Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 18.05.2017, Az.: 7 U 168/16

Befugnis eines Architekten zum Abschluss von Verträgen im Namen des Bauherrn; Haftung des Architekten wegen Ausführungsfehlern des Unternehmers

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
18.05.2017
Aktenzeichen
7 U 168/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 14615
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2017:0518.7U168.16.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 02.11.2016 - AZ: 2 O 165/15

Fundstellen

  • BauR 2017, 1422-1423
  • BauR 2018, 139-142
  • BauSV 2017, 71
  • Bauen+ 2017, 48
  • IBR 2017, 443
  • MDR 2017, 1119
  • NJW 2017, 8
  • NJW-RR 2017, 1363-1365 "Mangelbeseitigung"
  • NJW-Spezial 2017, 557
  • NZBau 2017, 724-726
  • ZAP EN-Nr. 470/2017
  • ZAP 2017, 782
  • ZfBR 2019, 35-38

Amtlicher Leitsatz

1. Der Architekt ist nicht bereits kraft seiner Bestellung uneingeschränkt bevollmächtigt, den Auftraggeber beim Abschluss von Verträgen zu vertreten oder rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, die dem Bauherrn erhebliche Verpflichtungen auferlegen.

2. Bei der Abgrenzung zwischen mehreren Schadensverursachern (hier: planender Architekt und bauausführendes Unternehmen) ist zu berücksichtigen, dass Planungsfehler grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des planenden Architekten, Ausführungsfehler hingegen in den Verantwortungsbereich des bauausführenden Unternehmers fallen.

3. Die Überwachungspflicht des bauleitenden Architekten dient regelmäßig nicht dem Schutz des bauausführenden Unternehmens, sondern dem Schutz des Auftraggebers.

4. Der planende Architekt kann sich im Innenverhältnis gegenüber dem Bauherrn nicht zu seiner Entlastung darauf berufen, dass der Bauunternehmer die fehlerhaft geplante Bauleistung nicht fachgerecht ausgeführt hat.

5. Der Bauherr muss sich den Planungsfehler seines Architekten im Verhältnis zum Auftraggeber gem. §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen.

Tenor:

Die Berufung des Streithelfers des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 02.11.2016 - 2 O 165/15 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Streithelfer des Beklagten zu tragen.

Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.007,31 €.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Neueindeckung eines Hauses im Jahr 2012. Die Klägerin ist die Auftragnehmerin, der Beklagte der Auftraggeber und Hauseigentümer, sein Streithelfer der Planer, der auch mit der Vergabe, Bauleitung und Objektbetreuung beauftragt war (Leistungsumfang entsprechend den Leistungsphasen 1 bis 9 gem. §§ 33 HOAI 2009).

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil, mit dem der Klage überwiegend stattgegeben worden ist.

Hiergegen wendet sich der Streithelfer des Beklagten, der mit seiner Berufung die Klageabweisung erreichen möchte.

Der Streithelfer meint, das Werk der Klägerin sei mangelhaft gewesen. Er sei nicht befugt gewesen, Zusatzaufträge zu erteilen, die hier auch nicht geringfügig gewesen wären. Eine Genehmigung des beklagten Auftraggebers habe es auch nicht gegeben. Die streitbefangene Maßnahme sei zudem eine Nachbesserung gewesen, die sowieso kostenlos gewesen sei und die nicht mit einer weiteren Kostenpflicht hätte vergeben werden können. Bei dem sog. "Zusatzauftrag" sei es nur darum gegangen, dass die Klägerin ein funktionstaugliches Werk herstelle.

Er habe auch keinen Planungsfehler zu verantworten. Zwar sei er als planender Architekt Erfüllungsgehilfe des beklagten Bauherrn gegenüber der klagenden Auftragnehmerin. Das gelte aber nicht, wenn die Klägerin den Planungsfehler fahrlässig nicht erkannt oder erkannt habe, ohne Bedenken anzumelden. Die Klägerin hätte erkennen müssen, dass die vorgegebene Ausführung der Dachabdichtung, die nach der Planung des Streithelfers auf der Firsthöhe geendet habe, unzureichend war und die Dachabdichtung zur Vermeidung eines Feuchtigkeitseintritts bis zur Attika hätte hochgeführt werden müssen. Demnach stünde auch kein Mitverschulden des beklagten Bauherrn im Raum aufgrund einer fehlerhaften Planung des Streithelfers, die sich der Beklagte zurechnen lassen müsste.

