Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 30.01.2013, Az.: 6 B 65/12
Arzneimittel; Arzneimittelbegriff; Abgrenzung; Pflegemittel; Präsentationsarzneimittel; Tierarzneimittel; Tierarzneimittelbegriff
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 30.01.2013
- Aktenzeichen
- 6 B 65/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 64225
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 AMG
- § 69 Abs 1 AMG
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar ausgesprochene arzneimittelrechtliche Untersagungsverfügung des Antragsgegners.
Die in Fürstenau ansässige Antragstellerin stellt unter anderem die Produkte „I.“ und „J.“ her. Der Online-Shop der Antragsgegnerin findet sich unter der Internetadresse K.. Um zu dem Produkt „I.“ zu gelangen, muss zunächst über eine Kategoriespalte auf der linken Seite der Homepage eine Tierart bzw. ein bestimmtes Thema gewählt werden, um dann über den Pfad „Natürliche Futterergänzung“ für das jeweilige Tier unter der weiteren Kategorie „Wurmbefall (Futterergänzung)“ zu dem Produkt „I.“ zu gelangen. Die Produktbeschreibung der Antragstellerin (Internetauftritt vom 24.11.2011 unter L.) lautet wie folgt:
„I. Hund (bis 20 kg) 12 g
VORMISCHUNG aus Aroma- und appetitanregenden Zusatzstoffen für Hunde
Zusammensetzung:
Aromastoffe deren Zusatz zu Futtermitteln deren Geruch oder die Schmackhaftigkeit verbessert: 301g pro kg;
Trägerstoffe: 650 g pro kg Kieselgur E551c
Fütterungsempfehlung:
an zwei aufeinander folgenden Tagen
Hunde bis 20kg: 1,5 Messlöffel je 10kg Körpergewicht;
Hunde über 20kg: 2,5 Messlöffel je 20kg Körpergewicht;
nach 10 - 14 Tagen die Fütterung wiederholen
(1 Messlöffel entspricht ca. 0,7 g )
Katzen: einmalig 1 - 2g; nach 10 - 14 Tagen die gleiche Menge noch einmal verfüttern
Bei der Erstfütterung die entsprechende Menge je nach Körpergewicht des Hundes oder der Katze verabreichen. Nach ca. 10-14 Tagen die gleiche Menge noch einmal geben.
A. I. sollte nach Möglichkeit morgens gefüttert und anschließend ein ausgiebiger Spaziergang vorgenommen werden.
Dose nach Gebrauch fest verschließen!
Jeder Hund hat sie, die Rede ist von Bandwürmern, Spulwürmern, usw. Selbst Welpen beginnen ihr Leben gleich mit diesen Mitbewohnern, entweder noch vor der Geburt über den Blutkreislauf des Muttertieres oder danach über die Muttermilch.
Die Häufigkeit der Entwurmung ist von verschiedenen Faktoren abhängig und von Tier zu Tier unterschiedlich.
Diese Faktoren lauten wie folgt:
· Alter und Gesundheitszustand des Tieres
· wie wird das Tier gefüttert
· was und wie viel frisst das Tier draußen
· persönliches Sicherheitsbedürfnis des Tierbesitzers
Was kann eine chemische Wurmkur für das einzelne Tier bedeuten?
· oft hohe Giftbelastung für das Tier
· Störung bzw. Zerstörung der natürlichen Darmflora
· Gefahr von „Allergien" und Hautproblemen durch Belastung der Entgiftungsorgane (Leber und Nieren).“
Für Katzen („I. Katze 12 g“) fand sich zu dem oben genannten Zeitpunkt und findet sich weiterhin eine vergleichbare Beschreibung. Für Pferde („I. für Pferde 50 g“) fand und findet sich in der Produktbeschreibung u.a. folgender Wortlaut:
„ …
Expertentipp:
Nach der Weidesaison im November/Dezember müssen ggf. spezielle Wurmkuren gegen Magendassseln verabreicht werden!
…
A. I. Pferd ist eine rein natürliche Vormischung für Pferde.
Was bedeutet eine chemische Wurmkur in der Regel für Ihr Pferd?
- Vergiftung der Würmer, soweit nicht resistent
- Störung bzw. Zerstörung der natürlichen Darmflora
- Gefahr von Allergien und Hautproblemen durch Belastung der Entgiftungsorgane.“
Zu der Internetseite über das Produkt „J.“ gelangt man ebenfalls über die Auswahl einer Kategorie bezogen auf die Tierart bzw. das jeweilige Thema und den Pfad „Natürliche Pflegemittel“, „Riß- / Schürfwunden (Pflegemittel)“, „Wundpflege (Pflegemittel)“ bzw. „Verletzungen (Pflegemittel)“. Die Produktbeschreibung für das Produkt „M. Puder“ (Internetauftritt vom 02.01.2012 unter L.) lautet wie folgt:
„J. 15 g
Pflegemittel für Tiere
Pflegt wundgeplagte Hautstellen.
A. J. ist ein natürliches Pulver aus 100% Vulkangestein zur besonderen Pflege wundempfindlicher, feuchter Hautstellen. J. bindet Feuchtigkeit auf der Haut.
Zeolith was ist das?
Klinoptilolith-Zeolith ist ein Vulkangestein und besteht zum größten Teil aus Silizium. Bei seiner Anwendung kommt es zu entzündungshemmenden, antibakteriellen und antiviralen Effekten. Das Immunsystem wird moduliert und gestärkt. Neben seiner wundheilenden Wirkung optimiert es als Biokatalysator den Zellstoffwechsel.
Zusammensetzung:
natürliche Mineralkomplexe.
Anwendungsempfehlung:
bei Bedarf die betroffenen Stellen bestäuben.
