Vergabekammer Hannover
Beschl. v. 12.03.2001, Az.: 26045 - VgK 1/2001
Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Nachprüfungsantrags im Vergabeverfahren; Nichtberücksichtigung eines Angebots wegen mangelnder Eignung; Anwendung von Übergangsbestimmungen bei vor in Kraft treten der Vergabeverordnung (VgV) beginnendem Ausschreibungsverfahren; Beurteilung von Eignung, Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit; Zuverlässigkeit zweier Unternehmen im Falle gesamtschuldnerischer Haftung
Bibliographie
- Gericht
- VK Hannover
- Datum
- 12.03.2001
- Aktenzeichen
- 26045 - VgK 1/2001
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 29608
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1a Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOB/A
- § 25 Nr. 2 VOB/A
- § 97 Abs. 4 GWB
- § 107 Abs. 3 GWB
- § 110 Abs. 1 GWB
- § 13 VgV
- § 23 VgV
Verfahrensgegenstand
Vergabe der Gas-, Wasser- und Abwasserinstallation für ... Vergabe-Nr.: ...
In dem Nachprüfungsverfahren
gemäß §§ 107 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
hat die Vergabekammer bei der Oberfinanzdirektion Hannover
durch
den Vorsitzenden RD Dipl.-Ing. Wesemann,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Stolte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Ersten Kreisrat Jähner
auf die mündliche Verhandlung am 12. März 2001
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Antrag der ASt, das Staatshochbauamt ... anzuweisen ihr den Auftrag zu erteilen, wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die ASt.
- 3.
Für die Entscheidung wird eine Gebühr von ... DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Ag hat durch Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der EG im Offenen Verfahren die oben angeführten Leistungen im November 2000 ausgeschrieben. An diesem Verfahren hatten sich 30 Unternehmen als Bewerber beteiligt. Zum Eröffnungstermin am ...............gaben 17 Unternehmen Angebote ab. Die Angebotsprüfung und -wertung wurde vom Ag in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro (IB) durchgeführt. Nach der rechnerischen Prüfung lag das Angebot der ASt mit einer Angebotssumme von .................... DM an erster Stelle und das Angebot der Bg mit einer Angebotssumme von ................... DM (unter Berücksichtung eines Nachlasses von 2%) an zweiter Stelle.
Im Rahmen der Wertung ist vom Ag die Eignung der Bieter gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/Aüberprüft worden. Hinsichtlich der ASt wurden dazu die von ihr mit dem Angebot eingereichten und die mit Schreiben vom 11.01.2001 nachgereichten Unterlagen und Angaben herangezogen. Darüber hinaus wurden vom Ag mit Datum vom 17.01.2001 Wirtschaftsauskünfte von ................ über die ASt und die Bg eingeholt. Nach der Angebotsprüfung und -wertung beabsichtigt der Ag den Zuschlag auf das Angebot der Bg zu erteilen. Nach seinen Feststellungen müsse das Angebot der ASt wegen mangelnder Eignung ausgeschlossen werden. Mit Schreiben vom 30.01.2001 teilt der Ag der ASt mit, dass auf Ihr Angebot leider kein Zuschlag erteilt werden könne. Mit Schreiben vom 01.02.2001 fordert die ASt, vertreten durch die Firma BG 1 den Ag auf, ihr die Gründe für diese Absage mitzuteilen. Darauf hin teilt ihr der Ag mit Formschreiben vom 02.02.2001 mit, dass ihr Angebot wegen mangelnder Eignung nicht berücksichtigt werden könne.
Mit Schreiben vom 06.02.2001 erhebt die ASt gegenüber der Vergabekammer Widerspruch wegen ihrer Nichtberücksichtigung bei der Vergabe und beantragt die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nach GWB. Ihr vorgenanntes Schreiben vom 01.02.2001 sieht sie als förmliche Beschwerde gegen die Nichtberücksichtigung gegenüber der Ag an. Mit Schreiben vom 07.02.2001 - ergänzt um das Schreiben vom 09.03.2001 - wird der Antrag auf Nachprüfung gegenüber der Vergabekammer begründet.