Die vom Landgericht angesetzte Quote mit 70 % Haftungsanteil zulasten des Beklagten aufgrund des Planungsfehlers des Streithelfers, den sich der Beklagte gem. §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen müsse, sei zu hoch. Die Klägerin hätte die Planung des Streithelfers auf ihre Eignung für die mangelfreie Herstellung des Werks prüfen müssen. Sie sei ein Spezialunternehmen; da müssten höhere Anforderungen an ihre Prüfungspflicht gestellt werden. Sie hätte sich nicht auf die Planung verlassen dürfen. Auch bestimmte planerische Vorgaben entlasteten sie nicht von ihren Prüfungspflichten. Das gelte insbesondere für Dachabdichtungsmaßnahmen. Bedenkenanmeldungen, die evtl. hätten entlasten können, habe es nicht gegeben. Daher müsste die Klägerin mit mindestens 50 % selbst haften, wie es auch das OLG Braunschweig in einem vergleichbaren Fall entschieden habe (8 U 203/10 v. 17.01.2013). Warum vorliegend eine andere Quote als die des OLG Braunschweig in Ansatz gebracht werden sollte, habe das Landgericht nicht dargelegt.

Der vom Landgericht bestellte Sachverständige G. habe zudem einen Planungsfehler nicht plausibel begründet. Bei einem "systemischen Mangel" hätte es überall zu Feuchtigkeitseintritten kommen müssen und nicht "zufallsbedingt" - wie es der Gutachter nach Ansicht des Streithelfers gewertet habe - an einigen Stellen. Es hätte über Jahre hinweg regelmäßig zu Einregnungen kommen müssen, was aber nicht der Fall gewesen sei. Schadensursächliche Planungsfehler habe der Sachverständige nicht festgestellt. Er habe sich das Objekt zudem nicht vor Ort angeschaut; seine Ausführungen seien unzureichend und widersprüchlich. Die Beweisaufnahme sei damit insgesamt nicht abschließend; die Beweiswürdigung mangelhaft. Insgesamt müsse die Klage abgewiesen werden.

Die Klägerin tritt dem entgegen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Es sei von einer stillschweigenden Bevollmächtigung auszugehen, aufgrund derer ausnahmsweise der Streithelfer zur weiteren Auftragserteilung befugt gewesen sei. Bei den Terminen im Zuge der Mangelbeseitigung habe der Streithelfer den Beklagten umfassend vertreten. Das spreche für eine Bevollmächtigung zur Auftragsvergabe, zumindest für eine Duldungsvollmacht oder eine konkludente Bevollmächtigung i.S. einer Rechtsscheinshaftung. Bei dem Ortstermin im Beisein des Sachverständigen B. am 03.04.2013 habe sich herausgestellt, dass die Dachhaut "dicht" gewesen sei; die Leistungen der Klägerin seien ausdrücklich als "mangelfrei" bezeichnet worden. Man habe damals erörtert, wie zu verfahren sei, um weitergehende Schäden zu vermeiden. Im Rahmen der Besprechung sei die Klägerin im Beisein des Beklagten beauftragt worden, noch einmal das Gewerk auszuführen. Der Beklagte habe dem nicht widersprochen. Die Nacharbeiten hätten daher auch keine Mängelbeseitigung dargestellt; es habe sich um geringfügige Zusatzaufträge gehandelt, mit denen die Planungsfehler des Streithelfers hätten beseitigt werden sollen. Es sei nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Klägerin tätig geworden sei, wenn sie doch eine Mangelbeseitigung aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen B. abgelehnt habe.

