Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 15.01.2001, Az.: Not 12/00
Amtspflichtwidrige Werbung des Notars durch Zeitungsanzeigen und Anbringung eines Werbeschildes; Anzeigen und Aufstellung eines entsprechenden Praxisschildes einer Anwaltskanzlei und Notarkanzlei als Werbemaßnahmen; Werbeverbot für den sogenannten Anwaltsnotar; Gewährleistung notarieller Unabhängigkeit und Unparteilichkeit durch ein Werbeverbot; Vereinbarkeit von Werbemaßnahmen mit der Funktionsweise eines Notaramtes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 15.01.2001
- Aktenzeichen
- Not 12/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 30661
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2001:0115.NOT12.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 11.11.1999 - AZ: 2 W 24 BH II
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs. 2 BNotO
- § 14 Abs. 1 BNotO
- § 14 Abs. 3 S. 2 BNotO
- § 29 Abs. 1 BNotO
- § 29 Abs. 2 BNotO
- § 95 BNotO
Fundstellen
- NJW-RR 2001, 1721-1723 (Volltext mit red. LS)
- NWB 2001, 2174
In dem nichtförmlichen Disziplinarverfahren
...
hat der Senat für Notarsachen bei dem Oberlandesgericht Celle
auf Antrag des Notars vom 4. Mai 2000
auf gerichtliche Entscheidung
gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Celle - Die Präsidentin - vom 30. März 2000
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ...
des Richters am Oberlandesgericht ... sowie
des Notars ...
nach Anhörung ohne mündliche Verhandlung (§ 96 BNotO i.V.m. § 32 Abs. 5 Satz 1 NDO)
am 15. Januar 2001
beschlossen:
Tenor:
Die Disziplinarverfügung des Landgerichts Verden - Der Präsident - vom 11. November 1999 - 2 W 24 BH II - sowie die sie bestätigende Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Celle - Die Präsidentin - vom 30. März 2000 - 10 W 282 SH II - werden aufrechterhalten.
Der Notar trägt die Kosten des Verfahrens sowie die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen.
Gründe
I.
1.
Der jetzt 49 Jahre alte Anwaltsnotar ist seit 1978 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit dem Amtssitz in ... übt er seit 1981 auf Grund entsprechender Bestellung durch Erlass des Niedersächsischen Ministers der Justiz vom 29. Juni 1981 auch das Notaramt aus.
In einer an das Landgericht Verden - Der Präsident - gerichteten Mitteilung vom 16. Juni 1999 beanstandeten Berufskollegen Werbemaßnahmen, die der Notar kurz zuvor durch Zeitungsanzeigen und Anbringung eines Werbeschildes ergriffen hatte. Die daraufhin von Amts wegen angestellten Ermittlungen boten der Aufsichtsbehörde schließlich Anlass, die Amtsführung des Notars auch unter disziplinarrechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen. Nach Durchführung der gebotenen Vorermittlungen sah sie schließlich Handlungsbedarf für eine disziplinare Ahndung.
Mit Disziplinarverfügung vom 11. November 1999, zugestellt am 29. November 1999, hat das Landgericht Verden - Der Präsident - gegen den Notar demgemäss mit dem Vorwurf amtspflichtwidriger Werbung einen Verweis verhängt. Der Notar hat sich hiergegen zunächst mit der am 30. Dezember 1999 bei der Aufsichtsbehörde eingegangenen Beschwerde gewandt, die das Oberlandesgericht Celle - Die Präsidentin - nach Anhörung der zuständigen Notarkammer mit Beschwerdeentscheidung vom 30. März 2000, dem Notar wiederum zugestellt am 5. April 2000, zurückgewiesen hat.
2.
Mit seinem am 5. Mai 2000 bei dem Oberlandesgericht Celle - Senat für Notarsachen - eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung verfolgt der Notar weiterhin die Aufhebung der Disziplinarverfügung und nunmehr auch der sie bestätigenden Beschwerdeentscheidung.
Der hiernach fristgerecht eingegangene und auch im Übrigen zulässige Antrag (§ 96 BNotO i.V.m. § 32 Abs. 3 NDO), über den der Senat, da der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt erscheint, nach Anhörung ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht Verden - Der Präsident - gegen den Notar den Ausspruch eines Verweises angeordnet. Im Einzelnen lässt der Senat sich hierbei von folgenden Erwägungen leiten:
II.