Zur Beurteilung der Eignung der ASt führt der Ag im Einzelnen aus:
Die in den Vergabeunterlagen - EVM (B) A EG Nr. 4 und EVM (B) BwB/E. Nr. 11 - von den Bietern mit dem Angebot vorzulegenden Nachweise seien von der ASt insgesamt nur lückenhaft bis zum 19.01.2001 eingereicht worden. Insbesondere hinsichtlich der BG 2 fehle der Nachweis über die Eintragung in das Berufsregister, der Nachweis der Fachkunde mittels eines Gesellenbriefes oder Diplomurkunde und die Bescheinigung der Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft. Die genannten Vergleichsobjekte seien von IB bewertet worden. Danach habe die Firma BG 1 noch keine vergleichbaren Objekte realisiert und keine Erfahrung bei der Durchführung ähnlicher Gebäude nachgewiesen. Die Firma BG 2 habe 10 Jahre zurückliegende ähnliche Objekte realisiert. Diese seien jedoch als Nachweis fachlicher Kompetenz nicht heranzuziehen, da die Firma BG 2 nur mit 20% des Realisierungsumfangs betraut werden solle. Zu der genannten Anzahl der Beschäftigten beider Unternehmen führe BG 1 aus, dass die Firma BG 1 über vier Angestellte verfüge, mit denen sie 80% der Leistung erbringen wolle. Damit wären diese Angestellten ein Jahr voll beschäftigt und dürften keine weiteren Aufträge für dieses Unternehmen ausführen können. IB komme danach zu dem Ergebnis, dass von der ASt der Nachweis der Fachkunde, der Leistungsfähigkeit und der Zuverlässigkeit nicht ausreichend erbracht worden sei. Nach der Wirtschaftsauskunft seien bis zum 17.01.2001 gegen BG 2 14 Haftanordnungen zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durch das Amtsgericht ............ ergangen. Die Firma BG 1 sei erst im Juli 2000 gegründet worden, von daher lägen hinsichtlich der Bonität dieses Unternehmens keine Angaben vor. Die von der ASt genannten Referenzobjekte bezögen sich ausschließlich auf Baumaßnahmen, die von der Firma BG 2 abgewickelt worden seien. Dabei seien ausschließlich Anlagen im Wohnungs- und Kasernenbau ausgeführt worden, die mit den Anforderungen an Laborgebäude nicht vergleichbar seien. Darüber hinaus sei der mit Angebotsabgabe angeforderte Auszug aus dem Gewerbezentralregister nicht vorgelegt worden. Der Ag habe diesen Nachweis auch nicht nochmals nachgefordert, da er die vorliegenden Fakten für die Beurteilung der Eignung als ausreichend ansah.
