Landgericht Braunschweig
Urt. v. 28.01.2020, Az.: 4 KLs 804 Js 26499/18 (5/19)

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
28.01.2020
Aktenzeichen
4 KLs 804 Js 26499/18 (5/19)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 72244
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 25.05.2020 - AZ: 4 KLs 804 Js 26499/18 (5/19)

Tenor:

Der Angeklagte K. wird wegen unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt.

Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Der Angeklagte H. wird wegen unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitstrafe von 7 Monaten verurteilt.

Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Angeklagte K. hat durch die Taten Geldzuflüsse in Höhe von 49.860,06 € erlangt. Die Einziehung dieses Betrages wird angeordnet.

Ferner unterliegen folgende Gegenstände der Einziehung:

Gegenstand

Menge 

Asservatennummer

Hanftee „Obstsalat“

1 Glas / 5 g Inhalt

1.1 + 1.1.1

Hanftee „Katerfrühstück“

1 Glas / 5 g Inhalt

1.2 + 1.2.1

Hanftee „Picknick im Park“

1 Glas / 5 g Inhalt

1.3 + 1.3.1

Hanftee „Netflix & Chill“

1 Glas / 5 g Inhalt

1.4 + 1.4.1

Hanftee „Waldspaziergang“

1 Glas / 5 g Inhalt

1.5 + 1.5.1

Hanftee „Omas Liebling“

1 Glas / 5 g Inhalt

1.6 + 1.6.1

Hanftee „Netflix & Chill“

73 Gläser mit Inhalt

3.1 + 3.1.1

Hanftee „Obstsalat“

29 Gläser mit Inhalt

3.2 + 3.2.1

Hanftee „Picknick im Park“

42 Gläser mit Inhalt

3.3 + 3.3.1

Hanftee „Waldspaziergang“

122 Gläser mit Inhalt

3.4 + 3.4.1

Hanftee „Omas Liebling“

10 Gläser mit Inhalt

3.5 + 3.5.1

Hanftee „Katerfrühstück“

11 Gläser mit Inhalt

3.6 + 3.6.1

Unetikettierte Cannabispflanzenteile

16 Gläser mit Inhalt

3.7 + 3.7.1

Unetikettierte Cannabispflanzenteile

6 Gläser mit Inhalt

3.8 + 3.8.1

Probenglas mit Cannabispflanzenteilen

1 Glas / 4,64 g Cannabis

3.9 + 3.9.1

Bonbonglas mit Cannabispflanzenteilen

1 Glas / 11,28 g Cannabis

3.10 + 3.10.1

Plastikschale mit Cannabispflanzenteilen

1 Stück / 1,93 g Cannabis

3.11 + 3.11.1

Folienpäckchen mit Cannabispflanzenteilen

4 Stück / 7,55 g Cannabis

3.12 + 3.12

Hanftee „Picknick im Park“

1 Glas / 2g Inhalt

4.1 + 4.1.1

Hanftee „Waldspaziergang“

1 Glas / 5g Inhalt

4.2 + 4.2.1

Hanftee „Omas Liebling“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.1.2

Hanftee „Obstsalat“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.1.3

Hanftee „Picknick im Park“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.1.4

Hanftee „Netflix & Chill“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.1.5

Hanftee „Dampfbad“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.1.6

Hanftee „Dampfbad“

1 Glas / 2g Inhalt

5.1.1.7

Hanftee „Katerfrühstück“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.1.8

Hanftee „Waldspaziergang“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.1.9

Hanftee „Waldspaziergang“

1 Glas / 2g Inhalt

5.1.1.10

Hanftee „Großstadtdschungel“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.1.11

Hanftee „Großstadtdschungel“

1 Glas / 2g Inhalt

5.1.1.12

Hanftee „Obstsalat“

1 Glas / 2g Inhalt

5.1.2.7

Hanftee „Omas Liebling“

1 Glas / 2g Inhalt

5.1.2.7

Hanftee „Obstsalat“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.2.8

Hanftee „Obstsalat“

1 Glas / 2g Inhalt

5.1.2.9

Hanftee „Obstsalat“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.2.10

Hanftee „Omas Liebling“

1 Glas / 5g Inhalt

5.1.2.10

Hanftee „Katerfrühstück“

2 Gläser / je 5g Inhalt

5.1.2.10

Hanftee „Omas Liebling“

2 Gläser / je 2g Inhalt

5.2.1 

Hanftee „Katerfrühstück“

1 Glas / 5g Inhalt

5.2.2 

Hanftee „Katerfrühstück“

1 Glas / 2g Inhalt

5.2.3 

Hanftee „Omas Liebling“

2 Gläser / je 2g Inhalt

5.2.4 

Hanftee „Katerfrühstück“

5,11g Inhalt

5.2.8 

Hanftee „Omas Liebling“

7,7g Inhalt

5.2.9 

Hanftee „Großstadtdschungel“

2 Gläser / je 5g Inhalt

5.3.1 

Hanftee „Großstadtdschungel“

1 Glas / 5g Inhalt

5.3.2 

Hanftee „Omas Liebling“

4 Gläser / je 5g Inhalt

5.3.3 

Hanftee „Waldspaziergang“

5 Gläser / je 5g Inhalt

5.3.4 

Hanftee „Waldspaziergang“

5 Gläser / je 2g Inhalt

5.3.5 

Hanftee „Dampfbad“

7 Gläser / je 5g Inhalt

5.3.6 

Hanftee „Dampfbad“

5 Gläser / je 2g Inhalt

5.3.7 

Hanftee „Picknick im Park“

4 Gläser / je 5g Inhalt

5.3.8 

Hanftee „Obstsalat“

4 Gläser / je 5g Inhalt

5.3.9 

Hanftee „Katerfrühstück“

5 Gläser / je 5g Inhalt

5.3.10

Hanftee „Katerfrühstück“

5 Gläser / je 2g Inhalt

5.3.11

Hanftee „Sweed Dreams“

8 Tüten mit Inhalt

5.3.12

Cannabispflanzenteile

56,22g

35.1   

Hanftee „BD“

179,6g

37    

Hanftee „Afgahn Krish Tea“

107,83g

38    

Hanftee „Omas Liebling“ Gesamtbestand

319,91g

39    

Hanftee „Nettflix & Chill“ Gesamtbestand

194,13g

40    

Hanftee „Großstadtdschungel“

167,17g

41    

Hanftee „Katerfrühstück“

127,37g

42    

Hanftee „Obstsalat“

567,73g

43    

Hanftee „Picknick im Park“

15,88g

44    

Hanftee „Waldspaziergang“

6,57g 

45    

Hanftee „Obstsalat“

45,35g

5.5.1 

Hanftee „Katerfrühstück“

87,47g

5.5.2 

Hanftee „Dampfbad“

72,76g

5.5.3 

Hanftee „Omas Liebling“

29,91g

5.5.4 

Hanftee „Picknick im Park“

36,93g

5.5.5 

Hanftee „Waldspaziergang“

68,41g

5.5.6 

Hanftee „Großstadtdschungel“

55,07g

5.5.7 

Hanftee „Sweet Dreams“

208,17g

5.5.8 

Cannabisblüten

476,14g

2.1     

Cannabispflanzenteile

216,96g

2.2 + 2.2.1

Cannabispflanzenteile

73,8g 

2.3 + 2.3.1

Cannabispflanzenteile

22,24g

2.4 + 2.4.1

Cannabispflanzenteile

54,53g

2.5 + 2.5.1

Cannabispflanzenteile

22,46g

2.6 + 2.6.1

Cannabispflanzenteile

24,15g

2.7 + 2.7.1

Cannabispflanzenteile

9,36g 

2.8 + 2.8.1

Cannabispflanzenteile

109,3g

2.9 + 2.9.1

Cannabispflanzenteile

107,3g

2.10 + 2.10.1

Cannabispflanzenteile in Bonbonglas

9,36g 

1.7 + 1.7.1

Angewendete Vorschriften für den Angeklagten K.:

§§ 3, 29 Abs. 1 Nr. 1, 33 BtMG, §§ 25 Abs. 1, Abs. 2, 52, 53, 54, 73, 73c StGB,

§§ 464, 465 StPO.

Angewendete Vorschriften für den Angeklagten H.:

§§ 3, 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, §§ 25 Abs. 2, 52 StGB, §§ 464, 465 StPO.

Gründe

I. Zur Person

1. Angeklagter K.

Der am 11.06.1991 in Odessa geborene ukrainische Staatsangehörige K. wuchs mit seinen Eltern in Vechelde westlich von Braunschweig auf. Er hat keine Geschwister, sein Vater ist Hausmeister an einer Schule und seine Mutter Hausfrau.

Der Angeklagte K. ist ledig und hat keine Kinder.

Nach dem 12. Schuljahr erwarb er in Vechelde das Fachabitur und begann dann ein Studium für Mediendesign an der Ostfalia Hochschule. Nach vier Semestern begann er als Fotograf zu arbeiten. Ab April 2016 arbeitete er für ein Jahr an der technischen Universität Braunschweig im Marketing, bevor er die hier verfahrensgegenständliche „Hanfbar“ gründete.

Aus dem Geschäft der „Hanfbar“ entnimmt er monatlich 1.000,- € für seinen persönlichen Bedarf. Über sonstiges nennenswertes Vermögen verfügt er nicht.

Hinsichtlich des Angeklagten K. enthält das Bundeszentralregister lediglich eine Eintragung. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Braunschweig vom 25.01.2017 (Az.: 8 Cs 908 Js 1372/17) wurde er wegen Unfallflucht mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 20,- € und einem dreimonatigen Fahrverbot belegt.

2. Angeklagter H.

Der 38-jährige Angeklagte H. wurde in Teheran geboren, wuchs aber in Köln auf. Er erlangte im Alter von 15 Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit. Sein Stiefvater ist im Vertrieb für Fenster und Innenausbau beschäftigt. Seine Mutter war ursprünglich im Hotel- und Restaurant-Gewerbe, dann im Einzelhandel tätig und ist nun Rentnerin. Vollgeschwister hat der Angeklagte H. nicht, er weiß nur, dass er drei Halbgeschwister väterlicherseits hat, die er aber nicht kennt.

Nach seinem Realschulabschluss betrieb der Angeklagte unter anderem eine Kampfsportschule und jobbte viel. Unter anderem war er auch als hauptberuflicher Musiker und Künstler tätig, wobei ihm jedoch kein Durchbruch gelang. Nach einem längeren Auslandsaufenthalt kehrte er etwa im Jahre 2006 nach Deutschland zurück und begann in Köln eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann, da ihm klar wurde, dass es auf Dauer schwierig würde, von der Kunst zu leben. In der Versicherungsbranche war er dann gut zwölf Jahre beschäftigt. Im Jahr 2007 kam er wegen einer Fortbildung und der Aussicht auf beruflichen Aufstieg nach Braunschweig. Dort machte er sich relativ schnell als Handelsvertreter im Versicherungsgewerbe selbstständig.

Der Angeklagte H. steigerte im Jahr 2015 sein bisheriges Interesse an fernöstlichen Kampfkünsten und traditioneller chinesischer Medizin sowie gesunder Ernährung deutlich. In dieser Zeit stand er auch in Kontakt mit dem Mitangeklagten K. und tauschte sich mit diesem über die vermeintlichen Vorzüge der Hanfpflanze aus. Im August 2018 stieg er als Geschäftspartner in der „Hanfbar“ ein.

Der Angeklagte H. ist ledig und hat keine Kinder. Dem Geschäftsbetrieb entnimmt er etwa 1.500,- € monatlich. Er verfügt über kein weitergehendes sonstiges Vermögen.

Der Angeklagte H. ist zuvor viermal strafrechtlich in Erscheinung getreten:

1. Am 31.08.2011 belegte ihn das Amtsgericht Braunschweig mit einem Strafbefehl (Az.: 5 Cs 912 Js 38015/11) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 15,- €.

2. Einen erneuten Strafbefehl, wieder wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis erließ das Amtsgericht nur zwei Wochen später, nämlich am 12.09.2011 (Az.: 6 Cs 912 Js 26216/11) und belegte ihn in wiederum mit einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen, diesmal zu je 25,- €.

3. Aus diesen beiden Strafbefehlen wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 31.02.2012 unter dem Aktenzeichen der zweiten Tat eine nachträgliche Gesamtgeldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 20,- € gebildet.

4. Mit Urteil vom 17.01.2014 erteilte das Amtsgericht Bremen dem Angeklagten H. wegen fahrlässiger Körperverletzung eine Verwarnung mit Strafvorbehalt, wobei eine Geldstrafe in Höhe von 160 Tagessätzen zu je 25,- € innerhalb einer Bewährungszeit von zwei Jahren vorbehalten wurde. Am 27.08.2014 wurde der Angeklagte dann zu der vorbehaltenen Strafe verurteilt.

II. Feststellungen

1. Tathandlung

Vorbereitungshandlungen

Im Jahre 2015 begann der Angeklagte K., sich mit den Samen der Hanfpflanze zu beschäftigen. Dies fiel in eine Phase, in der er beschlossen hatte, generell seinen Konsum von Fleisch und Milchprodukten zu reduzieren. So experimentierte er mit Hanfsamen und erstellte einen ersten Hanfsamen-Smoothie. Diesen bot er auch dem Mitangeklagten H., welcher damals quasi bei ihm wohnte, und anderen Freunden an. Aufgrund der positiven Rückmeldungen begann der Angeklagte K. sich dann weiter mit dem Thema der Nutzung von Cannabis zu beschäftigen. Hierbei stand er in regelmäßigen Kontakt mit dem Angeklagten H., welcher die Idee der Hanfsamen-Smoothies ebenfalls gut und gesundheitsförderlich fand. So kamen die Angeklagten zu der Überzeugung, dass es sich bei Hanfsamen um ein hochwertiges Nahrungsmittel handeln würde, welches die Gesundheit steigere und deshalb der Normalbevölkerung nahegebracht werden sollte. Insbesondere das schlechte Image der Hanfpflanze müsse verändert werden.

Neben der Kreation von Lebensmitteln aus Hanfsamen widmeten sich die beiden Angeklagten auch einem Gesamtkonzept und Unternehmenswerten für ihr beabsichtigtes Geschäft. So definierten sie als Grundwerte Gesundheit - Nachhaltigkeit - Genuss und kamen zu der Überzeugung, dass man diese Grundwerte durch Nutzhanf verwirklichen („unter einen Hut kriegen“) könne. Die beiden Angeklagten waren der Meinung, dass Nutzhanf generell legal sei.

Damals arbeitete der Angeklagte K. noch an der Technischen Universität Braunschweig, weshalb er ein Ladengeschäft in der Nähe der Universität suchte. Ihm fiel auch bald ein Geschäft in der M.straße auf und er fasste den Entschluss, dort einen Laden für Hanfprodukte zu eröffnen, sobald dieser Laden frei würde. Der Angeklagte H. begleitete den Angeklagten K. in dieser Gründungsphase zwar in Form der moralischen Unterstützung, wurde aber erst ab August 2018 Geschäftspartner, da er zuvor beruflich anderweitig eingespannt war.

Hinsichtlich des geplanten Gesundheitsladens mit Café meldete der Angeklagte K. zum 30.01.2017 ein Gewerbe an.

Am 01.04.2017 gründete der Angeklagte K. dann die Firma „Hanfbar“ in Braunschweig. Das Geschäft sollte unter den o.b. Leitlinien von Gesundheit, Nachhaltigkeit und Genuss stehen.

Der Angeklagte K. mietete das besagte Ladengeschäft in der M.straße im Braunschweiger Universitätsviertel an und begann dort ab Anfang April 2018 mit dem Verkauf von verschiedenen Nutzhanfprodukten. Dies waren zunächst Smoothies und sog. Energy-Balls (vegane Snacks mit Hanfsamen). Später erweiterte er das Sortiment um Hanf-Matcha, Hanf-Seife und Hanf-Proteine.

Darüber hinaus wurde in der „Hanfbar“ auch ein Café betrieben, in welchem u.a. Smoothies, Salate und andere vegane Lebensmittel unter Verwendung von Nutzhanf angeboten wurden.

Im Laufe der weiteren Entwicklung der „Hanfbar“ kam der Angeklagte K. dann auch in Kontakt mit CBD. CBD steht für Cannabidiol, einem Cannabinoid aus der weiblichen Hanfpflanze. Vertiefte Kenntnisse über dieses Cannabinoid hatte der Angeklagte K. damals noch nicht, da der Schwerpunkt der „Hanfbar“ Produkte aus Hanfsamen waren. Er war aber entschlossen, sich solche Kenntnisse anzueignen. Im Internet stieß der Angeklagte K. auf Berichte, wonach CBD gesundheitsfördernd sei und bei verschiedenen Erkrankungen zur Linderung eingesetzt werden könne.

Dieses besagte CBD war, zunächst für den Angeklagten K. allein, in Tat 2 zugleich auch für den Mitangeklagten H., das wesentliche Kriterium für die Herstellung und Veräußerung ihres Hanf-Tees. Dass die von Ihnen veräußerten Cannabispflanzenteile darüber hinaus auch eine geringe Konzentration von Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) hatten, war den Angeklagten bewusst. Die Angeklagten waren jedoch der Auffassung, dass mit Cannabispflanzen mit einer THC-Konzentration von unter 0,2% uneingeschränkt Handel getrieben werden dürfe (wird unten weiter ausgeführt).

Da sich der Betrieb der „Hanfbar“ in der M.straße günstig entwickelte, eröffnete der Angeklagte K. am 14.07.2018 eine weitere Filiale in der Friedrich-Wilhelm-Straße in der Braunschweiger Innenstadt.

Tat 1

Im Februar 2018 bestellte der Angeklagte K. bei der Firma AE Grünkraft (Rechnung vom 22.02.2018) Nutzhanf als Rohstoff für seinen Hanfblüten-Tee. Bestellt wurden folgende Sorten und Mengen:

Fedora 17 IN1,

200 g 

Fedora 17 IN2,

200 g 

Fedora 17 OUT1,

100 g 

Fedora 17 OUT1,

100 g 

Fedora 17 Kief,

200 g 

Durch den Verkauf von Hanfblüten-Tee an Endverbraucher in der „Hanfbar“ erhoffte der Angeklagte, sich eine Einnahmequelle von gewisser Dauer und nicht unerheblichem Umfang zu schaffen. Die Produktion dieses Tees gestaltete sich denkbar einfach. Es wurde lediglich Pflanzenmaterial zusammengestellt, abgewogen und in beschriftete Gläser verpackt. Bei den für den Tee verwendeten Cannabispflanzenteilen handelte es sich überwiegend um die Dolden der Cannabispflanze

Sodann erfolgte eine Bestellung von Nutzhanf im Juni 2018 bei der Firma Placebo (Rechnungen vom 13.06.2018), wobei folgende Sorten und Mengen bestellt wurden:

SW Fedora 17 IN20,

1 kg   

SB Fedora 17 IN12,

0,5 kg

Fedora 17 IN16,

2 kg   

Fedora 17 IN12,

1 kg   

Fedora 17 OUT3,

1 kg   

Aus diesen Einkäufen stellte der Angeklagte Hanfblüten-Tee in verschiedenen Sorten her. Von diesem Tee verkaufte er in der Zeit bis zum 14.07.2018 in seinem Ladengeschäft in der M.straße folgende Mengen an Endverbraucher:

Ware

Menge (Gläser)

Menge (Gramm)

THC-Gehalt (Prozent)

THC-Gehalt (Gramm)

Gesamterlös

Großstadtdschungel 2 g / Glas

19    

38    

0,08% 

0,0304

473,08 €

Großstadtdschungel 5 g / Glas

3       

15    

0,08% 

0,012 

179,69 €

Katerfrühstück 2 g /Glas

52    

104     

0,09% 

0,0936

1.138,95 €

Katerfrühstück 5 g /Glas

26    

130     

0,09% 

0,117 

1.297,53 €

Netflix & Chill 2 g / Glas

55    

110     

0,10% 

0,11   

1.237,60 €

Netflix & Chill 5 g / Glas

26    

130     

0,10% 

0,13   

1.347,47 €

Obstsalat 2 g / Glas

89    

178     

0,09% 

0,1602

2.216,00 €

Obstsalat 5 g / Glas

32    

160     

0,09% 

0,144 

1.916,75 €

Omas Liebling 2 g /Glas

63    

126     

0,08% 

0,1008

1.568,63 €

Omas Liebling 5 g /Glas

33    

165     

0,08% 

0,132 

1.976,65 €

Picknick im Park 2 g / Glas

74    

148     

0,33% 

0,4884

1.364,13 €

Picknick im Park 5 g / Glas

30    

150     

0,33% 

0,495 

1.247,34 €

Waldspaziergang 2 g /Glas

50    

100     

0,16% 

0,16   

895,05 €

Waldspaziergang 5 g /Glas

27    

135     

0,16% 

0,216 

1.077,30 €

Summen:

579     

1689   

Ø 0,13%

2,3894

17.936,17 €

Am 23.05.2018 wurde die Polizei Braunschweig durch einen Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe auf das Geschäft „Hanfbar“ aufmerksam gemacht und nahm erste Ermittlungen auf. Der Zeuge KHK H. sah sich die Internet-Homepage der Hanfbar an. Dort fiel ihm auf, dass der Hanfblüten-Tee zu Preisen zwischen 8,- € und 12,- € pro Gramm verkauft wurde. Damit bewegte sich der Preis im Rahmen dessen, was in der hiesigen Region auf dem Schwarzmarkt für Marihuana gefordert wird. Er erstellte daraufhin einen Bericht zur rechtlichen Prüfung an die Staatsanwaltschaft Braunschweig.