Die Quote von 30:70 zulasten des (Streithelfers des) Beklagten sei zutreffend. Die Klägerin habe im Übrigen zwar während der Bauphase im Mai/Juni 2012 keine schriftlichen Bedenken angemeldet, jedoch später mit E-Mail vom 03.04.2013 auf ihre Bedenken hingewiesen. Darüber habe sich der Streithelfer ebenfalls hinweggesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2017 (Bl. 525 ff. d.A.) sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die zulässige Berufung hat letztlich keinen Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch gegenüber dem Beklagten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag zu.

1. Der Beklagte hat die Klägerin mit der Durchführung der streitbefangenen Arbeiten beauftragt. Der Streithelfer hat bei der Auftragserteilung für den Beklagten gehandelt und diesen vertraglich verpflichtet.

Dabei kann dahinstehen, ob der Streithelfer tatsächlich über eine ausreichende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht für die Beauftragung der Klägerin mit den weiteren Arbeiten am Dach verfügte (wie sie das Landgericht angenommen hat). Denn in jedem Fall hatte der Beklagte von der Auftragserteilung durch den Streithelfer Kenntnis und hat dies nicht beanstandet. Die Klägerin konnte dies nur dahin verstehen, dass der Beklagte die Auftragserteilung in seinem Namen billigte und der Streithelfer dafür auch bevollmächtigt war, zumindest im Sinn einer sog. "Duldungsvollmacht" (vgl. dazu Rodemann in Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, 2. Aufl. § 6 Rn 20 ff. mwN).

a) Der Architekt ist allerdings nicht bereits kraft seiner Bestellung uneingeschränkt bevollmächtigt, den Auftraggeber beim Abschluss von Verträgen zu vertreten oder rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, die dem Bauherrn erhebliche Verpflichtungen auferlegen (OLG Brandenburg, Urt. v. 08.12.2016 - 12 U 192/15, BauR 2017, 891; vgl. ebenfalls Rodemann in Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, 2. Aufl. § 6 Rn 13 mwN).

aa) Entgegen der Ansicht des Landgerichts war der weitere Auftrag mit einem Kostenvolumen von 8.581,88 € (LGU 4) bzw. 8.739,85 € (Bl. 21 d.A.) im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Ursprungsauftrags von 38.766,57 € (K 11, Bl. 115 d.A.) nicht lediglich geringfügig, so dass der Streithelfer hierfür noch hätte bevollmächtigt sein können. Der BGH hat das zwar in der hier vom Landgericht in Bezug genommenen Entscheidung (BGH, Urt. v. 20.04.1978 - VII ZR 67/77, BauR 1978, 314) bei einem Verhältnis von 512,71 DM zu einer geprüften Schlussrechnungssumme von 18.600,48 DM angenommen (vgl. BGH aaO., juris-Rn. 31 ff., 34); das waren relativ nur etwa 2,7 % Mehrkosten, die im Verhältnis zum Gesamtauftrag kaum ins Gewicht fielen. Der Wert der weiteren Arbeiten im vorliegenden Fall belief sich demgegenüber auf einen hohen vierstelligen Betrag, der im Verhältnis zum Gesamtauftrag über 22 % ausmachte. Eine relative Geringfügigkeit kann da nicht mehr angenommen werden.

Das OLG Celle hat dementsprechend entschieden, Architekten oder Bauleiter seien ohne eine ausdrückliche Vollmacht nicht befugt, für den Auftraggeber zusätzliche Aufträge oder Änderungsaufträge zu vergeben, die zu einer fühlbaren Preiserhöhung führen; sie seien kraft Verkehrssitte nur insoweit bevollmächtigt, als es um kleinere Zusätze oder Änderungen gehe, bei denen es üblich sei, dass Absprachen zwischen Auftragnehmer und bauleitendem Architekten mündlich ohne Mitwirkung des Auftraggebers auf der Baustelle getroffen würden (OLG Celle, Urt. v. 06.12.1995 - 6 U 250/94, OLGR Celle 1996, 171; juris-Rn. 5). Um derartige "kleinere Zusätze" handelte sich bei dem hier in Rede stehenden Auftrag aber - wie dargelegt - nicht.