Die ASt führt zu ihrer Eignung Folgendes aus:
Geplant sei, die ausgeschriebenen Leistungen im Auftragsfall zu 80% auf die Firma BG 1 und zu 20% auf die Firma BG 2 zu verteilen. Als rechtlicher Vertreter der Bietergemeinschaft sei BG 1 als Inhaber der gleichlautenden Firma bestellt. Die Fachkunde sei dadurch gegeben, dass sowohl BG 1 als auch BG 2 Diplom-Ingenieure im Fachbereich der Versorgungstechnik seien. BG 1 besitze zudem eine abgeschlossene Berufsausbildung im Gas- und Wasserinstallateurhandwerk und langjährige technische und praktische Kenntnisse. BG 2 sei Gas- und Wasserinstallateurmeister, Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister sowie Klempnermeister mit einer Berufserfahrung in leitender Tätigkeit von fast 40 Jahren. Im Bereich der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit seien auch mehr als drei Jahre zurückliegende Bauten als Referenzobjekte genannt worden, da durch die umfangreichen Geschäftsfelder der Firmen BG 1 + BG 2 nicht stetig größere Objekte im Bereich der Haustechnik ausgeführt worden seien. Zudem bestände die Firma BG 1 erst seit dem 01.07.2000 als selbstständiges Unternehmen und arbeite seitdem in Kooperation mit dem Betrieb BG 2 . Aufgrund verschiedener Umstände könne für die letzten drei Jahre nur ein größeres Objekt (................) im Bereich Haustechnik angegeben werden. Gerade diese Referenz sei vom Ag offensichtlich nicht überprüft worden. Das Objekt sei innerhalb von sieben Monaten bis auf Restarbeiten mit einer durchschnittlichen Besetzung von fünf Monteuren abgewickelt worden. Während der Ausführung sei BG 1 als zuständiger Bauleiter bis April 2000 auf der Baustelle tätig gewesen. Für die ausgeschriebenen Leistungen sei eine durchschnittliche Baustellenbesetzung mit sechs Arbeitskräften vorgesehen, die bei Bedarf und bei Termindruck auf 10 Arbeitskräfte erhöht werden könne. Zudem könnten die Firmeninhaber praktisch mitarbeiten, sofern dies erforderlich sei. Aus den genannten Gründen könne eine mangelnde Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nicht bestehen. Hinsichtlich der notwendigen Materiallieferung bestünden Vereinbarungen mit dem Großhandel. Die wirtschaftlichen Mittel seien durch diese Materiallieferungen nicht eingeschränkt. Der geforderte Auszug aus dem Gewerbezentralregister für beide Betriebe müsse erst über das Gewerbeamt angefordert werden und könne nach ca. vier Wochen vorgelegt werden. Hinsichtlich der Bonitätsprüfung werde nur der negative Bonitätsindex der Firma BG 2 vom Ag herausgestellt, obwohl dieses Unternehmen nur zu 20% an der Leistung beteiligt werden solle. Außerdem sei BG 1 als rechtlicher Vertreter der Bietergemeinschaft eingesetzt, so dass Zahlungen ausschließlich über dieses Unternehmen erfolgen dürften. Eventuelle Pfändungen gegen die Firma BG 2 wären somit nur über die Firma BG 1 möglich. Außerdem sei zu beachten, dass es sich bei den Mitgliedern der Bietergemeinschaft um Einzelunternehmen handele, die gesamtschuldnerisch mit sämtlichem Eigentum haften, im Gegensatz zu der an zweiter Stelle liegenden GmbH, bei der die Haftung nur auf das Stammkapital begrenzt sei. Darüber hinaus merkte die ASt an, dass bei den ausgeschriebenen Leistungen eine besondere Qualifikation in Bezug auf Laborbau überhaupt nicht bestünde. Lediglich die Verlegung von Abwasserleitungen aus PE-Rohr erfordere hinsichtlich der Schweißtechnik besondere Fachkenntnisse. Da die Firmeninhaber über ausreichende Erfahrungen auf diesem Gebiet verfügten und die Fachkenntnis der Monteure durch entsprechende Unterweisung des Herstellers auf der Baustelle innerhalb von ein bis zwei Tagen aufgefrischt werden könnten, sei auch diese Verlegung unproblematisch. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Bau-Berufsgenossenschaft sei nur für die BG 1 vorgelegt worden, da sie die ASt vertrete und den größten Teil der Leistungen im Auftragsfall ausführen werde. Die entsprechende Bescheinigung für die BG 2 könne bei Bedarf mit zeitlicher Verzögerung, weil die Unterlagen neu angefordert werden müssten, nachgereicht werden. Hinsichtlich der behaupteten lückenhaften Vorlage von Eignungsnachweisen sei festzustellen, dass IB auf ausdrückliche Nachfrage - unter Bezug auf das Schreiben vom 11.01.2001 - keine weiteren Unterlagen gefordert habe.