Eine erste Durchsuchung in beiden Ladengeschäften erfolgte am 03.07.2018, wobei das Geschäft in der Friedrich-Wilhelm-Straße noch nicht für den Publikumsverkehr eröffnet war. Hierbei wurde der Angeklagte K. angetroffen und sagte, dass er den Hanfblüten-Tee verkaufe und dies legal sei. Hierzu überreichte der Angeklagte K. dem Zeugen KHK H. Analyseberichte der Schweizer Firma cdbtestCH. Diese Analyseberichte wiesen einen THC-Gehalt von jeweils etwas über 0,1% aus.

In beiden Geschäften wurden Hanfblüten und Cannabispflanzenteile aufgefunden und von den verschiedenen Sorten zunächst je ein Glas an das Landeskriminalamt zur Analyse geschickt. Dabei wurden die oben bereits dargestellten Wirkstoffkonzentrationen ermittelt. Darüber hinaus setzte sich der Zeuge KHK H. per E-Mail mit der Bundesopiumstelle in Verbindung, um sich über die Rechtslage zu informieren. Nach dortiger Auffassung verstoße der Verkauf von unverarbeiteten Cannabis an Endverbraucher unabhängig vom THC-Gehalt gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Bei dieser ersten Durchsuchung war auch der Angeklagte H. anwesend, teilte damals aber nur mit, dass er in der Hanfbar helfe und erst für die Zukunft beabsichtige, dort Teilhaber zu werden.

Eine zweite Durchsuchung erfolgte am 14.07.2018, nämlich bei der offiziellen Eröffnung der zweiten Filiale der Hanfbar in der Friedrich-Wilhelm-Straße. Dies nahm die Braunschweiger Polizei zum Anlass, Passanten in der Umgebung der Friedrich-Wilhelm-Straße zu durchsuchen. Bei zwei Personen wurden Gläser mit Hanfblüten-Tee aus der „Hanfbar“ gefunden.

Bei den beiden dargestellten Durchsuchungen wurde auch der vom Angeklagten K. hergestellte, aber noch nicht verkaufte Tee und noch nicht verarbeitetes Cannabispflanzenmaterial sichergestellt. Hierbei handelte es sich um eine Menge von 5140,7 g Cannabis mit einem objektiven THC-Anteil von 9,573 g.

In der Gesamtsumme auf den Ladenverkäufen (Tabelle oben) und den sichergestellten Rohstoffen hat der Angeklagte K. damit mit einer Menge von 6829,7 g Cannabis und einer objektiven Wirkstoffmenge von 11,9624 g THC Handel getrieben.

Am 30.07.2018 erstellte der Angeklagte K. eine Rechnung für Hanfblütentee und Hanftropfen an die Firma ASA V. GmbH in W. (nicht Gegenstand der Anklage). Ausweislich der Rechnung wurden folgende Sorten und Mengen Hanfblütentee geliefert: 40 × Waldspaziergang 2 g /Glas; 16 × Waldspaziergang 5 g /Glas; 40 × Picknick im Park 2 g / Glas; 19 × Picknick im Park 5 g / Glas; 40 × Katerfrühstück 2 g /Glas; 30 × Katerfrühstück 5 g /Glas; 40 × Netflix & Chill 2 g /Glas; 30 × Netflix & Chill 5 g /Glas; 40 × Omas Liebling 2 g /Glas; 30 × Omas Liebling 5 g /Glas; 250 × Obstsalat 2 g / Glas; 100 × Obstsalat 5 g / Glas; 30 × Sweet Dreams (25 g); 15 × Daydreams (40 g). Ferner 10 × Hanftropfen 4% und 10 × Hanftropfen 8%.

Tat 2

Nachdem das unter Tat 1 erworbene Cannabis sichergestellt war, erfolgte durch die Angeklagten K. und H. gemeinschaftlich eine dritte Bestellung wiederum bei der Firma Placebo (Rechnung vom 22.08.2018). Denn zum August 2018 war der Mitangeklagte H. als Geschäftspartner des Angeklagten K. in die „Hanfbar“ eingestiegen. Bestellt wurden diesmal:

Santhica 27 IN2,

1 kg   

Santhica 27 IN1.2,

1,03 kg

Beide Angeklagte wollten diesen Nutzhanf wiederum zu Tee verarbeiten und sich durch den Verkauf eine Einnahmequelle von nicht unerheblicher Dauer und nicht unerheblichem Umfang verschaffen.

Aus diesem Einkauf, kam es zu folgenden Verkäufen an Endverbraucher:

Ware

Menge (Gläser)

Menge (Gramm)

THC-Gehalt (Prozent)

THC-Gehalt (Gramm)

Gesamterlös

Dampfbad 2 g / Glas

50    

100     

0,12% 

0,12   

995,10

Dampfbad 5 g / Glas

18    

90    

0,12% 

0,108 

763,18

Großstadtdschungel 2 g / Glas

74    

148     

0,08% 

0,1184

1.842,52

Großstadtdschungel 5 g / Glas

24    

120     

0,08% 

0,096 

1.437,57

Katerfrühstück 2 g /Glas

121     

242     

0,09% 

0,2178

2.650,24

Katerfrühstück 5 g /Glas

37    

185     

0,09% 

0,1665

1.846,46

Netflix & Chill 2 g / Glas

19    

38    

0,10% 

0,038 

416,15

Netflix & Chill 5 g / Glas

19    

38    

0,10% 

0,038 

948,19

Obstsalat 2 g / Glas

189     

378     

0,09% 

0,3402

4.705,89

Obstsalat 5 g / Glas

74    

370     

0,09% 

0,333 

4.432,50

Omas Liebling 2 g /Glas

95    

190     

0,08% 

0,152 

2.365,39

Omas Liebling 5 g /Glas

31    

155     

0,08% 

0,124 

1.856,86

Picknick im Park 2 g / Glas

81    

162     

0,33% 

0,5346

1.612,06

Picknick im Park 5 g / Glas

56    

280     

0,33% 

0,924 

2.514,26

Waldspaziergang 2 g /Glas

104     

208     

0,16% 

0,3328

1.861,71

Waldspaziergang 5 g /Glas

42    

210     

0,16% 

0,336 

1.675,81

Summen:

1034   

2914   

Ø 0,13%

3,9793

31.923,89 €

Am 15.8.2018 wurde durch den Zeugen KHK H. eine Gefährderansprache mit dem Angeklagten K. durchgeführt, in welcher der Zeuge KHK H. dem Angeklagten erläuterte, dass nach Auffassung von Polizei und Staatsanwaltschaft Braunschweig der Verkauf von Hanfblüten-Tee gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoße.

Eine dritte Durchsuchung in beiden Ladengeschäften erfolgte am 19.09.2018. Hierbei wurde die noch nicht verarbeitete Menge von 618,14 g Cannabis mit einem Wirkstoffanteil von objektiv 0,893 g THC sichergestellt.

In der Gesamtsumme haben die Angeklagten damit mit einer Menge von 3532,14 g Cannabis und einer objektiven Wirkstoffmenge von 4,8723 g THC Handel getrieben.

Kunden der Angeklagten waren teilweise dem Cannabiskonsum generell zugeneigte Personen, aber auch solche, welche erstmalig durch das Auftreten der Angeklagten am Markt mit Cannabisprodukten in Berührung kamen.

Die Angeklagten hatten keine Erlaubnis zum Verkauf von Cannabis nach dem Betäubungsmittelgesetz und sich auch nicht um eine solche bemüht.

Weiterer Verfahrensgang

Am 27.09.2018 erließ das Amtsgericht Braunschweig aufgrund der öffentlichen Äußerungen des Angeklagten (s.u. unter III.1.c)) einen auf Wiederholungsgefahr gestützten Haftbefehl (Az.: 3 Gs 1786/18) gegen den Angeklagten K.. Der Angeklagte wurde am selben Tag in Haft genommen und verbüßte Untersuchungshaft bis zum 01.11.2018. Mit Beschluss vom 01.11.2018 (Az.: 1 Ws 263/18) setzte das Oberlandesgericht Braunschweig den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug.

Die Angeklagten waren nicht die einzigen Marktteilnehmer, welche im Tatzeitraum Hanftee veräußerten. Tee aus Nutzhanf konnte auch in Drogerien, Teeläden und Apotheken sowie im Internet erworben werden. Dieser Tee hatte aber einen deutlich geringeren THC-Gehalt als der von den Angeklagten vertriebene Tee. Unter anderem waren im Tatzeitraum in Braunschweig folgende vergleichbare Hanftees unproblematisch erhältlich:

Name

Vertreiber

Bezugsquelle

THC-Gehalt

Bio Hanftee

Hanfwelt

Internet

< 0,1%

Bio Hanfblüten-Tee „Felina“

Die Hanflinge

Internet

0,03% 

Bio Hanfblüten-Tee „Finola“

Die Hanflinge

Internet

0,07% 

Hanfblätter – Cannabis folium

Salus 

Apotheken

0,02% 

Naturbelassener Bio-Kräutertee Hanfblüten

Stick & Lembke

Lebensmitteleinzelhandel und Drogerien

0,05% 

Gegen die Vertreiber dieses Hanftees wurden durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig keine Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Neben den beiden Ladengeschäften betreiben die Angeklagten auch einen Online-Shop und bemühen sich um die Etablierung von weiteren Filialen oder Franchiseunternehmen in anderen Städten.

2. Vorsatz

a) Die oben festgestellten Wirkstoffmengen ihrer Tees waren den Angeklagten so nicht bekannt und sie hielten sie auch nicht für möglich. Vielmehr gingen sie subjektiv davon aus, dass der THC-Wirkstoffgehalt bei den von Ihnen veräußerten Hanfblütentees im Durchschnitt bei lediglich 0,1% lag.

Ausgehend hiervon, hatten die Angeklagten Vorsatz (nur) hinsichtlich folgender Werte:

Tat 1

Ware

Menge (Gläser)

Menge (Gramm)

THC-Gehalt (%)

THC-Gehalt (Gramm)

Großstadtdschungel 2 g / Glas

19    

38    

0,10% 

0,038 

Großstadtdschungel 5 g / Glas

3       

15    

0,10% 

0,015 

Katerfrühstück 2 g /Glas

52    

104     

0,10% 

0,104 

Katerfrühstück 5 g /Glas

26    

130     

0,10% 

0,13   

Netflix & Chill 2 g / Glas

55    

110     

0,10% 

0,11   

Netflix & Chill 5 g / Glas

26    

130     

0,10% 

0,13   

Obstsalat 2 g / Glas

89    

178     

0,10% 

0,178 

Obstsalat 5 g / Glas

32    

160     

0,10% 

0,16   

Omas Liebling 2 g /Glas

63    

126     

0,10% 

0,126 

Omas Liebling 5 g /Glas

33    

165     

0,10% 

0,165 

Picknick im Park 2 g / Glas

74    

148     

0,10% 

0,148 

Picknick im Park 5 g / Glas

30    

150     

0,10% 

0,15   

Waldspaziergang 2 g /Glas

50    

100     

0,10% 

0,1     

Waldspaziergang 5 g /Glas

27    

135     

0,10% 

0,135 

Unverkaufte Restmenge

5140,7

0,10% 

5,1407

Summen:

579     

6829,7

0,015 

6,8297

Vom Vorsatzes Angeklagten K. war damit nur ein Handeltreiben mit Cannabis mit einer THC-Gesamtkonzentration von 6,8297 g umfasst.

Tat 2

Ware

Menge (Gläser)

Menge (Gramm)

THC-Gehalt (%)

THC-Gehalt (Gramm)

Dampfbad 2 g / Glas

50    

100     

0,10% 

0,1     

Dampfbad 5 g / Glas

18    

90    

0,10% 

0,09   

Großstadtdschungel 2 g / Glas

74    

148     

0,10% 

0,148 

Großstadtdschungel 5 g / Glas

24    

120     

0,10% 

0,12   

Katerfrühstück 2 g /Glas

121     

242     

0,10% 

0,242 

Katerfrühstück 5 g /Glas

37    

185     

0,10% 

0,185 

Netflix & Chill 2 g / Glas

19    

38    

0,10% 

0,038 

Netflix & Chill 5 g / Glas

19    

38    

0,10% 

0,038 

Obstsalat 2 g / Glas

189     

378     

0,10% 

0,378 

Obstsalat 5 g / Glas

74    

370     

0,10% 

0,37   

Omas Liebling 2 g /Glas

95    

190     

0,10% 

0,19   

Omas Liebling 5 g /Glas

31    

155     

0,10% 

0,155 

Picknick im Park 2 g / Glas

81    

162     

0,10% 

0,162 

Picknick im Park 5 g / Glas

56    

280     

0,10% 

0,28   

Waldspaziergang 2 g /Glas

104     

208     

0,10% 

0,208 

Waldspaziergang 5 g /Glas

42    

210     

0,10% 

0,21   

Unverkaufte Restmenge

618,14

0,10% 

0,61814

Summen:

1034   

3532,14

0,017 

3,53214

Vom Vorsatz der Angeklagten war damit nur ein Handeltreiben mit Cannabis mit einer THC-Gesamtkonzentration von 3,53214 g umfasst.

b) Die Angeklagten wussten, dass sie die erforderliche Erlaubnis zum Umgang mit Cannabis nicht hatten, waren jedoch der Auffassung, eine solche nicht zu benötigen.

Die Angeklagten hielten ihr Vorgehen für erlaubt, weil sie der Auffassung waren, dass der von ihnen vertriebene Hanfblüten-Tee verkehrsfähig sei. Dies schlossen sie aus einer fehlerhaften Auslegung der Ausnahmevorschrift unter Buchstabe b) zum verbotenen Stoff „Cannabis“ in der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG.

Diesen Irrtum hätten die Angeklagten bei sorgfältiger Recherche der für sie geltenden Rechtsvorschriften vermeiden können.

3. Rauschwirkungen

Bei dem von den Angeklagten vertriebenen Hanfblüten-Tee kann ein Missbrauch zu Rauschzwecken nicht ausgeschlossen werden.

a) Eine Rauschwirkung ist bei bestimmungsgemäßem Gebrauch des Tees als Aufgussgetränk nicht zu erzielen. Die Angeklagten, bzw. deren Mitarbeiter, haben den Kunden den Konsum der Hanfblüten in Form von aufgegossenem Tee ausdrücklich empfohlen.

Jedoch kann eine Rauschwirkung auftreten, wenn der Hanfblüten-Tee dazu benutzt wird, cannabishaltige Backwaren herzustellen. So ist ein Brownie, welcher 15 g des Hanfblüten-Tees der Angeklagten enthält, geeignet, nach dem Verzehr einen Cannabisrausch hervorzubringen.

Ob auch bei Konsum des Hanfblüten-Tees durch Rauchen in einem Joint eine Rauschwirkung eintreten kann, ist Gegenstand von wissenschaftlicher Diskussion und Forschung. Auch nach sachverständiger Beratung kann die Kammer eine solche Möglichkeit zum Hervorrufen eines Rausches nicht positiv feststellen, aber auch nicht ausschließen.

b) Die genauen Wechselwirkungen von CBD und THC im menschlichen Körper sind derzeit noch nicht hinreichend erforscht.

Es gibt auch keine gesicherten Erkenntnisse zu möglichen Langzeitfolgen von unkontrollierten CBD-Konsum.

Es lassen sich nach dem bisherigen Stand der Wissenschaft allerdings einige grobe Anhaltspunkte festhalten. Diese Anhaltspunkte sind:

1. CBD wirkt auch als Antagonist zu THC.

2. CBD entfaltet eine eigene Rauschwirkung unabhängig vom THC, auch wenn diese bei weitem nicht so stark ist.

3. CBD ist grundsätzlich geeignet, die Wirkung von THC zu reduzieren. Es gibt jedoch keinen festen Quotienten und kein gesichertes Verhältnis, in welchem das CBD das THC reduziert oder gar neutralisiert.

Dass eine bestimmte Menge CBD generell geeignet ist, die Wirkung von THC gänzlich aufzuheben, kann nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft nicht angenommen werden. Vielmehr sprechen die bisherigen Erkenntnisse dafür, dass eine solche gänzliche Aufhebung nicht möglich ist.

4. Kombiniert man eine geringe Menge CBD mit einer größeren Menge THC, so führt dies dazu, dass die Rauschwirkung des THC durch das CBD erhöht wird.

III. Beweiswürdigung

Dem Urteil liegt keine Verständigung zugrunde.

1. Einlassungen

Im Termin zur Hauptverhandlung vom 10.10.2019 haben sich beide Angeklagte zu ihren persönlichen Verhältnissen eingelassen. Die Feststellungen zur Person basieren auf den Auszügen aus dem Bundeszentralregister und den Einlassungen der Angeklagten, an deren Richtigkeit die Kammer keinen Zweifel hat.

Beide Angeklagte haben sich auch zur Sache eingelassen.

a) Angeklagter K.

Der Angeklagte K. hat sich auf verschiedene Weise zu den Tatvorwürfen eingelassen.

aa) Der Angeklagte K. hat sich bereits im Ermittlungsverfahren zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert. Nach Aussage des Hauptermittlungsführers KHK H. habe er im Rahmen der ersten Durchsuchung am 03.07.2018 eingeräumt, die aufgefundenen Hanfblüten zu verkaufen. Er habe aber mitgeteilt, dass dieser Verkauf nach seiner Auffassung legal sei.

Diese Auffassung wiederholte der Angeklagte K. auch im Rahmen der Gefährderansprache im August 2018, nachdem er vom Zeugen KHK H. mit den Analyseergebnissen des Landeskriminalamtes hinsichtlich des zuvor beschlagnahmten Hanfblüten-Tees und der Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft Braunschweig konfrontiert wurde.

bb) Im Hauptverhandlungstermin vom 17.10.2019 ließ der Angeklagte K. eine schriftliche Verteidigererklärung verlesen, deren Inhalt er sich ausdrücklich zu eigen machte.

Darin führte er aus, dass er nach der ersten Durchsuchung in der „Hanfbar“ seinen Verteidiger Rechtsanwalt F. aufgesucht und konsultiert habe. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass lediglich drei obergerichtliche Entscheidungen, nämlich des Bayerischen Obersten Landesgerichts, des OLG Zweibrücken und das OLG Hamm zu der entsprechenden Problematik ergangen seien. In zwei der drei Fälle habe die Vorinstanz die Angeklagten freigesprochen, die Obergerichte hätten diese Freisprüche jedoch wegen unzureichender Feststellungen aufgehoben. Wie die Ausgangsgerichte nach Zurückverweisung der Sache entschieden hätten, habe nicht in Erfahrung gebracht werden können. In den drei Fällen hätten die dortigen Angeklagten jedoch stets einen sogenannten „Headshop“ betrieben und die Obergerichte hätten betont, dass sie sich damit im Dunstkreis des Betäubungsmittelhandels bewegen würden. Mit einem „Headshop“ habe er jedoch nichts zu tun. Rechtsanwalt F. habe ihm mitgeteilt, dass man bei lediglich drei obergerichtlichen Entscheidungen in den letzten 20 Jahren nicht von einer gefestigten Rechtsprechung ausgehen könne.

Rechtsanwalt F. habe ihm auch mitgeteilt, dass die infrage kommende Ausnahmeregelung sprachlich ungenau sei und dass eine solche Ungenauigkeit nicht zulasten des Bürgers gehen könne. Dem Gesetzgeber sei auch bewusst gewesen, dass Nutzhanf als Naturprodukt Schwankungen unterläge.

Er selbst habe am Markt beobachtet, dass seit vielen Jahren zahlreiche Anbieter vergleichbare Produkte veräußern, ohne hierfür der Strafverfolgung ausgesetzt zu sein. Daraus habe er den Schluss gezogen, dass sein Vorgehen nicht strafrechtlich relevant sein könne. Diese Auffassung sei auch nicht durch die erste polizeiliche Durchsuchung geändert worden, da andere Verkaufsstellen wie Drogerieketten oder Teegeschäfte weiterhin Tee aus Nutzhanf anbieten konnten. Einige Marken seien sogar durch das Patent- und Markenamt geschützt worden. Rechtsanwalt F. habe ihm ferner mitgeteilt, dass es das Prinzip der Einheitlichkeit der Rechtsordnung gebe und dass ein Verhalten nicht einerseits legal und andererseits illegal sein könne.

Selbst der Zeuge KHK H. habe damals keine genaue Kenntnis der Rechtslage gehabt und sich diese erst noch verschaffen müssen. An ihn als Normalbürger könnten keine strengeren Anforderungen als an einen erfahrenen Kriminalbeamten gestellt werden.

Den Verkauf von Hanfblüten habe er nur eingestellt, weil dies nach Ansicht des Oberlandesgerichts Braunschweig die einzige Möglichkeit gewesen sei, seine Freiheit wiederzuerlangen.

Von dem in der Durchsuchung vom 19.9.2018 sichergestellten Cannabis waren 500 g für den Weiterverkauf an andere Gewerbetreibende bestimmt. Von der in der Durchsuchung vom 03.07.2018 Menge Cannabis war ein Kilo für den Weiterverkauf an andere Gewerbetreibende bestimmt und von dem am 14.07.2018 sichergestellten Cannabis seien wiederum 480 g zum Weiterverkauf an Gewerbetreibende bestimmt.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig nehme ihre eigene Definition der Strafbarkeit des vertreiben von Cannabispflanzenteilen an Endverbraucher offenkundig nicht ernst. Denn in einem Interview mit der Braunschweiger Zeitung habe Staatsanwalt Wolters noch die Illegalität des Vertriebs derartiger Pflanzenteile bekräftigt. Dies gelte auch für Geschäfte in bester Geschäftslage. Jedoch sei die Staatsanwaltschaft dort gegen den Verkauf von Nutzhanftee nicht eingeschritten.

