Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.03.1985, Az.: 3 OVG A 132/82

Eintragung eines alten Staurechts an einem Mühlenbach in das Wasserbuch; Vorhandensein rechtmäßiger Anlagen zur Ausübung eines Staurechts zu einem bestimmten Stichtag als Voraussetzung an die Eintragung eines alten Staurechts in das Wasserbuch

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
07.03.1985
Aktenzeichen
3 OVG A 132/82
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 31346
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1985:0307.3OVG.A132.82.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 24.09.1982 - AZ: 2 OS VG A 118/81

Verfahrensgegenstand

Eintragung in das Wasserbuch

Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg hat
am 7. März 1985
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Eichhorn,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Schoof und Schnuhr sowie
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 2. Kammer Osnabrück - vom 24. September 1982 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Kläger erstrebt die Eintragung eines alten Staurechts an dem Mühlenbach in ... in das Wasserbuch.

2

Auf Antrag des ... geb. ... in ... vom 27. November 1923 war in dem Wasserbuch Nr. ... für die ... II. Ordnung Bl. ..., das nach dem Preußischen Wassergesetz angelegt worden war, für ihn als altes Wasserrecht in Abt. A 3 unter der Nr. 2 eingetragen:

"Das Recht, das Wasser des M...bachs, N...bachs des H... Bachs, durch ein zwischen den Parzellen ... Kartenblatt ... Gemarkung ... und ... Kartenblatt ... Gemarkung ... befindliches Stauwerk aufzustauen und zur Berieselung erstgenannter Parzelle zu benutzen. Maßgebend für den Umfang des Rechts ist der nebst Beschreibung und Zeichnungen zur Wasserbuchakte für die ... genommene Eintragungsantrag vom 27. November 1923 G. 24.110."

3

und in Abt. A 1 unter Nr. 2 ein Wassernutzungsrecht an dem Mühlenbach. Auf eine Verfügung des Regierungspräsidenten in Osnabrück vom 3. März 1966 an den Landkreis Lingen hatte der Bürgermeister ... der Gemeinde Gersten dem Landkreis nach dessen Vermerk vom 31. März 1966 mitgeteilt, daß Herr ..., dessen Name jetzt ... sei, an einer Eintragung des Rechts in das neue Wasserbuch nicht interessiert sei; das Recht habe sich nach einer Flurbereinigung und dem Ausbau des Grabens durch den Wasser- und Bodenverband "Lotter Beeke" erledigt. Der Regierungspräsident hatte daraufhin den Landwirt ... in ... mit Schreiben vom 17. Mai 1966 davon unterrichtet, daß er auf die Mitteilung des Bürgermeisters von einer Übertragung seines alten Rechts in das Wasserbuch nach dem Niedersächsischen Wassergesetz abgesehen habe. Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 27. September 1976 als Eigentümer des Flurstücks ... 5 Flur ... Gemarkung ... bei dem Regierungspräsidenten die Eintragung des Staurechts in das Wasserbuch.

4

Nachdem der Regierungspräsident ihm durch Schreiben vom 25. Mai 1977 mitgeteilt hatte, die Eintragung in das Wasserbuch werde nach der Rückkehr des Unterzeichners des Schreibens aus dem Urlaub vorgenommen werden, lehnte er den Antrag durch Bescheid vom 24. August 1977 mit der Begründung ab, am 1. März 1960 seien rechtmäßige Anlagen zur Ausübung des Rechtes nicht mehr vorhanden gewesen.