Zur mündlichen Verhandlung am 12.03.2001 sind die ASt, der Ag und die Bg geladen worden. Am 12.03.2001 erklärte der Geschäftsführer der Bg auf telefonische Nachfrage der Vergabekammer, dass er es zeitlich nicht ermöglichen könne, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Die Bg hat sich auch sonst in keiner Form zu diesem Verfahren geäußert.
In der mündlichen Verhandlung wurden die vorbeschriebenen Standpunkte und der Ablauf der Angebotswertung, insbesondere der Beurteilung der Eignung, nochmals dargestellt. Die ASt weist in Bezug auf die Referenzen nochmals auf die im Jahre 2000 fertiggestellte Baumaßnahme "..........." mit 38 Wohneinheiten und Praxen hin. Hinsichtlich des Personaleinsatzes führt die ASt aus, dass von der BG 1 vier Installateure beschäftigt werden und ggf. drei weitere, die bereits für diese Unternehmen gearbeitet hätten aber derzeit arbeitslos seien, eingestellt werden könnten. BG 2 verfüge über zwei Installateure und einen Helfer im Bereich Sanitärtechnik, die ebenfalls für die Baumaßnahme eingesetzt werden könnten. Darüber hinaus seien noch vier Dachdecker und ein Klempner dort beschäftigt, die ggf. noch als Helfer bei der Baumaßnahme beschäftigt werden könnten. Hinsichtlich der negativen Bonität und insbesondere der zahlreichen Haftanordnungen zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung führt die ASt aus, dass auf dem Rechtswege rd. ....................... DM bei mehreren Schuldnern streitig seien. Diese Forderungen könnten jedoch kurzfristig beglichen werden. Hierzu wurde zur mündlichen Verhandlung eine selbstgefertigte Vermögensaufstellung der BG 2 per 28.02.2001 der Vergabekammer vorgelegt. Nach diesen Angaben ergibt sich unter Berücksichtigung aller Verbindlichkeiten ein Vermögen von rd. ........... DM. Nach Auffassung der ASt werde damit die negative Bonitätsauskunft über die BG 2 relativiert.
Der Vertreter des Ag wies darauf hin, dass - auch wenn einzelne Punkte allein noch nicht ausreichend seien - in der Summe aller Punkte die Eignung der ASt nicht gegeben sei.
In der mündlichen Verhandlung sind folgende Anträge gestellt worden:
Die ASt beantragt,
dass das Staatshochbauamt ............. angewiesen wird, ihr den Auftrag zu erteilen.
Der Ag beantragt sinngemäß
den Antrag der ASt abzuweisen.
Wegen des übrigen Vorbringens der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die von dem Ag vorgelegten Vergabeakten waren Gegenstand dieses Verfahrens.
II.
1.
Der Nachprüfungsantrag der ASt vom 06.02.2001 ist zulässig.
Die angerufene Vergabekammer bei der OFD Hannover ist zuständig, weil es sich um eine Ausschreibung des Landes Niedersachsen, vertreten durch das Staatshochbauamt ............. handelt. Der geschätzte Gesamtauftragswert beträgt für diese Baumaßnahme netto rd. ... Mio. DM (rd. .... Mio. Euro). Damit ist der Schwellenwert nach § 1a Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOB/Aüberschritten und das GWB anzuwenden.
Die ASt hat mit ihrem Schreiben vom 01.02.2001 gegenüber dem Ag deutlich gemacht, dass sie mit seiner Entscheidung, ihr Angebot wegen mangelnder Eignung nicht zu berücksichtigen, nicht einverstanden sei. In der Auskunft des Ag vom 02.02.2001 sind keine Einzelheiten zur Beurteilung der Eignung genannt worden, somit konnte die ASt konkrete Vergabeverstöße die nach § 107 Abs. 3 zu rügen gewesen wären, nicht erkennen. Es bestand aus ihrer Sicht nur die bloße Gefahr eines Vergaberechtsverstoßes, die jedoch keine Rügepflicht nach § 107 Abs. 3 GWG zur Folge hat (so auch Ingenstau/Korbion, 14. Aufl., § 107 GWB, Rdn. 5, S. 2473). Da das vorliegende Ausschreibungsverfahren vor dem in Kraft treten der Vergabeverordnung (VgV) am 01.02.2001 bereits begonnen hatte, finden die Übergangsbestimmungen des § 23 VgV in diesem Fall Anwendung, d.h. der Ag unterlag noch nicht der Informationspflicht nach § 13 VgV. Somit musste die ASt davon ausgehen, dass der Auftrag unmittelbar nach Erhalt des Absageschreibens durch den Ag erteilt werden würde. Dieses rechtfertigt zur Wahrung ihres Rechtschutzes nach GWB den sofortigen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer.
