Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 09.06.1992, Az.: 11 W 8/92
Berücksichtigung des Nutzungswertes eines gemeinsamen Hauses bei der Neuregelung eines Gemeinschaftsverhältnisses; Entschädigungsrecht des Teilhabers eines Grundstückes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 09.06.1992
- Aktenzeichen
- 11 W 8/92
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1992, 20902
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1992:0609.11W8.92.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 03.02.1992 - AZ: 2 O 75/92
Rechtsgrundlagen
- § 743 Abs. 2 BGB
- § 748 BGB
Fundstelle
- FamRZ 1993, 71 (Volltext mit red. LS)
Der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat
Celle auf die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Landgerichts Hildesheim
vom 3. Februar 1992 (in der Fassung des Beschlusses vom 27. März 1992)
in der Sitzung vom 9. Juni 1992
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluß (zu Ziffer 2) und der weitere Beschluß vom 27. März 1992 (zu Ziffer 2) werden teilweise geändert:
Der Beklagten wird Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug gewährt, soweit der Kläger mehr als 6.063 DM nebst Zinsen verlangt insoweit wird ihr Rechtsanwalt ... beigeordnet.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Beschwerdewert für die Gerichtskosten, soweit die Beschwerde erfolglos ist: 800 DM.
Gründe
Die Beschwerde hat teilweise Erfolg. Der Senat ist der Auffassung, daß die Neuregelung des Gemeinschaftsverhältnisses der Parteien den Nutzungswert des gemeinsamen Hauses mit zu berücksichtigen hat und auch diese Neuregelung erst am dem Zeitpunkt wirksam werden kann, zu dem der Kläger das Verlangen nach einer Neuregelung gestellt hat.
Der Senat verkennt nicht, daß das Landgericht in dem angefochtenen Beschluß seine Entscheidung folgerichtig auf den in BGHZ 87, 265, 273 [BGH 17.05.1983 - IX ZR 14/82] enthaltenen Satz gestützt hat, eine Neuregelung zugunsten desjenigen Ehegatten, der die Berücksichtigung des Nutzungswertes verlange, könne erst ab dem Zeitpunkt wirksam werden, zu dem dieses Verlangen gestellt sei; in der Entscheidung ist zudem ausgeführt:
Grundsätzlich löse der Umstand, daß ein Teilhaber ein im Miteigentum stehendes Grundstück allein nutzt, keine Entschädigungsrecht des anderen Teilhabers aus (BGH NJW 1966, 1707). Daß ein Teilhaber von der ihm zustehenden Gebrauchsbefugnis aus § 743 Abs. 2 BGB kein Gebrauch macht, ist deshalb kein Grund, die Kosten des gemeinschaftlichen Gegenstandes abweichend von der Regel zu verteilen. Eine Ausnahme gilt, wenn die Teilhaber eine anderweite Vereinbarung getroffen haben ...
Ebenso hat das Oberlandesgericht Celle (4. Zivilsenat in NJW-RR 1990, 265) entschieden und dabei die Verpflichtung desjenigen Ehegatten, der an der Nutzung nicht beteiligt ist, zur Übernahme der anteiligen Lasten als eine unmittelbare gesetzliche Folge des Gemeinschaftsverhältnisses aus § 748 BGB angesehen berücksichtigt worden ist. Eine Neuregelung hat der Kläger mit Schreiben vom 19. Januar 1991 mit einer angemessenen Frist für den Beginn ab 1. Februar 1991 verlangt. Von diesem Zeitpunkt an ist für die Gestaltung des Verhältnisses der Parteien auch der Nutzungswert des Hauses zu berücksichtigen. Dies würde im übrigen nach Auffassung des Senats auch dann gelten, wenn man die Ansicht, daß die Neuregelung eine umfassende unter Einbeziehung sowohl der Lasten als auch der Nutzen sein müsse, nicht teilt. Denn ebenso wie die konkludente Regelung der Lastentragung mit der ehelichen Lebensgemeinschaft ihr Ende gefunden hat, würde dies auch für die konkludente Regelung der gemeinschaftlichen Nutzung gelten müssen. Im Falle einer gescheiterten Lebensgemeinschaft kann der Ehegatte, der sich getrennt hat, nicht darauf verwiesen werden (siehe aber BGH a.a.O. S. 271), daß er auch seinerseits zur tatsächlichen Nutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks befugt gewesen sei. Insoweit bedeutet die tatsächliche Zustimmung zur weiteren Nutzung des im Hause verbleibenden Ehegatten keinen Rechtsgrund, diesem den Vermögenswert der Nutzung als einen allein ihm gebührenden zuzusprechen. Vielmehr ist insoweit wie in den Fällen rechtsgrundloser Nutzung durch Dritte der Nutzungswert anzusetzen und auszugleichen. Der vom Landgericht mit 1.040 DM geschätzte monatliche Nutzungswert erscheint auch dem Senat angemessen.
Die Rechtsverteidigung der Beklagten erscheint demnach nicht erfolgversprechend, soweit der Kläger verlangt:
Für die Monate Februar 1991 bis September 1991 monatlich 599,25 DM (nämlich je 1.119,25 DM abzüglich 520 DM) | 4.794,00 DM |
---|---|
und für Oktober 1991 und November 1991 monatlich 634,50 DM (nämlich 1.154,50 DM abzüglich 520 DM) | 1.269,00 DM |
insgesamt | 6.063,00 DM. |
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert für die Gerichtskosten, soweit die Beschwerde erfolglos ist: 800 DM.