Landgericht Verden
Beschl. v. 10.03.1981, Az.: 1 T 65/81

Vorlage des Gütertrennungsvertrages bei einer Pfändung durch den Gerichtsvollzieher

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
10.03.1981
Aktenzeichen
1 T 65/81
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1981, 22760
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGVERDN:1981:0310.1T65.81.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Bremen - 30.09.1980 - AZ: 20 B 16103/79
AG Syke - 28.01.1981 - AZ: 5 M 1103/80

Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Verden hat
auf die sofortige Beschwerde der Gläubiger vom 11./12. Februar 1981
gegen den Beschluß des Amtsgerichts Syke vom 28. Januar 1981
durch
die Vizepräsidentin des Landgerichts ... und
die Richter am Landgericht ... und ...
am 10. März 1981
beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben, soweit er die Weigerung des Gerichtsvollziehers betrifft, die Zwangsvollstreckung durchzuführen.

Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die Zwangsvollstreckung bei dem Schuldner aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Bremen vom 30. September 1980 - 20 B 16103/79 - durchzuführen (zu DR II 2340/80 und DR II 2134/80).

Im übrigen wird die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Schuldner zu tragen.

Beschwerdewert: 1.201,- -1.400,- DM.

Gründe

1

Die Gläubiger betreiben die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners. Der Gerichtsvollzieher hat mit Protokoll vom 28. Oktober 1980 die Unpfändbarkeitsbescheinigung erteilt, da "sämtliche Gegenstände" der Ehefrau gehörten. Aus einem weiteren Pfändungsprotokoll vom 20. November 1980 ist ersichtlich, daß der Gerichtsvollzieher einen erneuten Vollstreckungsauftrag der Gläubiger deshalb nicht ausführte, weil ein Gütertrennungsvertrag besteht, wonach der gesamte eheliche Hausrat, und zwar im weitesten Sinne einschließlich des gesamten Mobilars der Ehefrau und dem Schuldner nur seine persönlichen Sachen gehören.

2

Die hiergegen eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht Syke mit Beschluß vom 28. Januar 1981 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Zwar werde grundsätzlich das Eigentum des Schuldner-Ehegatten vermutet (§§ 1362 BGB, 739 ZPO); im vorliegenden Falle sei jedoch das Eigentum des anderen Ehegatten durch den Gütertrennungsvertrag nachgewiesen, dessen Wirksamkeit der Gerichtsvollzieher nicht zu überprüfen habe. Der vom Gläubiger ebenfalls angegriffene Kostenansatz des Gerichtsvollziehers im Pfändungsprotokoll vom 20. November 1980 - 25,80 DM - sei, weil der Gerichtsvollzieher nicht zu Unrecht von der Pfändung abgesehen habe, nicht zu beanstanden. Die rechtzeitig hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat zum Teil Erfolg. Der Gerichtsvollzieher hat - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - zu Unrecht von Vollstreckungshandlungen abgesehen.

3

Eine Urkunde oder Entscheidung i.S. § 775 ZPO hat der Schuldner nicht vorgelegt; der vom Gläubiger in Kopie vorgelegte notariell beurkundete Gütertrennungsvertrag vom 14. November 1977 ist keine Urkunde im Sinne der genannten Vorschrift.

4

Nach §§ 1362 BGB, 739 ZPO wird zugunsten der Gläubiger eines Ehemannes vermutet, daß er Eigentümer beweglicher Sachen ist; für die Durchführung der Zwangsvollstreckung gilt dann nur der Schuldner als Gewahrsamsinhaber und Besitzer. Daß die Ehegatten erkennbar getrennt leben oder daß in ausschließlich zum erkennbar persönlichen Gebrauchs des Ehegatten des Schuldners bestimmte Sachen vollstreckt werden soll - dann gilt die Vermutung gem. §§ 739 ZPO, 1362 BGB nicht - wird nicht vorgetragen.

5

Die vom Schuldner geltend gemachte Einwendung zur materiellen Rechtslage kann nicht im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO geltend gemacht werden; vielmehr bleibt es dem Ehegatten des Schuldners freigestellt, seine Eigentumsrechte gegebenenfalls im Wege der Drittwiderspruchsklage geltend zu machen und in diesem Rechtsstreit die Vermutung gemäß §§ 739 ZPO, 1362 BGB zu widerlegen.

6

Würde eine derartige Widerlegung bereits gegenüber dem Vollstreckungsorgan - und demgemäß im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO - für zulässig erachtet, so würde dem Gerichtsvollzieher etwas zugemutet, was er vielfach - auch im vorliegenden Falle - nicht leisten kann: Ob die Vereinbarung, daß der gesamte Hausrat im weitesten Sinne der Ehefrau gehöre, wirksam ist oder wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist (vgl. Palandt-Bassenge § 930 Anm. 2 c, 4 a, Palandt-Danckelmann Überblick vor § 90 Anm. 2 e), ist fraglich; ob auch nach Abschluß des Gütertrennungsvertrages hinzugekommener Hausrat - und welcher dies im Einzelfall ist - der Ehefrau gehört, bedarf rechtlicher und tatsächlicher Überlegungen, die ein Gerichtsvollzieher im Vollstreckungsverfahren nicht anstellen kann. Überdies ist nicht ausgeschlossen, daß die vereinbarte Gütertrennung später wieder aufgehoben worden ist, so daß der vorgelegte Gütertrennungsvertrag nicht ohne weiteres und nicht erkennbar zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung geeignet ist.

7

Nach alledem steht der Gütertrennungsvertrag der Zwangsvollstreckung nicht entgegen.

8

Die Beschwerde gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers (vgl. § 766 Abs. 2 a.F. ZPO) ist hingegen unzulässig, da der Beschwerdewert von über 100,- DM nicht erreicht ist (§ 567 Abs. 2 ZPO, vgl. auch § 9 GvKostG i.V.m. § 4 GKG a.F., jetzt § 5 Abs. 2 GKG).

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Das Unterliegen des Gläubigers ist derart geringfügig und hat zudem keine besonderen Kosten verursacht, so daß es gerechtfertigt ist, dem Schuldner die gesamten Kosten aufzuerlegen.

Taube
Goldbach
Prüshoff