5

Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Eintragung seines Staurechts in dem Wasserbuch sei zu Unrecht abgelehnt worden. Die Familie seines Rechtsvorgängers ... habe bereits im Jahre 1806 in Ausübung des streitigen Staurechts an dem ... eine Wassermühle betrieben, die im Jahre 1905 abgebrannt sei. Der Stau sei bei der ersten Regulierung des ...baches im April/Mai 1959 im Grunde erhalten geblieben. Der Landwirt ... in ..., der Ehemann seiner Rechtsvorgängerin ... der wohl mit seinem angeblichen Rechtsvorgänger ... gemeint gewesen sei, habe nicht auf das Staurecht verzichtet. Am 1. März 1960 sei ein Stau vorhanden gewesen, der eine Entnahme von Wasser ermöglicht habe. Es habe nach der eidesstattlichen Versicherung der Eheleute ... vom 19. April 1977 noch ein zumindest 1 m hoher Wasserfall bestanden, was zur Aufrechterhaltung des Staurechts genüge. Erst bei dem zweiten Ausbau des M...baches im Jahre 1966/67 sei der Stau ohne Zustimmung seines Rechtsvorgängers beseitigt worden. Das Staurecht sei dadurch nicht erloschen. Das Schreiben des Regierungspräsidenten in Osnabrück vom 12. Mai 1966 sei dem Landwirt ... nicht zugegangen. Es sei an einen Empfänger gerichtet gewesen, den es nicht gegeben habe und außerdem nichtig gewesen. Die Beklagte sei an die Zusicherung des Regierungspräsidenten in Osnabrück vom 25. Mai 1977 gebunden. Der Regierungspräsident habe ihm nach der Rückkehr des Sachbearbeiters aus dem Urlaub fernmündlich mitgeteilt, es müßten neue Ermittlungen angestellt und der Fall müsse erneut sachlich geprüft werden. Die Beklagte sei im übrigen auch aus dem Grunde zur Eintragung des Staurechts in das Wasserbuch verpflichtet, weil sie zur Wiederherstellung der widerrechtlich beseitigten Stauanlage gehalten sei.

6

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1.

    den Bescheid des Regierungspräsidenten in Osnabrück vom 24. August 1977 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 6. Februar 1979 aufzuheben,

  2. 2.

    die Beklagte zu verpflichten, das alte Staurecht des Klägers in dem Wasserbuch einzutragen.

7

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

8

und hat erwidert, der Kläger könne eine Eintragung des Staurechts in das neue Wasserbuch nicht verlangen. Am 1. März 1960 sei eine rechtmäßige Stauanlage zur Ausübung des Rechts nicht mehr vorhanden gewesen. Das Recht habe sich aufgrund des Ausbaus des ...baches durch den Wasser- und Bodenverband "Lotter Beeke" und der Flurbereinigung erledigt. Eine Stauanlage sei bereits vor der ersten Regulierung des ...baches in den Jahren 1958/59 nicht mehr vorhanden gewesen. Der Entwurf "Entwässerung des ...bachgebietes in ..." vom 8. Februar 1957 enthalte keine Stauanlage zur Ausübung des Staurechts, sondern sehe im Bereich des Flurstücks ... nur einen 50 cm hohen Absturz vor. Der Bauleiter dieser Ausbaumaßnahme, Ing. ..., könne sich ebenfalls an das Vorhandensein einer Stauanlage nicht erinnern. Der alte Stau sei nach der eidesstattlichen Versicherung der Eheleute ... bei dem Ausbau des Grabens im April/Mai 1959 entfernt worden. Der Wasserabsturz, der in diesem Bereich nach dem Ausbau verlieben sei, sei wegen des starken Gefälles erforderlich gewesen. Dieser Absturz, der am 1. März 1960 wohl noch vorhanden gewesen sei, stelle keine Stauanlage dar. Der Bescheid des Regierungspräsidenten in Osnabrück vom 12. Mai 1966 an den damaligen Rechtsinhaber, den Landwirt ..., sei bestandskräftig geworden. Das Schreiben vom 25. Mai 1977 enthalte keine Zusicherung. Sie sei im übrigen an eine etwaige Zusicherung nicht gebunden.