Natürlich für Mensch und Tier.“
Ausweislich der Ausdrucke der Produktbeschreibung im Rahmen der Internetauftritte vom 26.07.2012 und 31.08.2012 in den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners ist die Passage mit der Überschrift „Zeolith was ist das?“ nicht mehr zu finden. Dies gilt auch für die derzeitige Präsentation des Produktes im Internet.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) teilte auf ein entsprechendes Ersuchen des Antragsgegners per E-Mail am 08.12.2011 mit, dass das Präparat „I.“ als Präsentationsarzneimittel einzustufen sei, da eine Bestimmung zur Heilung, Linderung oder Verhütung tierischer Krankheiten (Wurmbefall) ausgelobt werde. Eine wirkstoffbezogene Aussage könne nicht getroffen werden, da die Zusammensetzung der Präparate (I. für verschiedene Tierarten) nicht offengelegt worden sei. Dennoch seien die Präparate als Arzneimittel nach § 21 Abs. 1 AMG zulassungspflichtig. In diesem Zusammenhang sei es unerheblich, ob die Wirkung durch pflanzliche Komponenten oder chemisch definierte Stoffe zustande komme. Auch nach Einschätzung des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) (E-Mail vom 01.03.2012) wird durch die Aufmachung des Produktes über die amtliche Deklaration der Verpackung hinaus die Bekämpfung von Würmern in den Vordergrund gestellt. Der gemäß der Kennzeichnung der Vormischung vorhandene Aromastoffcharakter spiele im Schreiben des Anwalts und im Internet kaum eine Rolle.
Nach vorheriger Anhörung untersagte der Antragsgegner mit Bescheid vom 27.03.2012 der Antragstellerin das weitere Inverkehrbringen der Produkte „I.“ und „J.“ in sämtlichen Verpackungsgrößen und -arten. Zur Begründung führte er aus, dass aufgrund der im Internet veröffentlichten Anwendungsempfehlung insbesondere aufgrund des Namens „I.“ und des Erläuterungstextes beim Verbraucher der Gesamteindruck entstehen würde, dass das Präparat ein Mittel zur Entwurmung sei. Auch die Dosierung sei typisch für Entwurmungsmittel und untypisch für Produkte zur Futterergänzung. Diese Auffassung werde ebenfalls vom LAVES und vom BVL geteilt. Das Produkt „J.“ lasse durch die Auslobung des Präparats beim Verbraucher ebenfalls den Gesamteindruck entstehen, man könne mit dem Produkt Wunden behandeln. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Aussage zu der Wirkweise des Vulkanpuders. Darüber hinaus stelle der Name „J.“ für den gewöhnlichen Verbraucher einen Bezug zur Behandlung von Wunden dar. Da Wunden als krankhafter Hautzustand zu werten seien, sei die Definition des Präsentationsarzneimittels erfüllt. Die Präparate seien daher als Mittel zur Entwurmung bzw. als Mittel zur Anwendung am tierischen Körper zur Heilung bzw. zur Linderung tierischer Krankheiten bestimmt und somit aufgrund ihrer Auslobung als Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG einzustufen. Ohne entsprechende Zulassung dürften diese nicht in den Verkehr gebracht werden. Das Inverkehrbringen von Arzneimitteln könne er, als zuständige Behörde, daher nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG untersagen. Bei dieser Entscheidung seien die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens und das öffentliche Interesse gegeneinander abgewogen worden.
Gegen den Bescheid erhob die Antragstellerin am 28.04.2012 Klage (6 A 98/12).
Mit Schreiben vom 25.07.2012 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin hinsichtlich der nachträglichen Anordnung der sofortigen Vollziehung seines Bescheides vom 27.03.2012 an.
Diesbezüglich machte die Antragstellerin im Schreiben vom 02.08.2012 geltend, dass am 26.01.2012 mit Mitarbeitern des Antragsgegners eine Besprechung stattgefunden habe, in der seitens des Antragsgegners geäußert worden sei, dass die sofortige Vollziehung des Bescheides nicht angeordnet werden würde. Auch könnten die Aspekte der „Volksgesundheit und negativen Vorbildwirkung im Abwägungsprozess“ ein überwiegendes öffentliches Interesse nicht rechtfertigen.
Mit Bescheid vom 27.08.2012 ordnete der Antragsgegner für den Bescheid vom 27.03.2012 nachträglich die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung machte er geltend, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung im öffentlichen Interesse liege, da insbesondere im Falle des Produktes „I.“ eine arzneiliche Wirkung nicht angenommen werden könne. Ein Verbraucher, der das Arzneimittel an seinem Hund anwende, gehe davon aus, eine Entwurmung erreicht zu haben. Da kein Zulassungsverfahren durchlaufen worden sei, sei eine solche Wirkung nicht nachweislich belegt. Hundebandwürmer würden für den Halter eine Gesundheitsgefahr darstellen. Eine Infektion des Menschen mit Hundebandwürmern könne zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen. Darüber hinaus könne nicht hingenommen werden, dass die Antragstellerin durch Umgehung des Zulassungsverfahrens für die vertriebenen Arzneimittel und durch Umgehung der gesetzlich vorgeschriebenen Inspektionen durch die zuständigen Behörden bessergestellt sei als pharmazeutische Unternehmen, die sich gesetzeskonform verhalten würden. Soweit die Antragstellerin im Rahmen ihrer Anhörung eingewandt habe, ihr sei während eines Besprechungstermins am 26.01.2012 zugesichert worden, dass ein Sofortvollzug ausgeschlossen sei, trete er dem entgegen. Insbesondere sei keine schriftliche Zusicherung in dieser Hinsicht gem. § 38 VwVfG abgegeben worden. Zudem reiche nach der Rechtsprechung allein der formale Grund des Nichtvorhandenseins einer Zulassung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 04.09.2012 einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Zur Begründung trägt sie vor, dass das öffentliche Interesse an der nachträglichen Anordnung des Sofortvollzugs im Hinblick auf das Produkt „I.“ nicht überwiege und die von dem Antragsgegner angegebenen Gründe das öffentliche Interesse am Sofortvollzug nicht ausreichend begründen bzw. rechtfertigen würden. Demgegenüber sei ihr privates Interesse beträchtlich. Bezüglich des Produkts „M.“ sei der Sofortvollzug nicht begründet worden, was zur Folge habe, dass es an einer Abwägung der Interessenlage mangele. Darüber hinaus sei der Bescheid vom 27.03.2012 rechtswidrig. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, wieso der Antragsgegner den Untersagungsbescheid auf die Ermächtigungsgrundlage des § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG stütze. Zudem handele es sich bei dem Produkt „I.“ nicht um ein Präsentationsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, sondern um ein Futtermittel bzw. ein Biozid-Produkt, welches unter § 2 Abs. 3 Nr. 5 oder 6 AMG falle. Zweckbestimmung des Produktes sei die Zuführung von Stoffen bei ernährungsbedingten Mängeln, die Tiere in Gefangenschaft leicht und häufig aufweisen würden. Das Produkt „I.“ sei weder ein Wurmmittel noch eine Wurmkur und werde so auch nicht beworben. Das Milieu für Würmer werde zwar negativ beeinflusst, allerdings ohne eine arzneimittelähnliche Wirkung. „I.“ diene der unterstützenden Fütterung gegen Würmer, sofern noch kein Krankheitsbild vorliege, was ein Tierhalter und damit Verbraucher auch wisse. Wurmbefall sei per se keine Krankheit. Probleme gebe es erst, wenn es zu einer starken Vermehrung der Würmer komme. Daher sei eine artgerechte Fütterung in der Art erforderlich, dass den Haustieren Kräuter und Pflanzenextrakte zur Verfügung gestellt würden, die sie in ihrer intakten Umwelt aufnehmen würden, um den Wurmbefall in einem gesunden Rahmen halten zu können. Nur bei übermäßig vielen Würmern liege eine Krankheit vor und es sei eine Therapie durch eine Wurmkur erforderlich. In diesem Zusammenhang verweise sie auf die Stellungnahmen des Herrn Prof. Dr. N. - Leiter des Instituts für Vergleichende Tropenmedizin und Parasitologie -, O. P., vom 10.10.2012 und 29.11.2012. Des Weiteren sei nach § 20 Abs. 2 LFGB eine Werbung, die als Zweckbestimmung des Produktes die Verhütung eines übermäßigen Wurmbestandes ausweise, erlaubt. Auch nach § 20 Abs. 3 LFGB i.Vm. Art. 3 Abs. 3 VO (EG) Nr. 767/2009 sei die vorgenommene Werbung erlaubt. Bei dem Produkt „J.“ handele es sich um ein Tierpflegemittel im Sinne von § 2 Abs. 3 Ziff. 4 AMG. Es sei dazu bestimmt, Tiere an belasteten und wundgeneigten Stellen durch Feuchtigkeitsentzug vor Wunden zu schützen bzw. bei vorhandenen Wunden diese trockenzulegen. Das Produkt werde in den Verkehr gebracht, um den guten Zustand des jeweiligen Tieres pflegerisch zu erhalten. Dies ergebe sich auch aus dem Handelsnamen selbst. Bei der Darreichungsform (Puder) handele es sich um eine klassische Form der pflegenden Zuführung von Stoffen auf den Außenbereich des Körpers, wie im Falle von Babypuder. Auch die Auslobung des Produktes lasse nicht auf das Vorliegen eines Präsentationsarzneimittels, sondern nur darauf schließen, dass aus der Wunde Feuchtigkeit herausgezogen werden solle, um sie zu pflegen. Der Textteil unter der Überschrift „Zeolith was ist das?“ stelle keine Zweckbeschreibung des Produkts im Sinne einer Behandlung oder Linderung einer Krankheit dar.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihrer anhängigen Klage wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Ansicht, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genüge und es sich bei den zur Begründung des Sofortvollzugs gegebenen Gründen nicht um nachgeschobene Gründe handele. Zudem habe sich die Untersagung des weiteren Inverkehrbringens der Produkte auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützt und nicht auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG, wie irrtümlich aufgeführt. Hierbei handele es sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 42 VwVfG. In seinem Anhörungsschreiben habe er explizit auf die Ermächtigungsgrundlage des § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG abgestellt. Bei dem Produkt „I.“ handele es sich um ein Produkt, welches von der Antragstellerin zur Entwurmung von z.B. Hunden und Katzen präsentiert werde. Ein Futtermittel bzw. ein Futterergänzungsmittel sei „I.“ nicht. Der eigentliche futtermittelrechtliche Zweck einer entsprechenden Vormischung mit Aromastoffen, den Geruch oder die Schmackhaftigkeit eines anderen Futtermittels zu verbessern (vgl. Anhang I Nr. 2 Buchstabe b) der VO(EG) 1831/2003), werde weder in dem klagebegründenden Schriftsatz noch in der Werbung genannt. Auch handele es sich bei „I.“ um kein Biozidprodukt, da die Wurmerkrankung schon zu Beginn der Behandlung bestehe und nicht etwa Würmer abschrecke, wie bei einem Mückenabwehrspray. Unabhängig davon führe bereits die Linderung von Krankheiten zur Einstufung eines Produktes als Präsentationsarzneimittel. Darüber hinaus sei das Präparat „I.“ auch ein Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG, da eine pharmakologische Wirkung zwar nicht anhand der Unterlagen belegt, aber auch nicht ausgeschlossen werden könne. Im Hinblick auf das Produkt „J.“ greife die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 3 Nr. 4 AMG nicht, denn das Präparat sei nicht ausschließlich dazu bestimmt, äußerlich bei einem Tier zur Reinigung und zur Pflege oder zur Beeinflussung des Aussehens oder des Körpergeruchs angewendet zu werden. Vielmehr sei Bestimmungszweck die Behandlung von äußerlichen Verletzungen, was sich auch bereits aus dem Produktnamen ergebe. Ferner gebe der Informationstext der Antragstellerin zum einzigen Inhaltsstoff des Präparats (Zeolith) an, dass das Mittel entzündungshemmend, antibakteriell und antiviral sei. Damit werde auch diesem Produkt eine heilende Wirkung zugesprochen.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner ist weder formell - noch materiell –rechtlich zu beanstanden.
Soweit die Antragstellerin einwendet, der Antragsgegner habe die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinsichtlich des Präparats „M.“ nicht begründet, liegt ein Verstoß gegen § 80 Abs. 3 VwGO nicht vor. Danach ist in den Fällen der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Zweck dieses Begründungserfordernisses ist es, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes im Bewusstsein des Ausnahmecharakters der den Wegfall der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs nach § 80 Abs. 1 VwGO bewirkenden Vollziehungsanordnung anzuhalten, dem Betroffenen die Kenntnis der für die Vollziehungsanordnung maßgeblichen Gründe zu vermitteln und ihm so die Rechtsverteidigung zu ermöglichen und die Grundlage für eine ordnungsgemäße gerichtliche Kontrolle dahin zu bieten, ob das die Vollziehungsanordnung rechtfertigende besondere Interesse auch vorliegt.
