Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 20.07.2006, Az.: 1 WF 160/06

Vorliegen von besonderen Umständen hinsichtlich Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines nicht ortsansässigen Rechtsanwalts im Rahmen von Prozesskostenhilfe

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
20.07.2006
Aktenzeichen
1 WF 160/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 35694
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2006:0720.1WF160.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Duderstadt - 31.05.2006 - AZ: 8 F 44/06

Fundstelle

  • FamRZ 2006, 1855 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Ehescheidung pp.;
hier: Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren

In der Familiensache
...
hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
den Richter am Oberlandesgericht xxx als Einzelrichter
am 20. Juli 2006
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 6. Juni 2006 gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Duderstadt vom 31. Mai 2006 in der Form des Nichtabhilfebeschlusses vom 8. Juni 2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

2

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Duderstadt vom 31. Mai 2006 insoweit, als ihr anwaltlicher Vertreter mit Kanzleisitz in Rinteln lediglich zu den Bedingungen "eines Rechtsanwalts mit Sitz am Ort des Prozessgerichts" beigeordnet worden ist.

3

Diese durch das Amtsgericht angeordnete Einschränkung der Beiordnung, die die Möglichkeit der Erstattung unter anderem von Reisekosten nach § 46 RVG nimmt, ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, sondern angezeigt, weil ohne den einschränkenden Zusatz ein Vertrauenstatbestand dahin gesetzt würde, dass der Anwalt auch Reisekosten und Abwesenheitsgelder erstattet erhält, auf die er nach § 121 Abs. 3 ZPO keinen Anspruch hätte (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 24. Februar 2005, Geschäftszeichen: 2 W 283/04).

4

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die auf § 121 Abs. 3 ZPO gestützte Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts nicht durch § 46 RVG geändert worden. Gemäß § 121 Abs. 3 ZPO kann ein bei dem Prozessgericht nicht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen. Diese Regelung ist eindeutig und hat auch nach Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vom 5. Mai 2004 Bestand. Es trifft zwar zu, dass in § 46 RVG die einschränkende Regelung des § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO nicht mehr enthalten ist. Eine Übernahme dieser Beschränkung in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist aber deshalb unterblieben, weil dem Gesetzgeber die bisherige Regelung in § 126 BRAGO wegen der Vorschrift des § 121 Abs. 3 ZPO entbehrlich erschien (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2006, 350).

5

Der Senat folgt der Auffassung des Amtsgerichts, dass im vorliegenden Fall lediglich die Kosten eines am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts berücksichtigungsfähig sind, weil "besondere Umstände" im Sinne von § 121 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen (vgl. BGH FamRZ 2004, 1362).

6

Vorliegend handelt es sich nach der Antragschrift vom 15. März 2006 um ein Scheidungsverfahren, das nach dem Vorbringen der Antragstellerin einverständlich geführt werden wird. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder der Parteien ist vorläufig geregelt, auch zeichnet sich insoweit eine endgültige Sorgerechtsregelung im Mediationsverfahren ab. Der Versorgungsausgleich soll nach den gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt werden. Hiernach liegt dem Verfahren weder ein komplexer Sachverhalt noch eine rechtlich schwierige prozessuale oder materielle Rechtslage zugrunde. Sonstige Erschwernisse, die die Antragstellerin als "besondere Umstände" treffen könnten, hat sie nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich.

7

Im Ergebnis ist die sofortige Beschwerde der Antragstellerin deshalb zurückzuweisen.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1, 3 GKG i.V.m. der Anlage I zum GKG sowie auf § 127 Abs. 4 ZPO.