Amtsgericht Aurich
Urt. v. 18.05.1993, Az.: 1605-12 C 45/93

Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zugunsten der Erben aufgrund des Todes des eigenen Kindes durch einen Verkehrsunfall; Höhe des Schmerzensgeldanspruchs zugunsten der Erben im Falle des nicht bewussten Ertrinkens aufgrund Bewusstlosigkeit

Bibliographie

Gericht
AG Aurich
Datum
18.05.1993
Aktenzeichen
1605-12 C 45/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1993, 23450
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGAURIC:1993:0518.1605.12C45.93.0A

Verfahrensgegenstand

Schmerzensgeld

In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Aurich
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 1993
durch
den Richter am Amtsgericht Schaper
fürRecht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 1.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 03.02.1992 zu zahlen.

  2. 2.

    Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 3/4, die Beklagte 1/4.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 1.400,00 DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.

  5. 5.

    Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 700,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Streitwert: 4.000,00 DM

Tatbestand

1

Am 03.02.1992 gegen 22.00 Uhr verunglückte die Tochter ... der Kläger tödlich als Mitfahrerin in einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw, der von dem ... gelenkt wurde. Auf eisglatter Fahrbahn kam der Pkw auf der B 210 in Plaggenburg von der Fahrbahn ab und schleuderte, mit den Rädern nach oben, in einen mit Wasser gefüllten Graben. Die Tochter der Kläger ertrank, ob sie vorher bereits bewußtlos war, ist zwischen den Parteien streitig. Mit der Klage verlangen die Kläger als Erben ihrer Tochter von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Pkw-Halters die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes im Bereich um 4.000,00 DM.

2

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 03.02.1992 zu verurteilen.

3

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

4

Sie bestreitet, daß ... den Ertrinkungstod bewußt erlebt habe, da sie bereits durch den Aufprall bewußtlos gewesen sei.

5

Es ist Beweis erhoben worden durch schriftliche Auskunft des Arztes Dr. Kottmeyer sowie durch Beiziehung der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Aurich 4 Js 159/92. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme und auf die Schriftsätze der Parteien wird im übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

6

Die Klage ist dem Grunde nach begründet gemäß §§823, 847 BGB. Dem Fahrer des verunglückten Pkws ... ist vorzuwerfen, daß er seine Geschwindigkeit nicht den Straßenverhältnissen angepaßt hat; auch wenn die Eisglätte aufgrund eines Hagelschauers eintrat, hätte er durch vorsichtiges Reagieren (Auskuppeln) seine Geschwindigkeit behutsam den neuen Straßenverhältnissen anpassen müssen, dies ist offensichtlich nicht oder zu spät geschehen mit der Folge, daß der Pkw ins Schleudern geriet.

7

Dabei erlitt die Tochter der Kläger Kopfverletzungen, die zur sofortigen Bewußtlosigkeit führten, wie sich aus derärztlichen Auskunft des Dr. Tkottmeyer ergibt. Somit hat die Tochter das Eindringen des Wasser und ihr Ertrinken nicht mehr bewußt miterlebt, trotzdem ist aufgrund der erlittenen Kopfverletzungen ein Schmerzensgeldanspruch entstanden, der im Fall der Rettung der Tochter in letzter Sekunde mit mindestens 1.000,00 DM zu bewerten gewesen wäre.

8

Daß die Tochter wegen ihres Todes nicht mehr in den Genuß des Schmerzensgeldes kommt, ist dabei unbeachtlich. Auch einem Geschädigten, der aufgrund der Schwere seiner Verletzung seinen Zustand nicht mehr bewußt erleben kann (z.B. im Falle schwerster Hirnschädigungen oder eines langanhaltenden Komas) steht ... ein Schmerzensgeldanspruch nicht nur in Symbolischer Höhe zu, da anderenfalls der Schädiger für besonders schwere Verletzungen belohnt würde.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus §92 ZPO analog, die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§708 Ziff. 11, 711 ZPO.

Schaper