Hieran gemessen ist die nachträgliche Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner nicht zu beanstanden. Er hat – über ausschließlich das Produkt „I.“ betreffende Erwägungen hinaus – bezüglich beider Präparate ausgeführt, dass die sofortige Vollziehung erforderlich sei, weil es nicht hingenommen werden könne, dass die Antragstellerin durch Umgehung des Zulassungsverfahrens für die vertriebenen Arzneimittel und der gesetzlich vorgeschriebenen behördlichen Inspektionen besser gestellt werde als pharmazeutische Unternehmen, die sich gesetzeskonform verhielten. Diese Begründung reicht zur Erfüllung der formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO aus, denn hieraus ergibt sich, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung und der Notwendigkeit einer besonderen Begründung der Sofortvollzugsanordnung bewusst war. Ob die insoweit angeführten Gründe den angeordneten Sofortvollzug auch der Sache nach tragen, ist dagegen keine Frage der formellen Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage anordnen oder wiederherstellen. Diese Entscheidung erfolgt aufgrund einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung einerseits und dem Interesse des Rechtsschutzsuchenden an der vorläufigen Aussetzung des angefochtenen Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Bei offensichtlicher Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung, während bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts regelmäßig dem Aussetzungsinteresse des Rechtsschutzsuchenden Vorrang einzuräumen ist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse, weil sich der angefochtene Bescheid aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen wird.
Rechtsgrundlage für den Bescheid des Antragsgegners ist § 69 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Ziff. 1 Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005 (BGBl. I S. 3394), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.10.2012 (BGBl. I S. 2192) - AMG -.
Soweit die Antragstellerin meint, schon die Benennung einer falschen Ermächtigungsgrundlage (§ 69 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 AMG) durch den Antragsgegner in seinem Bescheid vom 27.03.2012 führe zur Rechtswidrigkeit des Bescheides, ist dem entgegenzuhalten, dass es ausreichend ist, wenn eine Ermächtigungsgrundlage - hier in Form des § 69 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Ziff. 1 AMG - für den erlassenen Bescheid existiert. Zudem hat der Antragsgegner sowohl in seinem Anhörungsschreiben vom 25.07.2012 als auch in dem Bescheid vom 27.08.2012 klargestellt, dass es sich bei der Benennung des § 69 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG um einen offensichtlichen Schreibfehler gehandelt hat.
Nach § 69 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Ziff. 1 AMG treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist (Abs. 2 S. Ziff. 1). Gem. § 21 Abs. 1 AMG (in der Fassung vom 25.05.2011) dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 sind, im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften oder der Rat der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. EU Nr. L 136 S. 1) auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinien 2001/20/EG und 2001/83/EG sowie der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1) oder der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 erteilt hat.
Bei den Präparaten „I.“ und „J.“ handelt es sich nach summarischer Prüfung um zulassungsbedürftige Arzneimittel, für die keine arzneimittelrechtliche Zulassung vorliegt.
Definiert wird der Arzneimittelbegriff in § 2 Abs. 1 AMG. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass diese Definition bei gemeinschaftskonformer Auslegung (auch) im Hinblick auf Tierarzneimittel der Begriffsbestimmung entspricht, wie sie das Gemeinschaftsrecht mit Art. 1 der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel (ABl. L 311, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 2004/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/82/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel vom 31.03.2004 (ABl. L 136, 58) enthält (BVerwG, Urteil vom 16.5.2007 - 3 C 34/06 -, NVwZ-RR 2007, 771; Urteil vom 24.11.1994 - 3 C 2/93 -, NVwZ-RR 1995, 625; für Humanarzneimittel vgl. Nds. OVG, Urteil vom 03.02.2011 - 13 LC 92/09 -, http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de, m.w.N.).
Art. 1 Ziff. 2 der Richtlinie 2001/82/EG in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2004/28/EG enthält für den Begriff des Arzneimittels eine zweifache Definition: darunter fallen zum einen alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von Tierkrankheiten bestimmt sind (a) und zum anderen alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am tierischen Körper verwendet oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, oder eine medizinische Diagnose zu erstellen(b). Diese zweifache Definition nimmt die seit langem das Gemeinschaftsrecht kennzeichnende Unterscheidung zwischen den so genannten Präsentationsarzneimitteln (Arzneimittel nach Bezeichnung) und den Funktionsarzneimitteln (Arzneimittel nach Funktion) auf (BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 – 3 C 34/06 – juris, Langtext, Rn. 21).
Die Antragstellerin bestreitet eine pharmakologische Wirkung des Präparats „I.“, während der Antragsgegner eine solche in seiner Klageerwiderung nicht ausschließt. Eine pharmakologische Wirkung wurde aber weder positiv festgestellt noch sicher ausgeschlossen, was für eine Einstufung als Funktionsarzneimittel nicht ausreicht. Es ist auch nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, zur Frage pharmakologischer Wirkungen des Produkts weitere Ermittlungen anzustellen. Der plausible Nachweis dessen obliegt vielmehr dem Antragsgegner (BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, juris, Langtext, Rn. 17 ff.). Mangels Nachweises einer pharmakologischen Wirkung scheidet die Einordnung als sog. Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziff. 2 AMG und Art. 1 Ziff. 2 lit. b) der Richtlinie 2001/82/EG in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2004/28/EG somit aus.
Vorliegend kommt es deshalb auf die Frage an, ob es sich bei dem Produkt der Antragstellerin um ein sog. Präsentationsarzneimittel im Sinne vorgenannter Bestimmungen handelt. Hierzu hat hat das Bundesverwaltungsgericht bereits mit Urteil vom 24.11.1994 (- 3 C 2/93 – juris, Langtext, Rn.25 f.), ausgeführt:
„Entscheidend ist die Bestimmung des Produkts, so wie sie einem durchschnittlich informierten Verbraucher gegenüber in Erscheinung tritt. Diese "Bestimmung" - der Verwendungszweck - erschließt sich aus der stofflichen Zusammensetzung des Präparats, seiner Aufmachung und der Art seines Vertriebes. Mit seinem Erscheinungsbild begründet das Produkt Erwartungen und Vorstellungen über seine Zweckbestimmung oder es knüpft an eine schon bestehende Auffassung der Verbraucherkreise über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an.
