Arbeitsgericht Oldenburg
Urt. v. 04.08.2016, Az.: 5 Ca 160/15

Darlegungslast; Umkleidezeit; Vergütung; Wegezeit

Bibliographie

Gericht
ArbG Oldenburg
Datum
04.08.2016
Aktenzeichen
5 Ca 160/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43062
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Für Ansprüche auf Umkleide- und Wegezeiten hat der Arbeitnehmer substantiiert vorzutragen, welche konkreten Tätigkeiten an welchem Ort durchgeführt werden müssen unter Beachtung welcher baulichen Gegebenheiten und Umstände. Einem Sachverständigen müsste es möglich sein, anhand des Vortrags des Klägers mittels Stoppuhr eine Messung vorzunehmen und auf diese Weise den Vortrag des Klägers zu verifizieren.

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die klagende Partei zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 3.166,80 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Vergütung für Umkleide- und Wegezeiten.

Die klagende Partei ist bei der Beklagten als Produktionsmitarbeiter in der Fleischverarbeitung in E. beschäftigt. An dem Betriebsstandort E. der Beklagten bestehen zwei Werke, deren Umkleide- und Wegezeiten sich unterscheiden. Die Werke werden mit Werk 1 und Werk 2 bezeichnet.

Auf Anweisung der Beklagten hat die klagende Partei vor Beginn der Arbeit im Produktionsbereich im Betrieb vorgehaltene Hygieneschutzkleidungsstücke anzuziehen sowie umfangreiche Wasch- und Desinfektionstätigkeiten vorzunehmen. Im Betrieb gelten die unter dem 24. Oktober 2012 fixierten Hygienevorschriften. Es muss eine Kopfbedeckung getragen werden, die das Haar vollständig bedeckt, die von der Beklagten vorgeschriebene Kleidung muss in den Umkleideräumen angezogen werden. Die private Kleidung muss getrennt von der Arbeitskleidung aufbewahrt werden. Vor Betreten der Produktionsräume muss durch die Hygieneschleuse gegangen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird die Hygienevorschrift vom 24. Oktober 2012 in Bezug genommen. Für den konkret zurückzulegenden Weg reichte die klagende Partei einen Wegeplan zur Akte, welche dem Werk 1 in E. bei der Beklagten entspricht. Bei Ziffer 1 müssen die Taschen ausgepackt und in einen Eimer umgeräumt werden. Bei Ziffer 2 ist die Straßenkleidung in den hierfür vorgesehenen Spind zu verpacken und weiter zu Ziffer 3 zu gehen zum Anlegen der sog. Weißkleidung. Dann weiter zu Ziffer 4, wo die Badelatschen gegen Arbeitsschuhe getauscht werden. Danach muss durch das Treppenhaus gegangen werden, wo der Eimer in den Aufenthaltsraum abgestellt wird. Auf dem Weg zur Stempeluhr wird die Kopfhaube aufgesetzt. Sodann erreicht die klagende Partei die Stempeluhr. Der zur Akte gereichte Wegeplan für das Werk 1 wird in Bezug genommen.

Die Beklagte erfasste die Arbeitszeiten eines jeden Mitarbeiters mittels einer elektronischen Erfassungsvorrichtung, die sich hinter der Hygieneschleuse befinden, sodass die Wasch- und Hygienemaßnahmen nicht als Arbeitszeit erfasst wurden. Es existiert eine Gesamtbetriebsvereinbarung Arbeitszeitregelung Produktion/Technik vom 26. September 2013. Gemäß dessen Ziffer 9.2 sind Zeitguthaben durch Freizeit auszugleichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gesamtbetriebsvereinbarung Arbeitszeitregelung Produktion/Technik vom 26.September 2013 verwiesen.