Dies bestärkte ihn in seiner Ansicht, dass aus nicht nachvollziehbaren Gründen lediglich gegen ihn die Strafverfolgung betrieben werde und dieses Verfahren zu einem Freispruch führen müsse.

Sein Lieferant aus Luxemburg beziehe ausschließlich Nutzhanf aus EU-zertifizierten Sorten. Eine Wirkstoffanalyse sei den Lieferungen beigefügt gewesen.

Zu seinen Kunden im Ladengeschäft gehörten keine Junkies, sondern überwiegend Menschen, die die gesunde und schmerzlindernde Wirkung von Hanfprodukten zu schätzen wüssten, wie etwa Sportler und ältere Menschen.

Nach seinem Kenntnisstand sei aufgrund des hohen CBD-Gehaltes in den von ihm vertriebenen Produkten die Erzielung eines Rauschzustandes ausgeschlossen. Aus diesem Grunde hätten ihn auch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. überrascht.

Die in seinem Lager befindlichen Cannabispflanzen seien nicht vor Austrocknung und Gewichtsverlust geschützt. Er könne aber sagen, dass bei jeder Lieferung die Blüten frisch und feucht gewesen seien.

cc) Im ersten Teil seines letzten Wortes am 06.01.2020 machte der Angeklagte K. grundsätzliche Aussagen zum Nutzhanf.

So begann er mit Ausführungen zu den Samen der Hanfpflanze, welche seiner Ansicht nach dazu führen würden, dass Bauern in einer bestimmten Region in China über 100 Jahre alt würden. Dies läge an den besonderen Vitalstoffen des Hanfsamens, wozu er auch einen - nicht verfahrensrelevanten - Text verlass. Hanfsamen seien ein sog. Super-Food und würden Krankheiten vorbeugen, da sie Freie Radikale im Körper bekämpfen und die Zellen schützen würden.

Sodann schilderte der Angeklagte K. die Gründung der „Hanfbar“, so wie sie letztlich den Feststellungen zugrunde gelegt wurde.

Der Beschreibung der Entwicklungsgeschichte der „Hanfbar“ folgten dann allgemeine Ausführungen zur Nutzung der Hanfpflanze als Baumaterial. So würden Baustoffe aus Nutzhanf wärmedämmend, lärmschützend und feuerfest sein sowie Hausschwamm, Käfer und andere Schädlinge verhindern. Bedauerlicherweise habe sich die Hanfpflanze als Baustoff noch nicht durchgesetzt, obwohl es mittlerweile Hanf-Beton gebe und ökologisch denkende Hausbauer Bauen und Wohnen mit Hanf zur Maxime erheben sollten.

Ziel der Angeklagten sei die Aufklärung, da sich der Hanf aufgrund von Unwissenheit noch nicht durchgesetzt habe.

Sodann folgten Ausführungen zu Cannabis als Medizin. Der Angeklagte K. führte aus, dass es 121 verschiedene Cannabinoide gebe, THC und CBD seien nur einige davon. Gerade von dem Cannabinoid CBD gingen keinerlei Gefahren aus und es bestünde auch keine Suchtgefahr.

Der Angeklagte K. machte dann Ausführungen zur Drogenpolitik im Allgemeinen. So hätten 26,3% der Europäer Erfahrung mit Cannabis. Es sei die am häufigste konsumierte illegale Droge. Cannabis sei weit weniger gefährlich als gedacht. Das Bundesverfassungsgericht sei bei seiner letzten Entscheidung vom Forschungsstand von 1994 ausgegangen. Dieser Forschungsstand sei überholt. Das Bundesverfassungsgericht habe lediglich Angst gehabt, dass bei Freigabe von Cannabis durch entsprechende Werbemaßnahmen besonders gefährdete Menschen abhängig würden. Derartige Befürchtungen seien unbegründet. Man könne auf dem Marihuanamarkt wie beim Alkohol Regulierungen treffen. In vielen Bundesstaaten der USA sei Cannabis legalisiert worden. Und zwar nicht nur als Medizin, sondern auch zum rekreativen Gebrauch.

Der Angeklagte K. schilderte die Regulierung des Cannabismarktes in den USA. Dort habe man den Cannabismarkt auf die drei Ebenen 1. Anbau und Produktion, 2. Aufbereitung und Vertrieb sowie 3. Verkauf aufgeteilt. Für jede der Stufen benötige man eine Lizenz, niemand würde aber mehr als zwei Lizenzen erhalten, um eine zu starke Marktmacht zu verhindern. Ferner müssten alle Cannabisprodukte rückverfolgbar sein. Durch hohe Steuern ließe sich die Konsummenge der Verbraucher steuern. Der Punkt der Steuereinnahmen wurde dann ausführlicher dargelegt. Durch die Legalisierung von Marihuana seien in den USA zehntausende neue Arbeitsplätze geschaffen wurden.

- Es folgten dann umfangreiche weitere Ausführungen zur Rechtslage in Colorado, Alaska und Oregon, sowie zur politischen Situation in Washington D.C. und zur Auffassung der Tageszeitung New York Times zur Cannabislegalisierung. -

Sodann stellte der Angeklagte K. einen Vergleich zwischen Alkohol und THC an und machte hierzu umfassende Ausführungen. So führte er an, dass der von ihnen vertriebenen Nutzhanf nur ein Fünfzigstel des THC-Gehaltes von Schwarzmarkt Cannabis habe. Bei Bier sei es so, dass normales Bier 5% Alkohol enthalte, ab 0,5% (ein Zehntel) aber bereits als alkoholfrei verkauft werden könne.

Der Angeklagte K. führte dann aus, warum er die Aufnahme von Cannabis in die Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG im Allgemeinen und dieses Strafverfahren im Besonderen als Verstoß gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG ansieht. (In der Sache handelte es sich um eine Wiedergabe der wesentlichen Argumente aus dem Muster-Normenkontrollantrag des Deutschen Hanfverbandes.)

So stünden Alkohol und Nikotin nicht in der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG, obwohl beide Stoffe gefährlich seien. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus 1994, in welcher das Verbot von Cannabis als nicht verfassungswidrig erachtet wurde, basiere auf Unkenntnis. Denn Alkohol sei deutlich gesundheitsschädlicher als Cannabis. Alkohol sei ein Zellgift, welches unter anderem zu Krebs, Demenz und Leberzirrhose führe. 13,1% der Frauen und 18% der Männer konsumierten in schädlichem Umfang Alkohol. Insbesondere Frauen mit einem hohen soziokulturellen Status würden deutlich mehr Alkohol als Frauen aus der Mittel- und Unterschicht konsumieren. Der Alkohol sei für 60.000 Tote im Jahr verantwortlich, dennoch gebe es zu wenig Daten dazu, weil die Gefahren des Alkoholkonsums allgemein unterschätzt würden. Im Jahr 2016 sei die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die wegen Alkoholkonsums ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten um 1,8% gestiegen.

- Es folgten dann weitere Ausführungen zu den negativen sozioökonomischen und gesamtgesellschaftlichen Folgen des Alkoholkonsums, welche das Gesundheitswesen mit bis zu 40 Milliarden Euro im Jahr belasten würden. -

Ferner sei die hohe Zahl der auf Alkoholkonsums durchzuführenden Verkehrsunfälle zu berücksichtigen.

- Es folgten weitschweifige Ausführungen zu den negativen gesundheitlichen Folgen des Alkoholmissbrauchs. -

Auf einer Schädlichkeitsgala würde Alkohol einen Wert von 72 erreichen, Heroin von 55, Kokain von 27, Tabak von 26 und Cannabis von lediglich 20 Punkten. Im Gegensatz zum Alkohol gebe es auch keine durch THC hervorgerufenen Gewaltdelikte. Im Ergebnis könne man festhalten, dass Cannabis und Alkohol nicht gleich gesundheitsschädlich seien. Es gebe auch keine sonstigen nachvollziehbaren Gründe für die Ungleichbehandlung. So würde Cannabis auch zu religiösen Zwecken eingesetzt und würde die Produktivität in der Kunst steigern. Da es in Deutschland 4 Millionen Gelegenheitskonsumenten in gebe, könne man nicht davon ausgehen, dass Cannabis eine kulturfremde Droge sei. Die Ungleichbehandlung von Alkohol und Cannabis sei grob willkürlich. Darüber hinaus komme der Gesetzgeber seinem Schutzauftrag dahingehend nicht nach, die Minderheit der Cannabiskonsumenten vor Diskriminierung und Kriminalisierung zu schützen.

Es folgten dann Ausführungen dazu, dass die §§ 29 ff. BtMG in der Rechtswirklichkeit willkürlich angewendet würden. Es gebe keine bundeseinheitlichen Richtlinien zur Einstellung der Verfahren nach § 153 StPO, weshalb in Baden-Württemberg anders verfahren würde als in Berlin. Besonders unhaltbar sei neben der Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften auch der Umgang mit Wiederholungstätern, die Anhörung der Beschuldigten vor einer Einstellung des Verfahrens (weil die Konsumenten von den Strafverfolgungsbehörden auch nach ihren Verkäufern befragt würden), die Vorlagepraxis der Oberlandesgerichte an den Bundesgerichtshof und die Tatsache, dass Betäubungsmittel-Konsumenten bei den Strafverfolgungsbehörden in besonderen Karteien erfasst seien. Es sei für den Konsumenten beim Besitz kleiner Mengen von Cannabis nicht vorhersehbar, wie die Strafverfolgungsbehörden mit ihm verfahren würden. Seit 125 Jahren sei die Rechtslage hier unklar.

Im hier vorliegenden Fall bestünde ein weiterer Verstoß gegen das Willkürverbot darin, dass die großen Drogerien Produkte aus Cannabispflanzenteilen unbehelligt verkaufen könnten, während er und der Mitangeklagte H. kriminalisiert und unschuldig verfolgt würden.

dd) In seinem letzten Wort am 28.01.2020 teilte der Angeklagte K. mit, dass er seinen Ausführungen vom 06.01.2020 nichts mehr hinzuzufügen habe.

b) Angeklagter H.

aa) Auch der Angeklagte H. äußerte sich bereits im Ermittlungsverfahren zu den Vorwürfen. So teilte er dem Zeugen KHK H. bereits im August 2018 mit, dass er den Angeklagten K. unterstütze und beabsichtige, demnächst als Geschäftspartner in der „Hanfbar“ einzusteigen.

bb) Der Angeklagte H. teilte im Termin zur Hauptverhandlung vom 17.10.2019 mit, dass der Angeklagte K. ihn damals so informiert habe, wie er es über seine Verteidigererklärung mitgeteilt habe und er die Informationen und Wertungen dann so für sich übernommen habe.

cc) Zu Beginn des ersten Teiles seines letzten Wortes am 06.01.2020 teilte der Angeklagte H. mit, dass er grundsätzlich das Gericht und die Staatsanwaltschaft respektiere, im hier vorliegenden Fall aber der festen Überzeugung sei, im Recht zu sein. Es gehe ihm hier ausschließlich um die Sache. Für vorheriges Verhalten seinerseits, welches möglicherweise als respektlos aufgefasst werden könnte, entschuldigte er sich.

Nach kurzer inhaltlicher Kritik am Verhalten der Staatsanwaltschaft teilte der Angeklagte H. mit, dass ihm das Strafmaß im Falle einer Verurteilung egal sei. Nicht egal sei ihm hingegen die Frage, ob er überhaupt verurteilt werde.

Der Angeklagte H. machte dann noch einige ergänzende Ausführungen zur Gründung der „Hanfbar“.

Nachdem der Angeklagte H. wiederholt beteuerte, dass ihr Geschäftsmodell legal sei, begann er damit, E-Mails von zufriedenen Kunden zu verlesen. Auffällig war hier der überdurchschnittlich hohe Anteil von Kunden, die vorgaben, ihr Arzt oder Apotheker (der wiederholt zugleich der Vater des Konsumenten war) habe ihnen den Konsum von Hanfblüten-Tee empfohlen. Die Kunden teilten unter anderem mit, dass sie wegen des Hanfblüten-Tees nunmehr besser schlafen könnten, dass dieser gegen Nierensteine, gegen Kopfschmerzen, gegen Nervosität, gegen Depressionen, gegen Arthrose, gegen ADHS, gegen die Nebenwirkungen der Chemotherapie in der Krebsbehandlung und zur „Selbstmedikation“ helfe. Auch führe der Hanfblüten-Tee zu positivem Denken. Darüber hinaus lobten einige Kunden die positiven Wirkungen des (nicht verfahrensgegenständlichen) CBD-Öls der Angeklagten.

Diese positiven gesundheitlichen Entwicklungen bei seinen Kunden seien der Grund dafür, dass er keinerlei Reue für seine Taten empfinde. Es sei vielmehr so, dass sie mit ihrer „Hanfbar“ durch Verkauf eines jahrtausendealten Hausmittels die Volksgesundheit fördern würden. Auch die Verfahrensbeteiligten mögen gerne CBD probieren.

Für das Verfahren überdurchschnittlich relevant war die E-Mail einer gewissen „N.N.“. Diese teilte mit, dass sie schon als Teenager und Kind von „kiffenden Hippie-Eltern“ Kontakt zu Cannabis gehabt habe. Generell empfinde sie den Marihuana-Rausch als positiv, hierbei habe sie sich stets unter Kontrolle gehabt. Er helfe auch gegen den Kater nach übermäßigem Alkoholkonsum. Nachdem sie sich ein Gelenk ausgelenkt habe, habe sie sechs Tabletten am Tag nehmen müssen. Diese Tabletten hätten zu Müdigkeit und andere Nebenwirkungen geführt. Hiergegen habe das Kiffen geholfen. Zugang zu medizinischem THC habe sie nicht gefunden. Als sie dann einmal wieder in Amsterdam gewesen sei, habe sie das CBD entdeckt. Das Gras auf dem Schwarzmarkt habe nur wenig CBD enthalten. Dann sei sie im Internet auf den Onlineshop der Angeklagten gestoßen. Sie habe den Tee dort bestellt und getrunken. Hierbei habe sie keinen Rausch erlebt. Es habe ihr kein Medikament so gut geholfen. Dann führte sie aus: „Es ist ein ganz neues Leben für mich, seit ich meine Mischung selbst zusammenstellen kann.“ Die Angeklagten würden „das“ gesellschaftsfähig machen. Das System sei am Kippen. Marihuana beim Dealer sei nur sehr teuer. Cannabis sei ein Geschenk der Natur, vom Menschen verboten.

Der Angeklagte H. führte aus, dass aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung der Stress allgemein steige und ihr Hanfblüten-Tee hiergegen helfe.

dd) In der Fortsetzung seines letzten Wortes am 28.01.2020 setzte der Angeklagte H. die Verlesung von Kundenreaktionen fort. In ihren Nachrichten an die Angeklagten teilten die Kunden wiederum mit, dass Ihnen der der Hanfblüten-Tee bei Panikattacken, beim Einschlafen, bei Gelenkschmerzen, Krämpfen, Depressionen, ADHS, bei der Bekämpfung ihrer THC-Abhängigkeit, gegen den Morbus Crohn, zur Beruhigung des Hundes an Silvester und gegen Tremor geholfen habe. Ferner lobten die Kunden teilweise die aus ihrer Sicht bestehenden gesundheitsfördernden Wirkungen von CBD-Öl und machten allgemein gesellschaftspolitische Ausführungen über die vorgeblichen Vorzüge der Cannabispflanze. Der Angeklagte H. führte aus, dass er alle diesen Menschen eine Stimme geben wolle. Würden sie verurteilt werden, so träfe die Strafe insbesondere diejenigen Menschen, die die Produkte der Hanfbar für ein gesundes Leben benötigten.

Ferner äußerte der Angeklagte H. umfassend seinen Unmut über das Vorgehen von Polizei und Justizbehörden. In diesem Verfahren würde das Recht durch Polizei und Staatsanwaltschaft pervertiert, da sie Mehrarbeit dadurch fürchteten, THC-reiches Cannabis von CBD-reichem Nutzhanf künftig unterscheiden zu müssen. Aus diesem Grund würden Ressourcen verschwendet und der Mittelstand unterdrückt. Dies Verfahren werde in die Geschichte eingehen, alle Augen seien auf Braunschweig gerichtet. Die Legalisierung von Cannabis sei nicht mehr aufzuhalten, sie seien die Vorreiter hierzu. Das Gericht möge überlegen, ob es als die „ewig gestrigen“ in die Geschichte eingehen wolle. Er werde wenigstens später seinen Kindern berichten können, dass ihr Papa an etwas Großem beteiligt gewesen sei. Denn er erkläre aus bestem Wissen und Gewissen, dass sich beide Angeklagte stets im Rahmen der geltenden Gesetze bewegt haben. Die Ausnahmevorschrift in Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG sei so schwammig formuliert, dass das Gericht sie auch so auslegen könne, dass ihr Verhalten legal sei.

Der Angeklagte H. führte aus, dass den beiden Sachverständigen Dr. M. und Prof. Dr. S. nicht zu folgen sei. Denn einer der Sachverständigen arbeite für die Polizei und der andere sei von der Pharmaindustrie. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M., dass man sieben Joints benötige um einen Rausch durch Rauch zu erzeugen, zeige wie lebensfremd die Anklage sei. Denn es sei allgemein bekannt, dass man nur das Gerichtsgebäude verlassen und dann innerhalb einer Stunde im Bereich der Friedrich-Wilhelm-Straße in Braunschweig klassisches THC-reiches Cannabis bei „denen die eben so aussehen wie sie aussehen“ erwerben könne. Die hierzu spontan vom Angeklagten H. durchgeführte Abfrage der Zuschauer („Hebt jetzt mal die Hand, wenn ihr wisst, wie ihr hier an Gras kommt“) erbrachte große Zustimmung im Zuschauerraum. Angesichts dieser Situation sei es für die Kunden der Hanfbar völlig weltfremd zu versuchen, sich durch den dort vertriebenen Hanfblüten-Tee zu berauschen. Niemand würde sieben Flaschen Wodka trinken, wenn ein Kümmerling denselben Effekt hätte. Dies sei auch hinsichtlich der Kosten weltfremd, da man für das Rauscherlebnis mit dem von ihnen vertriebenen Hanfblüten-Tee 70,- € aufwenden müsste.

Der Angeklagte H. wies darauf hin, dass die Hanfbar ein Gesundheitsladen sei und einen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen wolle. Es sei darauf hinzuweisen, dass es 15 Millionen chronisch herzkranke Patienten in Deutschland gebe denen die Produkte der Hanfbar helfen könnten. 80% der Arbeitnehmer in Deutschland litten unter Schlafstörungen. Der von ihnen vertriebene Hanfblüten-Tee könne hier Abhilfe schaffen, sodass sie letztlich die Volksgesundheit im Rahmen des geltenden Rechtes schützen würden. Die Mitglieder der Kammer mögen erwägen, wie es denn sei, wenn ihr Kind an schweren Schmerzen leiden und die Ärzte es aufgegeben hätten. Hierzu schilderte er ausführlich das Schicksal der ehemaligen Praktikantin Anni, welche unter drei Arten von Asthma gelitten und trotz 15 verschiedener Medikamente, die sie täglich habe einnehmen müssen nicht in der Lage war, Treppen zu steigen. Sie habe auch im Sitzen schlafen müssen und die Ärzte hätten ihr einen baldigen Tod prophezeit. Nach Umstellung ihrer Ernährung, Absetzen der Hälfte der Medikamente und einer CBD-Therapie sei die hochintelligente junge Frau nun in der Lage im Liegen zu schlafen und sogar zu tanzen.

Die Produkte der Hanfbar seien gesund und cool; das Angebot dort würde Jung und Alt zusammenbringen. Ferner stünde man auch für Umweltschutz.

Der Angeklagte H. äußerte auch erhebliche Zweifel dahingehend, dass die Zeugin Dr. K. als Mitarbeiterin der Bundesopiumstelle qualifiziert sei, sich über betäubungsmittelrechtlichen Fragestellungen zu äußern, da sie Chemikerin sei.

Sie würden durch alle Instanzen gehen, bis sie Recht bekommen würden. Das sei aber im Ergebnis auch gleichgültig, weil am Ende Cannabis ohnehin legalisiert werde.

c) Social Media

Die Angeklagten haben sich zudem vorprozessual und prozessbegleitend im Internet gegenüber der Allgemeinheit auf ihrer Homepage und auch auf den Plattformen Facebook und YouTube zum laufenden Verfahren geäußert.

Diese Stellungnahmen und Videos haben im Wesentlichen zum Inhalt, dass die von Ihnen vertriebenen Produkte legal und gesundheitsfördernd seien. Sie würden von der Braunschweiger Justiz ohne sachlichen Grund kriminalisiert und verfolgt, sich diesem Druck aber nicht beugen und auch weiterhin ihre Produkte der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.

2. Tathandlung

Die Feststellungen zu den Tathandlungen folgen aus der nach Maßgabe des Protokolls der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme und den Einlassungen der Angeklagten, soweit die Kammer diesen folgt.

a) Soweit der Angeklagte K. in seiner in Form der Verteidigererklärung abgegebenen Einlassung vorgebracht hat, von dem sichergestellten Cannabispflanzenteilen seien insgesamt 1.980 g zum Weiterverkauf an andere Gewerbetreibende bestimmt gewesen, folgt die Kammer dem nicht. Nach einer Würdigung des Gesamtergebnisses der Beweisaufnahme ist hier von einer Schutzbehauptung auszugehen. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ gebietet nicht, zugunsten des Angeklagten seine Angaben als unwiderlegt hinzunehmen, wenn es für ihr Vorliegen keine tatsächlichen Anhaltspunkte gibt, nur, weil sich das Gegenteil nicht beweisen lässt (st.Rspr., zuletzt BGH, NStZ-RR 2015, 288; BGH, NStZ 2017, 351 [BGH 10.08.2016 - 2 StR 579/15] und BGH, NStZ-RR 2018, 20; BGH, Urteil vom 19.12.2018, Az.: 2 StR 247/18).