Das Erscheinungsbild - und mit ihm die Zweckbestimmung - eines Präparats hängen weitgehend von der Konzeption ab, mit der Hersteller oder Vertreiber es dem Markt präsentieren. Derjenige, der das Präparat in den Verkehr bringt, entscheidet über die Wahl der Wirkstoffe, ihre Dosierung, die Form des Produkts, seine Bezeichnung; er hat - wenn es sich um ein Fertigarzneimittel handelt - für die Kennzeichnung (§ 10 AMG) zu sorgen und es mit einer Packungsbeilage (§ 11 AMG) zu versehen. Die bloße Erklärung des Herstellers, sein Präparat sei kein "Therapeutikum" - kein Arzneimittel -, bewirkt für sich genommen deswegen noch nicht, daß es nicht als Arzneimittel einzustufen ist. Der Anwendungsbereich der arzneimittelrechtlichen Vorschriften ist vielmehr wegen der erstrebten Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere im Hinblick auf ihre Qualität, ihre Wirksamkeit und ihre Unbedenklichkeit (vgl. § 1 AMG), "objektiv" an Hand tatsächlicher Gegebenheiten abzugrenzen. Diese "Objektivierung" des Arzneimittelbegriffs (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks 7/3060, Besonderer Teil, S. 44 zu § 2) hat der Gesetzgeber bei der Novellierung des Arzneimittelrechts im Jahre 1976 dadurch verdeutlicht, daß er den Wortlaut der bisherigen Definition des Arzneimittelbegriffs in § 1 Abs. 1 AMG 1961 geändert hat.“
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 03.02.2011 – 13 LC 92/09 – juris, Langtext, Rn. 5) hat diesbezüglich ausgeführt:
„Ein Produkt erfüllt die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels i. S. v. Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2001/83/EG und § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, wenn es entweder ausdrücklich als ein solches Mittel bezeichnet wird oder aber sonst beim Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (BVerwG, Urt. v. 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, juris Rdnr. 21; EuGH, Urt. v. 15.11.2007 - C-319/05 (Knoblauchkapseln), juris Rdnr. 46). Maßgeblich ist hier - wie auch im Lebensmittelrecht - auf einen fiktiven typischen Verbraucher abzustellen, also einen normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, wie er in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs konturiert wurde (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 16.07.1998 - C-210/96 -, juris Rdnr. 37) und auch in den Rechtssetzungsakten der Europäischen Union seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa Erwägungsgrund 16 der VO (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel ("Health-Claims-Verordnung")). Ob ein Produkt infolge seiner Form und seiner Aufmachung einem Arzneimittel genügend ähnelt, ist fallbezogen anhand konkreter Merkmale zu bestimmen. Für diese Bewertung sind insbesondere seine Verpackung und sein Beipackzettel mit möglichen Hinweisen auf pharmazeutische Forschungen, auf von Ärzten entwickelte Methoden oder Stoffe oder auf von Ärzten abgegebene Zeugnisse im Hinblick auf das Produkt in den Blick zu nehmen. Neben der eigentlichen Produktinformation sind auch dem Hersteller oder Vertreiber zurechenbare Veröffentlichungen oder öffentliche Empfehlungen in die Betrachtung einzubeziehen (OVG Nordrh.-Westf., Beschl .v. 13.10.2010 - 13 A 1187/10 -, juris Rdnr. 23 ff. m. w. N.). Für ein arzneimittelartiges "Erscheinungsbild" eines Produkts reicht es nicht aus, dass diesem nach allgemeiner Verkehrsanschauung gesundheitsbezogene Wirkungen zugeschrieben werden. Vielmehr wird ein Produkt nur dann als Arzneimittel "präsentiert", wenn es auf dem Etikett, durch die Angaben auf der Verpackung oder in sonstiger Weise den Eindruck erweckt, dass es Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten besitzt. Für den erforderlichen Heilmittelbezug genügt es daher nicht, dass einem Erzeugnis Eigenschaften zugeschrieben werden, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind. Es muss vielmehr gerade um die Funktion der Verhütung oder Heilung von menschlichen Krankheiten gehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.02.2010 - 9 S 3331/08, juris Rdnr. 36).“
Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer an.
Losgelöst von einzelnen Produktbeschreibungen gibt der Internetauftritt der Antragstellerin insgesamt gesehen zunächst kaum einen Anhalt für die Annahme, von der Antragstellerin könnten (Tier-)Arzneimittel angeboten werden. Sowohl die insoweit entweder sprachlich neutral formulierten oder den Begriff der Pflege und Pflegemittel betonenden Bezeichnungen von Menüpunkten und Produktkategorien als auch die Vielzahl der ausdrücklich als solche bezeichneten Pflegeprodukte und der weiteren offensichtlich jedenfalls nicht den Medizinprodukten oder Arzneimitteln zuzuordnenden Produkte lassen eine Verbrauchererwartung, die Antragstellerin betreibe einen Handel mit Tierarzneimitteln, für sich gesehen (noch) nicht aufkommen. Dies schließt aber nicht aus, dass von der Antragstellerin aus Verbrauchersicht auch (einzelne) Tierarzneimittel vertrieben werden, wie sich dies auf Grund der Produktbeschreibungen für die Präparate „I.“ und „J.“ ergibt.