1.
Der mit zwei weiteren Rechtsanwälten zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Sozietät verbundene Anwaltsnotar ließ am 9. und 11. Juni 1999 im Osterholzer Anzeiger Werbeanzeigen schalten. Unter drucktechnisch hervorgehobener Überschrift " ..................... " und dem darunter befindlichen Zusatz " RECHTSANWALTS- UND NOTARKANZLEI " waren die gewählten Anzeigen in zwei Spalten aufgeteilt. In der linken Spalte hieß es:
Ärger mit dem Vertragspartner?
Probleme im Arbeitsrecht?
Schwierigkeiten bei der Vertragsgestaltung?
Sorge um die Firmennachfolge?
Wir betreuen überwiegend mittelständische
Unternehmen der Region sowie
Körperschaften und Privatmandanten.
Wir unterstützen Sie gerne
in allen Rechtsfragen,
damit Ihrem Recht effektiv zur Geltung
verholfen wird.
In der rechten Spalte wurden die Mitglieder der Sozietät tabellarisch genannt. Über den an erster Stelle aufgeführten Notar hieß es:
.......
Rechtsanwalt und Notar
- Interessenschwerpunkt:
- Allgemeines Vertragsrecht
- Grundstücks- und Immobilienrecht
- Baurecht
- Gesellschaftsrecht
- Zwangsvollstreckungsrecht
2.
In Anlehnung an diese Gestaltung hat der Notar auf der gegenüber liegenden Straßenseite vor seiner Geschäftsstelle eine entsprechende Werbetafel seit Juni 1999 errichten lassen. Lediglich die linke Spalte enthält abweichend von den in den Werbeanzeigen aufgeführten Texten Hinweise auf Büro- und Sprechzeiten sowie Telekommunikationsverbindungen.
III.
Gegenüber dem Vorwurf amtspflichtwidriger Werbung macht der Notar geltend, im Zuge der neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stelle nicht jede Maßnahme des Notars, mit der ein gewisser Werbeeffekt verbunden sei, eine berufswidrige Werbung dar. Bei der entsprechenden Abwägung dürfe nicht nur auf das Berufsbild des so genannten Nur-Notars abgestellt werden. Vielmehr sei im Falle einer - von der Rechtsordnung gebilligten - Sozietät zwischen Rechtsanwälten und einem Notar die Außendarstellung auch für den Anwaltsnotar zu bedenken. In diesem Zusammenhang müsse es deshalb dem Anwaltsnotar gestattet sein, seine anwaltlichen Interessenschwerpunkte bekannt zu geben. Notarielle Werbeverbote dürften nicht dazu führen, dass Sozietäten ohne Anwaltsnotare und solch mit Anwaltsnotaren unterschiedlich behandelt würden, weil sonst "vermeidbare Wettbewerbsvorteile" zu befürchten seien. Die für ihn angeführten Interessenschwerpunkte entsprächen den anwaltsrechtlichen Vorgaben. Sonstige Bezeichnungen seien anwaltsrechtlich nicht zulässig, mithin die werbende Bezeichnung " anwaltlicher Interessenschwerpunkt" ihm nicht erlaubt. Der Hinweis könnte überdies vom rechtsuchenden Publikum dahin verstanden werden, dass er als Notar in den besagten Interessengebieten entweder nicht tätig sei oder kein Interesse in der Funktion als Notar habe. Eine entsprechende Einschränkung seiner Berufsausübung als Notar müsse er aber nicht hinnehmen.
Dessen ungeachtet entsprächen die "inkriminierten Annoncen" keineswegs einer Werbeanzeige von Gewerbetreibenden. Sie seien äußerst textlastig und entsprächen in ihrer Aufmachung eher dem typischen Briefkopf einer Rechtsanwalts- und Notarkanzlei. Die vier aufgeworfenen Fragen bezögen sich eindeutig auf die anwaltliche Tätigkeit. Auch sonst sei die linke Spalte, wie etwa durch die Wortwahl "Wir" zweifelsfrei zum Ausdruck komme, als rein anwaltliche Werbung zu verstehen.