Nach den Bekundungen der Zeugen KHK H., V., KOK‘in F., PHK B., KOK’in R., KOK D. und letztlich auch nach dem von den Angeklagten selbst beschriebenen Geschäftsmodell war die Gesamtkonzeption der „Hanfbar“ auf Endverbraucher als Kunden ausgerichtet.

Vorkehrungen für die Abgabe größerer Mengen Cannabis eine andere Gewerbetreibende (große Lieferboxen, Führen von gesonderten Debitorenkonten, Preislisten mit abweichenden Preisen zu den im Ladenverkauf geforderten Preisen, umfangreiche Geschäftskorrespondenz, Allgemeine Geschäftsbedingungen für den geschäftlichen Verkehr, usw.) konnten nicht festgestellt werden.

In seiner Einlassung führte der Angeklagte K. auch aus, dass zu seinen Kunden überwiegend Menschen gehörten, die die gesunde und schmerzlindernde Wirkung von Hanfprodukten zu schätzen wüssten, wie etwa Sportler und ältere Menschen.

Abgerundet wird dies dadurch, dass sich aus den Kontoverdichtungen und sichergestellten Geschäftsunterlagen keine Hinweise auf nennenswerte Verkäufe von Cannabispflanzenteilen an andere Gewerbetreibende finden lassen. Die isolierte Rechnung für die Firma ASA V. genügt alleine nicht, gewerbliche Geschäftsbeziehungen in dem von den Angeklagten vorgebrachten Umfang annehmen zu können, wenngleich die Kammer nicht verkennt, dass hierbei (nicht von der Anklage umfasste) erhebliche Mengen (über 3000 g) Hanfblüten-Tee veräußert wurden. Bei einer Gesamtschau der oben dargelegten Indizien, von dem objektiv an Endverbraucher ausgerichteten Geschäftskonzept der Angeklagten und den sowohl von den Angeklagten als auch vom Zeugen KHK H. geschilderten Expansionsbemühungen nach Bremen, Köln und Berlin ist die Kammer davon überzeugt, diese eine Lieferung an einen Gewerbetreibenden in Wiesbaden nicht zu „gewerblichen Zwecken“ i.S.d. Ausnahmevorschrift zu gänzlich auf Cannabis“ der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG zählt. Dies gilt umso mehr, als auch der Verkauf an die Firma ASA V. aus Rechtsgründen nicht dazu führt, dass dieser Verkauf als gewerbliche Verwendung anzusehen ist (wird unter V.1.b)bb) näher ausgeführt).

b) Die Feststellungen zu den Bestellvorgängen des Nutzhanfes bei den Firmen AE Grünkraft und Placebo folgen aus den Rechnungen der Lieferanten und der Kontenverdichtung des Angeklagten K..

Die Kammer kann nicht davon ausgehen, dass bei der Durchsuchung am 03.07.2018 der gesamte zuvor bestellte (und noch vorhandene) Nutzhanf der Angeklagten beschlagnahmt wurde und die Angeklagten danach in einem zweiten Einkaufsvorgang erneut neuen Nutzhanf bezogen haben. Ein solcher, zweiter Bestellvorgang hinsichtlich des am 14.07.2018 beschlagnahmten Cannabis ergibt sich aus den sichergestellten Unterlagen und den angeforderten Kontoverdichtungen nicht. Dies gilt umso mehr, als der Zeuge KHK H. in der Hauptverhandlung bekundete, dass bei der ersten Durchsuchung nur einzelne Gläser mit Cannabispflanzenteilen beschlagnahmt wurden, während bei der zweiten Durchsuchung auch noch nicht für den Endverbraucher portioniertes Cannabis beschlagnahmt wurde.

Nach der Durchsuchung am 14.07.2018 verbreiteten die Angeklagten über das Internet, dass in ihren Ladengeschäften der Hanfblüten-Tee wieder verfügbar sei. Auch dies wertet die Kammer als Anzeichen dafür, dass erst nach der zweiten Durchsuchung eine erneute Bestellung und Lieferung von Cannabis Pflanzen an die Angeklagten erfolgt ist.

c) Die Feststellung, dass auch in nicht unerheblichem Maße der „Kifferszene“ fernstehende Personen den Hanfblüten-Tee der Angeklagten erworben haben, folgt aus dem letzten Wort beider Angeklagter sowie aus den vom Angeklagten H. am 06.01.2020 und 28.01.2020 verlesenen Rückmeldungen von Kunden.

d) Seinen Willen, gleichberechtigt mit dem Angeklagten K. die Taten durchzuführen, hat der Angeklagte H. in seiner Einlassung bestätigt. Aus diesem Grunde kommt es zum Nachweis der Mittäterschaft auch nicht mehr darauf an, dass von seinem Konto ab August 2018 unter anderem auch Mieten, Gehälter und Waren bezahlt wurden und dass die Zeuginnen J. und D. als Angestellte den Angeklagten H. ab August 2018 auch als ihren Ansprechpartner bezeichneten.

3. Wirkstoffmengen

a) Die Feststellungen zum THC-Wirkstoffgehalt des von den Angeklagten vertriebenen Hanfblüten-Tees folgen aus den Untersuchungsberichten des Kriminaltechnischen Institutes des Landeskriminalamtes Niedersachsen und den Ausführungen der Sachverständigen Dr. K..

aa) Bei den Hanfblüten-Tees, welche von den Angeklagten vertrieben wurden, hat die Kammer bei der Feststellung des THC-Wertes stets den Wert für jede Sorte aus dem Asservat zugrunde gelegt, der bei der Analyse den für die jeweilige Sorte niedrigste THC-Konzentration hatte. Dies waren überwiegend die sichergestellten noch nicht für den Einzelverkauf verpackten Gesamtbestände. Denn die THC-Werte der einzelnen von den Angeklagten hergestellten Teesorten schwanken innerhalb derselben Sorte.

Besonders deutlich wird das bei der Sorte „Omas Liebling“. Hier schwankt der THC-Gehalt zwischen 0,57% (Asservat 1.6.1) und 0,08% (Asservat 39).

Diese für die Angeklagten denkbar günstigste Beweiswürdigung hat die Kammer angestellt, sodass die vorgebrachten Bedenken (dazu s.u. unter III.3.a)cc)) gegen die Analyse durch das Landeskriminalamt sich auf die Feststellungen der Kammer nicht auswirken.

Im konkreten basieren die Feststellungen zum THC-Gehalt hinsichtlich der Teesorten auf der Analyse folgender sichergestellt Asservate:

Handelsname

THC-Wert

aus dem Asservat Nummer:

Dampfbad

0,12% 

5.5.3 

Großstadtdschungel

0,08% 

5.5.7 

Katerfrühstück

0,09% 

42    

Netflix & Chill

0,1%   

3.1.1 

Obstsalat

0,09% 

43    

Omas Liebling

0,08% 

39    

Picknick im Park

0,33% 

1.3.1 

Waldspaziergang

0,16% 

45    

bb) Nachdem die Zeugen KHK H., PHK B., KOK’in F. und die Sachverständige Dr. K. Sicherstellung, Transport und Analyse des Hanfblüten-Tees schilderten, hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass das vom Landeskriminalamt analysierte Pflanzenmaterial dasjenige ist, welches bei den Angeklagten beschlagnahmt wurde. Die Zeugen schilderten die Sicherstellung und den Umgang mit den Pflanzenteilen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich. Anhaltspunkte dafür, dass die Pflanzenteile falsch zugeordnet oder verunreinigt worden sein könnten, hat die Kammer nicht feststellen können. Dass die sichergestellten Cannabispflanzenteile gesondert verpackt, beschriftet und auch gesondert analysiert wurden wird neben den Zeugenaussagen auch durch die er Asservaten-Listen, bzw. Analyseberichte gestützt.

cc) Die oben dargestellten THC-Werte hat die Kammer ihrer Entscheidung zugrunde gelegt, da sie nach Vernehmung der Sachverständige Dr. K. keine Zweifel an der Richtigkeit der Analyseberichte des Landeskriminalamtes hat.

Die Sachverständige Dr. K. erläuterte das Vorgehen des Landeskriminalamtes bei der Inhaltsanalyse von Betäubungsmitteln. So beschrieb sie den Vorgang des Trocknens, Homogenisierens, Wiegens und letztlich der Analyse. Für diese Analyse wurden drei Verfahren angewendet, nämlich eine Dünnschichtchromatographie, eine Nahinfrarotspektroskopie und zuletzt eine Hochleistungsflüssigchromatographie. Bei den Analyseverfahren zur Bestimmung des Wirkstoffgehaltes von Betäubungsmitteln handelt es sich um allgemein anerkannte und weitgehend standardisierte Verfahren (BGH, NStZ-RR 2015, 14 (15); Münchener Kommentar-Wenske, StPO, § 267, Rn. 240; Körner/Patzak/Volkmer-Patzak, BtMG, Vorbemerkungen zu §§ 29 ff. BtMG, Rn. 300 f.; Rübsamen, NStZ 1991, 310), welche von ausgebildetem Personal durchgeführt worden.

Die Angeklagten haben zwar Einwendungen gegen die Richtigkeit der Messungen der Sachverständigen Dr. K. erhoben, jedoch richten sich diese nicht gegen die chemischen und physikalischen Messverfahren als solche, sondern vielmehr gegen die Vorbereitung dieser Messungen. Die Angeklagten haben über ihre Verteidiger bemängelt, dass der Flüssigkeits- und damit der Volumenverlust durch Lagerung und Transport (α)), dann die Trocknung der Cannabispflanzen vor der Homogenisierung (β)) nicht berücksichtigt wurden und dass vor der Homogenisierung die Stiele entfernt wurden (γ)). Diese Bedenken greifen aber nicht durch.

α) Soweit die Angeklagten vorgebracht haben, die Analysewerte würden dadurch verzerrt, dass die Cannabispflanzenteile zwischen dem Einkauf, der Beschlagnahme und der Analyse getrocknet seien und deshalb höhere Prozentwerte aufwiesen, folgt die Kammer dem nicht.

Zum einen berichtete der Zeuge KHK H., dass in diesem Fall - wie in allen Fällen, in denen Betäubungsmittel beschlagnahmt würden - die einzelnen Cannabispflanzenteile eingeschweißt und in solchen verschweißten Verpackungen an das Landeskriminalamt versendet wurden.

Zum anderen berichtete die Sachverständige Dr. K., dass bei dem beschlagnahmten Cannabis in einer Verpackungseinheit auch ein Boveda Humidipak (Asservat Nr. 2.1) aufgefunden wurde. Hierbei handelt es sich um Befeuchtungssysteme für Zigarren. Das Auffinden eines solchen Befeuchtungssystems bei dem als Tee zu vertreibenden Cannabis spricht dafür, dass die Angeklagten dem Feuchtigkeitsverlust aktiv entgegengewirkt haben.

Auch das vorgeblich offene Herumliegen der Cannabispflanzenteile konnte durch die Zeugen KHK H., KOK’in F., PHK B., KOK’in R. und KOK D. nicht bestätigt werden.

Die Kammer kann sich auch nicht dazu durchringen, Feuchtigkeitsverlust in großem Maße anzunehmen, da das Cannabis aus der Schweiz nach Braunschweig geliefert und von dort aus zu Analyse nach Hannover versendet wurde. Die klimatischen Unterschiede zwischen der Schweiz und Niedersachsen dürften nicht so groß sein, dass relevante Feuchtigkeitsschwankungen innerhalb der (zudem in Plastik verpackten) Cannabispflanzenteile zu erwarten sind. Darüber hinaus spricht gegen einen erheblichen Feuchtigkeitsverlust die Tatsache, dass zwischen Lieferung, Beschlagnahme und Analyse des jeweiligen Nutzhanfes stets nur wenige Wochen liegen.

β) Während die Frage des angeblichen Flüssigkeitsverlustes durch Lagerung und Transport nur denktheoretische Einwendungen gegen die Richtigkeit der ermittelten THC-Mengen begründen, ist die Frage der Trocknung des Cannabis vor der Homogenisierung von praktischer Relevanz. Die Sachverständige Dr. K. führte aus, dass bei den Analyseberichten angegeben wird, ob das getestete Material zuvor getrocknet wurde. In diesen Fällen würde dort stehen „Gewicht nach Trocknung“. Ein Beispiel hierfür sei das Material aus Asservat 2.9.1.

Im Falle der Trocknung würde sich der THC-Wert zunächst reduzieren, weil durch die Zuführung von Licht und Sauerstoff das THC durch Oxidation in das Cannabinol CBN umgewandelt würde. Gleichzeitig würde der prozentuale Anteil des THC steigen, weil die Menge des Pflanzenmaterials durch die Trocknung reduziert werde, der THC-Anteil (abzüglich der Oxidationsverluste) jedoch gleichbliebe. Wie groß der Gewichtsverlust durch Trocknung sei könne sie nicht mehr angeben, weil sie zum einen die Rohdaten der Messungen nicht griffbereit habe und zum anderen eine Rückrechnung auch daran scheitern würde, dass für die Analyse Material verbraucht wird und unter Umständen Homogenisierungen wiederholt werden müssen.

Angesichts der Tatsache, dass die objektive THC-Menge durch die Trocknung nicht verändert wird und aus anderen Gründen der Vorsatz der Angeklagten ohnehin nur hinsichtlich eines prozentualen THC-Anteils von 0,1% erwiesen ist, hält die Kammer Messwertverzerrungen durch die Trocknung im hier vorliegenden Fall für eine vernachlässigbare Größe.

γ) Zweifel an den festgestellten Werten ergeben sich auch nicht daraus, dass die Sachverständige Dr. K. ausführte, dass vor der Homogenisierung der Betäubungsmittel die Stile entfernt wurden. Dies betrifft die Asservate 2.1; 2.9.1; 31.1; 3.3.1; 3.4.1; 3.10.1 mit einem Gesamtgewicht von 1366,85 g. Denn auf die festgestellte absolute Menge des THC (Gewicht in Gramm) kann sich dies nicht auswirken. Hinsichtlich des THC-Gehaltes des Tees (Teilmenge in Prozent) kann sich die Mengenänderung durch das Stielmaterial auswirken. Auf die Feststellungen wirkt es sich aber nicht aus, weil die Kammer ohnehin für jede Tee-Sorte immer nur den niedrigsten Prozentanteil festgestellt hat, der in irgendeinem Asservat dieser Sorte festgestellt wurde. Die von der Entfernung des Stilmaterials betroffenen Asservate liegen diesen Feststellungen nicht zugrunde (s.o.).

δ) Abschließend sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die Feststellungen zum objektiven THC-Gehalte des Hanfblüten-Tees ohnehin nur dazu dienen, einen Überblick davon abzubilden, welche Inhaltsstoffe der von den Angeklagten vertriebene Tee objektiv hatte. Für die Feststellung des Unrechts der Taten wurde auf Ebene des Vorsatzes ein Vorsatz über einen THC-Gehalt von lediglich 0,1% angenommen.

b) Die Feststellungen zum THC-Wirkstoffgehalt der im Einzelhandel vertriebenen Hanftees folgen aus den Untersuchungsberichten des Kriminaltechnischen Institutes des Landeskriminalamtes Niedersachsen.

Hinsichtlich des im Einzelhandel, in Apotheken und im Internet verkauften Hanftees hat die Kammer zunächst eine Sichtung vorgenommen, welche Produkte erhältlich sind. Bei diesen Produkten wurden in einem ersten Schritt alle die Tees ausgeschlossen, die nicht aus reinem Cannabis bestehen, sondern Mischungen sind (z.B. Hans Hanf® des Herstellers TeeGschwendner). Dann hat die Kammer erwogen, welche der übrigen Tees den Produkten der Angeklagten möglichst nahekommen. Von den vergleichbaren Tees wurden die Tees in den Blick genommen, welche aufgrund der Größe des Vertreibers oder des Herstellers besonders weit verbreitet sein dürften. Aus den hier übrig gebliebenen Produkten wurde eine Auswahl getroffen. Diese Tees wurden im Auftrag der Kammer vom Landeskriminalamt Niedersachsen analysiert. Im Ergebnis wurden die festgestellten THC-Werte nach den oben bereits genannten Analyseverfahren ermittelt.

4. Rauschwirkungen

a) Die Kammer hat Beweis zur Frage der Rauschwirkung durch die Sachverständigen Dr. M. (Toxikologie) und Prof. Dr. S. (Pharmakologie) erhoben. Beide Sachverständigen führten aus, dass der von dem Angeklagten vertriebene Hanfblüten-Tee bei Konsum in Form von Gebäck geeignet sei, einen Rausch hervorzurufen. Beide Sachverständigen führten auch aus, dass die genauen Wechselwirkungen von CBD und THC derzeit noch nicht hinreichend erforscht sind.

b) Die Kammer hat keine Bedenken gegen die Sachkunde der beiden Sachverständigen.

aa) Der Sachverständige Dr. M. ist Sachverständiger für Betäubungsmitteluntersuchungen und Toxikologie. Von Hause aus ist er Chemiker und hat zu einem pharmazeutischen Thema promoviert. Er arbeitete sieben Jahre lang am Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich und fünf Jahre am Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinik Düsseldorf. In dieser Zeit publizierte er fast ausschließlich in medizinischen Fachzeitschriften. Seit 2003 arbeitet er beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, KTI, im Teildezernat Betäubungsmittel.

Bei der Beurteilung der Aussagen des Sachverständigen Dr. M. hat die Kammer berücksichtigt, dass dieser einen Teil seiner Erkenntnisse auch aus nichtöffentlichen Symposien zum Thema Betäubungsmittel und aus innerdienstlichen Abstimmungen mit anderen Strafverfolgungsbehörden erlangt hat. Diese Unzugänglichkeit der Primärquellen schließt die Verwertung der Angaben des Sachverständigen jedoch nicht aus. Denn zum einen ist Beweismittel der Sachverständige selbst und nicht die von ihm herangezogenen Erkenntnisquellen (BGH, Beschluss vom 14.07.1995, Az.: 3 StR 355/94). Denn es ist ja gerade Aufgabe des Sachverständigen, dem Gericht Wissen und Erfahrungen zu vermitteln, welche es sich nicht selbst aus allgemein zugänglichen Quellen verschaffen kann. Gerade im Bereich der Betäubungsmittel ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass hier nicht alle Erkenntnisse in die Öffentlichkeit gegeben werden können. Darüber hinaus hat der Sachverständige Dr. M. die Kernaussagen seines mündlichen Sachverständigengutachtens gut nachvollziehbar erläutert. Seine Kenntnisse zu nicht veröffentlichten Forschungen und internen Abstimmungen auf nichtöffentlichen Symposien betrafen auch nur den Randbereich des Beweisthemas (Problematik des dabbing, Möglichkeit der Umwandlung von CBD in THC).

Dass der Sachverständige Dr. M. beim Landeskriminalamt in Düsseldorf arbeitet, steht weder seiner Eignung als Sachverständigem entgegen noch begründetes Zweifel hinsichtlich der Unparteilichkeit und Richtigkeit seines Gutachtens (arg. ex § 256 Abs. 1 Nr. 1 a) StPO).

bb) Der Sachverständige Prof. Dr. S. ist Leiter des Institutes für biomedizinische und pharmazeutische Forschung in Nürnberg. Er ist studierter Mediziner. Zuvor war er in der Rechtsmedizin tätig und leitete von 1980-184 auch eine Abteilung für Toxikologie am Institut für Rechtsmedizin der Universität Erlangen.

Der Sachverständige Prof. Dr. S. führte aus, dass alle Erkenntnisse, die er in der Haupthandlung mitteilte, mit Ausnahme der Back-Rezepte, aus medizinischen Fachpublikationen stammen würden. Denn gerade bei einem gesellschaftlich und politisch umstrittenen Thema wie den Wirkungen von THC sei es schlicht unseriös, auf Quellen aus dem Internet oder auf Hinterhoflabore zurückzugreifen. Methodisch sei er so vorgegangen, dass er in medizinischen Fachdatenbanken „Cannabis“ und andere Stichworte angegeben habe. Die so erzielten Treffer habe er durch Präzisierung der Stichworte immer weiter eingegrenzt bis er dann auf etwa 200 einschlägige Publikationen gekommen ist, welche nach seiner fachkundigen Auffassung zur Beantwortung der Beweisfragen hilfreich waren. Gegen dieses Vorgehen hat die Kammer keine Bedenken.

Eine Voreingenommenheit des Sachverständigen gegen die Angeklagten vermochte die Kammer nicht zu erkennen. Insbesondere begründet allein die Tatsache, dass er ein Institut für pharmazeutische Forschung leitet, nicht die Besorgnis, dass der Sachverständige als „Vertreter der Pharmaindustrie“ den Angeklagten feindselig gegenübertreten könnte.

c) Die Cannabispflanze ist generell geeignet, bei verschiedenen Konsumformen einen Rausch auszulösen.

aa) Zur generellen Eignung von Cannabis zu Herbeiführung eines Rausches führte der Sachverständige Dr. M. aus, dass die vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 18.07.1984 (Az.: 3 StR 183/84 = BGHSt 33, 8) zugrunde gelegte Referenzmenge von 15 mg THC pro Konsumeinheit für einen Rausch dem Stand der Wissenschaft entspräche. Auf einem Kongress in Birmingham sei erörtert worden, dass ein Rausch wohl auch schon mit 6,4 mg THC erzielbar sei.