Dieser Antrag ist von der ASt vorab mündlich und mit Schreiben vom 07.02. und 09.03.2001 schriftlich ausreichend begründet worden.
Die ASt hatte die Vorauszahlung auf die Kosten des Verfahrens in Höhe von .... DM erst nach Aufforderung durch die Geschäftsstelle der Vergabekammer am 20.02.2001 überwiesen. Der Vorsitzende der Vergabekammer hat aus diesem Grund gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 den Entscheidungszeitraum bis zum 27.03.2001 verlängert. Dies wurde allen Verfahrensbeteiligten mitgeteilt.
2.
Der von der ASt in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag, ihr den Auftrag für die oben angeführten Leistungen zu erteilen, ist zurückzuweisen, da sie nach den Feststellungen des Ag, ergänzt um die von der Vergabekammer im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes nach § 110 Abs. 1 GWB ermittelten Sachverhalte, nicht die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Sicherheiten bietet.
Bei der Beurteilung der Eignung war zu berücksichtigen, dass es sich bei der ASt um eine Bietergemeinschaft handelt, die entsprechend ihrer Erklärung im Angebot vom 02.01.2001 alle Arbeiten gemeinschaftlich auf der Grundlage der Personalstärke nach folgender Wichtung auszuführender beabsichtigt.:
- 80% aller Leistungen Firma BG 1
- 20% aller Leistungen Firma BG 2
Außerdem erklärte die ASt mit Angebotsabgabe u.a. rechtsverbindlich, dass alle Arbeitsgemeinschafts-Mitglieder für die vertragsgemäße Ausführung der Leistungen als Gesamtschuldner haften.
Bei der Beurteilung der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit waren vom Ag , die durch diesen Zusammenschluss geschaffenen Verhältnisse zu berücksichtigen (so auch Ingenstau/Korbion, 14. Auflage, Anhang 1, Rdn. 12, S. 2210). Im vorliegenden Fall kann unterstellt werden, dass sich die Leistungsfähigkeit und Fachkunde der ASt durch den Zusammenschluss der beiden Unternehmen insofern verbessert hat, als zur Beurteilung dieser beiden Kriterien das insgesamt zur Verfügung stehende, geeignete Personal aus beiden Unternehmen herangezogen werden kann. Bei der Kalkulation wurde ein Zeitaufwand von 5.100 Arbeitsstunden zugrunde gelegt. Bei einer angenommenen Arbeitsleistung und 1.400 Stunden Arbeitnehmer/Jahr ist von einer durchschnittlichen Baustellenbesetzung von 4 Arbeitskräften auszugehen. Damit ist die Leistungsfähigkeit auch unter Berücksichtigung der Ausführung etwaiger anderer Aufträge der ASt als gegeben zu unterstellen. Hinsichtlich der Fachkunde ist neben der Qualifikation der Arbeitskräfte auch das Fachwissen der beiden Firmeninhaber mit heranzuziehen. Diese kann aufgrund der Darlegung in der mündlichen Verhandlung als gegeben unterstellt werden.