9

Das Verwaltungsgericht hat nach einer Vernehmung des Landwirts ... aus ... als Zeugen die Klage durch Urteil vom 24. September 1982 mit der Begründung abgewiesen, die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Das Staurecht, das für Richtering in dem alten Wasserbuch eingetragen sei, könne in das neue Wasserbuch nicht eingetragen werden, da der Kläger nicht Inhaber dieses alten Rechts sei. Stauanlagen zur Ausübung des Rechts seien am 1. März 1960 nicht mehr vorhanden gewesen. Der alte Stau sei nach der eidesstattlichen Versicherung der Eheleute ..., die Nachbarn des Klägers seien, im April/Mai 1959 entfernt und an anderer Stelle sei ein Wasserfall angelegt worden. Der neue Wasserfall sei, wie der Zeuge ... bei seiner Vernehmung ergänzend ausgesagt habe, unterhalb des alten Stauwerks errichtet worden; er habe aus einer Mauer bestanden, die an ihrem oberen Rande mit einem Loch versehen gewesen sei; eine Vorrichtung zum Verschließen des Loches habe nicht bestanden, hätte aber eingerichtet werden können; ein Staubecken sei nicht angelegt worden; die Mauer sei durch Stufen im Bachbett ersetzt worden, als der ...bach später weiter unterhalb ausgebaut worden sei. Diese Einrichtung sei keine Stauanlage gewesen, sondern habe nur die Geschwindigkeit des Wassers mindern sollen, solange der ...bach unterhalb des Flurstücks des Klägers noch nicht ausgebaut gewesen sei. Ein Stauwerk solle es hingegen ermöglichen, den Wasserstand zu regeln; zu ihm gehörten Wasserschieber und grundsätzlich auch ein Staubecken. Der Kläger könne sich nicht auf eine rechtswidrige Beseitigung der alten Stauanlage berufen. Sein Vortrag sei insoweit nicht hinreichend substantiiert; die Aussage des Zeugen deute außerdem darauf hin, daß der Rechtsvorgänger des Klägers mit der Beseitigung der Stauanlage einverstanden gewesen sei. Er habe danach ein Interesse an dem Ausbau des Mühlenbaches gehabt. Der Kläger könne auch nicht die Eintragung des alten Rechts aufgrund des Schreibens des Rechtsvorgängers der Beklagten vom Mai 1977 verlangen. Selbst wenn es eine Zusicherung enthalten sollte, habe die Beklagte sie durch ihren Bescheid vom 24. August 1977 konkludent zurückgenommen. Eine Zusicherung hätte zurückgenommen werden können, da die Eintragung dieses alten Rechts in das Wasserbuch rechtswidrig gewesen wäre. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob der Eintragung des Klägers das Schreiben der Beklagten vom Mai 1966 an einen Herrn Kessenheinen entgegenstehe.

10

Gegen diese Entscheidung führt der Kläger Berufung und trägt ergänzend vor, der Regierungspräsident in Osnabrück habe seine rechtmäßige Zusicherung nicht zurücknehmen dürfen. Die von dem Zeugen Uphaus in seiner Aussage beschriebene Anlage, die am 1. März 1960 vorhanden gewesen sei, stelle einen sogenannten Sohlsprung mit einer Staumauer dar. Das etwa 60 cm breite und nach oben offene Loch in der Mauer, die anstelle des alten Stauwerks errichtet worden sei, hätte jederzeit etwa durch Bretter verschlossen sowie das Wasser in dem Bachbett ungefähr 1,50 m hoch gestaut und zur Berieselung von Wiesen oder für den Betrieb eines Wasser- oder Schöpfrades benutzt werden können. Es sei nicht erforderlich, daß in jenem Zeitpunkt ein Stau in Betrieb und ein Wasserschieber vorhanden gewesen sei.

11

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem Klagantrag zu erkennen.

12

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt ergänzend aus, die von dem Kläger als Stauwerk bezeichnete Anlage sei ein sogenannter Sohlsprung mit einem Einschnürungsbauwerk, der bei dem weiteren Ausbau des ...baches durch Stufen aufgelöst worden sei. Ein solches Bauwerk solle eine Erosion des Gewässerbettes vermeiden. Es sei nicht dazu bestimmt, als Stauanlage zu dienen, auch wenn durch zusätzliche Maßnahmen eine weitere Stauwirkung erzielt werden könne.

14

Die Beteiligten haben einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Vorgänge der Beklagten und des Landkreises Emsland verwiesen.