Auch der Sachverständige Prof. Dr. S. bestätigte, dass die Auffassung des Bundesgerichtshofs zu den für die Erzielung eines Rausches erforderlichen THC-Mengen den Stand der Wissenschaft zutreffend wiedergebe. Auch er bestätigte den Trend der neueren Forschung dahingehend, dass wohl auch schon geringere Mengen als 15 mg THC zur Herbeiführung eines Rausches geeignet seien und teilte mit, dass nach seiner Auffassung bereits 10 mg THC ausreichend seien, um einen psychotropen Effekt herbeizuführen. Bereits diese Menge könne im Darmtrakt nicht mehr gänzlich neutralisiert werden. Die Aufnahme von 60 mg THC sei tödlich.

Dass es allgemeiner Konsens in der Fachwelt ist, dass die Menge von 15 mg THC zur Erzielung einer Rauschwirkung geeignet ist, wird darüber hinaus auch durch die Untersuchungsberichte der Sachverständigen Dr. K. bestätigt. Darin wird für die Errechnung einer berauschenden Konsummenge ebenfalls der Wert von 15 mg THC zugrunde gelegt.

Beide Sachverständige wiesen ausdrücklich darauf hin, dass es für die Frage der Rauschwirkung nicht darauf ankomme, welchen prozentualen THC-Anteil das konsumierte Cannabis habe, sondern nur darauf, welche quantitative Menge (in Gramm) in den Körper gelange. Cannabis mit einer Konzentration von 1% THC ist demnach genauso geeignet, einen Rausch herbeizuführen, wie Cannabis mit einer Konzentration von 10%. Im ersten Fall müsste eben nur entsprechend mehr konsumiert werden.

Informationshalber sei mitgeteilt, dass die Zeugin Dr. K. von der Bundesopiumstelle bekundete, dass nach ihrer Auffassung lediglich eine THC-Menge von 1 μg = 0,001 mg (sic!) pro Kilogramm Körpergewicht für Menschen unbedenklich sei. Hierbei stützte sie sich auf Zahlen des Bundesinstituts für Risikobewertung.

bb) Der Sachverständige Dr. M. erläuterte, dass entscheidend für die Wirkung des THC aus der Cannabispflanze im Gehirn die „Aktivierung“ des THC sei, welche durch Decarboxylierung, also der Abspaltung von Kohlenstoffdioxid erreicht wird. Dieser Vorgang geschieht durch Erhitzen des THC. Je nach Art des erhitzen (durch Teewasser, durch Rauchen oder durch Backen) würden unterschiedliche Mengen an THC aktiviert/verfügbar gemacht.

cc) Beide Sachverständige erläuterten, dass man den Zustand eines Rausches nicht objektiv messen könne. Messen könne man aber Surrogatparameter, also Ersatzgrößen, aus denen man auf das Vorliegen eines Rausches schließen kann. Solche Surrogatparameter seinen nach Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. beim Cannabisrausch: Euphorie, veränderte Selbstwahrnehmung, Halluzinationen, Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, allgemeine Zufriedenheit, motorische Störungen und Hunger. Nach Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. müssen nicht alle diese Surrogatparameter bei allen Probanden zugleich gegeben sein. Der Sachverständige Prof. Dr. S. nannte als gewichtige Surrogatparameter die Psychometrie, Depersonalisierung, abnorme Wahrnehmungen oder Agonie. Es gebe etwa 30-40 solcher Surrogatparameter. In wissenschaftlichen Studien würden geschulte Beobachter eingesetzt, welche solche Surrogatparameter beobachten würden. Auch in der Pharmakologie werde hinsichtlich der Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten auf entsprechende Effekte geachtet. Darüber hinaus gebe es physiologische Faktoren, wie etwa Blutdruck oder Puls, die in den entsprechenden Situationen zusätzlich zu den Beobachtungen in die Bewertung eines Rausches eingestellt werden können.

Der Sachverständige Prof. Dr. S. teilte mit, dass nach seiner Auffassung - im Gegensatz zum Sachverständigen Dr. M. - Müdigkeit kein Surrogatparameter für einen Rausch sei. Jedoch könne Müdigkeit für das Vorliegen einer Intoxikation sprechen. Die Frage muss im vorliegenden Fall nicht geklärt werden, weil es hierbei nur um die Frage ging, ob die Müdigkeit von Probanden, welche vier Joints zu je 1 g Cannabis rauchten und dabei eine Menge von 6,4 mg THC aufnahmen, auf einen Rausch zurückzuführen ist oder nicht. Diese eine vom Sachverständigen Dr. M. referierte Studie erachtet die Kammer nicht als entscheidungserheblich, weil die Kammer in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Grenzwert für die Annahme eines Rausches eine THC-Menge von 15 mg annimmt (s.o.). Diese Menge kann zwar theoretisch auch durch Rauchen des Hanfblüten-Tees aufgenommen werden, jedoch müssten hierzu erfahrene Raucher eine unrealistisch große Menge Hanfblüten-Tee in Form von Joints konsumieren (s.u.).

d) Die Feststellungen zu den möglichen Auswirkungen des Konsums des von den Angeklagten vertriebenen Hanfblüten-Tees folgen aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. M. und Prof. Dr. S.. Hierbei unterscheiden sich die Rauschwirkungen je nach Konsum in Form von Tee, Joints oder Backwaren.

aa) Konsum als Tee

Der Sachverständige Dr. M. führte aus, dass durch den Konsum der Hanfblüten als Tee kein Rausch hervorgerufen werden könne. Das liege zum einen daran, dass THC nur schwer wasserlöslich sei. Es mache zwar einen geringen Unterschied in der THC-Konzentration des Tees, je nachdem wie lange man ihn ziehen lasse. Jedoch ließen sich hierzu keine genauen Angaben machen, da es gerade beim Tee im menschlichen Körper auch zu viele Wechselwirkungen gebe. Ein Kriterium sei beispielsweise, wie fetthaltig das zuvor aufgenommene Essen gewesen sei. Sicher könne man nur sagen, dass bei einem normalen Aufguss der Pflanzen die im Getränk verbleibende THC Konzentration zu niedrig sei, um einen Rausch hervorzubringen.

Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. dazu, den Tee nicht mit Wasser, sondern mit Öl aufzugießen, hat die Kammer als theoretisch mögliche, jedoch lebensfremde Überlegung zur Kenntnis genommen.

Die Feststellung, dass die Angeklagten, bzw. deren Mitarbeiter den Kunden den Konsum in Form von Tee empfohlen haben, folgt nicht nur aus deren Einlassungen, sondern auch aus den Bekundungen des Zeugen KHK H., welcher ein solches Verkaufsgespräch im Rahmen einer Durchsuchung mitbekommen hat.

bb) Konsum durch Rauchen

Der Sachständige Dr. M. führte aus, dass eine Rauschwirkung durch Konsum des von den Angeklagten vertriebenen Hanfblüten-Tees theoretisch möglich, praktisch aber nur von erfahrenen (Tabak- oder Marihuana-)Rauchern erzielt werden könne.

Es sei problemlos möglich, den Tee der Angeklagten auch zu rauchen; insbesondere da es sich um reine Cannabispflanzen und keine Mischungen mit anderen Stoffen handelt. Beim Rauchen würde das Cannabis zwar erhitzt, jedoch könne man hierdurch maximal 25% des in der Pflanze enthaltenen THC verfügbar machen. Ausgehend von den objektiven Wirkstoffkonzentrationen des von den Angeklagten veräußerten Hanfblüten-Tees (im Schnitt 0,2%) müssten für eine Rauschwirkung etwa 7,5 g in Form von Joints aufgenommen werden. Dies entspräche sieben großen Joints. Wegen des Abbauprozesses im Körper müsste diese Menge innerhalb von 2 Stunden konsumiert werden. Eine solche Menge zu konsumieren würde ein sehr erfahrener Raucher wohl überstehen, ein normaler Nutzer aber nicht. Wegen der enormen Rauchproduktion und des Kohlenmonoxids müsste der Nutzer über gesteigerte Erfahrung im Atmen während des Rauchens solcher Mengen verfügen. Nichtsdestotrotz sei auf einem Kongress in Birmingham ein Fall vorgestellt worden, in dem erfahrene Zigarettenraucher in der Lage waren, vier Joints mit 1 g Cannabis innerhalb 1 Stunde zu rauchen.

Sowohl bei dem Fall aus Birmingham als auch bei einer weiteren Studie aus der Schweiz sei nachgewiesen worden, dass der Konsum von Cannabis mit nur 0,16% THC durch Rauchen zu sehr hohen THC-Blutwerten und einem damit einhergehenden Rausch führen kann. Jedoch seien auch in diesen Fällen nur erfahrene Raucher herangezogen worden.

Der Sachverständige Dr. M. führte ferner aus, dass bei einer THC-Konzentration von 0,3% im Hanfblüten-Tee sicher eine Wirkung durch Rauchen von Joints erzielt werden könne. Jedoch ist eine solche Konzentration bei den sichergestellten Cannabispflanzen der Angeklagten objektiv nur in Ausnahmefällen festgestellt worden und zum anderen auch nicht vom Vorsatz der Angeklagten umfasst gewesen (s.o.).

Eine Umwandlung des CBD in THC im Wasserdampf beim Rauchen als Nebenprodukt werde nach Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. derzeit diskutiert. Chemisch sei eine solche Umwandlung nicht ausgeschlossen, er halte dies aber für unwahrscheinlich. Darüber hinaus ist es nach Auffassung der Kammer so, dass die Verbrennungsprodukte nicht nur rein tatsächlich entstehen, sondern auch in den Körper gelangen müssen. Nach den allgemein bekannten Erfahrungen mit Tabak ist es so, dass die beim Verbrennen gebildeten Flüssigkeiten beim Ziehen im dem Mund zugewandten Stück der Zigarette/Zigarre/Pfeife verbleiben, weshalb es (u.a.) auch Zigaretten- und Pfeifenfilter gibt. Dieser Effekt würde bei Joints entsprechend auch auftreten und so die Aufnahme erheblicher Teile von Verbrennungsnebenprodukte in den Körper erheblich erschweren.

Der Sachverständige Dr. M. ging kurz darauf ein, dass man durch das Verfahren des sog. dabbing aus den hier veräußerten Cannabis-Blüten auch sehr hohe Konzentrationen THC (sog. Dabs) extrahieren und dann Rauchen könne. Er beschrieb dieses Verfahren aber als zu komplex und gefährlich, als dass davon ausgegangen werden könne, dass ein normaler Erwerber des Hanfblüten-Tees dies auch durchführen könne. Wer derartige Herstellungsverfahren für höchst konzentriertes THC beherrsche, werde dafür nicht auf den Tee der Angeklagten zurückgreifen.

Aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. erachtet die Kammer die Gefahr einer Rauschwirkung bei unerfahrenen Personen durch Rauchen des Hanfblüten-Tees als theoretisch möglich, praktisch aber nicht naheliegend.

cc) Konsum in Form von Backwaren

Beide Sachverständige stimmten darin überein, dass aus dem von den Angeklagten vertriebenen Hanfblüten-Tee und Backwaren hergestellt werden könnten, die geeignet sind, einen Rausch herbeizuführen.

Der Sachverständige Dr. M. schilderte dies am Beispiel von Keksen/Muffins. Hierzu führte er aus, dass THC zum einen fettlöslich sei und zum anderen durch die länger andauernde Hitze beim Backen das Kohlendioxid vom THC abgespalten und das THC so „aktiviert“ werde. Durch einen geschickten Backvorgang sei es möglich, dass in der Cannabispflanze enthaltene THC fast vollständig zu Rauschzwecken nutzbar zu machen. Damit ist die Konsumform durch Backen etwa viermal so effektiv wie die Konsumform durch Rauchen. Gleichzeitig sei zu bedenken, dass im Magen mehr THC aufgenommen werden könne, als in den Lungen. Der Magen verkrafte THC-Mengen, bei denen die Lungen bereits eine Abstoßungsreaktion des Körpers hervorrufen würden.

Ein erster Schritt zur Aktivierung des THC aus dem Hanfblüten-Tee bestünde darin, dass THC mit Butter zu extrahieren. Diese Butter könne man dann als Zutat zum Backen verwenden.

Nach Aussage des Sachverständigen Dr. M. sei die Möglichkeit, durch Cannabis mit einer THC Konzentration mit 0,1% berauschende Backwaren herzustellen, so eindeutig, dass es darüber keine Diskussion geben könne. Auf dem 41. Kriminaltechnischen Symposium der Arbeitsgruppe Toxikologie sei ein Votum darüber, dass ab einer Konzentration von 0,1% THC eine Rauschwirkung durch Backwaren hervorgerufen werden könne, ohne Gegenstimme angenommen worden. Auch aus dem Bereich der universitären Forschung kenne er keinen Kollegen, der dies anders sehen würde, auch wenn es theoretisch so jemanden vielleicht geben möge.

Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. zur potentiellen Rauschwirkung bei oraler Einnahme des Hanfblütentees in Form von Gebäck (Hasch-Kekse, Brownies) wurden durch den Sachverständigen Prof. Dr. S. bestätigt. Dieser teilte mit, dass man einen Rausch erzeugen könne, wenn man in einen Brownie 10-15 g des Hanfblütentees der Angeklagten einbacken würde. Gerade durch das Erhitzen des Teigs im Ofen würde das THC besonders aktiviert. Hierin bestätigte der Sachverständige Prof. Dr. S. die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M.. Zur Begründung dieser Ausführungen stützte sich der Sachverständige auf eine Studie von Vandrey und anderen aus dem Jahre 2017. Ferner erläuterte er, dass 1 g Cannabis mit einer THC-Konzentration von 0,1% dann 1 mg THC entspricht. Ausgehend davon, dass 15 mg THC, nach seiner persönlichen Überzeugung sogar nur 10 mg THC, für einen Rausch ausreichend seien, müsse man 15/10 g des von den Angeklagten vertriebenen Hanfblütentees verarbeiten. Angesichts der Tatsache, dass laut Internet das Gewicht von handelsüblichen Brownies zwischen 40 g und 90 g liegt, hält die Kammer den Verzehr eines Brownies mit 15 g Hanfblütentee für realistisch.

Das THC kann nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. auch nach dem Durchlaufen des Marken-Darm-Traktes seine Wirkung entfalten, da THC gut resorbiert werde.

e) Die von der Kammer getroffenen Feststellungen zur generellen Wechselwirkung von CBD und THC (Anhaltspunkte) begründen sich wie folgt:

1. Dass Cannabidiol auch als Antagonist zu THC wirkt, weil es im menschlichen Gehirn an die gleichen Rezeptoren „andockt“ wie das THC, hat der Sachverständige Dr. M. ausgeführt; darüber hinaus ist es allgemeinkundig (vgl. Patzak/Bohnen, Betäubungsmittelrecht, Kapitel 1., Teil A. „Cannabis“, Rn. 8). Dabei ist es so, dass das THC vorwiegend am CB1-Rezeptor angebunden wird. Das CBD wird sowohl am CB1- als auch am CB2-Rezeptor angebunden. Die Anbindung des CBD am CB2-Rezeptor ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. die Frage der Rauschwirkung von untergeordneter Bedeutung.

2. Die Feststellung, dass CBD eine eigene, wenn auch geringe Rauschwirkung unabhängig vom THC entfaltet, folgt aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. M.. Da CBD an die gleichen Rezeptoren „andockt“ wie das THC (s.o.), hält die Kammer dieser Ausführungen für inhaltlich überzeugend. Die Kammer geht jedoch von einer sehr geringen Rauschwirkung aus, zumal der Einsatz der zum Hervorrufen eines Rausches erforderlichen Lösungsmittel von Privatpersonen eher nicht erfolgen wird. Der Sachverständige räumte auch offen ein, dass es sich bei der antagonistischen Wirkung zu THC (s.o.) und der eigenen Rauschwirkung des CBD um ein Spannungsfeld handelt, welches schwer zu beurteilen sei und noch nicht abschließend erforscht ist. Hier sei vieles im Fluss.

Darüber hinaus teilte der Sachverständige Dr. M. mit, dass es nach neuesten, allerdings nicht publizierten, Erkenntnissen möglich sei, durch Zugabe von Salzsäure CBD in THC umzuwandeln. Es sei gelungen, eine zehnprozentige CBD-Lösung in Ethanol in eine 4-4,5%-THC-Ethanol-Lösung umzuwandeln. Diese Fragestellung werde derzeit am Zollkriminalamt in Köln erforscht; dass eine solche Umwandlung von CBD in THC möglich ist, sei aber auch beim KTI des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen dienstlich bekannt.

Ferner teilte der Sachverständige Dr. M. mit, dass es auch Hinweise darauf gebe, dass durch Zitronensäure CBD in der Magensäure in THC umgewandelt werden könne. Auch dies sei jedoch noch nicht abschließend erforscht.

3. Die Feststellung, dass CBD zwar grundsätzlich geeignet ist, die Wirkung von THC zu reduzieren, nicht aber sie gänzlich aufzuheben, folgt aus den Ausführungen der Sachverständigen Dr. M. und Prof. Dr. S..

Der Sachverständige Dr. M. führte aus, dass die CBD-Konzentration im von den Angeklagten vertriebenen Hanfblüten-Tee nicht sehr hoch sei. Vielmehr entspräche die CBD-Konzentration in diesem Hanfblüten-Tee derjenigen Konzentration, die das normale Marihuana in den siebziger und achtziger Jahren hatte. Erst durch die Züchtungen in der Folgezeit sei der CBD-Anteil zugunsten des THC-Anteils abgesenkt worden. Der Sachverständige Dr. M. führte aus, dass nach den ihm vorliegenden Studien auch ein hoher CBD-Anteil nicht geeignet sei, die Rauschwirkungen des THC aufzuheben. Dies gelte insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die allgemein angenommenen 15 mg THC für einen Rausch bereits einen ganz erheblichen Sicherheitsabschlag für Wechselwirkungen mit anderen Stoffen beinhalten würden.

Der Sachverständige Dr. M. führte aus, dass die Blockierung des CB1-Rezeptors durch das CBD die Intensität des Rausches, nicht aber den Rausch dem Grunde nach beeinflusst.

Zur Erläuterung dieser Rauschwirkungen nannte der Sachverständiger Dr. M. eine Skala von 0-5 für Rauschzustände. Der Wert 0 entspricht hier dem Nicht-Konsum. 1 sei der Faktor für ein Placebo; 1,5 sei reines CBD; 4 sei der Wert für eine Mischung aus CBD und THC und 5 der Wert für reines THC. Daher sei nach dem ihm bekannten Stand der Wissenschaft eine Absenkung des Rausches durch CBD von Faktor 5 auf Faktor 4 möglich, eine Absenkung auf 0 oder 1 jedoch nicht. Es sei nach seiner Kenntnis nie ein Fall veröffentlicht worden, in dem eine Absenkung der THC-Wirkungen durch CBD auf das Niveau eines Placebos erfolgt sei.

Prof. Dr. S. bestätigte die Grundaussagen des Sachverständigen Dr. M. und stützte sich bei seiner Aussage, dass CBD die Wirkungen des THC mildern, nicht aber aufheben könne, insbesondere auf eine australische Studie von Solowji/Broyd/Greenwood/u.a. vom 19.01.2019. In dieser Studie habe man Probanden THC und CBD in Ethanollösungen verabreicht. Die Studie habe gezeigt, dass CBD in hoher Konzentration die Wirkungen des THC abmindern kann. Diese Abänderung betrage aber nur etwa 20%. Dass im Einzelfall eine Minderung um 80% möglich sei, sei denkbar, aber unwahrscheinlich. Hierbei sei noch zu berücksichtigen, dass bei THC-unerfahrenen Probanden kein messbarer Einfluss des CBD auf die Wirkung des THC festzustellen sei. Die Minderung der Wirkung des THC durch das CBD würde nur bei erfahrenen Cannabiskonsumenten eintreten. Eine gänzliche Aufhebung der Wirkung des THC durch das CBD sei sicher auszuschließen.

Diese Studie sei wissenschaftlich überzeugend. Das methodische Vorgehen der australischen Kollegen sei gut. Nach seiner Auffassung würde die Studie den Anforderungen genügen, die an wissenschaftliche Studien zur Zulassung neuer Medikamente gestellt werden. Neben seiner persönlichen Einschätzung würden aber auch objektive Anhaltspunkte für eine hochwertige Studie sprechen. Derartige Studien würden vor der Veröffentlichung von Fachkollegen begutachtet (sog. „peer review“). Darüber hinaus würde die Qualität der Studien auch anhand eines sogenannten Impact Factors der Fachzeitschrift, in der es publiziert wurde, abschätzbar sein. Dieser Impact Factor bezeichne die Auswirkungen der Publikationen im Hinblick darauf, wie oft diese von anderen Kollegen zitiert würden. Das ist zwar kein objektiver Qualitätsmaßstab, gebe aber einen gewissen Anhaltspunkt dafür, für wie zuverlässig das Fachpublikum die Studie halte. Im hier vorliegenden Fall gebe es einen Impact Factor von 3, was für derartige Studien ein hoher Wert sei.

Nach Ausführungen von Prof. Dr. S. seien die Studienergebnisse nicht anwendbar, wenn nur eine kleine Menge THC, welche er in der Hauptverhandlung mit 0,01 g oder weniger konkretisierte, vom Konsumenten aufgenommen würden. Da im hier vorliegenden Fall größere Mengen THC aufgenommen werden können, hält die Kammer die auf dieser Studie basierenden Ausführungen des Sachverständigen für dieses Verfahren für verwertbar. Teile der Studie seien zwar wegen möglicher Überhangeffekte mängelbehaftet, jedoch hätten die Autoren der Studie dies selbst erkannt und es würden sich daraus keine negativen Folgen für die Grundaussagen der Studie ergeben.

