Amtsgericht Clausthal-Zellerfeld
Urt. v. 25.11.2014, Az.: 4 C 152/14
Bibliographie
- Gericht
- AG Clausthal-Zellerfeld
- Datum
- 25.11.2014
- Aktenzeichen
- 4 C 152/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 42450
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.278,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.4.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 334,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.4.2014 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 20% und die Beklagte 80%.
5. Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Kaufvertrag über einen gebrauchten PKW.
Die Parteien schossen am 09.01.2014 einen Kaufvertrag. Der Kläger kaufte über ebay von der Beklagten ein gebrauchtes Kraftfahrzeug der Marke Renault Megane, Heartbreaker-Edition, zu einem Gesamtkaufpreis von 8.221,23 €. Die Beklagte bot den PKW als „Notverkauf aus persönlichen Gründen“ an. Der Kläger gab das höchste Gebot ab und der Kauf wurde durch ebay bestätigt. Der Kläger erfuhr im anschließenden Mailwechsel mit der Beklagten, dass die Zulassungsbescheinigung Teil II sich bei der Bank befindet. Am 10.01.2014 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er nicht auf die Zulassungsbescheinigung Teil II warten könne. Einen Tag später machte die Beklagte deutlich, dass sie die Zulassungsbescheinigung Teil II erst nach Zustimmung der Bank übergeben könne. Der Kläger lehnte die Abnahme des PKW gegen Barzahlung ab, weil ihm kein Fahrzeugbrief übergeben werden konnte.
Die Beklagte bot daraufhin an, die Zulassungsbescheinigung Teil II innerhalb von sieben Tagen nach Zahlung an den Kläger zu schicken. Zudem bot sie an, der Kläger könne direkt an die Bank zahlen und diese ihm daraufhin die Zulassungsbescheinigung Teil II zusenden. Der Kläger bestand auf eine schnelle Abwicklung, weil er das Fahrzeug dringend brauche.
Die Beklagte meldete in der Folge bei ebay, dass der Artikel nicht bezahlt worden sei. Der Kläger forderte die Beklagte erneut zur Übergabe des Fahrzeugs auf und drohte die Rückabwicklung des Kaufvertrags an. Einen Monat später machte er Schadensersatz in Höhe von 2778,77 € unter Fristsetzung zum 02.04.2014 geltend. Die Beklagte wies alle Ansprüche zurück. Worauf der Kläger durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 30.4.2014 erwiderte.
Der Kläger behauptet, es seien die Abholung des PKW bei der Beklagten in St. Andreasberg und Barzahlung bei Abholung vereinbart worden. In der Folge seien nur die Abholmodalitäten besprochen worden. Einer Zahlung durch Überweisung habe er nicht zugestimmt und nicht auf ein Bargeschäft verzichtet.
Er ist der Ansicht, die Zulassungsbescheinigung Teil II sei mit dem Fahrzeug zu übergeben. Er behauptet weiterhin, der tatsächliche Wert des Fahrzeugs betrage 11.000 € und ihm sei ein Schaden in Höhe der Differenz zwischen Kaufpreis und tatsächlichem Wert entstanden.
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.778,77 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2014 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 334,75 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2014 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass über ebay unmittelbar Barzahlung vereinbart worden sei. Es wären sowohl Barzahlung als auch die Überweisung des Kaufpreises möglich gewesen. Der Kläger habe nicht mitgeteilt, wie er zahlen wolle. Die Beklagte behauptet zudem, dass der Kläger gewusst habe, dass die Zulassungsbescheinigung Teil II erst bei der Bank ausgelöst werden müsse, nachdem das Geld bezahlt sei. Der Kläger habe einer Zahlung vor Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II nicht widersprochen. Der Kläger habe somit gewusst, dass der Brief sich noch bei der Bank befinde. Zudem sei es gängige Praxis, dass der Anspruch auf Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II gegen die Bank an den Käufer abgetreten werde. Weiterhin wird behauptet das Fahrzeug habe allenfalls einen Wert von 8000 € und nicht von 11.000 €.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zur Akte gereichten Unterlagen und die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.278,77 € aus §§ 280 Abs.1, 281 BGB.
Die Beklagte hat eine ihr aus dem mit dem Kläger geschlossenen Kaufvertrag obliegende Pflicht verletzt.
Aus dem geschlossenen Kaufvertrag war die Beklagte verpflichtet, dem Kläger den streitbefangenen PKW zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen. Die Verpflichtung zur Übergabe und Eigentumsverschaffung erstreckt sich analog § 952 BGB auch auf die Zulassungsbescheinigung Teil II.
Der Vertrag kam bereits mit dem erfolgreichen Gebot des Klägers auf die „ebay-Versteigerung“ zustande.
