Amtsgericht Bückeburg
Beschl. v. 23.06.2016, Az.: 65 Gs 305 AR 2052/16 (356/16)

Entnahme von Körperzellen zur Feststellung und Speicherung des DNA-Identifizierungsmusters wegen einer schwerwiegenden Straftat

Bibliographie

Gericht
AG Bückeburg
Datum
23.06.2016
Aktenzeichen
65 Gs 305 AR 2052/16 (356/16)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 19754
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGBUECK:2016:0623.65GS305AR2052.16.0A

Tenor:

[I]n dem DNA-Verfahren
...
wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln
wird der Antrag der Staatsanwaltschaft Bückeburg vom 28.04.2016 auf Entnahme von Körperzellen zur Feststellung und Speicherung des DNA-Identifizierungsmusters zurückgewiesen.

Gründe

Die Verurteilung des Betroffenen wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln durch das Amtsgericht Rinteln vom 10.12.2015 (22 Ls 1/15) genügt entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 09.05.2016 nicht den in § 81g Abs. 1 StPO normierten Anforderungen.

Ausweislich der Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils haben die Verurteilten Xxx und Xxx den Plan gefasst, etwa 50 Gramm Marihuana zu verkaufen, das der Verurteilte Xxx zuvor bei seinem Vater entwendet hatte. Um das Geschäft abzusichern, trug der Verurteilte Xxx auf Vorschlag des Verurteilten Xxx bei der Tatausführung ein Messermit einer etwa 10 cm langen Klinge bei sich. Dieses Messer setzte der Verurteilte Xxx später tatsächlich und aus seinem alleinigen Tatentschluss heraus gegen die Mitverurteilten Xxx und Xxx ein, als diese auf ihn einschlugen und versuchten, das von ihm zur Veräußerung gestellte Marihuana ohne Gegenleistung an sich zu bringen. In dieser Situation wusste der Verurteilte Xxx sich ausweislich der Entscheidungsgründe nicht anders zu helfen, als das Messer zu ziehen und auf die beiden Angreifer einzustechen, wobei Xxx lediglich eine oberflächliche Schnittwunde davontrug, während Xxx eine lebensgefährliche Milzverletzung erlitt.

Bei der vorliegenden Straftat handelt es sich, bezogen auf den Verurteilten Xxx um eine Straftat von allenfalls mittlerer Bedeutung, während § 81g StPO grundsätzlich nur Straftaten von "erheblicher Bedeutung" bzw "schwerwiegende" Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz für ausreichend erachtet (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, § 81g Rn. 7a).

Im konkreten Fall erfolgte die Verurteilung lediglich wegen (einfachen) unerlaubten Handeltreibens, wobei zu berücksichtigen ist, dass die urteilsgegenständliche Menge von 50 Gramm Marihuana noch überschaubar Ist, weiterhin, dass es sich bei Marihuana um eine vergleichsweise "weiche" Droge handelt. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass das Gegengeschäft aufgrund der genannten Umstände nicht zum Abschluss gelangte. Diese Umstände hat offenbar auch das Amtsgericht gewürdigt, was sich in der schließlich verhängten jugendrichterlichen Maßnahme von lediglich 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit für4 den Verurteilten Xxx niederschlug.

Zu berücksichtigen ist hier auch, dass der Einsatz des Messers ausweislich der Urteilsgründe allein auf dem Entschluss des Verurteilten Xxx beruhte. Anhaltspunkte dafür, dass der Verurteilte Xxx den konkreten Einsatz des Messers gebilligt hätte, finden sich in den Entscheidungsgründen nicht, so dass insoweit von einem Exzess Xxx auszugehen ist.

Die urteilsgegenständliche Tat lässt auch nicht erkennen, dass gegen den Betroffenen künftig Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sein könnten, denn der Betroffene war bis zu der Verurteilung vom 10.12.2015 strafrechtlich unbelastet und im übrigen voll geständig. Auch vor diesem Hintergrund versteht sich offenbar die verhängte milde Sanktion von lediglich 20 Arbeitsstunden, Diese Umstände sprechen gegen eine Wiederholungsgefahr und werden auch nicht durch die aufgewandte kriminelle Energie oder Tatschwere, die aus den genannten Gründen allenfalls im mittleren Bereich anzusiedeln ist, aufgewogen.

Dr. von Behren Richter am Amtsgericht