Entsprechendes gelte für das Praxisschild, das im Übrigen auch nicht angesichts seiner Größe (1 m x 1,20 m) als gezielter Blickfang für Mandanten angesehen werden könne. Es sei von der gegenüber liegenden Straßenseite auch nicht lesbar. Da nach alledem weder in den Zeitungsanzeigen noch durch das Praxisschild notarielle Tätigkeiten beworben würden, könne das notarielle Berufsrecht keine Anwendung finden.
IV.
Demgegenüber hält das Oberlandesgericht Celle - Die Präsidentin - an der im Wesentlichen bereits in der Beschwerdeentscheidung dargelegten Auffassung fest. Danach könne - auch weiterhin - nicht ernsthaft in Frage gestellt werden, dass der Notar neben seinen anwaltlichen auch notarielle Leistungen beworben habe. In diesem Zusammenhang komme es nicht auf spitzfindige Interpretationskünste desjenigen an, der im juristischen Denken geschult sei und Vorkenntnisse über die unterschiedlichen beruflichen Tätigkeitsfelder von Rechtsanwälten und Notaren mitbringe. Maßgebend sei vielmehr allein der beim Adressaten einer solchen Werbung hervorgerufene Eindruck, bei dem eben diese Voraussetzungen nicht als gegeben unterstellt werden könnten. Die Grenzziehung zwischen zulässigem werbewirksamen Verhalten und unzulässiger amtswidriger Werbung habe sich daran zu orientieren, ob ein werbendes Verhalten des Notars Zweifel an seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zu wecken geeignet sei. Letztendlich aus einer Funktionsbeschreibung des Notaramtes sei zu folgern, dass werbendes Verhalten eines Notars nicht den Eindruck von Gewerblichkeit vermitteln, der Notar insbesondere seine Dienste nicht reklamehaft herausstellen dürfe. Auch im Rahmen einer werbenden Selbstdarstellung sei es dem Notar verwehrt, besondere Leistungen und Qualitäten, Tätigkeitsschwerpunkte oder Interessengebiete herauszustellen. Angesichts der klaren Rechtslage könne hierfür allein auch nicht ein vermeintliches Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit herhalten. Wenn es dem Anwaltsnotar im Spannungsverhältnis zwischen seiner anwaltlichen und notariellen Berufsausübung nicht möglich sei, zulässige anwaltliche Werbung von unzulässiger Werbung für notarielle Leistungen zu trennen, müsse er notfalls von entsprechenden Werbemaßnahmen absehen. Jedenfalls dürfe der Anwaltsnotar nicht den Eindruck erwecken, als würden die für die anwaltliche Berufsausübung bestimmten Werbeangaben auch für seine notariellen Leistungen gelten. Daran habe sich der hier betroffene Anwaltsnotar bei der Ausgestaltung seiner Zeitungsanzeigen und der Wahl seines Praxisschildes nicht gehalten. Die Anzeigen vermittelten darüber hinaus auf Grund ihrer textlichen Gestaltung auch den Eindruck von Gewerblichkeit. Die plakativen und reißerischen Fragestellungen seien Werbemaßnahmen der gewerblichen Wirtschaft nachempfunden. In ihrer Gesamtschau wiesen die Zeitungsanzeigen und das Praxisschild nicht bloß einen zulässigen werbewirksamen Effekt auf, sondern stellten eindeutig eine für einen Notar amtswidrige Werbung dar.
Gegenüber dem Vorwurf daraus abzuleitender Amtspflichtverletzungen könne der Notar sich nicht auf einen Verbotsirrtum berufen. Ein solcher sei vermeidbar gewesen. Eine ihm etwa unbekannte Rechtslage hätte den Notar zu entsprechenden Nachfragen bei der Notarkammer oder den zuständigen Aufsichtsbehörden bestimmen müssen. Spätere Veröffentlichungen etwa in der Literatur zu Umfang und Grenzen zulässiger Werbung für das Notaramt seien nicht geeignet, die Unterlassungen nachträglich zu heilen.
V.
Der gegen den Notar erhobene Vorwurf, im Juni 1999 vorwerfbar fahrlässig wiederholt die ihm bei Werbemaßnahmen auch für sein Notaramt durch die Bundesnotarordnung gesetzten Grenzen missachtet zu haben, besteht zu Recht.
1.
Gemäß § 29 Abs. 1 BNotO hat der Notar jedes gewerbliche Verhalten, insbesondere eine dem öffentlichen Amt widersprechende Werbung zu unterlassen. Für den hier betroffenen Anwaltsnotar enthält § 29 Abs. 2 BNotO noch eine weitere Vorgabe dahin, dass sich eine in Ausübung seiner anwaltlichen Tätigkeit erlaubte Werbung nicht auf seine Tätigkeit als Notar erstrecken darf.
