Landgericht Oldenburg
Beschl. v. 22.05.2013, Az.: 5 Qs 149/13
Förderung der Verfahrenserledigung bei Erforderlichkeit einer Tätigkeit des Verteidigers für den Anfall der Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 22.05.2013
- Aktenzeichen
- 5 Qs 149/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 38224
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:2013:0522.5QS149.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Cloppenburg - 04.04.2013 - AZ: 25 OWi 138/12
Rechtsgrundlagen
- Nr. 5115 VV RVG
- § 14 RVG
Fundstellen
- RVG prof 2013, 114
- RVGreport 2013, 320
- VRR 2013, 243
- VRR 2013, 316-317
- zfs 2013, 467-468
Amtlicher Leitsatz
Für den Anfall der Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG ist lediglich einer Tätigkeit des Verteidigers, welche die Verfahrenserledigung fördert, erforderlich. Eine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit ist dabei nicht erforderlich.
In der Bußgeldsache
g e g e n
...
w e g e n Ordnungswidrigkeit
hat die 5. große Strafkammer des Landgerichts in Oldenburg am 22.05.2013 durch die unterzeichnenden Richter
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Auf die sofortige Beschwerde vom 17.04.2013 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Cloppenburg vom 04.04.2013 dahingehend geändert, dass die aufgrund des Beschlusses vom 11.02.2013 von der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 515,87 Euro festgesetzt werden.
- 2.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
- 3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden diesem und der Landeskasse jeweils zu 1/2 auferlegt.
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluss wurden die dem Betroffenen zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 355,22 Euro festgesetzt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss vom 04.04.2013 verweisen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der sofortigen Beschwerde vom 17.04.2013, auf deren Begründung ebenfalls Bezug genommen wird.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg:
Das Amtsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise die vom Verteidiger übersetzte Grundgebühr Nr. 5100 VV RVG von 85,00 Euro (Mittelgebühr) auf 60,00 Euro gekürzt. Zutreffend hat der Bezirksrevisor in seiner Stellungnahme auf die Unterdurchschnittlichkeit von Umfang, Schwierigkeit und Bußgeldhöhe hingewiesen. Die Gesamtheit dieser für die Gebührenhöhe gem. § 14 RVG ausschlaggebenden Faktoren führt zu einer schon unterdurchschnittlichen Gewichtung der Sache, so dass die Festsetzung zutreffend erfolgte.
Mit den gleichen Erwägungen sind die Gebühren gem. Nr. 5103 und 5109 VV RVG zutreffend auf ein Maß merklich unter der Mittelgebühr gekürzt worden. Denn über die genannten Faktoren hinaus sind auch der Umfang und die Schwierigkeit der Tätigkeit des Verteidigers in beiden Fällen unterdurchschnittlich. Die Gebührenhöhen von jeweils 100,00 Euro sind daher nicht zu beanstanden.
Zutreffend ist die zweite Pauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG abgesetzt worden. Denn diese fällt nur einmal an, weil es sich bei der anwaltlichen Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde und bei Gericht im Bußgeldverfahren um nur eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne handelt (LG Köln RPfleger 09, 273f.; LG Hamburg JurBüro 06, 644; Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage, § 15 Rn. 40 m.w.N.; Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage, VV 7001 Rn. 59, 62).
Jedoch war die Entscheidung in Bezug auf die Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG zu ändern. Diese ist angefallen, weil es hierfür lediglich einer Tätigkeit des Verteidigers bedarf, welche die Verfahrenserledigung fördert und dabei keine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit erforderlich ist (BGH, Urteil vom 20.01.2011, Az. IX ZR 123/10, [...]). Dabei ist auch eine Förderung der Sachaufklärung nicht erforderlich (BGH, ebenda), es genügt ein ursächlicher Beitrag zur Erledigung des Verfahrens (LG Baden-Baden, Beschluss vom 09.08.2000, Az. 1 Qs 111/00, [...]), welcher auch in einer Aktivität zwecks Verjährung bestehen kann (Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage, Nr. 4141 VV RVG Rn. 9). So liegt der Fall hier. Denn das Amtsgericht hat die zuvor einmal terminierte Sache nicht wieder terminiert, nachdem der Verteidiger mit Schriftsatz vom 02.07.2012 mitgeteilt hat, die ihm von dem Landkreis per E-Mail übersandte Bedienungsanleitung für das Messgerät sei lediglich zu öffnen, nicht aber auszudrucken. Auf dieses Schreiben hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 11.07.2012 gem. § 69 Abs. 5 OWiG mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung im Sinne des § 69 Abs. 5 OWiG an den Landkreis Cloppenburg zurückverwiesen. Nachdem der Landkreis sodann die Bedienungsanleitung an den Verteidiger übersandt und die Akten im Januar 2013 an die Staatsanwaltschaft geleitet hat, ist durch Beschluss des Amtsgerichts vom 11.02.2013 das Verfahren wegen der zwischenzeitig eingetretenen Verjährung eingestellt worden. Die Mitteilung des Verteidigers, die Bedienungsanleitung nicht ausdrucken zu können, ist folglich ursächlich für den Eintritt der Verjährung geworden. Ohne die Mitteilung wäre durch das Amtsgericht nicht gem. § 69 Abs. 5 OWiG verfahren worden. Es ist auch keinesfalls offenkundig, dass unabhängig von der Tätigkeit des Verteidigers das Verfahren sowieso eingestellt worden wäre (dazu: BGH a.a.O.). Schließlich sind keine Gründe für eine Verfahrenseinstellung aus einem anderen Grund erkennbar.
Die demgemäß angefallene Gebühr gem. Nr. 5115 VV RVG war nach Antrag mit 135,00 Euro zu bemessen. Zwar handelt es sich nach der von der Kammer vertretenen Auffassung bei der Gebühr Nr. 5115 VV RVG nicht um eine Festgebühr, so dass auch hier § 14 RVG beachtlich ist (Hartmann, Kostengesetze, VV 5115 RVG Rn. 11). Jedoch ist die Rahmenmitte bei dieser Gebührenziffer als verstärkte Bemessungsgrundlage zu sehen, so dass trotz der zu den anderen Gebührenziffern aufgezeigten gebührenmindernden Faktoren und bei Beachtung des Umstandes, dass die Verjährung gerade aufgrund des beharrlichen Nachfragens des Verteidigers eingetreten ist, es bei der Mittelgebühr zu verbleiben hat. Die Kammer erachtet somit eine Gebühr in Höhe von 135,00 Euro zzgl. 19 % Umsatzsteuer für angemessen, so dass sich der festgesetzte Kostenbetrag um diesen Betrag erhöht.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 473 Absatz 4 StPO.