In der Betriebsvereinbarung Betriebsordnung vom 01. Januar 2013 ist unter Ziffer 11 folgende Vereinbarung getroffen: „Die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen. Das gilt nicht, wenn die Berufung auf die Ausschlussfristen wegen des Vorliegens besondere Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird die Gesamtbetriebsvereinbarung Arbeitszeitregelung Produktion/Technik vom 26.September 2013 in Bezug genommen. Die Beklagte gab gegenüber dem Gesamtbetriebsrat der B. D. GmbH & Co. KG unter dem 26. September 2013 eine Erklärung folgenden Inhalts ab: „Für alle Mitarbeiter der Betriebe […] E. […] werden alle vereinbarten Ausschlussfristen im Zusammenhang mit den Umkleidezeiten außer Kraft gesetzt. […] Im Hinblick auf vergangene Umkleidezeiten erstreckt sich der Verzicht nur auf Ansprüche, die am 20.09.2013 noch nicht von o.a. Ausschlussfristen betroffen sind bzw. bei denen sich der Arbeitgeber am 20.09.2013 nicht auf Ausschlussfristen berufen konnte.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat der B. D. GmbH & Co. KG vom 26. September 2013 verwiesen.

Der Kläger behauptet, dass für die unterschiedlichen Ankleide-, Wasch- und Wegezeiten pro Arbeitstag durchschnittlich 15 Minuten anfielen. Dies hätte der Betriebsrat bei der Beklagten durch umfangreiche Messungen festgestellt. Dabei handele es sich um einen Minimalwert. Bei jeder Pause würden weitere Umkleide- und Wegezeiten anfallen. Da die Umkleide- und Wegezeiten Arbeitszeiten wären, seien diese Zeiten auch für Entgeltfortzahlungszeiträume wie Urlaub oder Feiertage sowie bei Krankheit zu berücksichtigen. Der Kläger hat pro Jahr 260 Tage in Ansatz gebracht und unter Berücksichtigung von 15 minütiger Umkleide- und Wegezeiten pro Tag auf das Jahr 65 Stunden errechnet. Diese Stunden wurden mit dem einschlägigen Stundenlohn multipliziert.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Vereinbarung Arbeitszeitregelung Produktion/Technik vom 26.September 2013 vorliegend nicht einschlägig sei, da diese Regelung nur das Arbeitszeitkonto erfasse, die Umkleidezeiten und Wegezeiten jedoch gerade nicht vom elektronischen Arbeitszeitsystem erfasst worden sind. Die klagende Partei hätte keine Ausschlussfristen individuell mit dem Kläger vereinbart, sodass nach dem Günstigkeitsprinzip die Betriebsvereinbarung hinsichtlich der Ausschlussfristen nicht anwendbar wäre. Im Übrigen wäre die Berufung auf die Ausschlussfristen wegen des Vorliegens besondere Umstände eine unzulässige Rechtsausübung, da die Beklagte jahrelang vereitelt hätte, dass die tatsächlichen Arbeitszeiten der Mitarbeiter inklusive der Umkleide- und Wegezeiten erfasst werden.

Ursprünglich beantragte der Kläger Vergütung für Umkleide- und Wegezeiten für den Zeitraum vom 01. August 2013 bis einschließlich 31. Oktober 2014. Mit Klageerweiterung vom 10. Dezember 2015 erweiterte der Kläger die Klage, indem er Vergütung für Umkleide- und Wegezeiten im darüber hinausgehenden Zeitraum vom 01. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 beantragte. Mit Schriftsatz vom 28. April 2016 beantragte der Kläger hilfsweise die entsprechende Gutschrift der Arbeitszeit auf das Arbeitszeitkonto.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei Entgelt in Höhe von 858,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen,

die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei weitere 2.308,55 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise beantragt der Kläger