Der Sachverständige führte aus, dass es auch eine neue Metaanalyse von Freeman gebe. In dieser Metaanalyse seien 15-16 andere Studien ausgearbeitet worden, was eine Heidenarbeit gewesen sei. Auch diese Metaanalyse sei zu dem Ergebnis gekommen, dass CBD das THC reduziert habe, eine Aufhebung aber nicht eintrete.

Darüber hinaus würde die neueren Studien auch Erkenntnisse aus dem Jahre 1975 stützen, wonach CBD die Wirkung des THC zu etwa 25% aufheben könne.

Der Sachverständige teilte auch mit, dass in einer Studie bei 40 Messungen in einem Fall tatsächlich eine Aufhebung der THC-Wirkung zu 100% gemessen worden sei. Da dies aber weltweit die einzige Messung mit einem solchen Ergebnis ist, ist die Kammer der Auffassung, dass es sich hierbei - sofern es sich nicht um einen Fehler im Meßvorgang handelt - um einen solchen atypischen Ausnahmefall handelt, dass er den Feststellungen zu den allgemeinen Wechselwirkungen von CBD und THC nicht zugrunde gelegt werden kann.

Die Kammer hat auch erwogen, ob nicht im hier vorliegenden Fall ein Rauschzustand konkret dadurch ausgeschlossen wird, dass das CBD die Wirkung des THC deshalb aufhebt, weil die CBD-Konzentration um so vieles höher ist als die THC-Konzentration. In den von den Angeklagten verkauften Produkten übersteigt die Konzentration von CBD die Konzentration von THC zum Teil um das bis zu 40-fache. So wie ein Tropfen Gift in 100 ml Wasser tödlich sein kann, verdünnt mit 4 l Wasser aber möglicherweise nicht, könnte hier in Anlehnung an das medizinische Axiom, wonach die Dosis das Gift macht, möglicherweise doch eine Aufhebung angenommen werden. Hiergegen spricht aber, dass sowohl der toxikologische Sachverständige Dr. M. als auch der pharmakologische Sachverständige Prof. Dr. S. ausführten, dass es nach dem derzeitigen Forschungsstand keine festen Relationen der Wechselwirkungen von CBD und THC gebe. Man könne auf einem Achsenkreuz mit den verschiedenen CBD- und THC-Konzentrationen keine lineare oder Kurvenfunktion hinsichtlich der Wirkungen wissenschaftlich begründen. Die Wechselwirkungen der beiden Stoffe seien (nach derzeitigem Stand der Wissenschaft) nicht in eine logische Abhängigkeit voneinander zu bringen. Der Sachverständige Prof. Dr. S. führte zudem aus, dass in einzelnen Studien auch gänzlich widersprüchliche Daten erhoben wurden. Auf Nachfrage formuliert es der Sachverständige so, dass es aus medizinischer Sicht zur Wechselwirkung von CBD und THC nur Hinweise, aber keine Beweise gebe. Den Begriff des Beweises gebrauchte Sachverständige hier im naturwissenschaftlichen Sinne. Zudem gab der Sachverständige an, dass in der Wissenschaft die Tatsache, dass CBD die Wirkung von THC abschwächen kann, von einigen Autoren auch bestritten wird. Er selber halte eine Abschwächung aber für möglich.

Verstärkt wird der Zustand, dass die Wechselwirkungen von CBD und THC nicht genau errechnet werden können, dadurch, dass nach Angabe des Sachverständigen Prof. Dr. S. der Abbau von CBD und THC im menschlichen Körper unterschiedlich schnell erfolgt. Das führt dazu, dass sich die biochemischen Wechselwirkungen permanent verändern, weil sich die Verhältnisse der Stoffe im Körper durch die unterschiedliche Abbaugeschwindigkeit ebenfalls permanent ändern.

4. Die Feststellung, dass eine geringe Menge CBD in Kombination mit einer größeren Menge THC dazu führt, dass die Rauschwirkung des THC durch das CBD erhöht wird, folgt aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. S.. Dieser berichtete unter Rückgriff auf die oben bereits erwähnte Studie aus Australien, dass dort Probanden einmal ein Placebo, einmal reines CBD, einmal THC mit einer geringen Menge CBD, einmal reines THC und einmal THC mit einer großen Menge CBD verabreicht wurden. Der Rauschzustand sei durch Messung der Herzschlagrate quantifiziert worden. Die Messungen hätten ergeben, dass bei der Verabreichung von THC mit einer geringen Menge CBD der höchste Rauschzustand erreicht worden sei. Dieser Rauschzustand überschreite die Gabe von reinem THC während seines Höhepunktes zwar nur sehr gering, halte dafür aber länger an. Nach etwa 1 Stunde sei die Herzschlagrate bei der Gabe von reinem THC von über 110 bpm auf etwa 75 bpm gesunken. Bei der Mischung von THC mit einer geringen Dosis CBD habe die Herzschlagrate hingegen nach 1 Stunde noch etwas unter 90 bpm betragen. Die Probanden, denen das Placebo verabreicht worden sei, hätten hingegen durchgängig Werte von unter 70 bpm aufgewiesen. Ein gleicher Effekt ließ sich anhand der subjektiven Schilderungen der Probanden feststellen. Auch hier erzielte die Kombination von THC mit einer geringen CBD-Menge den subjektiv am stärksten empfundenen Rausch.

Dieser Effekt lässt sich nach Auffassung der Kammer dadurch erklären, dass die Wirkstoffe CBD und THC im Körper unterschiedlich abgebaut werden (s.o. unter 3.) und CBD darüber hinaus eine eigene Rauschwirkung entfalten kann (s.o. unter 2.).

f) Der Sachverständige Prof. Dr. S. führte aus, dass derzeit keine Erkenntnisse über mögliche Langzeitfolgen von unkontrolliertem Konsum von Cannabispflanzen mit hohem CBD-Gehalt vorlägen.

g) Die Kammer ist sich der Tatsache bewusst, dass sämtliche vom Sachverständigen Prof. Dr. S. ausgewerteten Studien auf den hier vorliegenden Fall nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar übertragbar sind, weil keine Studien mit Cannabis-Pflanzenmaterial durchgeführt wurden, welches hinsichtlich des THC- und CBD-Gehaltes dem Pflanzenmaterial der Angeklagten zu 100% entspricht. Nichtsdestotrotz hat der Sachverständige Prof. Dr. S. aufgrund seiner Fachkenntnisse und Erfahrungen die festgestellten allgemeinen Grundsätze nachvollziehbar erläutert. Hinsichtlich seiner wesentlichen Aussagen stimmte er auch mit dem toxikologischen Sachverständigen Dr. M. überein.

Dass die Kammer keine exakten Feststellungen treffen konnte, mag auf den ersten Blick unbefriedigend sein, ist aber aus biologischen Gründen unvermeidlich. Der Sachverständige Prof. Dr. S. bezeichnete es als „pharmakologischen Traum“, die Wirkung eines Medikamentes (beziehungsweise einer Droge) zu 100% berechnen und festlegen zu können. Dies sei schon aufgrund der unterschiedlichen Genetik und Konstitution der Menschen nicht möglich. Auch der Sachverständige Dr. M. erläuterte, dass die berauschende Wirkung von Drogen von Person zu Person unterschiedlich sei und man höchstens auf Durchschnittswerte abstellen könne.

5. Vorsatz

a) Die Kammer hat zu Gunsten der Angeklagten einen Vorsatz hinsichtlich einer THC-Konzentration von 0,1% in den von ihnen vertriebenen Hanfblüten angenommen. Hierbei hat sich die Kammer auf die Bescheinigungen des Labors cbdtestCH gestützt. Darin waren THC-Werte von etwas über 0,1% ausgewiesen, welchen die Kammer zugunsten der Angeklagten auf eine Stelle hinter dem Komma abgerundet hat.

aa) Die Kammer hat dabei nicht übersehen, dass sich die Angeklagten wissentlich in einem Graubereich bewegt haben und sie daher verpflichtet sind, hinsichtlich der Zusammensetzung und Qualität der von ihnen bezogenen und weiterveräußerten Cannabispflanzenteile besondere Sorgfalt aufzuwenden. Unter normativen Gesichtspunkten ist es daher nicht ausreichend, sich lediglich ausländische Analyseberichte mitliefern zu lassen und auf deren Richtigkeit zu vertrauen, ohne dies selbst noch einmal aus qualifizierter und neutraler Quelle überprüfen zu lassen. Gegen diese Pflicht haben die Angeklagten verstoßen. Jedoch begründete der Pflichtverstoß nach Auffassung der Kammer lediglich ein fahrlässiges, nicht aber (bedingt) vorsätzliches Handeln. Der Kammer ist bewusst, dass das bloße Hoffen darauf, dass ein bestimmter Straftatbestand schon nicht erfüllt sein wird, nicht ausreichend ist, um den Vorsatz entfallen zu lassen. Im hier vorliegenden Fall handelt es sich aber auch nicht um aus der Luft gegriffen Hoffnungen, da die Angeklagten bewusst Nutzhanf mit geringer THC-Konzentration bestellten und sich zumindest Belege haben mitliefern lassen. Dies belegt, dass den Angeklagten die THC-Konzentration in den Pflanzenteilen nicht gleichgültig war (bedingter Vorsatz), sondern dass sie ernsthaft darauf vertraut haben, dass die THC-Konzentrationen den Angaben Ihres Lieferanten und den Bescheinigungen des Labors cbdtestCH entsprechen. Die gesamte Argumentation der Angeklagten, dass ihr Handeln legal und der von ihnen veräußerte Cannabis-Tee verkehrsfähig sei, setzt auf der Tatsachenebene nämlich voraus, dass es sich wirklich um äußerst THC-arme Hanfpflanzen handelt. Denn nur in diesem Falle würde die Ausnahmevorschrift aus der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG, welche die Angeklagten rechtsirrig als erfüllt ansahen, ernsthaft in Betracht kommen.

bb) Die Kammer hat auch in Betracht gezogen, ob die objektiv deutlich höheren THC-Werte in den beschlagnahmten Cannabis-Tees dadurch zustande gekommen sein könnten, dass die Angeklagten dem importierten Nutzhanf heimlich „Straßengras“ aus illegalen Quellen beigemischt haben könnten. Letztlich hat die Kammer diesen Gedanken aber als bloße Spekulation verworfen, weil als deutlich näherliegende Alternative ins Auge springt, dass die Werte des Labors cbdtestCH objektiv unzutreffend sind, bzw. der den Angeklagten vom Vertreiber Placebo/AE Grünkraft verkaufte Nutzhanf als Naturprodukt selbst erheblichen THC-Schwankungen unterlag, der vom Verkäufer nicht sicher gesteuert werden konnte. Hierfür spricht, dass bei der Wirkstoffanalyse des Landeskriminalamts selbst innerhalb der einzelnen Sorten große Bandbreiten an Analyseergebnissen zutage getreten sind (s.o. III.3.a)aa)). Auch aus den oben (unter III.3.a)bb)) genannten Gründen geht die Kammer davon aus, dass das Landeskriminalamt unter Einsatz der Sachverständigen K. die sichergestellten Cannabispflanzenteile zutreffender analysiert hat als die, sich selbst als „Startup“ beschreibende, Firma cbdtestCH. Dieser Gedanke wird dadurch bestärkt, dass die Kammer im Rahmen der Hauptverhandlung den Eindruck hat gewinnen müssen, dass sich um den Vertrieb von Nutzhanf und CBD-Produkten eine Szene entwickelt hat, in der in nicht unbeachtlichem Maße Personen agieren, welche dazu neigen, Professionalität durch Idealismus zu kompensieren.

cc) Die Kammer hat auch nicht übersehen, dass der Zeuge S. bekundete, dass die Firma cbdtestCH viele ihrer Analysen fälschen würde. Jedoch konnte der Zeuge diese Behauptung nicht hinreichend begründen. Zur Begründung führte er nur an, dass er von dieser Firma getesteten Nutzhanf mit seinem eigenen Gaschromatographen getestet und andere Werte gemessen habe. Dies allein beweist aber noch keine Fälschung der Analyseberichte der Firma cbdtestCH und noch viel weniger eine positive Kenntnis der Angeklagten hiervon. Zumal bei dem Zeugen S. - anders als bei der Sachverständigen Dr. K. - ganz erhebliche Zweifel daran bestehen, dass dieser nach seinen persönlichen Fähigkeiten in der Lage ist, eine ordnungsgemäße Gaschromatographie durchzuführen. Auf Befragung in der Haupthandlung musste er einräumen, dass mit den Gaschromatographen für den Privatgebrauch Ergebnisse mit Schwankungen von bis zu 20% vorkommen können. Demgegenüber wendete das kriminaltechnische Institut des Landeskriminalamtes Niedersachsen nach Bekundungen der Sachverständigen Dr. K. drei verschiedene Analyseverfahren zur Wirkstoffbestimmung an (s.o. III.3.a)cc)).

Soweit der Zeuge S. bekundet hat, dass er von unbekannten Schweizern - an deren Namen und Wohnort er sich auch auf explizite Nachfrage nicht erinnern konnte - erfahren habe, dass die Produzenten und Verkäufer von Nutzhanf ihre Waren panschen würden, gilt das oben Gesagte entsprechend. Durch die Bekundung des Zeugen ist nicht erwiesen, dass die Angeklagten diese Gerüchte auch gehört und ihren Wahrheitsgehalt gebilligt hätten.

b) Dass die Angeklagten ihr Verhalten subjektiv für erlaubt hielten, folgert die Kammer aus einer Gesamtschau des Ergebnisses der Beweisaufnahme und des Verhaltens der Angeklagten sowohl innerhalb als auch außerhalb des Strafprozesses.

aa) So bekundete die Zeugin J., dass sie als Angestellte in der Hanfbar für die Angeklagten arbeitete. Sie habe sich schon Gedanken gemacht, ob der Verkauf legal sei, jedoch hätten die Angeklagten ihr versichert, dass der Verkauf erlaubt sei. Sie hätten ihr auch Laboruntersuchungen gezeigt, wonach der THC-Anteil unter 0,2% betrug. Auch die Zeugin D. sagte aus, dass die Angeklagten ihr gegenüber auch nach den Durchsuchungen geäußert haben, dass der Verkauf von Hanfblüten-Tee legal sei.

Ferner haben die Angeklagten immer wieder darauf verwiesen, dass auch im Einzelhandel, in Apotheken und im Internet Hanftee vertrieben werde. Sie seien deshalb davon ausgegangen, dass der Verkauf legal sei.

bb) Nicht nur in ihren oben dargestellten Einlassungen, sondern insbesondere auch in ihren Auftritten und Veröffentlichungen im Internet haben die Angeklagten immer wieder die Legalität ihrer Produkte hervorgehoben. Dabei haben sie durchaus zur Sprache gebracht, dass dies - insbesondere auch von den Strafverfolgungsbehörden - zum Teil anders gesehen werde, ihre Rechtsauffassung jedoch die richtige sei.

cc) Die Kammer hat bei der Annahme eines Verbotsirrtums schließlich nicht übersehen, dass der Zeuge KHK H. bekundete, dass der Zeuge S. ihm gesagt habe, dass dieser die Angeklagten aktiv auf die richtige Rechtslage hingewiesen habe. Dies konnte die Kammer ihren Feststellungen aber nicht zugrunde legen, weil sie sich einen eigenen Eindruck vom Zeugen S. verschafft hat. Die Aussage des Zeugen S. blieb auch nach konkreten Vorhalten und wiederholten Fragen stets sehr im Allgemeinen. So berichtete er nachvollziehbar generell über den CBD- und Nutzhanfmarkt; Nachfragen zu konkreten und verfahrensbezogenen Dingen konnte oder wollte der Zeuge aber nur ausweichend oder unvollständig beantworten. Auch konnte sich die Kammer des Eindrucks nicht erwehren, dass der Zeuge S. bei seiner Kontaktaufnahme mit der Braunschweiger Polizei möglicherweise dadurch motiviert war, den Angeklagten als seinen Konkurrenten zu schaden, bzw. sich selber als „seriösen CBD-Händler“ darzustellen. Die Tatsache, dass die Vernehmung des Zeugen S. erst nach wiederholtem Vorgehen über § 51 Abs. 1 S. 3 StPO möglich war und der Zeuge S. dies dann zum Anlass nahm, sich über seine angeblich menschenrechtswidrige Verhaftung zu beschweren, runden das Gesamtbild ab.

c) Die Fehlvorstellung über die Legalität ihres Handelns hätten die Angeklagten verhindern können. Aus Gründen der Verständlichkeit wird die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums unter V.2. im Zusammenhang dargestellt.

6. Sonstiges

a) Die Feststellungen zu Gründung und Betrieb der „Hanfbar“ folgen aus der Einlassung des Angeklagten K., welche auch vom Angeklagten H. ausdrücklich bestätigt und ergänzt wurden.

Zweifel am Wahrheitsgehalt der Einlassung der Angeklagten hat die Kammer nicht. Insbesondere im Rahmen ihres letzten Wortes äußerten sich die Angeklagten ungezwungen, mit eigenen Worten und in inhaltlicher und stilistischer Konstanz zu den von der Kammer wahrgenommenen Social-Media-Auftritten. So begann der Angeklagte K. sein letztes Wort mit dem Satz „Schön, dass man auch mal was sagen kann.“, bevor er seine grundlegenden Anschauungen über die Hanfpflanze ausführte. Auch der Angeklagte H. gestaltete sein letztes Wort gänzlich frei von prozesstaktischen Überlegungen („Herr [Rechtsanwalt] S. wird mich jetzt aufhängen, aber…“, „Es ist mir egal, ob ich mich hier beliebt mache, es geht um die Leute da draußen.“). Darüber hinaus wurden die Einlassungen zum Geschäftsbetrieb auch durch die Aussage der Zeugin D. gestützt.

b) Die Feststellungen zum Ablauf des Ermittlungsverfahrens folgen aus den Bekundungen der Zeugen KHK H., V., KOK’in F., PHK B., KOK’in R., KKA F. und KOK D..

c) Die Feststellungen zu den im Ladengeschäft verkauften Mengen an Hanfblüten-Tee und zum Umfang der Verkaufserlöse folgen aus der Aussage des Zeugen KHK H., welcher darlegte, wie anhand der Kassenjournale und Kassenbons die Verkäufe sowohl hinsichtlich der Mengen der einzelnen Sorten als auch hinsichtlich der Verkaufserlöse rekonstruiert werden konnten. Auch die Zeugin KOK’in R. schilderte die Sicherstellung der Kassenjournale und die Zuordnung der Verkäufe zu den einzelnen Sorten Hanfblüten-Tee.

d) Für eine etwaige Betäubungsmittelabhängigkeit der Angeklagten (insbesondere im Hinblick auf Marihuana) hat die Hauptverhandlung keine Hinweise ergeben.

IV. Hilfsbeweisantrag

Der für den Fall, dass die Kammer zur Verurteilung der Angeklagten gelangen sollte, gestellte Antrag,

zum Beweis der Tatsache, dass kein Verfahren gegen die Zeuginnen D. und J. eingeleitet wurde oder ein solches aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, Beweis durch Zeugenvernehmung eines instruierten Mitarbeiters der Staatsanwaltschaft Braunschweig zu erheben,

wird zurückgewiesen.

1. Es handelt sich schon nicht um einen zulässigen Beweisantrag. Denn die als Beweismittel „Zeuge“ nach dem Antrag zu hörende Person ist nicht hinreichend individualisiert. Grundsätzlich sind bei einem auf die Vernehmung eines Zeugen gerichteten Beweisantrag Name und Anschrift des Zeugen zu nennen. Es genügt, wenn die zu vernehmende Person derart individualisiert ist, dass eine Verwechslung mit anderen nicht in Betracht kommt. Die Nennung eines Namens ist in diesem Zusammenhang dann entbehrlich, wenn der Zeuge unter Berücksichtigung des Beweisthemas über seine Tätigkeit insbesondere in einer Behörde zu individualisieren ist (BGH, StraFo 2010, 341 [BGH 29.04.2010 - 1 StR 644/09]). Diese Voraussetzung ist hier aber nicht erfüllt. Da hier keine Tätigkeit des Mitarbeiters angegeben und nach dem Wortlaut des Antrages jeder Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Braunschweig, sofern er nur instruiert ist, als Zeuge benannt ist, käme hier vom Pförtner bis zum Leitenden Oberstaatsanwalt jeder Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Braunschweig in Betracht. Es erfolgte nicht einmal eine Eingrenzung dahingehend, dass die als Zeuge zu hörende Person für die vermuteten Strafverfahren zuständig sein soll (was für eine hinreichende Konkretisierung gereicht hätte; OLG Köln, NStZ-RR 2007, 150).

Der Sache nach handelt es sich um einen Beweisermittlungsantrag auf Einholung einer (mündlichen) amtlichen Auskunft.

2. Läge ein zulässiger Beweisantrag vor, so wäre er nach § 244 Abs. 3 StPO wegen Bedeutungslosigkeit zurückzuweisen.

a) Die Gründe, aus denen die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einleitet oder einstellt, sind für die Kammer nicht bindend. Die Kammer hatte die Strafbarkeit der beiden Angeklagten in diesem Verfahren zu prüfen. Ein unmittelbarer Sachzusammenhang zwischen den benannten Beweistatsachen und diesem Verfahren ist weder vorgebracht noch sonst ersichtlich.

b) Die unter Beweis gestellten Tatsachen kommen im vorliegenden Fall auch nicht als Indiztatsachen in Betracht. Denn jede der drei Beweistatsachen (keine Eröffnung eines Verfahrens, Einstellung des Verfahrens aus tatsächlichen Gründen oder Einstellung des Verfahrens aus rechtlichen Gründen) würde, würde sie denn erwiesen, keinen zwingenden Schluss auf die Strafbarkeit oder die zu verhängenden Rechtsfolgen bezüglich der beiden Angeklagten in diesem Verfahren begründen.