Bei dem von der Antragstellerin vertriebenen Präparat „I.“ handelt es sich nach summarischer Prüfung um ein zulassungspflichtiges Tierarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziff. 1 AMG und Art. 1 Ziff. 2 lit. a) der Richtlinie 2001/82/EG i.d.F. der Änderungsrichtlinie 2004/28/EG, für das die nach § 21 Abs. 1 AMG erforderliche Zulassung nicht vorliegt. Es ist seiner Anwendung nach dazu bestimmt, am tierischen Körper (bei Hund, Katze oder Pferd) krankhafte Beschwerden auf Grund von Würmern zu verhüten bzw. zu heilen. Bereits der Name des Präparats „I.“ erweckt beim Verbraucher die Vorstellung, ein Mittel zu erwerben, welches „gegen“ vorhandene Würmer eingesetzt wird, um ein durch Würmer hervorgerufenes Leiden beim Tier zu beseitigen oder zumindest zu lindern, indem der Wurmbefall durch Abtötung der Würmer beseitigt wird. Unterstützt wird diese Vorstellung durch die produktbezogene Werbung im Rahmen des Internetauftritts (Online-Shop) der Antragstellerin. Dort wird das Präparat „I.“ zwar nicht ausdrücklich als Arzneimittel, sondern unter der Kategorie „Wurmbefall (Futterergänzung)“ geführt. Trotz der Bezeichnung können aber andere Umstände hinzutreten, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 – juris). Solche Umstände liegen hier aller Voraussicht nach vor. Innerhalb der Produktbeschreibung wird insbesondere darauf hingewiesen, dass jeder Hund bzw. jede Katze Würmer habe, sowie, dass die Häufigkeit der Entwurmung von verschiedenen Faktoren abhängig und von Tier zu Tier unterschiedlich sei. Der Begriff der „Entwurmung“ wird somit nicht abgegrenzt von dem Produkt benutzt, sondern durch diese Beschreibung drängt sich spätestens an dieser Stelle bei einem verständigen Durchschnittsverbraucher der Eindruck auf, dass es sich bei dem Produkt „I.“ um ein Produkt handelt, welches geeignet ist, das jeweilige Tier vom Wurmbefall zu befreien, sprich zu heilen. Dem Verbraucher wird daher gerade nicht, wie die Antragstellerin einwendet, deutlich gemacht, dass ein Wurmbefall per se keine Krankheit sei und dem fraglichen Produkt schon deshalb keine „heilende“ Wirkung im herkömmlichen Verständnis zukomme. Derartige klarstellende Hinweise finden sich auch nicht in dem für Verbraucher und Kunden der Antragstellerin gedachten Ratgeber (Q.). Im Rahmen dieser pdf - Datei werden zum Thema „Würmer“ neben allgemeinen Ausführungen verschiedene Wurmarten beschrieben. Dass ein „normaler Wurmbefall“ dabei als „unschädlich“ angesehen werden kann, ist dort an keiner Stelle ausgeführt worden. Auch die in der weiteren Produktbeschreibung erfolgte Darstellung darüber, was eine chemische Wurmkur für das Tier bedeute, verstärkt den Eindruck, dass es sich bei „I.“ um ein - wenn auch „natürliches“ - Entwurmungsmittel handelt. Des Weiteren ist auch die empfohlene Dosierung und der Verabreichnungszyklus (Erstfütterung und nach einer Wartezeit von 10- 14 Tagen wiederholten Fütterung) sowie eine Fütterungsempfehlung nach Gewicht des Tieres (vgl. „I. Hund“ und „I. Pferd“) arzneitypisch. Ebenfalls kann der „Expertentipp“ bei dem Produkt „I. Pferd“, nach der Weidesaison im November/Dezember die Verabreichung „ggf. spezieller Wurmkuren gegen Magendasseln“ vorzunehmen, einen durchschnittlichen Verbraucher darauf schließen lassen, dass es sich bei dem Produkt „I. Pferd“ demgegenüber um eine Wurmkur „allgemeiner Art“ handele, die nur in solchen besonders gelagerten Fällen unzureichend sei. In ihrer Einschätzung, dass das Produkt „I.“ seiner Präsentation nach bei Verbrauchern den Eindruck vermittelt, hiermit könne und solle krankhafter Wurmbefall bei verschiedenen Tierarten behandelt werden, sieht sich die Kammer nicht zuletzt – im Sinne eines weiteren Indizes – durch die in verschiedenen Internetforen aufgeworfene Frage nach Erfahrungen mit I. als „natürliches“ Entwurmungsmittel im Gegensatz zu einer chemischen Wurmkur bestätigt (vgl. R.; S.; R. ; R. (von der Antragstellerin betriebenes Internetforum); T.; U.). Denn die dort dokumentierten Fragen bzw. Diskussionsbeiträge deuten darauf hin, dass die nachfragenden Verbraucher offenbar allesamt die Erwartung hegten, dass das Präparat „I.“ im Hinblick auf den Befall ihrer Tiere mit Würmern eine heilende Wirkung entfalten werde. Für eine – von der Antragstellerin für selbstverständlich gehaltene – Kenntnis von Tierhaltern und Verbrauchern davon, dass ein „normaler Wurmbefall“ bei einem Tier keinen pathologischen Zustand darstelle und demgemäß auch keiner Heilbehandlung bedürfe, finden sich in den genannten Diskussionsbeiträgen dagegen keine greifbaren Anhaltspunkte.
Angesichts des durch diese Produktbeschreibung vermittelten Gesamtbildes und vor dem Hintergrund, dass eine weite Auslegung des Begriffs Präsentationsarzneimittel geboten ist, um Verbraucher gerade auch vor Erzeugnissen zu schützen, die nicht die Wirksamkeit besitzen, welche die Verbraucher nach ihrer „Präsentation“ von ihnen erwarten dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 – C – 140/07, juris, Langtext, Rn. 25), spricht überwiegendes dafür, dass „I.“ als ein Produkt einzustufen ist, das seiner Bezeichnung nach zur Anwendung im tierischen Körper als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt ist. Demgemäß handelt es sich - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - bei der Beschreibung des streitgegenständlichen Präparats auch nicht um eine bloß „krankheitsverhütende“ Werbung nach § 20 Abs. 2 LFGB bzw. eine Werbung, mit der kein pathologisches Symptom assoziiert wird (§ 20 Abs. 3 LFGB i.V.m. Art. 13 Abs. 3 lit. a) VO (EG) 2009/767).
Der Einordnung als Präsentationsarzneimittel steht auch nicht der Einwand der Antragstellerin entgegen, dass es sich bei dem Produkt „I.“ nur um ein Mittel handele, welches gegen Würmer gefüttert werde, um dem Tier die in freier Natur vorkommenden Kräuter und Pflanzenextrakte zukommen zu lassen und den Wurmbefall in einem gesunden Rahmen halten zu können. Zum einen kommt in dem Internetauftritt der Antragstellerin an keiner Stelle zum Ausdruck, dass es sich bei „I.“ um ein Präparat zur Begrenzung der Wurmmenge auf ein „gesundes bzw. natürliches“ Niveau handelt. Zum anderen würde selbst wenn ein entsprechender Auftritt in dieser Art erfolgt wäre, damit nicht die bei dem Verbraucher hervorgerufene Vorstellung ausgeräumt, dass dem Produkt „I.“ im Hinblick auf ein mit Würmern befallenes Tier eine zumindest lindernde bzw. heilende Wirkung dahingehend zukommt, dass die Anzahl der Würmer auf ein „normales Maß“ zurückgeführt wird. Auf die in diesem Zusammenhang durch die Antragstellerin eingeholten Stellungnahmen des Herrn Prof. Dr. N. vom 10.10.2012 und 29.11.2012 kommt es dabei nicht an. Hierbei handelt es sich um wissenschaftliche Stellungnahmen u.a. zu den Fragen, ab wann ein Wurmbefall Krankheitswert hat und welche Wirkung pflanzliche Produkte im Hinblick auf die Reduzierung eines Wurmbefalls konkret haben. Die diesbezüglichen Einschätzungen einer in der Sache kundigen Person sind jedoch - nach der oben zitierten Rechtsprechung - für die Einordnung eines Präparats als Präsentationsarzneimittel nicht relevant, sondern betreffen die Frage einer etwaigen pharmakologischen Wirkungsweise des Produktes. Vielmehr ist allein auf die nicht durch solche wissenschaftlichen Stellungnahmen, sondern durch die Produktpräsentation des Vertreibenden geprägte Verbraucherperspektive abzustellen. Das gleiche gilt für die von den Beteiligten diskutierte Frage nach der Glaubwürdigkeit der Organisation ESCCAP (European Scientific Consel Companion Animal Parasites) und deren Empfehlungen zur Entwurmung.
