, geht ebenfalls fehl. In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof zwar gleichfalls einen Erörterungsmangel unter anderem darin gesehen, dass die Kammer den entscheidenden Teil der Zeugenaussage nicht in das Urteil aufgenommen hat. Der Bundesgerichtshof beschränkte dieses Erfordernis aber auf besonders problematische Beweissituationen (BGH, a.a.O., Rn. 9). Die Beweissituation, die jener Entscheidung zugrunde lag, ist jedoch mit der, der die Jugendkammer in vorliegender Sache ausgesetzt war, nicht entfernt vergleichbar. So ging es in jener Sache um die Würdigung der Aussage einer geistig behinderten Zeugin, die nach sachverständiger Beratung zwar als aussagetüchtig angesehen wurde, deren geistiges Niveau sich aber auf "weniger als 8,5 Jahren" bewegte (BGH, a.a.O., Rn. 7). Der Bundesgerichtshof hat ausführlich dargestellt, weshalb die Beweiswürdigung in jener Sache, die zudem mithilfe eines aussagepsychologischen Gutachtens erfolgte, Bedenken aufwies (BGH, a.a.O.; Rn. 12 ff.). Solche Probleme sind hier indes nicht im Ansatz erkennbar.
3.
Schließlich ist es der Kammer nicht als Fehler im Rahmen der Beweiswürdigung vorzuwerfen, dass sie einen tatsächlich nicht existenten Erfahrungssatz aufgestellt hätte. Im Gegensatz zur Revisionsbegründung ist den Urteilsgründen ein angeblicher Erfahrungssatz, wonach aufgebrachte oder aufbrausende Personen immer Körperverletzungsdelikte begehen würden, nicht zu entnehmen. Wenn die Kammer in den Urteilsgründen (UA S. 12) ausführt, es erscheine "sehr fernliegend", dass der "sehr aufgebrachte und aufbrausend reagierende" Angeklagte A. D., wie von ihm behauptet, mit seinen Söhnen das Betriebsgelände des Zeugen F. nach der verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten A. D. und dem Zeugen F. ohne weiteres und "friedlich" habe verlassen wollen, bewegt sich die Kammer im Rahmen zulässiger Beweiswürdigung. Dass das Gespräch nach dem Hinzutreten der Zeugin E. nicht mehr ruhig verlaufen ist, entspricht auch den Angaben des Angeklagten A. D.. Wenn die Kammer dann ausführt, es verwundere, dass der aus diesem Grunde aufgebrachte Angeklagte das Betriebsgelände dennoch "friedlich" habe verlassen wollen, erscheint das nachvollziehbar. Den Angeklagten A. und B. D. ist zwar zuzugeben, dass auch der Zeuge F. nach den Urteilsfeststellungen "nicht freundlich" zu den Angeklagten gewesen sei (UA S. 12). Das bezweifelt die Kammer jedoch auch nicht. Sie führt vielmehr aus, dass der Zeuge F. dies "selbstkritisch reflektiert und freimütig eingeräumt" habe (UA S.12).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.