die Beklagte zu verurteilen, dem bei ihr geführten Stundenkonto der klagenden Partei 260 Stunden gutzuschreiben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage bereits unschlüssig sei. Es sei nicht ersichtlich, wieviel Zeit die klagende Partei für welche genaue Tätigkeit verrichtet haben will. Die Beklagte reichte eine Aufstellung der einzelnen Arbeitsvorgänge und der dafür benötigten Zeiten für das Werk 1 und 2 in E. ein. Hiernach werden im Werk 1 für Umkleide-und Wegezeiten 11:02 Minuten gebraucht und im Werk 2 für Umkleide- und Wegezeiten 7:21 Minuten. Diese Zeiten würden jedoch nicht als zugestanden gelten. Sie sollen lediglich deutlich machen, dass die von der klagenden Partei vorgetragenen Mindestzeiten völlig überzogen seien. Im Übrigen seien die Ansprüche zumindest teilweise verfristet aufgrund der Ausschlussfristen aus der Betriebsordnung. Hiergegen spreche auch nicht der erklärte Verzicht, da insofern nur auf Ansprüche im Zusammenhang mit Umkleidezeiten, nicht hingegen mit Wegezeiten verzichtet worden sei. Ferner seien die Umkleide- und Wegezeiten nach Vorgängen zu unterscheiden, die ausschließlich dem Bedürfnis des Arbeitgebers dienen und damit vergütungspflichtig wären und solchen Vorgängen, die zugleich auch ein Interesse des Arbeitnehmers erfüllen und daher nicht vergütungspflichtig wären. Ferner seien aufgrund der betrieblichen Arbeitszeitregelung Produktion/Technik etwaige Zeitdifferenzen dem Arbeitszeitkonto zuzuschreiben.

Die Klageerweiterung vom 10. Dezember 2015 ist dem Beklagten am 14. Januar 2016 zugestellt worden. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Sie ist unschlüssig.

Die klagende Partei hat nicht im ausreichenden Maße vorgetragen, in welchem konkreten zeitlichen Umfang Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, sodass eine Vergütungspflicht der Beklagten in Betracht zu ziehen wäre.

1. Dem Grunde nach war zwischen den Parteien unstreitig, dass – zumindest teilweise – die Umkleide- und Wegezeiten für die klagende Partei vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind.

a. Dies entspricht der Rechtsprechung des BAG. Hiernach ist Arbeit jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient. Zur Arbeit gehört auch das Umkleiden für die Arbeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss. Da die Arbeit in diesem Falle mit dem Umkleiden beginnt, zählen auch die innerbetrieblichen Wege zur Arbeitszeit, die dadurch veranlasst sind, dass der Arbeitgeber das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet, die der Arbeitnehmer zwingend benutzen muss (BAG, Urteil vom 19. September 2012 – 5 AZR 678/11, Rz. 23 = NZA-RR 2013, 63, 65). Vorliegend schreibt die Beklagte dem Kläger mit den Hygienevorschriften vor, welche Arbeitskleidung er am Arbeitsplatz zu tragen hat und stellt dafür Umkleideräume zur Verfügung. Das Anlegen der Arbeitskleidung muss zwingend in diesen Umkleideräumen geschehen.

b. Ob und zu welcher Zeit Ausschlussfristen etwaige Ansprüche des Klägers ausschließen, konnte dahingestellt bleiben. Auch die Beklagte geht allenfalls von einer teilweisen Verfristung der Ansprüche, nicht jedoch von einem vollständigen Ausschluss aus.

2. Die zwischen den Parteien strittige Höhe der Forderung im Sinne der konkreten Anzahl der Minuten für die vorzunehmenden Umkleide- und Wegezeiten konnte die klagende Partei hingegen nicht schlüssig vortragen. Die Beklagte hat die konkrete Anzahl der vom Kläger vorgebrachten benötigten Minuten bestritten und ihrerseits dargelegt, wie sie auf ihre abweichende Behauptung zur Anzahl der benötigten Minuten komme, ohne diese als zugestanden erklären zu wollen.

a. Als Anspruchsteller ist der Kläger vorliegend darlegungs- und beweisbelastet für die Anspruchshöhe. Beweiserleichterungen greifen vorliegend nicht ein.