Nach summarischer Prüfung ist auch das Präparat „J.“ als zulassungspflichtiges Tierarzneimittel für das die nach § 21 Abs. 1 AMG erforderliche Zulassung nicht vorliegt, einzustufen.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Antragstellerin ihre Produktbeschreibung im Rahmen ihres Internetauftritts nach der Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner derart geändert hat, dass nur noch der im Tatbestand zitierte erste Absatz, ohne den Zusatz „Zeolith was ist das?“ zu finden ist (vgl. Ausdruck der Produktbeschreibung im Internet in den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners vom 26.07.2012 und 31.08.2012). Denn eine erst im Verlauf des Verwaltungsprozesses erfolgende Änderung bei den Modalitäten der Bewerbung des Produkts in Internetauftritten kann für die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung nicht maßgeblich sein; die Beurteilung eines solchen „Präsentationsaliuds“ muss vielmehr einer neuen behördlichen Überprüfung vorbehalten bleiben (Nds. OVG, Urteil vom 03.02.2011 – 13 LC 92/02 – aaO., Rn. 2). Zudem kann sich beim Verbraucher durch den bis zum Einschreiten der Behörde vorhandenen Internetauftritt (der bisherige Internetauftritt bestand ausweislich eines weiteren Ausdrucks der Produktbeschreibung in den Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners mindestens bis zum 22.03.2012) bereits längerfristig eine Vorstellung bzw. Erwartung an das Produkt etabliert haben, die sich nicht allein mit einer Veränderung des Internetauftritts rückgängig machen lässt.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin dürfte ein Verbraucher bereits mit dem Namen „J.“ ein Mittel assoziieren, welches in der Lage ist Wunden zu „beseitigen“, sprich zu heilen und nicht – wie die Antragstellerin meint - lediglich aus der Wunde etwas „herauszubringen“. Aus diesem Namen kann ein Verbraucher gerade nicht schließen, dass sich das „V.“ nicht auf die Wunde, sondern allein auf die Feuchtigkeit in der Wunde beziehen soll. In der Produktbeschreibung wird zwar angegeben, dass „J.“ Feuchtigkeit auf der Haut binde. Im Zusammenhang damit steht aber die dem Produkt ebenfalls zuzurechnende Information über den Inhaltsstoff „Klinoptilolith – Zeolith“, dem wiederum ausdrücklich eine wundheilende Wirkung zugesprochen wird, so dass ein Verbraucher auf Grund des Kontextes zumindest auch von einer Heilung der Wunde ausgeht und die Wirkung des Puders nicht auf den bloßen Entzug von Feuchtigkeit reduziert verstehen kann. Die Eigenschaft zur Wundheilung wird nämlich unter der Überschrift „Zeolith was ist das?“ ausgelobt, indem dort ausgeführt wird, dass Klinoptilolith - Zeolith (ein Vulkangestein), woraus das Produkt „J.“ zu 100 % bestehe, eine „wundheilende Wirkung“ habe. Ferner komme es bei dessen Anwendung zu „entzündungshemmenden, antibakteriellen und antiviralen Effekten“. Anhand dieser Produktbeschreibungen wird ein typischer Verbraucher davon ausgehen „J.“ einsetzen zu können, um eine Wunde mit heilender Wirkung zu behandeln. Nicht nachvollziehbar ist die Ansicht der Antragstellerin, dass der Textteil unter der Überschrift „Zeolith was ist das?“ nicht der Beschreibung des Produktes zuzurechnen sei. Wenn in der Produktbeschreibung der Inhaltsstoff des Puders mit 100 % Vulkangestein angegeben wird und sich im Anschluss eine Beschreibung der Wirkweise des Vulkangesteins „Klinoptilolith – Zeolith“ findet, ergibt sich hieraus für einen durchschnittlichen Verbraucher, dass demnach auch dem Produkt „J.“, weil bestehend aus diesem Vulkangestein, die angegebene Wirkung zuzusprechen ist.
Eine nochmalige Aussage über die heilende Wirkung von „J.“ findet sich zudem - eingestellt am 15.10.2010 von einer im Beratungscenter der Antragstellerin tätigen Tiermedizinischen Fachangestellten - in dem von der Antragstellerin betriebenen Internetforum www.tierforum.eu (.) und auf der Internetseite der Antragstellerin (.). Dort wird ausgeführt, dass eine Kundin eine bei ihrem Schäferhund - Mix vorhandene großflächig aufgeleckte und aufgebissene Wunde mehrmals täglich mit „M.“ behandelt habe und es „super schnell abgeheilt“ sei. Diese der Antragstellerin zurechenbaren Veröffentlichungen verstärken die bereits in der Produktbeschreibung gemachten Ausführungen hinsichtlich einer medizinischen Wirkung des Präparats „J.“. Das Produkt präsentiert sich nach summarischer Prüfung somit als Mittel mit heilender, lindernder bzw. vorbeugender Wirkung und ist damit ebenfalls als Tierarzneimittel einzustufen.
