Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck
Urt. v. 20.12.2016, Az.: 13 C 466/16

Insolvenzanfechtung einer Zahlung des Insolvenzschuldners; Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes

Bibliographie

Gericht
AG Osterholz-Scharmbeck
Datum
20.12.2016
Aktenzeichen
13 C 466/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 37267
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck auf die mündliche Verhandlung vom 29.11.2016 durch die Richterin am Amtsgericht Ziemer für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 20.08.2014 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Bremer Solartechnik GmbH bestellt. In dieser Eigenschaft macht er gegenüber dem Beklagten einen Rückgewähranspruch nach erfolgter Anfechtung einer Zahlung der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten geltend. Die Insolvenzschuldnerin Bremer Solartechnik GmbH stellte am 21.05.2014 durch den Bevollmächtigten Rechtsanwalt Bardua einen Insolvenzantrag mit der Angabe, die Gesellschaft sei zahlungsunfähig. Gegenstand der Gesellschaft war der Verkauf sowie die Montage von Photovoltaikanlagen. Die spätere Insolvenzschuldnerin und die Beklagte standen in vertraglichen Beziehungen. Unter dem 12.01.2013 beantragte die Beklagte gegen die spätere Insolvenzschuldnerin den Erlass eines Mahnbescheides. Auf den Restbetrag in Höhe von 4.336,37 € der Forderung der Beklagten zahlte die spätere Insolvenzschuldnerin am 13.02.2013 einen Teilbetrag in Höhe von 2.000,00 €. Unter dem 13.12.2013 leistete die spätere Insolvenzschuldnerin eine weitere Zahlung in Höhe von 1.000,00 €, die mit dieser Klage angefochten wird.

Im laufenden Insolvenzverfahren wurden bis zum Zeitpunkt der Klagerstellung zur Tabelle angemeldete Forderungen in Höhe von insgesamt 75.236,95 € festgestellt. Die Insolvenzmasse beläuft sich derzeit auf 34.945,17 €. Ende September 2013 waren Forderungen in Höhe von 26.855,98 € fällig, nämlich eine Forderung in Höhe von 10.357,53 € (Sozialversicherungsbeiträge), eine titulierte Forderung in Höhe von 7.348,25 € mit Fälligkeit zum 16.08.2013, eine weitere titulierte Forderung in Höhe von 2.471,70 € mit Fälligkeit am 23.07.2013 und eine weitere titulierte Umsatzsteuerforderung in Höhe von 6.678,50 €, fällig am 20.09.2013. Die an die Beklagte geleistete Zahlung in Höhe von 1.000,00 € am 13.12.2013 hat der Kläger mit Schreiben vom 16.12.2014 sowie 05.02.2015 ausdrücklich angefochten. Zahlung des Beklagten erfolgte nicht.

Der Kläger behauptet, die Zahlung in Höhe von 1.000,00 € am 13.12.2013 an die Beklagte sei mit Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Insolvenzschuldnerin geschehen. Hiervon habe die Beklagte auch Kenntnis gehabt bzw. werde diese Kenntnis vermutet, wenn der Gläubiger wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Die Tatsache, dass die Beklagte trotz Teilzahlung der Schuldnerin einen Mahnbescheid beantragt habe, lasse darauf schließen, dass sie von der finanziellen Situation der Insolvenzschuldnerin Kenntnis hatte, insbesondere dass diese ihre Verbindlichkeiten nicht innerhalb ihrer Fälligkeiten würde erfüllen können. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass die Verbindlichkeit gegenüber der Beklagten über einen langen Zeitraum hinaus bestanden und auch nach Beantragung eines Mahnbescheides nicht vollständig beglichen worden sei. Es seien immer wieder nur Teilzahlungen nach Aufforderung durch die Beklagte erfolgt, weshalb diese habe davon ausgehen müssen, dass weitere Gläubiger vorhanden seien, die durch die Zahlung benachteiligt würden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, von einer vermeintlichen Zahlungsunfähigkeit habe die Beklagte keine Kenntnis gehabt und schon gar nicht, dass der spätere Insolvenzschuldner die Ratenzahlung in Gläubigerbenachteiligungsabsicht geleistet habe. Es fehle an Umständen, aus denen die Beklagte eine entsprechende Kenntnis habe herleiten können/müssen. Ein solcher Umstand sei auch nicht darin zu erblicken, dass der Schuldner Ratenzahlungen geleistet habe. Dafür könne es im Geschäftsverkehr verschiedene Gründe geben, ohne dass der Nichtzahlung einer einzelnen betragsmäßig geringen Forderung von der Gläubigerin bereits zwingend die Zahlungsunfähigkeit oder -einstellung entnommen werden könne, geschweige denn müsse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

I.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.000,00 € gemäß § 143 Abs. 1 Insolvenzordnung.

Es kann dahinstehen, ob die Insolvenzschuldnerin bei der Zahlung der 1.000,00 € am 13.12.2014 bereits einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz hatte. Jedenfalls ist der Beklagten keine Kenntnis einer etwaigen Gläubigerbenachteiligungsabsicht nachweisbar und kann aus den unstreitigen Tatsachen eine solche auch nicht vermutet werden. Zum Zeitpunkt der Zahlung der 1.000,00 € waren neben Sozialversicherungsbeiträgen und einer Umsatzsteuerschuld lediglich zwei weitere Forderungen fällig und tituliert. Allein aus diesen wenigen offenen Forderungen, wovon jedenfalls die Fälligkeit von Sozialversicherungsbeiträgen und Umsatzsteuern im Geschäftsverkehr nicht bekannt sein dürfte, lässt sich die Kenntnis einer etwaigen Gläubigerbenachteiligungsabsicht jedenfalls nicht herleiten.

Auch die Tatsache, dass die Beklagte bereits einen Mahnbescheid beantragt hatte und auch nach Erlass des Mahnbescheides die Forderung nicht umgehend vollständig beglichen wurde sondern auch danach nur Raten gezahlt wurden, lässt nicht auf eine Kenntnis der Beklagten schließen. Im Geschäftsverkehr gibt es viele Gründe, z. B. auf Grund eines vorrübergehenden Liquiditätsengpasses nur Teilzahlungen zu leisten.

2.

Mangels Bestehens der Hauptforderung stehen dem Kläger auch nicht die auf diese geltend gemachten Zinsen zu.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

Ziemer Richterin am Amtsgericht