16

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg, da das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

17

Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere, wie das Verwaltungsgericht mit Recht angenommen hat, als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft. Die von dem Kläger erstrebte Eintragung eines alten Rechts in das Wasserbuch, zu der die Beklagte nach seinem Klagebegehren verurteilt werden soll, stellt sich nach niedersächsischem Recht als Verwaltungsakt dar (Urt. d. Senats vom 8.8.1969 - III OVG A 62/68 - ZfW 1970, 170, 172 f; Urt. v. 8.1.1971 - III OVG A 183/69 -; vgl. a. BVerwGE 37, 103, 104).

18

Die Klage ist aber nicht begründet.

19

Der Kläger kann eine Eintragung des streitigen Staurechts an dem Mühlenbach nicht verlangen. Der Regierungspräsident in Osnabrück hat als Funktionsvorgänger der Beklagten zu Recht den Eintragungsantrag des Klägers durch den angefochtenen Bescheid abgelehnt.

20

In das Wasserbuch sind gemäß § 187 Abs. 1 Nr. 3 des Nds. Wassergesetzes (NWG) vom 7. Juli 1960 (Nds. GVBl S. 105) in der für die Entscheidung über das Verpflichtungsbegehren des Klägers nunmehr maßgeblichen Fassung vom 28. Oktober 1982 (Nds. GVBl S. 425), geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 1983 (Nds. GVBl S. 281) - § 134 Abs. 1 Nr. 3 a.F. NWG - alte Rechte und Befugnisse, d.h. die in § 32 NWG - § 31 a.F. NWG - bezeichneten Rechte und Befugnisse (§ 33 Abs. 1 Satz 1 NWG - § 32 Abs. 1 Satz 1 a.F. NWG -) einzutragen. Das streitige Staurecht gehört nicht zu dieser Art von Rechten. Eine Erlaubnis oder eine Bewilligung ist nach § 32 Abs. 1 Nr. 3 NWG - § 31 Abs. 1 Nr. 3 a.F. NWG - unter anderem nicht erforderlich für Benutzungen aufgrund von Rechten, die nach dem Preußischen Wassergesetz (PrWG) vom 7. April 1913 (PrGS S. 53) in einem durch dieses Gesetz geordneten Verfahren aufrechterhalten worden sind, wenn am 1. März 1960 rechtmäßige Anlagen zur Ausübung des Rechts vorhanden waren. Das von dem Kläger hier geltend gemachte Staurecht ist zwar in einem Verfahren gemäß §§ 379 und 380 PrWG als altes Wasserrecht aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes aufrechterhalten worden. Am 1. März 1960, dem hier maßgeblichen Stichtag, waren jedoch, wie das Verwaltungsgericht ohne Rechtsirrtum aufgrund der auch von dem Kläger als zutreffend erachteten eidesstattlichen Versicherung der Eheleute ... und ... in ... vom 19. April 1977 und der Aussage des Ehemannes ... vom 24. September 1982 dargelegt hat, keine rechtmäßigen Anlagen zur Ausübung dieses Staurechts mehr vorhanden.

21

Vorhanden in diesem Sinne sind nur solche Anlagen, die eine Ausübung des alten Rechts ermöglichen. Die Anlagen müssen deshalb zumindest in dem Umfang bestehen, wie es zur Ausübung des alten Rechts erforderlich ist (BVerwG, Beschl. v. 1.4.1971 - BVerwG IV B 83.70 - Buchholz 445.4 § 15 WHG Nr. 3). Daran fehlt es im vorliegenden Falle. Die alte Stauanlage, die von den Eheleuten Uphaus in ihrer eidesstattlichen Versicherung als Wasserfall mit ungefähr 1 m Gefälle bezeichnet wurde, bestand nach der Aussage des Zeugen ... aus einer Mauer und "sonstigen Einrichtungen". Diese Anlage war im April/Mai 1959 nach der eidesstattlichen Versicherung sowie der Aussage des Zeugen beseitigt und an ihrer Statt in unmittelbarer Nähe der alten Anlage nach der eidesstattlichen Versicherung wiederum ein Wasserfall mit einem Gefälle von ungefähr 1 m, nach der Zeugenaussage eine ungefähr 1 m dicke, 8 - 10 m lange Mauer mit einer Höhe bis zur Böschung des Bachbettes errichtet worden, in der sich ein Loch befand; der untere Rand dieses Loches habe bachabwärts 1 m über der Sohle des Gewässers gelegen. Eine Vorrichtung zum Verschließen des Loches hatte nach der Aussage des Zeugen damals nicht bestanden. Der Durchlaß in der Mauer reichte, wie der Kläger unter Berufung auf einen nach seinen Angaben nicht protokollierten Teil der Aussage des Zeugen ... ergänzt, bis zur Gewässersohle bachaufwärts gesehen, war etwa 60 cm breit und nach oben offen; die Mauer hatte insgesamt eine Höhe von 2,5 m von der Gewässersohle unterhalb der Mauer aus gemessen.