Soweit die Antragstellerin einwendet, dass das Präparat „J.“ allein ein pflegerisches Produkt sei (vgl. die Aussage „Pflegemittel für Tiere“ in der Produktbeschreibung), „um den guten Zustand des jeweiligen Tieres pflegerisch zu erhalten“, greift dies nicht durch, denn das Produkt wird nach dem oben ausgeführten gerade nicht ausschließlich (vgl. insoweit die gesetzliche Definition des Tierpflegemittels in § 2 Abs. 3 Nr. 4 AMG) als ein Pflegemittel beworben. Vielmehr wird die heilende Wirkung des Mittels in den Internetauftritten der Antragstellerin in den Vordergrund gestellt.
Soweit die Antragstellerin ferner geltend macht, die Präparate „I.“ und „J.“ würden unter die Begriffsbestimmungen des § 2 Abs. 3 Nr. 4 – 6 AMG fallen, womit sie keine Arzneimittel wären, ist dem auf Grund des § 2 Abs. 3 a AMG nicht weiter nachzugehen. Nach § 2 Abs. 3 a AMG sind Arzneimittel auch Erzeugnisse, die Stoffe
oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können. Mit dieser Bestimmung wurde die sog. Zweifelsregelung des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG i. d. F. der Änderungsrichtlinie 2004/27/EG in deutsches Recht umgesetzt (vgl. Entwurf eines Gesetzes der Bundesregierung zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 16. März 2009, BT-Drucks. 16/12256 S. 41). Die Anwendung dieser Vorschrift bzw. der Zweifelsregelung des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG i. d. F. der Änderungsrichtlinie 2004/27/EG wurde vom Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 15.01.2009 (– C 140/07 – juris, Langtext, Rn. 29) dahin ausgelegt, dass diese Richtlinie nicht auf ein Produkt anzuwenden ist, dessen Eigenschaft als Funktionsarzneimittel wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist, ohne dass sie ausgeschlossen werden kann. § 2 Abs. 3a AMG ist aber einschlägig, wenn das Präparat unter die Definition des Präsentationsarzneimittels fällt und unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 AMG fallen kann (OVG NRW, Beschluss vom 15.03.2010 – 13 A 2612/09 – juris, Langtext, Rn. 21; ebenfalls zu dieser Ansicht tendierend, aber ohne abschließende Entscheidung Nds. OVG, Urteil vom 03.02.2011, aaO, Rn. 24). Wie bereits oben ausgeführt, stellen nach summarischer Prüfung beide streitgegenständlichen Produkte Präsentationsarzneimittel dar und fallen damit unter den Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 AMG. Das Präparat „I.“ könnte daneben zwar auch unter den Begriff des Futtermittels (§ 2 Abs. 3 Ziff. 6 AMG) und das Präparat „J.“ unter den Begriff der Tierkosmetika (§ 2 Abs. 3 Ziff. 4 AMG) fallen, nach § 2 Abs. 3 a AMG gilt jedoch der Vorrang des Arzneimittelrechts.
Ermessensfehler sind bei summarischer Prüfung ebenfalls nicht ersichtlich (§ 114 VwGO). Insbesondere steht der mit der Maßnahme verfolge Zweck nicht außer Verhältnis zur Intensität des mit ihr verbundenen Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Vertrieb eines Arzneimittels ohne die erforderliche Zulassung stellt einen der gravierendsten Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen dar. Er muss daher sofort mit seiner Feststellung unterbunden werden. Bei dieser Sachlage ist der Ermessensspielraum, der einer Behörde bei der Auswahl ihrer Maßnahmen zusteht, in der Regel auf Null reduziert (Nds. OVG, Beschluss vom 25.05.2011 - 13 LA 213/10 -, PharmR 2011, 297-299). Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise etwas anderes gelten müsste, sind nicht ersichtlich.
Mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache ist dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides der Vorrang einzuräumen. Im Interesse des Gesundheits- und Verbraucherschutzes kann es nicht hingenommen werden, dass voraussichtlich als Arzneimittel einzustufende Produkte, die nicht über die erforderliche Zulassung verfügen, in den Verkehr gebracht werden. Denn Zweck der Zulassungspflicht gem. § 21 AMG ist es, unabhängig von konkret von einem Arzneimittel ausgehenden Risiken oder Gefahren das Inverkehrbringen eines Arzneimittels nur dann zu erlauben, wenn es vorher durch die zuständige Bundesoberbehörde geprüft und zugelassen worden ist. Dahinter haben die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin zurückzutreten (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 02.06.2003 – 11 ME 92/03 – juris; Bay. VGH, Beschluss vom 24.08.2009 – 9 Cs 09/1023 -, juris, Langtext, Rn. 14). Die Einwendung der Antragstellerin, ihr sei in einem am 26.01.2012 geführten Gespräch mit dem Justiziar des Antragsgegners zugesichert worden, dass auch nach Erlass eines „Verkehrsverbots“ keine Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgen werde – was der Antragsgegner bestreitet - führt zu keinem anderen Ergebnis. Ob eine solche Aussage tatsächlich getroffen wurde, kann dabei dahinstehen. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hinderte dies den Antragsgegner nicht, nach nochmaliger Überprüfung der Sachlage und der Feststellung, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem hier vorliegenden Fall durch das oben benannte öffentliche Interesse in jedem Fall gerechtfertigt ist, den Sofortvollzug auch anzuordnen. Hierzu hat der Antragsgegner die Antragstellerin auch mit Schreiben vom 25.07.2012 angehört und bereits damit deutlich gemacht, an einer etwaig anderslautenden Aussage nicht mehr festhalten zu wollen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 25.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327). Danach ist bei einem arzneimittelrechtlichen Einfuhr- oder Verkaufsverbot der Verkehrswert der betroffenen Ware maßgeblich, der sich ausweislich der Angaben der Antragstellerin zu den voraussichtlichen Jahres - Nettoumsätzen für die beiden streitgegenständlichen Produkte (Schriftsatz vom 10.12.2012) auf 155.588 € beläuft. Hiervon ist nach Ziff. 1.5 des Streitwertkataloges für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hälfte, mithin ein Betrag von 77.794 € anzusetzen, der im Wege des gerichtlichen Schätzungsermessens auf 80.000 € aufgerundet wird. Für die von der Antragstellerin vorgenommene Reduzierung des angenommenen Verkaufswertes um weitere 50 % ist kein Raum, da das vorliegend ausgesprochene Verkehrsverbot mit dem in Ziff. 25.1 des Streitwertkataloges genannten Verkaufsverbot deckungsgleich ist.