Der von der ASt vertretenen Auffassung, dass ihre Zuverlässigkeit differenziert - entsprechend der von ihr geplanten prozentualen Arbeitsaufteilung - zu betrachten sei, kann nicht gefolgt werden. Die genannte Arbeitsaufteilung zwischen den beiden Unternehmen ist hinsichtlich der Haftung der Beteiligten im Innenverhältnis der Bietergemeinschaft maßgebend. Eine solche Regelung schafft im Außenverhältnis zum Auftraggeber keine Bindung. Hier besteht im Auftragsfall die erklärte gesamtschuldnerische Haftung eines jeden Mitglieds der Arbeitsgemeinschaft im vollen Umfang für alle eingegangenen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten (so auch Ingenstau/Korbion, Anhang 1, Rdn. 49, S. 2221). Aufgrund dieser gesamtschuldnerischen Haftung muss auch die volle Zuverlässigkeit beider Unternehmen gegeben sein.
Hinsichtlich der Firma BG 1 liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen würden. Der Sachverhalt, dass diese Firma erst im Juli 2000 gegründet worden ist, schränkt zwar den Beurteilungsspielraum aufgrund mangelnder Referenzen ein, dieser Umstand darf ihr jedoch nicht negativ ausgelegt werden, da sonst junge Unternehmen von vornherein keine Chancen im Wettbewerb hätten.
Gegen die Zuverlässigkeit der Firma BG 2 spricht, dass lt. Wirtschaftsauskunft die Bonität als ungenügend eingestuft wird, weil zum Zeitpunkt der Angebotswertung 14 Haftanordnungen zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vom Amtsgericht ...................... erlassen worden sind. Mit der zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Vermögensaufstellung per 28.02.2001 ist dieser negative Eindruck hinsichtlich der Vermögensverhältnisse zwar relativiert, jedoch hinsichtlich der Zahlungsmoral nicht ausgeräumt worden. Von der ASt ist nicht ausreichend dargelegt worden, warum die ausstehenden Forderungen bislang nicht beglichen worden sind. Die Aussage, diese Forderungen seien streitig, ist nicht glaubwürdig, da es sich um vollstreckbare Titel handeln dürfte. Die Vielzahl von Haftanordnungen lässt darauf schließen, dass der Schuldner nicht Willens und/oder in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen . Aus diesem Grunde ist die Annahme begründet, dass wegen der gesamtschuldnerischen Haftung der Bietergemeinschaft dieses Mitglied im Haftungsfall vom Auftraggeber nur schwer oder gar nicht herangezogen werden kann.
Von der ASt ist in der mündlichen Verhandlung als Referenz insbesondere die für die ................ ................ im letzten Jahr fertiggestellte Baumaßnahme "........................" angeführt worden. Der Ag und die KST haben diese Referenz offensichtlich nicht weiter überprüft. Auf telefonische Anfrage der Vergabekammer am 16.03.2001 erklärte ................ von der ...................., dass die Installationsarbeiten für diese Wohnanlage mit Zahnarztpraxis von der Firma BG 2 in den Jahren 1999 und 2000 ausgeführt worden sei. Für diese Arbeiten habe der Firma ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, trotzdem sei es zu terminlichen Schwierigkeiten gekommen. Insbesondere die Installationsarbeiten in der Zahnarztpraxis seien nicht rechtzeitig fertiggestellt worden, so dass .................... hier eine Vertragsstrafe an den Auftraggeber zahlen musste, die sie an die Firma BG 2 weitergereicht habe. Während der gesamten Ausführungszeit habe die Firma durch die Bauleitung der ........................ verstärkt begleitet werden müssen. Die ............................ würde künftig an die Firma BG 2 nur noch kleinere Objekte bis zu einer Auftragssumme von max. 200.000,00 DM vergeben.