22

Diese neue Anlage, die von den Beteiligten nunmehr übereinstimmend als Sohlsprung mit einem Einschnürungsbauwerk bezeichnet wird, stellte keine Stauanlage dar. Eine Stauanlage ist gemäß § 78 NWG - § 60 a.F. NWG - eine Anlage in einem Gewässer, die durch Hemmung des Wasserabflusses den Wasserspiegel heben oder Wasser ansammeln soll (ebenso bereits § 91 PrWG). Die "Stauschleuse", die sich in dem ...bach befand, als das alte Staurecht auf Antrag des ... in das Wasserbuch nach dem Preußischen Wassergesetz eingetragen wurde, war eine derartige Anlage gewesen. Sie bestand nach den Zeichnungen zu diesem Antrag aus einer hölzernen Stauwand mit einer 0,67 m breiten türartigen Öffnung, die mit einem 0,82 m hohen Schieber geöffnet und geschlossen werden konnte. Die Anlage hingegen, die im April/Mai 1959 an ihrer Statt errichtet worden war, unterschied sich von ihr, was der Kläger nicht zutreffend würdigt, gerade dadurch, daß der Durchlaß in der Mauer quer durch das Bachbett nicht mit einer Vorrichtung versehen war, die es erlaubt hätte, ihn wie die frühere "Stauschleuse" nach Belieben zu öffnen und zu schließen. Daß diese Anlage, wie der Kläger vorträgt, unschwer als Stauanlage hätte verwandt werden können, indem der Durchlaß etwa durch Bretter versperrt wurde, vermag ihr nicht die Eigenschaft einer Stauanlage zu verleihen. Die technische Möglichkeit, Wasser anzustauen, bieten auch andere Anlagen in einem Gewässer wie etwa der Wegedurchlaß eines Grabens, ohne daß sie sich damit zugleich rechtlich - auch - als Stauanlage darstellen. Es bedarf vielmehr, damit eine Anlage der hier streitigen Art rechtlich als eine Stauanlage aufgefaßt werden kann, zumindest einer Vorrichtung, die es erlaubt, das Wasser anzustauen. Eine solche Vorrichtung war aber im vorliegenden Falle nach den auch von dem Kläger als glaubwürdig erachteten Angaben der Eheleute ... am 1. März 1960 nicht vorhanden.

23

Das Verwaltungsgericht ist darüber hinaus mit zutreffender Begründung dem Vorbringen des Klägers nicht weiter nachgegangen, die alte Stauanlage sei rechtswidrig beseitigt worden. Die Angaben der Eheleute ... lassen es im übrigen als zweifelhaft erscheinen, ob die alte Stauanlage, die im April/Mai 1959 beseitigt worden war, noch eine Ausübung des alten Staurechts erlaubte. Ihre Beschreibung der alten Anlage als ein etwa 1 m hoher Wasserfall legt vielmehr die Annahme nahe, daß bereits damals ein Schieber nicht mehr vorhanden war, der ein Anstauen des Wassers hätte ermöglichen können.