Die Parteien haben bei Vertragsschluss nicht vereinbart, dass der Kläger zunächst den Kaufpreis zahlen soll und die Zulassungsbescheinigung Teil II erst zu übergeben ist, nachdem die Beklagten diese nach Weiterleitung des Kaufpreises an die finanzierende Bank von der Bank herausbekommen hat.
Im Angebotstext heißt es, unter Zahlungen: „Barzahlung bei Abholung, Überweisung“ Daraus ergibt sich, die Vereinbarung, dass dem Käufer zumindest auch die Möglichkeit der Barzahlung bei Abholung offen stand. Umstände, aus denen sich ergibt, dass auch bei einer Barzahlung bei Abholung nicht auch die von der Beklagten als Verkäuferin geschuldete Übereignung des Fahrzeugs und der Zulassungsbescheinigung Teil II erfolgen sollte, sind aus dem in Kopie vorgelegten Angebot nicht ersichtlich.
Soweit die Parteien sich per E-Mail über die Frage der Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II ausgetauscht haben, geschah dies erst nach Abschluss des Kaufvertrages.
Im Rahmen dieses E-Mail-Verkehrs haben die Parteien keine nachträgliche Vereinbarung über die erst spätere Übergabe der Zulassungsbescheinigung Teil II geschlossen. Allein, der Umstand, dass der Kläger auf den nach Vertragsschluss erfolgten Hinweis der Beklagten, die Zulassungsbescheinigung Teil II könne erst herausgegeben wenn sie bei der Bank ausgelöst worden sei, nicht widersprochen hat, begründet keine Vereinbarung der Parteien.
Soweit die Beklagte geltend macht, es entspreche der gängigen Praxis beim PKW Kauf, dass der Anspruch des Verkäufers auf Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II gegen die finanzierende Bank an den Käufer abgetreten werde, vermag sie damit nicht durchzudringen. Eine entsprechende Praxis mag allenfalls gelten, wenn beiden Parteien bei Abschluss des Vertrages bewusst ist, dass es sich um ein durch eine Bank finanziertes Fahrzeug handelt. Die im Angebot von der Beklagten angebotenen Zahlungsweise „Barzahlung bei Abholung“ erweckt aber gerade den Anschein, dass der Verkäufer des Fahrzeugs uneingeschränkt über dieses verfügen kann und seine Verfügungsmacht nicht durch Sicherungsrechte einer Bank eingeschränkt ist.
Dadurch, dass die Beklagte ihre Pflicht aus dem Kaufvertrag, die Zulassungsbescheinigung Teil II zusammen mit dem Fahrzeug zu übergeben, verletzt hat, hat der Kläger einen Schaden in Höhe von 2.278,77 € erlitten. Die Beklagte hat dem Kläger als Schadensersatz statt der Leistung die Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs zu erstatten.
Den Wert des Fahrzeugs schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 10.500,- € und damit 2.278,77 € höher als den Verkaufspreis. Der Schätzung liegt zugrunde, dass das Fahrzeug ausweislich des Angebots neben der Serienausstattung an Zusatzausstattung über vier Originial Renault Fußmatten sowie eine Warnweste und eine Parkscheibe verfügte.
Der Neupreis für ein Fahrzeug Renault Megane Heartbreaker Edition ohne Zusatzausstattung betrug laut einschlägiger Verkaufsportale im Internet 11.990,- €. Das Fahrzeug war nach den Angaben im Angebot beim Verkauf ca. 6 Monate alt und hatte eine Laufleistung von ca. 3.000 km.
Soweit der Kläger Ausdrucke von Angeboten nach seiner Ansicht vergleichbarer Fahrzeuge vorgelegt hat ist zu berücksichtigen, dass diese in der Ausstattung nicht identisch mit dem verkauften Fahrzeug sein dürften. In den vom Kläger vorgelegten Ausdrucken befindet sich kein Fahrzeug der Ausstattungslinie „Heartbreaker Edition“ und lediglich ein Fahrzeug mit der Ausstattung „Heartbreaker Edition Klima“ zum Angebotspreis von 11.990,00 €. Der Preis von 11.990,00 € entspricht dem Neupreis des streitbefangenen Fahrzeugs ohne Zusatzausstattung. Dass das verkaufte Fahrzeug eine Klimaanlage hatte ist nicht vorgetragen.
II.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf 2.278,77 € seit dem 2.4.2014 aus §§ 280 Abs.1, Abs.2, 286 BGB.
Die Beklagte war mit der Zahlung des dem Kläger geschuldeten Schadensersatzes seit dem 2.4.29014 im Verzug. Der Kläger hatte sie unter Fristsetzung bis zum 2.4.2014 zur Zahlung des Schadensersatzes aufgefordert.
III.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe nach einem Wert von 2.278,77 € als Verzugsschaden aus §§ 280, 286 BGB. Dies entspricht 334,75 €. Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
1,3 Geschäftsgebühr
261,30 €
Auslagenpauschale
20,00 €
19 % MwSt.
53,45 €
Summe
334,75 €
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708, 711 ZPO.