Als Werbung, für die es an einer näheren gesetzlichen Bestimmung hier fehlt, ist unter Heranziehung des allgemeinen Sprachgebrauchs jedwedes Verhalten zu verstehen, das darauf gerichtet ist, das rechtsuchende Publikum oder die fragende Öffentlichkeit als Ganzes oder einzelne Personen - hier - auf die Dienstleistungen eines Notars aufmerksam zu machen und zu motivieren, ihn mit notariellen Amtsgeschäften zu betrauen (Arndt/Sandkühler, BNotO 4. Auflage, § 29 BNotO Rdnr. 7).
Gemessen hieran unterliegt zum einen keinem Zweifel, dass die durch den Notar geschalteten Anzeigen und die Aufstellung eines entsprechenden Praxisschildes als Werbemaßnahmen anzusehen sind. Zum anderen kann entgegen der Ansicht des Notars ferner nicht in Abrede gestellt werden, dass diese Werbemaßnahmen auch auf die Verschaffung notarieller Mandate ausgerichtet war. Soweit der Notar dem nunmehr entgegen hält, mit der Ausgestaltung der Anzeigen und seines Praxisschildes sei eine Bewerbung notarieller Leistungen nicht verbunden gewesen, kann ihm nicht gefolgt werden. Maßgebend für eine solche Beurteilung ist nämlich nicht der im Spannungsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Notar an der Grenzziehung zwischen noch zulässiger werbewirksamer Selbstdarstellung und amtswidriger Werbung orientierte Fachjurist. Abzustellen ist vielmehr auf die Sicht desjenigen, an den sich die Werbung richtet und auf dessen Vorstellungswelt sie Einfluss ausüben soll. Das ist die Sichtweise derjenigen, die bei der Verfolgung ihrer rechtlichen Interessen auf sachverständige Hilfe zurückgreifen möchten, ohne von vornherein das sichere Wissen darüber mitzubringen, ob sie hierfür einen Notar oder einen Rechtsanwalt bemühen müssen.
Ausgehend von einem entsprechenden Empfängerhorizont muss sich dem jeweiligen Rechtsuchenden nach entsprechender Lektüre der Anzeigen die Überzeugung aufdrängen, dass - wie in der Überschrift " Rechtsanwalts- und Notarkanzlei " zusammengefasst - in der Kanzlei des Notars und seiner anwaltlichen Kollegen sowohl anwaltliche als auch notarielle Leistungen gleichermaßen angeboten werden. Auch aus den darunter befindlichen beiden Textspalten ergeben sich keine Einschränkungen. Die links aufgeworfenen Fragen lassen nicht erkennen, dass hier nur noch anwaltliche Leistungen betroffenen seien. In ausdrücklich "allen Rechtsfragen" wird hier Rechtsrat und Hilfe angeboten. Die Wortwahl "Wir" entkräftet eine solche Sicht nicht. Sie unterstreicht vielmehr in der Gesamtschau mit der rechten Spalte die Einschätzung, dass die Mitglieder der Sozietät in jedweder Funktion zur Verfügung stehen wollen. Überdies erfasst die einschränkungslose Hervorhebung von Interessenschwerpunkten für den " Rechtsanwalt und Notar " ....... die gesamte Palette seiner beruflichen Tätigkeit und stellt diese in einen augenfälligen Bezug zu den links aufgeworfenen Fragen.
2.
Da die Werbemaßnahmen des Notars im ... nach alledem auch von ihm zu erbringende notarielle Leistungen bewarben, musste er bei der Ausgestaltung den durch § 29 Abs. 1 BNotO gesteckten Rahmen beachten. Daran hat sich der Notar ersichtlich nicht gehalten. Das Verbot berufswidriger Werbung dient dem Zweck, die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des jeweiligen Notars als Träger eines öffentlichen Amtes zu sichern (BVerfG DNotZ 98, 69). Für die im Nebenamt (§ 3 Abs. 2 BNotO) ausgeübten Tätigkeiten gelten keine Einschränkungen. Auch der Anwaltsnotar hat sein Amt getreu seinem Eid zu verwalten und ist nicht Vertreter einer Partei, sondern unabhängiger und unparteiischer Betreuer der Beteiligten (§ 14 Abs. 1 BNotO). Er hat jedes Verhalten zu vermeiden, das den Anschein eines Verstoßes gegen die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten erzeugt, insbesondere den Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit (§ 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO). Überdies übt der Notar ein öffentliches Amt aus (§§ 1 und 2 BNotO), sodass sich das Verhalten des Notars an diesem Amt und dessen Nähe zum Öffentlichen Dienst auszurichten hat (Arndt/Sandkühler a.a.O. § 29 Rdnr. 3; Schippel, BNotO, 7. Auflage, § 29 Rdnr. 2).
