Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 05.12.2011, Az.: 1 Ss 192/11

Möglichkeit eines Rechtsfehlers zum Nachteil des Angeklagten wegen der Lückenhaftigkeit der Urteilsgründe; Anforderungen an die Beweiswürdigung bei der Feststellung der Mittäterschaft; Heranziehung der ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls verlesenen Urkunden

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
05.12.2011
Aktenzeichen
1 Ss 192/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 33316
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2011:1205.1SS192.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 28.06.2011 - AZ: 12 Ns 108/11

In dem Strafverfahren ... gegen ... wegen versuchten Diebstahls, Verteidiger: Rechtsanwalt Burchardt, Oldenburg, hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 5. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Suermann und die Richter am Oberlandesgericht Hilke-Eggerking und Leemhuis nach § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 12. kleinen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 28. Juni 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer mündlicher Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Oldenburg zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Amtsgericht Westerstede hatte gegen den Angeklagten mit Urteil vom 18. Januar 2011 wegen versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten verhängt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Oldenburg - 12. kleine Strafkammer - durch Urteil vom 28. Juni 2011 mit der Maßgabe verworfen, dass er zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden ist.

2

Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils. Das Urteil hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand, weil die Beweiswürdigung lückenhaft ist.

3

Das Landgericht hat auf die Mittäterschaft des Angeklagten allein daraus geschlossen, dass er gegen die Tür zur Baumschule gedrückt habe, als der gesondert verfolgte Schade versuchte, diese aufzuhebein. Woraus das Landgericht die Überzeugung gewonnen hat, der Angeklagte habe gegen die Tür gedrückt, ist den Urteilsgründen jedoch nicht zu entnehmen. Auf der im Urteil mitgeteilten Einlassung des Angeklagten beruht sie nicht. Soweit das Landgericht ausführt, seine Feststellungen beruhten ferner auf den ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls verlesenen Urkunden, hat es diese Urkunden weder benannt, noch deren Inhalt mitgeteilt. Es ist deshalb anhand des Urteils nicht möglich, die Beweiswürdigung des Landgerichts nachzuvollziehen.

4

Wegen der Lückenhaftigkeit der Urteilsgründe kann ein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ausgeschlossen werden. Es waren deshalb das Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Oldenburg zurückzuverweisen.

5

Auf die weiteren Revisionsrügen brauchte nicht eingegangen zu werden.

6

Die nunmehr zu Entscheidung berufene Strafkammer wird auch zu prüfen haben, ob nicht wegen des zwei Tage vor dem Vorfall erfolgten Drogenrückfalls und eines daraus möglicherweise folgenden starken Suchtdrucks des zuvor langjährig drogenabhängigen Angeklagten seine Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit gemäß § 21 StGB erheblich eingeschränkt war.

Suermann
Leemhuis
Hilke-Eggerking