Die vor mehr als zehn Jahren ausgeführten Institutsbauten, mit entsprechend höheren technischen Anforderungen, können als Referenzen nicht mehr akzeptiert werden, da eine sachgerechte Überprüfung und Beurteilung aufgrund des langen Zeitraumes nicht mehr möglich ist. Die übrigen von der ASt angeführten Referenzen beziehen sich auf Wohnungs- und Kasernenbauten, bei denen nach Angabe der ASt überwiegend Unterputzinstallationen durchgeführt worden sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich jedoch um Aufputzinstallationen, bei denen mehr Sorgfalt auf die Leitungsführung und die erforderlichen Abstände zu anderen Bauteilen gelegt werden muss. Hinsichtlich der darüber hinaus vorgelegten Nachweise ist festzustellen, dass der geforderte Auszug aus dem Gewerbezentralregister nachgereicht werden kann, wenn ein aktueller Auszug (nicht älter als 3 Monate) bei Angebotsabgabe dem Bieter nicht zur Verfügung steht. Die Erklärung der ASt im Angebotsschreibens (EVM B Ang Nr. 3), dass sie wegen illegaler Beschäftigung von Arbeitskräften in den letzten zwei Jahren nicht mit einer Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten oder einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Geldbuße von mehr als 5.000,00 DM belegt worden sei, reicht für die Angebotswertung grundsätzlich aus. Die ebenfalls mit Angebotsabgabe geforderte Bescheinigung der Bau-Berufsgenossenschaft ist auf Nachforderung nur von der Firma BG 1 vorgelegt worden. Da die ASt die Leistungen gemeinsam erbringen will, ist auch von beiden beteiligten Firmen die geforderte Bescheinigung der Berufsgenossenschaft zu erbringen. Auf telefonische Nachfrage der Vergabekammer erklärte ........... von der Bau-Berufsgenossenschaft .......... am 19.03.2000, dass die Firma BG 2 seit Jahren Mitglied sei, jedoch derzeit für sie eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erst erteilt würde, wenn die noch offenen Forderungen aus dem Jahre 2000 von ihr beglichen würden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die ASt den Nachweis, dass sie in den letzten Jahren Bauleistungen zur Zufriedenheit der Auftraggeber ausgeführt hat, die mit den zur Vergabe anstehenden Leistungen in Bezug auf die handwerklichen und organisatorischen Anforderungen vergleichbar wären (siehe auch Heiermann/Riedl/Rusam, 9. Aufl. A § 25 Rdn. 29), nicht geführt hat. Darüber hinaus verfügt das Bietergemeinschaftsmitglied Fa. BG 2 aufgrund der aufgezeigten schlechten Zahlungsmoral derzeit nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit. Da die ASt gegenüber dem Ag im Auftragsfall gesamtschuldnerisch haften würde, muss auch die Zuverlässigkeit insgesamt zum heutigen Zeitpunkt gegeben sein; ein Mehr- oder Weniger an Zuverlässigkeit gibt es hier nicht. Die Entscheidung des Ag, den Zuschlag aufgrund mangelnder Eignung nicht auf das Angebot der ASt zu erteilen, entspricht den Bestimmungen des § 97 Abs. 4 GWB sowie § 25 Nr. 2 VOB/A. Sie ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, obwohl die Beurteilung der Referenzobjekte aus den letzten Jahren seitens des Ag umfassender und detaillierter hätte ausfallen können.
III.
Die ASt ist mit Ihrem Antrag nicht durchgedrungen. Die Bg hat keine eigenen Anträge gestellt und sich auch sonst nicht an dem Nachprüfungsverfahren durch Stellungnahmen beteiligt. Die Gebühr wird nach § 128 Abs. GWB festgesetzt; sie beträgt mindestens 5.000,00 DM. Das Nachprüfungsverfahren hat bei der Vergabekammer einen durchschnittlichen Arbeitsaufwand verursacht. Gründe, den Betrag aus Billigkeit zu ermäßigen, liegen nicht vor. Die ASt hat als Unterlegene die Gebühr zu entrichten. Der geleistete Vorschuss wird mit dieser Forderung verrechnet.
IV.
Gegen diese Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim zuständigen Oberlandesgericht Celle einzulegen.
Die sofortige Beschwerde ist sogleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird. Die Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt, sind anzugeben. Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechtes. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt 2 Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.
Stolte
Jähner