aa. Dies gilt zum einen dafür, dass kein Grund für eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast ersichtlich ist. Die Darlegungslast des Pflichtigen könnte allenfalls reduziert sein, wenn es um Geschehnisse aus dem Bereich der anderen Partei geht und sich eine aus § 138 Absatz 1 und 2 ZPO ergebende Mitwirkungspflicht des Gegners ergibt. Ferner besteht eine gewisse (sekundäre) Behauptungslast des Prozessgegner, wenn es der klagenden Partei nicht möglich ist, näheren Vortrag zu einer Tatsachen zu gewährleisten, da die Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (BAG, Urteil vom 06. September 2007 - 2 AZR 715/06, Rz. 37 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 170).

bb. Vorliegend ist jedoch die klagende Partei näher am Geschehen, da sie selbst die jeweiligen Umkleide- und Wegezeiten vorgenommen hat. Einzig der Umstand, dass die klagende Partei ggf. in der Vergangenheit nicht für jeden einzelnen Tag den Umkleide- und Wegezeitvorgang gestoppt und aufgezeichnet hat, rechtfertigt an sich keine Beweiserleichterung.

cc. Ferner lässt sich die Anspruchshöhe vorliegend auch nicht nach § 287 Absatz 2 ZPO i.V.m. § 46 Absatz 2 ArbGG schätzen.

(1) § 287 Absatz 1 ZPO erleichtert dem Geschädigten nicht nur die Beweisführung, sondern auch die Darlegungslast. Steht der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach fest und bedarf es lediglich der Ausfüllung zur Höhe, darf die Klage grundsätzlich nicht vollständig abgewiesen werden, sondern der Tatrichter muss im Rahmen des Möglichen die Forderungshöhe nach § 287 ZPO schätzen. Zwar ist es Sache des Anspruchstellers, diejenigen Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die seine Vorstellungen zur Höhe rechtfertigen sollen. Enthält der diesbezügliche Vortrag Lücken oder Unklarheiten, ist es in der Regel jedoch nicht gerechtfertigt, dem jedenfalls in irgendeiner Höhe berechtigten Anspruchsteller jeden Ersatz zu versagen. Der Tatrichter muss vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilen, ob nach § 287 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestanspruchs möglich ist. Eine Schätzung darf erst dann gänzlich unterlassen werden, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1991 - XII ZR 144/90 unter 3.a. der Gründe = NJW-RR 1992, 202, 203). Nach § 287 Absatz 2 ZPO ist die Vorschrift des Absatzes 1 auch bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Eine Aufklärung der zu benötigenden Zeit für die Umkleide- und Wegezeiten ist jedoch grundsätzlich durchaus denkbar. Die für das Umkleiden aufgewandte Mindestzeit ist ein in hohem Maße standardisierter alltäglicher Vorgang, dessen Dauer ohne weiteres gemessen und daher auch belegt werden kann (vgl. Franzen, NZA 2016, 136, 140). Der dargelegte standardisierte Umkleidevorgang dürfte daher auch für die Umkleidezeiten in der Vergangenheit Aussagekraft entfalten können.

b. Dem Beweisangebot zur Einholung eines Sachverständigengutachtens muss mangels schlüssigem Vortrag nicht nachgegangen werden. Die darlegungs- und beweisbelastete klagende Partei hat sich darauf berufen, dass für die Erfüllung der Umkleide- und Wegezeiten 15 Minuten angefallen seien. Hierfür bot der Kläger einen Sachverständigenbeweis an.

aa. Die Einholung eines Sachverständigenbeweises setzt zunächst einen schlüssigen Sachvortrag voraus. Die beweisbelastete Partei muss konkret die Tatsachen benennen, welche der Sachverständige überprüfen soll. Bei der Messung von Umkleide- und Wegezeiten erfordert dies einen konkreten Vortrag, welche konkreten Tätigkeiten von dem Kläger an welchem Ort durchgeführt werden müssen unter Beachtung welcher baulichen Gegebenheiten und Umstände. Dem Sachverständigen muss es möglich sein, anhand des Vortrags des Klägers mittels Stoppuhr eine Messung vorzunehmen und auf diese Weise den Vortrag des Klägers zu verifizieren.

bb. Mittels den vom Kläger gemachten Angaben ist es nicht möglich, einen Sachverständigengutachter mit der Überprüfung des zeitlichen Umfangs für Umkleide- und Wegezeiten zu beauftragen.