Mit der Funktion des Notaramtes unvereinbar ist danach u.a. eine Werbung, die den Eindruck der Gewerblichkeit vermittelt und hierbei insbesondere den Notar und seine Dienste reklamehaft herausstellt. Diese Voraussetzungen einer mit § 29 Abs. 1 BNotO unvereinbaren verbotswidrigen Werbung erfüllen die in Frageform gehaltenen Themen in der linken Spalte der Anzeigen. Sie vermitteln nach dem Grundgedanken "Sie suchen Ihr Recht - Wir sind für Sie da" den Eindruck einer Bereitschaft zur rechtlichen Rundumversorgung von Interessen potentieller Auftraggeber mit allen in der Rechtsanwalts- und Notarkanzlei verfügbaren Funktionen. Dies mag im Bereich der gewerblichen Wirtschaft eine gängige Methode der Selbstdarstellung und Ausübung eines zulässigen Gewinnstrebens sein. Die in der notariellen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zum Ausdruck kommende Distanz des Amtsinhabers auch zu den jeweiligen Auftraggebern lässt eine solche Werbemaßnahme aber nicht zu.
Eine die Grenzen werbender Selbstdarstellung i. S. von § 29 Abs. 1 BNotO überschreitende und daher berufswidrige Werbung ist ferner darin zu sehen, dass der Notar hier in der rechten Spalte der Anzeigen mit seiner Berufsbezeichnung Rechtsanwalt und Notar die Interessenschwerpunkte "Allgemeines Vertragsrecht, Grundstücks- und Immobilienrecht, Baurecht, Gesellschaftsrecht und Zwangsvollstreckungsrecht" angeführt hat. Diese erstrecken sich unterschiedslos auf die anwaltliche und notarielle Berufsausübung. Dem liegt bezogen auf das Notaramt eine amtswidrige Eigendarstellung zu Grunde. Denn entsprechende Selbstdarstellungen, die unter Herausstellung bestimmter Leistungen oder Qualitäten eine besondere Fachkunde des Notars vermitteln sollen, stehen in Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben, wonach der Notar zum einen sein Amt auf bestimmte Rechtsgebiete beschränkt (§§ 20 bis 22 BNotO) und zum anderen dort uneingeschränkt tätig werden muss. Die interessenorientierte Werbung des Notars erscheint geeignet und in der Tendenz bestimmt, die Funktionen des Amtes in der Person des hier betroffenen Notars gesetzwidrig zu verschieben. Soweit gleichwohl teilweise ein Informationsbedürfnis dafür bemüht wird, um die Zulässigkeit von Angaben zu Tätigkeits- und/oder Interessenschwerpunkten im Rahmen notarieller Selbstdarstellung zu postulieren (vgl. Schippel a.a.O. § 29 BNotO Rdnr. 12), vermag auch der Senat dem nicht zu folgen, weil es für die Anerkennung einer solchen an einer die Regelung des § 29 Abs. 1 BNotO einschränkenden Rechtsgrundlage fehlt, wie der Vergleich zu § 7 der Berufsordnung für Rechtsanwälte verdeutlicht.
3.
Auch die durch den Notar gewählte Ausgestaltung seines Praxisschildes stellt eine amtswidrige Werbung i. S. von § 29 Abs. 1 BNotO dar, weil er - wie in den Anzeigen - seine Berufsbezeichnung Rechtsanwalt und Notar in der rechten Spalte in einen räumlichen Zusammenhang mit seinen Interessenschwerpunkten gestellt hat. Diese Werbemaßnahme ist mit der Funktionsweise des Notaramtes - wie vorstehend ausgeführt - unvereinbar.
4.