Aus dem Gesamtzusammenhang, in dem der Hilfsbeweisantrag innerhalb des Plädoyers des Verteidigers des Angeklagten K. gestellt wurde, schließt die Kammer, dass das Beweisziel dahingehen soll, dass die Staatsanwaltschaft bei den Zeuginnen D. und J. einen unvermeidbaren Verbotsirrtum angenommen haben soll. Denn vor dem Hilfsbeweisantrag wurden Ausführungen zum vorgeblichen unvermeidbaren Verbotsirrtum der Angeklagten gemacht.

Selbst wenn man unter Berücksichtigung dieses Beweiszieles den Beweis als geführt ansehen würde, wären die Beweistatsachen bedeutungslos. Denn auch wenn man unterstellen würde, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig den Zeuginnen einen unvermeidbaren Verbotsirrtum gutgebracht hat, würde die Kammer in diesem Fall nicht den Schluss ziehen, dass auch bei den Angeklagten ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vorliegen würde. Warum der Verbotsirrtum für die Angeklagten vermeidbar war, wird bei den Rechtsausführungen (V.2.) im Detail dargelegt.

3. Im Übrigen gebietet auch die Amtsaufklärungspflicht nicht, diesem Antrag nachzugehen.

V. Rechtliche Würdigung

Durch den festgestellten Sachverhalt haben sich die Angeklagten wie erkannt strafbar gemacht.

Der Angeklagte K. hat in zwei Fällen unerlaubt mit Betäubungsmitteln Handel getrieben (§ 29 Abs. 1 StGB, § 53 StGB), der Angeklagte H. tat dies in einem Fall (§ 29 Abs. 1 BtMG).

1. Tatbestandsmäßigkeit

a) Bei zerkleinertem Nutzhanf handelt es sich um ein nach Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanze. Bei der Einordnung, ob es sich um diese Pflanze handelt, spielt es keine Rolle, ob es sich um übliches auf der Straße gehandeltes Cannabis handelt oder um eine THC-arme Züchtung. Ausweislich des ausdrücklichen Gesetzeswortlautes kommt es für die Tatbestandsmäßigkeit dem Grunde nach nicht auf darauf an, ob in der Pflanze überhaupt ein Wirkstoff (hier: THC) enthalten ist (zu der Problematik beim Anbau: Weber, BtMG, § 29, Rn. 54; Bohnen/Schmidt-Teriet, BeckOK BtMG, § 29, Rn. 3) oder ob eine Rauschwirkung eintritt.

Die Angeklagten haben hiermit Handel getrieben. Handeltreiben ist jedes eigennützige Bemühen, das darauf gerichtet ist, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern.

Hierfür hatten sie keine Erlaubnis nach § 3 BtMG, was die Angeklagten auch wussten.

b) Es liegt hier keine Ausnahme nach Buchstabe b) der Verbotsnorm vor. Nach dieser Vorschrift sind Cannabis-Pflanzen und Pflanzenteile vom Verbot ausgenommen, wenn sie aus

- dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut von Sorten stammen, die am 15. März des Anbaujahres in dem in Artikel 9 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Änderung des Anhangs X der genannten Verordnung (ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung genannten gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten aufgeführt sind, oder

- ihr Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,2 Prozent nicht übersteigt und

- der Verkehr mit ihnen (ausgenommen der Anbau) ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient,

- die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen.

aa) Die ersten beiden Alternativen der Ausnahmevorschrift sind vorliegend gegeben. Bei den Sorten Fedora 17 und Santhica 27 handelt es sich um im gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzen aufgeführte Sorten. Erforderlich ist jedoch auch, dass kumulativ („und“) dazu die weiteren Voraussetzungen der ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecke und dem Ausschluss des Missbrauches zu Rauschzwecken vorliegen (Winghofer, CB 2019, 384 (385)). Dies folgt aus der Zielrichtung der Ausnahmevorschrift. Ziel war es, THC-arme Cannabissorten als Rohstoffe (z.B. für Textilien, Seile, Kosmetika, Dämmstoffe und zur Energiegewinnung) nutzbar zu machen. Das allgemeine Verbot von Cannabis sollte dadurch nicht unterlaufen werden. Daher kann der Gesetzeszweck der Ausnahmevorschrift nur erreicht werden, wenn man das Wort „und“ so versteht, dass die Voraussetzungen der gewerblichen/wissenschaftlichen Nutzung und der Ausschluss zu Rauschzwecken kumulativ zu einer THC-Sorte vorliegen muss.

bb)

Bereits wegen der fehlenden Verwendung des Hanfblüten-Tees zu gewerblichen Zwecken ist die Ausnahmevorschrift nicht erfüllt.

Der Verkehr mit den Cannabispflanzenteilen diente hier nicht ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken. Es liegen insbesondere keine gewerblichen Zwecke vor, weil diese beim Endnutzer des Cannabis vorliegen müssen (Körner/Patzak/Volkmer-Patzak, BtMG, § 2, Rn. 16; Weber, BtMG, § 1, Rn. 273; OLG Hamm, Urteil vom 21.06.2016, Az.: 4 RVs 51/16, zitiert nach juris, Rn. 43) und der Konsum der Pflanzen nicht „gewerblich“ ist. Gewerbliche Zwecke im Sinne dieser Regelung sind insbesondere dann gegeben, wenn der Hanf verarbeitet werden soll, bis ein unbedenkliches Produkt, wie z. B. Papier, Seile oder Textilien, entstanden ist (OLG Hamm, Urteil vom 21.06.2016, Az.: 4 RVs 51/16, zitiert nach juris, Rn. 43). Diese enge Auslegung der Voraussetzung der gewerblichen Zwecke folgt aus Sinn und Zweck der Vorschrift sowie dem Willen des historischen Gesetzgebers. Die Ausnahmebestimmung soll das Marktpotential des Rohstoffes Hanf und seine Verwendungsmöglichkeiten zur industriellen und möglicherweise energetischen Verwendung erschließen. Es ist nicht Sinn der Vorschrift, die Bevölkerung mit THC-schwachen Zubereitungen zu persönlichen Konsumzwecken zu versorgen oder gar das grundsätzliche Cannabisverbot aufweichen (Körner/Patzak/Volkmer-Patzak, BtMG, § 2, Rn. 17). Andernfalls würde das dazu führen, dass eine Ausnahmevorschrift dem Zweck des gesamten Betäubungsmittelgesetzes, nämlich die sozialschädlichen Wirkungen des illegalen Handels mit abstrakt rauschfähigen Betäubungsmitteln einzudämmen, grundlegend zuwiderlaufen würde (OLG Hamm, Urteil vom 21.06.2016, Az.: 4 RVs 51/16, zitiert nach juris, Rn. 42).

Aus den oben dargelegten Gründen ist auch der Verkauf von Hanfblüten-Tee an die Firma ASA V. nicht als „gewerblicher Zweck“ zu betrachten. Auch bei der Weitergabe von Nutzhanf an andere Gewerbetreibende muss nämlich sichergestellt sein, dass der Erwerber diesen gewerblich nutzt und nicht unverarbeitet an Endverbraucher abgibt (Weber, BtMG, § 1, Rn. 273; Bohnen/Schmidt-Teriet, BeckOK BtMG, § 29, Rn. 29). Solche Sicherungsmaßnahmen sind nicht vorgebracht und nicht ersichtlich. Insbesondere spricht die Tatsache, dass der Nutzhanf laut Rechnung bereits in Gläsern mit der Aufschrift des Handelsnamens der jeweiligen Mischung konsumfertig verpackt war, dafür, dass er nicht zur Weiterverarbeitung, sondern zur Weiterveräußerung gedacht war. Da bei den Angeklagten auch noch nicht einzeln abgepackte Nutzhanfpflanzenteile aufgefunden wurden, spricht die Tatsache, dass nicht unmittelbar aus den Kisten und Plastikverpackungen heraus geliefert wurde dafür, dass den Angeklagten bewusst war, dass hier der Weiterverkauf der erworbenen Gläser durch die Firma ASA V. GmbH direkt an Endverbraucher beabsichtigt war.

Die Vermarktung von Nutzhanf als Tee ist auch keine auch keine gewerbliche Verarbeitung, da hierdurch kein neuer Stoff mit grundlegend anderen Eigenschaften entsteht. Aus diesem Grund muss für den hier vorliegenden Fall auch nicht entschieden werden, ob der Verkauf sämtlicher Lebensmittel, welche Nutzhanf (außer den Samen) enthalten, auch nach der Verarbeitung zu Schokolade, Nudeln und Pesto, Limonade, usw. strafbar ist (dafür und mit beachtlichen Argumenten: Körner/Patzak/Volkmer-Patzak, BtMG, Teil 1. „Betäubungsmittel“, Rn. 48; differenzierter: Weber, BtMG, § 1, Rn. 251 f.).

cc) Ferner ist eine Rauschwirkung im hier vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen (s.o.). Bei dem Konsum des Hanfblüten-Tees in Form von Gebäck ist die Möglichkeit der Rauschwirkung von der Kammer positiv festgestellt worden. In der Konsumform des Rauchens als Joint hatte die Kammer zwar keine Rauschwirkungen positiv festgestellt, vermag sie aber auch nicht sicher auszuschließen; insbesondere im Hinblick auf erfahrene Konsumenten.

c) Die Verurteilung verstößt nicht gegen § 1 StGB. Die Anlage I zum BtMG basiert zwar nur auf einer Rechtsverordnung der Bundesregierung (§ 1 Abs. 2 BtMG), jedoch sind die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe schon aus dem Parlamentsgesetz hinreichend bestimmt, so dass die Anlage I zum BtMG lediglich eine (zusätzliche) Spezifizierung darstellt (Leipold/Tsambikakis/Zöller-Gaede, Anwaltkommentar StGB, § 1, Rn. 14).

Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass das BtMG durch einen grundlegenden Wandel der Verhältnisse entgegen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (Urteile vom 09.03.1994, Az.: 2 BvL 43/92 = BVerfGE 90, 145 und vom 29.06.2004, Az.: 2 BvL 8/02) mittlerweile (zumindest in Teilen) wegen Verfassungswidrigkeit nichtig ist.

d) Die Verurteilung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Dass die Herstellung eines Produktes erlaubt, die Veräußerung unter Umständen aber verboten ist, ist keine Selbstwidersprüchlichkeit der Rechtsordnung, sondern Ausfluss der Tatsache, dass unterschiedliche Gesetze unterschiedliche Regelungszwecke verfolgen. So ist es beispielsweise möglich, dass der Inhaber einer Waffenhandels- und -herstellungserlaubnis legal bestimmte Sturmgewehre herstellt, sich aber bereits beim Transport dieser Gewehre strafbar macht (Beispiel aus BGH, Urteil vom 23.07.2019, Az.: 1 StR 433/18).

2. Verbotsirrtum

Die Kammer ist zugunsten der Angeklagten vom Vorliegen eines Verbotsirrtums (§ 17 StGB) ausgegangen (s.o.).

Dieser Verbotsirrtum war allerdings nicht unvermeidbar. Unvermeidbar ist ein Verbotsirrtum erst dann, wenn der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat (BGH, NStZ 2013, 461; BGHSt 58, 15). Die Angeklagten haben sich über Rechtsanwalt F. Rechtsrat eingeholt. Das Vertrauen auf eingeholten rechtsanwaltlichen Rat vermag jedoch nicht in jedem Fall einen unvermeidbaren Verbotsirrtum des Täters zu begründen. Es ist nämlich erforderlich, dass der Täter auf die Richtigkeit der Auskunft nach den für ihn erkennbaren Umständen vertrauen darf. Dies ist nicht der Fall, wenn er nicht mehr als eine Hoffnung haben kann, das ihm bekannte Strafgesetz greife hier noch nicht ein. Daher darf der Täter sich auf die Auffassung eines Rechtsanwalts nicht allein deswegen verlassen, weil sie seinem Vorhaben günstig ist (BGH, Urteil vom 03.04.2008, Az.: 3 StR 394/07).

a) Im hier vorliegenden Fall hatte Rechtsanwalt F. den Angeklagten K. - welcher seinerseits den Mitangeklagten H. informierte - auf die obergerichtliche Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, des OLG Zweibrücken und des OLG Hamm hingewiesen. Die einschlägige (und eindeutige) Kommentarliteratur wurde nicht ausgewertet.

Alle drei zitierten Gerichte gehen von der Strafbarkeit dem Grunde nach aus.

aa) In der Entscheidung Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 21.02.2002, Az.: 4St RR 7/2002, zitiert nach juris, heißt es in Rn. 70 wörtlich: „Die Feststellungen der Strafkammer zum Gewicht und zum Wirkstoffgehalt des in einem Tee-Aufgußbeutels enthaltenen Cannabis-Produkts vom Marihuana-Typ sind derart widersprüchlich, daß von einer ausreichend sicheren Feststellung des Schuldumfangs in diesem Fall nicht ausgegangen werden kann.“ Feststellungen zum Schuldumfang sind aber nur erforderlich, wenn die Strafbarkeit dem Grunde nach bejaht wird.

bb) Das Urteil OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.05.2010, Az.: 1 Ss 13/10, zitiert nach juris, führt in Rn. 8 wörtlich aus: „Die Kammer hat auch zutreffend einen Ausnahmetatbestand gem. Anlage I zum BtMG Stichwort „Cannabis“ verneint. Die Ausnahmen unter lit a), c) und d) sind ersichtlich nicht einschlägig. Insbesondere kann die Ausnahme gem. lit d) keine Anwendung finden, da ausschließlich der Anbau von Nutzhanf diesem Ausnahmetatbestand unterfällt. Die Kammer hat zu Recht auch den Ausnahmetatbestand gem. lit b) verneint. Danach sind vom BtMG Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen ausgenommen, wenn sie aus dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut stammen … oder ihr Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,2 v.H. nicht übersteigt und der Verkehr mit ihnen ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen. Diese Zwecke müssen nicht nur beim Verkäufer sondern vor allem bei dem Endnutzer vorliegen. Die Ausnahmebestimmung soll das Marktpotenzial des Rohstoffes Hanf und seine Verwendungsmöglichkeiten zur industriellen und möglicherweise energetischen Verwendung erschließen und nicht die Bevölkerung mit THC-schwachen Zubereitungen zu persönlichen Konsumzwecken versorgen, auch nicht das grundsätzliche Cannabisverbot aufweichen (vgl. Körner aaO § 2 Rdnr. 20 m.w.N.). Danach hat die Kammer die Ausnahmeregelung mit der Feststellung, die „X.-Räucherhanfmischung“ sei von dem Angeklagten zu Konsumzwecken angeboten worden, rechtsfehlerfrei verneint. Es fehlt bereits am Vorliegen gewerblicher Zwecke (vgl. Körner BtM aaO § 2 Rdnr. 20 m.w.Nw.). Auf die weitere Frage, ob diese einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen, kommt es nicht mehr an.“ Aus Rn. 5 der eben zitierten Entscheidung ergibt sich, dass diese Ausführungen auch für Tee gelten.

cc) Das Urteil des OLG Hamm, Urteil vom 21.06.2016, Az.: 4 RVs 51/16, zitiert nach juris, teilt unter Rn. 42 f. wörtlich mit: „Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist neben dem Anbau mit zertifiziertem Saatgut aber auch bei dieser ersten Alternative der Ausnahmeregelung des lit. b) zusätzlich erforderlich, dass der Verkehr mit den Cannabisprodukten ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.05.2010, Az. 1 Ss 13/10; Weber, BtMG, 4. Auflage, § 1 BtMG Rn. 284). Die Ausnahmebestimmung soll das Marktpotenzial des Rohstoffes Hanf und seine Verwendungsmöglichkeiten zur industriellen und möglicherweise energetischen Verwendung erschließen und nicht die Bevölkerung mit THC-schwachen Zubereitungen zu persönlichen Konsumzwecken versorgen und demgegenüber nicht das generelle Cannabisverbot aufweichen (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.05.2010, Az. 1 Ss 13/10; Bayerisches Oberstes Landesgericht NStZ 2003, 270; Weber, BtMG, 4. Auflage, § 1 BtMG Rn. 288). Eine andere Auslegung dieser Ausnahmebestimmung würde dem Zweck des Betäubungsmittelgesetzes, nämlich die sozialschädlichen Wirkungen des illegalen Handels mit rauschfähigen Betäubungsmitteln einzudämmen, grundlegend zuwiderlaufen (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.05.2010, Az. 1 Ss 13/10; Bayerisches Oberstes Landesgericht NStZ 2003, 270 [BayObLG 25.09.2002 - 4 St RR 80/02]). Gewerbliche Zwecke im Sinne dieser Regelung sind insbesondere dann gegeben, wenn der Hanf verarbeitet werden soll, bis ein unbedenkliches Produkt, wie z. B. Papier, Seile oder Textilien, entstanden ist (Weber, BtMG, 4. Auflage, § 1 BtMG Rn. 288). Der bloße Konsum ist demgegenüber kein gewerblicher Zweck im oben genannten Sinne (Weber, BtMG, 4. Auflage, § 1 BtMG Rn. 289). Dabei müssen diese Zwecke nicht nur beim Verkäufer, sondern bei jedem an dem Verkehrsvorgang beteiligten Teilnehmer einschließlich bzw. vor allem beim Endbenutzer vorliegen (OLG Zweibrücken, a. a. O.; Weber, BtMG, 4. Auflage, § 1 BtMG Rn. 290). Bei der Weitergabe der Cannabisprodukte muss demnach gewährleistet sein, dass auch die Abnehmer ausschließlich den Zweck der Weiterverarbeitung zu unbedenklichen Produkten verfolgen.“.

Angesichts dieser deutlichen obergerichtlichen Rechtsprechung basierte die Annahme von Straflosigkeit des Handels mit Hanfblüten-Tee auf einer bloßen Rechtshoffnung. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass die obigen Entscheidungen zu sog. Head-Shops ergangen sind, während die Angeklagten ein Geschäft betrieben, welches nach ihren Ausführungen auf Gesundheit, Nachhaltigkeit und Genuss basiert.

b) Aufgrund der Tatsache, dass sich die Angeklagten bewusst in einem rechtlichen Graubereich bewegten, oblag ihnen eine gesteigerte Verpflichtung zur besonders sorgfältigen Prüfung der Rechtslage. Daher war im hier vorliegenden Fall eine „normale“ anwaltliche Beratung nicht ausreichend, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen. Bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (BGH, Urteil vom 03.04.2008, Az.: 3 StR 394/07; Weber, FD-StrafR 2017, 393621). Ein solches detailliertes, schriftliches Gutachten wurde nicht eingeholt.

c) Die Überprüfung der Angaben des Rechtsanwaltes obliegt dem Angeklagten persönlich unter Ausschöpfung seiner gesamten geistigen Kräfte (Dahs, StV 2014, 14). Hierbei darf er auch nicht die Augen vor gegenteiligen Argumenten, wie sie hier beispielsweise von der Staatsanwaltschaft und der Polizei vorgebracht wurden, verschließen (BGH, Urteil vom 23.07.2019, Az.: 1 StR 433/18). Durch eine einfache Nachfrage bei staatlichen Stellen hätten die Angeklagten schnell, unkompliziert und kostenlos Hinweise darauf erhalten, dass die von ihnen vertretene Rechtsauffassung dringend der intensiveren Überprüfung bedarf (s.o. III.5.). Die Zeugin Dr. K. bekundete, dass sämtliche Personen, welche sich bei der Bundesopiumstelle im hier betroffenen Tatzeitraum nach der Verkehrsfähigkeit von Hanfblüten-Tee erkundigen, eine vorformulierte Antwort dahingehend erhielten, dass nach Auffassung der Behörde dieser Tee wegen entgegenstehender Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes nicht verkehrsfähig sei. Sie begründete dies damit, dass nach Auffassung der Bundesopiumstelle der Zweck der Ausnahmevorschrift in Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG die industrielle und energetische Nutzung des Nutzhanf es sei. Es sei nicht Sinn der Ausnahmevorschrift, die Bevölkerung mit THC-armen Cannabis zu versorgen. Nach Auffassung der Bundesopiumstelle sei daher nicht nur der Verkauf von unverarbeiteten Nutzhanf an Endverbraucher untersagt, sondern auch der Verkauf von zu Lebensmittel verarbeiteten Nutzhanf. Gewerbliche Zwecke müssten nach Auffassung der Bundesopiumstelle sowohl beim Verkäufer als auch beim Erwerber des Nutzeramtes vorliegen. Erst wenn dies der Fall sei, käme es überhaupt auf die Frage der Rauschwirkung an.

Den Inhalt dieser standardisierten Antwort bestätigte auch der Zeuge S., welcher eine Antwortmail der Bundesopiumstelle erhalten hatte, die der von der Zeugin Dr. K. geschilderten Antwort entsprach.

d) Der Verbotsirrtum der Angeklagten wäre sicher vermieden worden, hätten diese zunächst den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Der Gesetzgeber hat für Situationen wie der vorliegenden einen Weg jenseits der Strafbarkeit vorgesehen. Nämlich, dass der Betroffene bei den zuständigen Behörden betäubungsmittel- und lebensmittelrechtliche Erlaubnisse beantragt und im Falle der Versagung die Verwaltungsgerichte anruft, um zu klären, ob ihm die Erlaubnis zu erteilen ist oder das beabsichtigte Geschäftsmodell schon gar keiner Erlaubnis bedarf. Damit wurde den Angeklagten vom Gesetzgeber die Komplexität der Materie nicht als unkalkulierbares Strafbarkeitsrisiko auferlegt.