(1) Dies gilt zunächst bereits für den trotz Nachfrage im Kammertermin nicht aufklärungsfähigen Umstand, ob der Kläger dem Werk 1 oder dem Werk 2 in E. zuzuordnen ist und welche konkrete Wegstrecke daher vom Kläger durchzuführen ist. Unstrittig war insofern, dass sich die Wegestrecke im Werk 1 und 2 in nicht unerheblichem Umfang unterschieden, sodass der Umstand, in welchem Werk der Kläger seine Wegstrecke zurücklegt, für den von ihm geltend gemachten Anspruch auch erhebliche Relevanz hatte. Sollte der Kläger dem Werk 2 zuzuordnen sein, erfolgte keinerlei Sachvortrag, welche Tätigkeiten in welcher Zeit unter Beachtung welcher baulichen Gegebenheiten vom Kläger zur Erfüllung der Hygienevorschriften absolviert werden muss.

(2) Aber auch im Übrigen und sofern der Kläger dem Werk 1 zuzuordnen wäre, war der Vortrag des Klägers nicht ausreichend substantiiert. Anhand des vom Kläger vorgetragenen Sachverhalts ist nicht ersichtlich, was genau in den vom Kläger vorgebrachten 15 Minuten verrichtet werden müsste bzw. wie sich diese zusammensetzen.

(a) Dies gilt bereits für den Umstand, an welchen Ort die Zeitmessung beginnen müsste. Sollte dies vor dem Ablegen der eigenen Kleidung erfolgen, müsste weiter vorgetragen werden, von welchen Idealvoraussetzungen bei der vom Kläger geltend gemachten Mindestzeit ausgegangen wird. In diesem Sinne wäre näherer Vortrag zu Art und Umfang der Straßenbekleidung erforderlich. Weiter müsste sodann der konkrete Weg unter Berücksichtigung der konkret anzulegenden, vom Arbeitgeber vorgeschriebenen Schutzkleidung dargelegt werden. Bei dem Vortrag des Klägers hingegen bleibt unklar, welche Taschen ausgepackt werden müssen, woher die Badelatschen stammen, die an Position 4 gegen die Arbeitsschuhe getauscht werden müssen, an welcher Stelle der Kläger die Kopfhaube an sich nimmt, die er sodann aufsetzen muss. Ferner bleibt unklar, was genau die sog. Weißkleidung umfasst, welche der Kläger an Position 3 anziehen muss. Allein anhand des vom Kläger eingereichten Wegeplans des Werks 1 in E. und den dazugehörigen Anmerkungen, unabhängig von der Frage, ob diese konkret für den Kläger überhaupt einschlägig sind oder ob er vielmehr im Werk 2 tätig ist, könnte ein Sachverständiger keine Messung der Umkleide- und Wegezeiten durchführen.

c. Der Kläger musste auf seinen diesbezüglichen unsubstantiierten Vortrag auch nicht nochmals ausdrücklich hingewiesen werden. Einerseits bestritt die Beklagte in ihren Schriftsätzen bereits mehrfach den ausreichenden substantiieren Vortrag des Klägers. Anderseits ließ sich auch in der Kammerverhandlung auf explizite Nachfrage, welchem Werk der Kläger zuzuordnen sei, keine Angaben machen. Es wurde vielmehr auf den erfolgten Vortrag verwiesen, sodass keine neuen Tatsachen zu erwarten waren.

II.

1. Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 46 Absatz 2 Satz 1 ArbGG zu tragen.

2. Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Dabei wurde der Nennbetrag der Forderung zugrunde gelegt.

3. Ein Grund zur Zulassung der Berufung gemäß § 64 Absatz 3 ArbGG ist nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien betrifft und die Kammer auch nicht von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht. Auch weicht die Kammer nicht in einem Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtstreits ergangen ist, ab, noch beruht die Entscheidung auf dieser Abweichung.