24

Der Kläger kann sich schließlich zur Begründung seines Verpflichtungsbegehrens, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat, nicht auf das Schreiben des Regierungspräsidenten in Osnabrück vom 25. Mai 1977 berufen. Der Senat neigt allerdings zu der Auffassung, daß dieses Schreiben entgegen der Ansicht der Beklagten eine Zusicherung i. S. von § 38 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vom 25. Mai 1976 (BGBl. I S. 1253), geändert durch Gesetz vom 2. Juli 1976 (BGBl. I S. 1749), d.h. eine Zusage des Regierungspräsidenten auf Eintragung des von dem Kläger geltend gemachten alten Wasserrechts in dem Wasserbuch enthält. Diese etwaige Zusicherung hat der Regierungspräsident spätestens mit seinem Bescheid vom 24. August 1977, durch den er den Eintragungsantrag abgelehnt hat, konkludent zurückgenommen, wenn er die Rücknahme nicht bereits in einem Ferngespräch ausgesprochen hat, in dem gemäß der Darstellung des Klägers ihm nach Rückkehr des Sachbearbeiters des Regierungspräsidenten aus dem Urlaub mitgeteilt wurde, es müßten neue Ermittlungen angestellt und der Fall müsse erneut sachlich geprüft werden. Die Zulässigkeit auch der konkludenten Rücknahme einer Zusicherung bedeutet allerdings, was das Verwaltungsgericht nicht bedacht hat, nicht zugleich, daß eine derart bewirkte Rücknahme einer Zusicherung auch rechtmäßig ist. Das trifft jedoch im vorliegenden Fall zu. Die etwaige Zusicherung des Regierungspräsidenten war rechtswidrig gewesen, da dem Kläger - wie bereits ausgeführt - das von ihm geltend gemachte alte Staurecht nicht zustand. Ihre Rücknahme richtet sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts aber nicht nach §§ 38 Abs. 2 i.V.m. 48 VwVfG.

25

Das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes und das Vorläufige Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Niedersachsen (NdsVwVfG) vom 3. Dezember 1976 (Nds. GVBl S. 311), geändert durch Gesetz vom 2. Juni 1982 (Nds. GVBl S. 139) finden nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nds. VwVfG nur Anwendung, soweit nicht Rechtsvorschriften des Landes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Das trifft für die Rücknahme einer Eintragung in dem Wasserbuch zu. Das Wasserbuch ist nach § 187 Abs. 3 NWG - § 134 Abs. 3 a.F. NWG - zu berichtigen, wenn eine Eintragung unzulässig war oder ihr Inhalt nicht den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen entspricht. Für die Rücknahme einer Zusicherung der Wasserbuchbehörde auf (rechtswidrige) Eintragung eines Rechts in dem Wasserbuch kann nichts anderes gelten. Werden die §§ 48 und 49 VwVfG durch ein Spezialgesetz verdrängt, entspricht es dem Sinn des § 38 Abs. 2 VwVfG, die Vorschriften des Spezialgesetzes auch auf die Aufhebung der Zusicherung eines diesem Gesetz entsprechenden Verwaltungsaktes anzuwenden (Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, 2. Aufl., § 38 RN 24). Die Wasserbehörde kann nicht aufgrund einer Zusicherung gehalten sein, eine rechtswidrige Eintragung in dem Wasserbuch vorzunehmen, die sie nach der zwingenden Bestimmung des § 187 Abs. 3 NWG - 134 Abs. 3 a.F. NWG - alsbald berichtigen müßte. Der Regierungspräsident in Osnabrück war demgemäß nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, seine etwaige Zusicherung dem Kläger gegenüber zurückzunehmen, sobald sie sich - wie im vorliegenden Fall - als rechtswidrig erwies.

26

Angesichts dieser Sach- und Rechtslage kann mit dem Verwaltungsgericht dahingestellt gelassen werden, ob das Schreiben des Regierungspräsidenten vom 17. Mai 1966 an einen Landwirt ... in ..., wie die Beklagte meint, einer Eintragung des Klägers in dem Wasserbuch ebenfalls entgegensteht.

27

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

28

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 713 ZPO.

29

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 4.000,-- DM festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

...

Eichhorn
Schoof
Schnuhr