Die zu Recht beanstandeten Werbemaßnahmen des Notars können auch nicht deshalb als amtsgemäß angesehen werden, weil der Notar sich mit weiteren Rechtsanwälten zu einer anwaltlichen Sozietät verbunden hat, die anwaltsrechtlich vergleichbaren Werbebeschränkungen nicht unterliegt. Soweit der Notar vor diesem Hintergrund der Ansicht ist, er dürfe - im Vergleich zu Anwaltssozietäten ohne Anwaltsnotar - nicht weiter gehenden Werbebeschränkungen unterliegen, weil dies zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte, die er als Notar im Rahmen seiner Berufsfreiheit aber nicht hinnehmen müsse, wird die Tragweite der Regelung des § 29 Abs. 2 BNotO verkannt. Danach darf der Anwaltsnotar die ihm anwaltsrechtlich eingeräumte Werbefreiheit nicht ausnutzen, um bundesnotarrechtliche Beschränkungen zu missachten. Diese Rechtslage macht es für Werbemaßnahmen eines Anwaltsnotars notwendig, auch für das rechtsuchende Publikum erkennbar zwischen seiner anwaltlichen Berufstätigkeit mit weiter gehenden Werbemöglichkeiten und der notariellen Berufsausübung mit schärferen Restriktionen zu unterscheiden. Soweit der Notar danach als Rechtsanwalt Interessen- und/oder Tätigkeitsschwerpunkte werbend herausstellen darf (§ 7 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte), muss er dies entsprechend kennzeichnen (vgl. auch Arndt/Sandkühler a.a.O. Rdnr. 16) und abgrenzen. Dass dem hier betroffenen Notar dies neben einem anderweitigen Hinweis auch auf sein Notaramt nicht möglich sein sollte, ist nicht ersichtlich. Hierfür lassen sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte aus der Einlassung des Notars gewinnen.
VI.
Die durch den Notar wiederholt in Verkennung der gesetzlichen Vorschriften begangenen amtswidrigen Werbemaßnahmen sind als einheitliches Dienstvergehen - fahrlässig begangen - zu ahnden (§ 95 BNotO). Die angefochtene Disziplinarverfügung ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als die Aufsichtsbehörden gegen den Notar einen Verweis verhängt haben. Die dem zu Grunde liegende Prognoseentscheidung, die darauf abzustellen hat, was erforderlich erscheint, um den Notar zukünftig zu einem in jeder Hinsicht amtskonformen Vorgehen anzuhalten, lässt die insoweit tragenden Gesichtspunkten erkennen. Die durch den Notar hier gezeigten Fehlverhaltensweisen zeichnen sich dadurch aus, dass er, ohne sich hierüber die notwendige Klarheit zu verschaffen, "als Vorreiter" im Zuge einer gesetzlichen Neuregelung zu Werbemaßnahmen gegriffen hat. Bestand und Sicherung der Rechtsordnung sind der Allgemeinheit aber dann nicht mehr uneingeschränkt vermittelbar, wenn schon Personen wie der Notar in öffentlicher und herausgehobener Stellung ihre Funktion als Organ der Rechtspflege, d.h. aber als Träger dieser Rechtsordnung nur noch eingeschränkt ausfüllen. Ein etwaiger Irrtum des Notars über das Verbotene seiner fortschrittlichen Werbemaßnahmen vermag den Notar nicht zu entschuldigen. Ein solcher Irrtum war vermeidbar. Der Notar war gehalten, sich über die Auswirkungen seiner in Aussicht genommenen Werbemaßnahmen notfalls durch Rückfragen bei der zuständigen Notarkammer oder den Aufsichtsbehörden zu vergewissern (Schippel/Lemke, BNotO, 7. Auflage, § 95 BNotO Rdnr. 10). Vor diesem Hintergrund erscheint gerechtfertigt und geboten, auch wenn der Notar sich ansonsten nichts weiter in ahndungswürdiger Weise hat zu Schulden kommen lassen, durch die ohnehin mildeste Disziplinarmaßnahme bei dem Notar das Eintreten für eine streng gesetzesorientierte Amtsausübung auch bei der Durchsetzung eigener Belange zukünftig sicherzustellen.
VII.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 96 BNotO i.V.m. §§ 114, 115 NDO. Danach muss der Notar die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen tragen, weil sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung erfolglos bleibt.