3. Konkurrenzen

a) Hinsichtlich der beiden Cannabis-Einkäufe aus Februar und Juni 2018 (Tat 1.) liegt Tateinheit durch Teilidentität von Ausführungshandlungen vor. Denn die beiden Einkäufe wurden in einem ersten Zwischenschritt zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint und in einem zweiten Zwischenschritt zum verkaufsfertigen Hanfblüten-Tee „verarbeitet“. Durch das Herstellen der verschiedenen Sorten von Hanfblüten-Tee liegt eine Verklammerungshandlung vor, die über das bloße gleichzeitige Vorhandensein von zwei Liefermengen hinausgeht.

Deshalb kommt es auf die sog. Silo-Theorie nicht mehr an.

Die Beschlagnahme des gesamten bereits hergestellten Hanfblüten-Tees und der Rohstoffe am 14.07.2018 bildet eine Zäsur, weil danach der Vorgang des Bestehens der Rohstoffe und Herstellen des Tees von neuem beginnen musste.

b) Etwaige weitere Verstöße gegen das Lebensmittel- oder Arzneimittelstrafrecht treten im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter die speziellere Vorschrift des § 29 BtMG zurück.

VI. Strafzumessung

1. Strafrahmen

Die Kammer ist im hier vorliegenden Fall bei beiden Angeklagten vom Strafrahmen des Grundtatbestandes nach § 29 Abs. 1 BtMG ausgegangen.

Dabei wurde zunächst berücksichtigt, dass die Angeklagten gewerbsmäßig handelten, da sie sich durch die Taten eine Einnahmequelle von einem Umfang und einiger Dauer verschaffen wollten. Daher ist an und für sich ein besonders schwerer Fall nach § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG gegeben. Jedoch kann die Indizwirkung der Regelbeispiele nach § 29 Abs. 3 BtMG entkräftet werden, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, welches die Anwendung des gemilderten Ausnahmestrafrahmens geboten erscheinen lässt. So liegt die Sache hier.

Ein vom Regelfall des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmittel abweichender Gesichtspunkt ist die geringe THC-Konzentration der veräußerten und sichergestellten Cannabispflanzenteile. Wenn bei einer Gesamtmenge von Cannabis von fast 7 kg (Tat 1) der Grenzwert zur nicht geringen Menge (7,5 g) objektiv nur geringfügig (ca. 12 g) und subjektiv gar nicht überschritten ist, ist dies ein Umstand, der der besonderen Gewichtung bedarf. Auch bei der 2. Tat war die THC-Konzentration so gering, dass bei etwa 3,5 kg der Grenzwert zur nicht geringen Menge weder objektiv noch subjektiv überschritten war.

Bei der gebotenen umfassenden Würdigung des Sachverhaltes ist sodann zu berücksichtigen, dass durch die von den Angeklagten vertriebenen Hanfblüten in ihrer bestimmungsgemäßen Konsumform als Tee keine Rauschwirkung eintreten kann. Damit unterscheidet sich dieser Fall bereits deutlich von üblichen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Ferner fällt auf, dass Tee aus Cannabis-Pflanzen im Tatzeitraum auch in Supermärkten, Drogerien, Reformhäusern und Apotheken verkauft wurde. Dieser Tee hatte zwar, soweit die Kammer exemplarische Sorten hat untersuchen lassen, einen noch geringeren THC-Wert, jedoch lässt der Verkauf von Hanftee durch Handelsketten darauf schließen, dass gewichtige Verkehrskreise Tee aus Nutzhanf in deutlich größerer Menge auf den Markt gebracht haben, als dies die Angeklagten taten.

Isoliert betrachtet würden die obigen Strafmilderungsgründe noch nicht ausreichen, um ein Abweichen vom Regelbeispiele zu rechtfertigen. Denn immerhin muss man aus der professionellen Gestaltung der beiden Hanfbars auch im Umkehrschluss von einer besonders intensiven und planmäßig durchgeführten Gefährdung der Volksgesundheit ausgehen, zumal hierdurch der Kundenkreis der Cannabispflanzen über die übliche „Kiffer-Szene“ hinaus erweitert wurde. Auch haben sich die Angeklagten (zumindest objektiv) in eine Grauzone begeben um unter der Gestalt eines Gesundheitsladens das gesetzliche Cannabisverbot zu unterlaufen.

Im hier vorliegenden Fall ist aber darüber hinaus das Vorliegen eines Verbotsirrtums (s.o.) hinzuzuziehen. Trifft ein Regelbeispiel oder ein minder schwerer Fall mit einem vertypten Strafmilderungsgrund zusammen, so ist zunächst zu prüfen, ob schon allein wegen der Umstände des Einzelfalles von der Regel Wirkung abzusehen oder der minderschwere Fall anzunehmen ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. In einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen, ob die Umstände des Einzelfalls unter Hinzuziehung des vertypten Strafmilderungsgrundes geeignet sind, auf den Regelstrafrahmen zurückzugreifen (BGH, Beschluss vom 24.04.2003, Az.: 4 StR 94/03 = NStZ-RR 2003, 297). Dies ist hier der Fall. Denn da die Angeklagten ihr Vorgehen subjektiv für erlaubt hielten, ist das von ihnen verwirklichte Unrecht in einem milderen Licht zu sehen.

Der Regelstrafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG ist für die Angeklagten günstiger als der nach §§ 17 S. 2, 49 StGB gemilderte Strafrahmen des § 29 Abs. 3 BtMG, weil er keine Mindeststrafe vorsieht.

Eine erneute Milderung nach §§ 17 S. 2, 49 StGB wegen des vermeidbaren Verbotsirrtums hat die Kammer nicht vorgenommen. Denn zum einen wurde der Verbotsirrtum bereits zur Verneinung des Regelbeispiels herangezogen (arg. ex § 50 StGB), zum anderen war der Verbotsirrtum für die Angeklagten nicht nur vermeidbar, sondern auch vorwerfbar.

2. Konkrete Strafzumessung

a) Beide Angeklagte

Innerhalb des Strafrahmens des § 29 Abs. 1 BtMG hat die Kammer für die konkrete Strafzumessung bei beiden Angeklagten die Umstände erneut in den Blick genommen, die bereits zur Verneinung des Regelbeispiels geführt haben.

Die Kammer hat beiden Angeklagten darüber hinaus gutgebracht, dass ihr Handeln „unter den Augen der Polizei“ erfolgte, es sich sogar bei normalem Cannabis um eine sog. „weiche Droge“ handelt und dass über die Hälfte des von den Angeklagten hergestellten Hanfblüten-Tees beschlagnahmt wurde und deshalb nicht in den Verkehr gelangte.

Die Einlassungen beider Angeklagten hat die Kammer als Teilgeständnis (hinsichtlich des objektiven Tatbestandes) gewertet.

Ferner wurde berücksichtigt, dass beide Angeklagte als Ersttäter besonders haftempfindlich sind. Beide Angeklagte sind nur geringfügig und nicht einschlägig vorbestraft.

Schließlich hat die Kammer im Blick gehabt, dass die Einziehung von Gegenständen nach § 74 StGB (hier: Verpackungsmaterial für Hanfblüten-Tee und Cannabispflanzenteile) strafmildernd zu berücksichtigen ist. Zugunsten der Angeklagten schätzt das Gericht den Wert der eingezogenen 398 Gläser mit 0,50 € je Glas und den Wert der eingezogenen Verpackungsfolie mit pauschal 50,- €.

Strafschärfend berücksichtigt werden mussten Gesichtspunkte des objektiven Erfolgsunwerts der Taten.

Auch bei der konkreten Strafzumessung konnte nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Angeklagten durch die Art und Weise ihrer beiden Ladengeschäfte als Bio-Gesundheitsläden und Cafés die verbotenen Cannabis-Pflanzenteile auch Bevölkerungsgruppen nahegebracht haben, die ansonsten der „Kifferszene“ eher fernstehen (s.o). Selbst wenn man den Angeklagten zugutehält, dass sie die von ihnen angebotenen Hanfblüten-Tees subjektiv für gänzlich harmlos halten, haben sie dennoch einen vorwerfbar erhöhten Erfolgsunwert geschaffen, in dem sie den Personenkreis, welcher verbotenerweise mit Cannabispflanzenteilen Umgang pflegt, ausgeweitet haben. Auch haben sie ihre Kunden der Gefahr einer Strafverfolgung ausgesetzt.

Entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft hat die Kammer den Angeklagten nicht strafschärfend angerechnet, dass sie durch den Verkauf von Hanfblüten-Tee fast 50.000,- € Umsatz erwirtschaftet haben. Denn es ist zu bedenken, dass es sich hierbei eben nur um den Umsatz aus zwei Ladengeschäften und nicht um den Gewinn handelt. Demnach sind (freilich nicht für die Einziehung, wohl aber für die Strafzumessung) Einkaufskosten, Ladenmieten, Angestelltengehälter und ähnliche Kosten hiervon in Abzug zu bringen. Die Angeklagten haben, wenn auch mit viel PR-Aufwand und unter großem Einsatz der sozialen Medien im Internet, zwei Ladengeschäfte betrieben. Dies ist mit einem klassischen organisierten Drogenhandel nicht vergleichbar.

Darüber hinaus ist Gewinnerzielungsabsicht beim Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens ohnehin kein zulässiger Strafschärfungsgrund (§ 46 Abs. 3 StGB).

b) Angeklagter K.

Beim Angeklagten K. war strafschärfend zu berücksichtigen, dass er Initiator und Hauptorganisator der Taten war.

Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der Angeklagte K. im Ermittlungsverfahren in Teilbereichen durchaus kooperativ war. So war beispielsweise ein Auslesen der Kassenjournale durch die Polizei erst durch seine Mithilfe möglich.

Unter Berücksichtigung der Einlassung, des letzten Wortes und der Persönlichkeit des Angeklagten K. ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass hier eine Freiheitsstrafe erforderlich ist, um dem Angeklagten deutlich vor Augen zu führen, dass die von ihm begangenen Taten echtes kriminelles Unrecht sind und von der Rechtsgemeinschaft nicht tatenlos hingenommen werden können.

Die Kammer hat daher hinsichtlich beider Straftaten des Angeklagten K. auf Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sieben Monaten erkannt.

Aus den Einzelstrafen war – da die einzelnen Taten in Tatmehrheit begangen worden sind – nach den §§ 53, 54 StGB eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden. Unter zusammenfassender Würdigung der einzelnen Taten und ihrer konkreten Umstände, unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Kriterien hat die Kammer die Einzelfreiheitsstrafen durch die angemessene Erhöhung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten zurückgeführt.

Diese entspricht dem Schuld- und Unrechtsgehalt der inkriminierten Taten und ist erforderlich, aber auch ausreichend, um dem Angeklagten das Unrecht seiner Taten nachhaltig zu verdeutlichen, ihn eindringlich zu warnen und von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten.

c) Angeklagter H.

Hinsichtlich des Angeklagten H. war strafschärfend zu berücksichtigen, dass er im August 2018 in das Geschäft des K. einstieg, obwohl er durch die ihm bekannten Razzien der Polizei am 03.07.2018 und 14.07.2018 vorgewarnt war.

Auch beim Angeklagten H. ist die Kammer unter Berücksichtigung der Einlassung, des letzten Wortes und seiner Persönlichkeit zu der Auffassung gelangt, dass hier eine Freiheitsstrafe erforderlich ist, um dem Angeklagten deutlich vor Augen zu führen, dass die von ihm begangenen Taten echtes kriminelles Unrecht sind und entsprechende Kriminalstrafen nach sich ziehen.

Die Kammer hat daher hinsichtlich der Tat des Angeklagten H. auf eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten erkannt.

3. Bewährungsentscheidung

Bei beiden Angeklagten konnten die Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt werden, weil die begründete Erwartung besteht, dass sie sich schon die Verurteilung als solche zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen werden. Insofern ist beiden Angeklagten eine positive Sozialprognose i.S.d. § 56 Abs. 1 StGB zu stellen. Beide Angeklagte sind bisher nur geringfügig wegen nicht einschlägiger Delikte strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sie leben in geordneten Verhältnissen und gehören nicht zum Kreis derjenigen verurteilten Betäubungsmittelstraftäter, die wegen einer unbearbeiteten Suchtproblematik oder allgemein schwierigen Lebensverhältnissen schwerst rückfallgefährdet sind.

a) Problematisch bei der Frage, ob die Freiheitsstrafen hier zur Bewährung ausgesetzt werden können, war, dass die Angeklagten bis zum Schluss der Hauptverhandlung der Überzeugung waren, kein Unrecht begangen zu haben. Aus dem letzten Wort beider Angeklagten war deutlich zu erkennen, dass sie der staatlichen Drogenpolitik ablehnend gegenüberstehen und sich selbst als zu Unrecht kriminalisierte Opfer sehen. Allein der Umstand, dass ein Angeklagter sein Handeln für rechtmäßig hält und an seiner politischen Gesinnung festhält, führt jedoch noch nicht zu einer ungünstigen Sozialprognose für die Strafaussetzung zur Bewährung (BGH, StV 2001, 505).

Die Angeklagten sind keine „Überzeugungstäter“ im strafrechtlichen Sinne. Denn der Überzeugungstäter weiß, dass sein Verhalten strafbar ist, nimmt die Strafbarkeit aber um eines höheren Endzieles wegen in Kauf. Der Überzeugungstäter lehnt sich gegen die (Straf-) Rechtsordnung auf, weil seine politische, sittliche oder religiöse Überzeugung ihm dies gebietet. Er ist ein Täter, der sein strafbares Tun für richtig hält (Leipziger Kommentar-Theune, StGB, § 46, Rn. 106). So liegt die Sache hier nicht. Die Angeklagten sind nach den Feststellungen der Kammer subjektiv davon überzeugt, dass ihr Verhalten nicht strafbar war. Da der Überzeugungstäter bewusst seine persönliche Auffassung an die Stelle der Rechtsordnung setzt, ist zunächst Voraussetzung hierfür, dass er die Rechtslage zutreffend erkennt, weshalb bei einem Irrtum über die Rechtswidrigkeit des eigenen Handelns in der Regel kein Überzeugungstäter vorliegt (BGH, Urteil vom 23.05.1973, Az.: 3 StR 321/72, zitiert nach juris, Rn. 10). Ihre allgemein drogenpolitische Überzeugung macht die Angeklagten noch nicht zu Überzeugungstätern im strafrechtlichen Sinne.

Dagegen, die Angeklagten als unbelehrbare Überzeugungstäter anzusehen spricht auch, dass sich beide Angeklagte nach Aussetzung des Haftbefehls am 01.11.2018 an die vom Oberlandesgericht erteilten Weisungen gehalten haben. Nach Auffassung der Kammer sind die Angeklagten daher durch die Androhung des Vollzuges von Strafhaft durchaus zu beeindrucken. Der Angeklagte K. führte zwar aus, dass er nur deshalb auf den weiteren Verkauf von Hanfblüten-Tee verzichtet habe, um seine Freiheit zu erhalten. Dies ist aber ausreichend. Denn warum sich die Angeklagten künftig straffrei verhalten, ist nicht entscheidend; entscheidend ist nur, dass sie sich rechtstreu verhalten werden. Es ist nicht Aufgabe des Strafprozesses, die (drogen-)politische Einstellung der Angeklagten zu verändern, sondern die Angeklagten künftig zu rechtstreuem Verhalten anzuhalten. Solange sie dies tun, können sie die geltende Rechtslage im Allgemeinen und dieses Urteil im Besonderen ungerecht, willkürlich und rückwärtsgewandt empfinden. Der demokratische Rechtsstaat zwingt seine Bürger nicht, ihn selbst oder alle Gesetze innerlich zu bejahen, sondern nur, sich rechtstreu zu verhalten (BVerfGE 39, 334 [BVerfG 22.05.1975 - 2 BvL 13/73], zitiert nach juris, Rn. 61). Nach dem bisherigen Verfahrensablauf ist davon auszugehen, dass die Angeklagten dies - wenn auch nur zur Vermeidung von Strafvollzug - zukünftig tun werden.

Hinsichtlich des Angeklagten H. hat die Kammer bei der Prognoseentscheidung nicht übersehen, dass dieser in seinem letzten Wort darauf hinwies, dass ihm die Höhe der zu erwartenden Strafe egal sei; er wolle nur nicht verurteilt werden, weil er unschuldig sei. Isoliert betrachtet kann dies durchaus als Hinweis darauf gewertet werden, dass sich der Angeklagte H. eine Verurteilung als solche nicht zur Warnung gereichen lässt und dass es erforderlich sein könnte, ihm den Normgeltungsanspruch des Betäubungsmittelgesetzes im festen Rahmen des Justizvollzuges nahezubringen. Jedoch ist bei der Bewertung dieser Aussage auch der Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen, in dem sie getroffen wurde. Denn beide Angeklagte richteten ihr letztes Wort, welches sich über zwei Verhandlungstage erstreckte, erkennbar nicht nur an die Kammer, sondern insbesondere auch an den stets gefüllten Zuschauerraum und die Vertreter der Presse. Sowohl hinsichtlich Inhalt als auch Stil der Äußerungen der Angeklagten war nicht übersehbar, dass sich die Angeklagten für die Öffentlichkeit als unbeugsame Streiter für die gerechte Sache im Sinne von Mahatma Gandhi oder Nelson Mandela zu inszenieren suchten. Insofern wertet die Kammer diesen Teil der Einlassung nicht als Ausdruck einer verfestigten inneren rechtsfeindlichen Grundeinstellung des Angeklagten H. .

b) Die Kammer hat geprüft, ob die Verteidigung der Rechtsordnung (§ 56 Abs. 3 StGB) die Vollstreckung der Freiheitsstrafen gebietet. Die Strafaussetzung zur Bewährung kann nach § 56 Abs. 3 StGB dann versagt werden, wenn sie im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalls für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müsste und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert werden könnte. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Abzustellen ist nämlich auf das Rechtsempfinden einer über die Besonderheiten des konkreten Falles aufgeklärten Bevölkerung. Zu den Besonderheiten dieses Falls gehört, dass die Gesundheit der einzelnen Konsumenten bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nur in geringem Maße gefährdet war, die Angeklagten einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterlagen und insbesondere keine Strafverfolgungsmaßnahmen gegen die Geschäftsführer diverser Apotheken, Teeläden, Drogerie- und Einzelhandelsketten, in denen ebenfalls unter Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz Hanftee veräußert wird, bekannt sind.

VII. Einziehung

1. Die Einziehung des im Tenor bezeichneten Hanfblüten-Tees und der Cannabis-Pflanzenteile folgt aus § 33 BtMG.

Soweit von der Einziehung auch die Behältnisse der Cannabispflanzenteile umfasst sind, erfolgt eine Einziehung als Tatmittel (§ 74 Abs. 1 StGB), da sie nach dem Willen der Angeklagten zur Vorbereitung von weiteren Betäubungsmittelverkäufen bestimmt gewesen sind.

2. Die Einziehung von 49.860,06 € gegenüber dem Angeklagten K. folgt aus §§ 73, 73c StGB. Dies sind die Erlöse, die er aus dem Verkauf von Hanfblüten-Tee, soweit er Gegenstand der Anklage ist, erlangt hat.

Hinsichtlich der 17.936,17 € für die erste Tat handelte der Angeklagte K. als Einzeltäter.

Die Kammer hat erwogen, hinsichtlich der 31.923,89 €, welche aus der zweiten Tat erlangt waren, in der die Angeklagten K. und H. als Mittäter handelten, eine Einziehung bei beiden Angeklagten als Gesamtschuldner anzuordnen. Die Anordnung von Gesamtschuldnerschaft bei Mittätern setzt aber voraus, dass jeder der Mittäter zumindest vorübergehenden faktische Mitverfügungsgewalt am Erlös aus der Tat erlangt hat (BGH, NStZ 2019, 20 [BGH 21.08.2018 - 2 StR 311/18]; BGH, NStZ 2016, 412 [BGH 22.03.2016 - 3 StR 517/15]; BGH, NStZ 2011, 295 [BGH 28.10.2010 - 4 StR 215/10]). Dies konnte hinsichtlich des Angeklagten H. nicht festgestellt werden. Denn die Zeugin D. sagte aus, dass die Tageserlöse von den Ladenmitarbeitern auf ein ausschließlich dem Angeklagten K. zustehendes Bankkonto eingezahlt wurden. Dass auch der Angeklagte H. möglicherweise solche Einzahlungen vorgenommen hat ist lebensnah, konnte aber hinsichtlich des Umfangs solcher Einteilungen in der Hauptverhandlung nicht bestätigt werden. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der bloße Transport der Bareinnahmen zur Bank nicht ausreichen dürfte um Mitverfügungsmacht anzunehmen (BGH, Urteil vom 07.06.2018, Az.: 4 StR 63/18), weil der Transporteur hierüber nicht verfügen konnte. Bei der Bank einzuzahlen ist nämlich genau der Betrag, der ausweislich des Kassenjournals aus der Kasse entnommen wurde.

Nichts Anderes folgt auch aus der Tatsache, dass es ab August 2018 zwischen den Angeklagten K. und H. eine Form der Gewinnverteilung gegeben haben wird. Jedoch konnten auch hierzu keine sicheren Feststellungen getroffen werden. Insofern hat die Kammer den gesamten Erlös ausschließlich beim Angeklagten K. eingezogen. Dass im Ergebnis hier beim Angeklagten K. mehr Geld eingezogen wurde, als ihm im Innenverhältnis zustand, ist unbedenklich, weil er zivilrechtlich Regressansprüche gegen den Mitangeklagten H. geltend machen kann. Zur Erreichung des Präventionszwecks der §§ 73 ff. StGB ist es gerechtfertigt, diesen Innenausgleich den Tatbeteiligten zu überlassen und hinzunehmen, dass zuvor einzelnen von ihnen mehr entzogen wird, als sie letztlich erlangt haben (BGHSt 56, 39, zitiert nach juris, Rn.25 f).

VIII. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 464, 465 StPO.