bb) "Gefahr in Verzug", die ein sofortige Handeln erforderte (dazu Rodemann in Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, 2. Aufl. § 6 Rn 13 mwN), bestand nicht. Die Schadensentwicklung erstreckte sich über einen größeren Zeitraum: Abschluss der Arbeiten am Dach war im Mai 2012; am 22.06.2012 gab es eine Anzeige von Mängeln durch den Streithelfer (Anlage K 2, Bl. 10 d.A.), die sich aber nicht auf Schimmelbefall oder Feuchtigkeitseintritt bezog. Danach geschah erst einmal nichts weiter. Anfang März 2013 wurde dann Schimmel festgestellt. Am 03.04.2013 fand ein Ortstermin mit dem Sachverständigen B. statt. Dass nun ohne weiteres und sofort ein Auftrag erteilt werden musste, um eine Eskalation des Schadens zu vermeiden, ist nicht ersichtlich. Akut drohte keine erhebliche Verschlechterung, auch weil der Winter zu Ende war. Man musste zwar handeln, aber auf ein paar Tage kam es nicht (mehr) an.

b) Der Beklagte hat das ihm bekannte Handeln des Streithelfers bei der Auftragserteilung an die Klägerin geduldet und damit jedenfalls den Anschein einer Bevollmächtigung gesetzt, den er sich mit Wirkung einer vertraglichen Bindung zurechnen lassen muss.

Unstreitig hat der Streithelfer den Auftrag für die weiteren Maßnahmen erteilt; streitig ist, ob er das für den Beklagten tat. Der Beklagte will die Arbeiten als gebotene Ausbesserungen der vorangehenden Leistungen der Klägerin sehen ("bloße Mangelbeseitigung", Bl. 62 d.A.). Ein eigenständiger Auftrag sei nicht erteilt worden. Die Arbeiten bezogen sich jedoch allein auf sein Haus bzw. dessen Dach. Die Leistung der Klägerin lag damit primär im Interesse des Beklagten. Dass die Klägerin eigenmächtig tätig geworden ist, wird von keiner Seite behauptet. Der Beklagte war bei dem Ortstermin am 03.04.2013 anwesend, als die Klägerin durch den Streithelfer beauftragt worden ist. Dass der Beklagte damals - was nahegelegen hätte, wenn er die weiteren Arbeiten nicht gewollt hätte - dem Auftrag widersprochen hat, ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Dementsprechend hat die Klägerin ihre Rechnung vom 19.04.2013 allein an den Beklagten gerichtet (s. Anlage K 7, Bl. 21 d.A.). Der Beklagte hat damit den weiteren Arbeiten zumindest konkludent zugestimmt, weil er ein dichtes Dach wünschte. Da die Klägerin die weiteren Arbeiten nicht kostenlos erbringen musste (zur Haftung im Innenverhältnis mit dem Streithelfer folgend Ziffer 4), bleibt als Auftraggeber allein der Beklagte, der auch der ursprüngliche Auftraggeber der Klägerin war, und der ggf. die weiter angefallenen Kosten gegenüber seinem Planer - dem Streithelfer - geltend zu machen hätte, soweit sie durch einen Planungsfehler veranlasst worden sind.

2. Das war hier der Fall. Denn es handelte sich um zusätzliche Leistungen, die erforderlich waren, um von vornherein in der Planung angelegte Fehler auszugleichen. Der Beklagte kann sich deshalb auch nicht damit entlasten, es habe sich bei den Arbeiten um eine Mangelbeseitigung im Gewerk der Klägerin gehandelt, die keinen eigenen Vergütungsanspruch hätte auslösen können.

Die im Jahr 2013 aufgetretenen Feuchtigkeitseintritte mit Schimmelbildung, die durch die weiteren Arbeiten beseitigt und für die Zukunft unterbunden werden sollten, waren nach den Feststellungen des Sachverständigen G. konstruktionsbedingt (Protokoll v. 01.07.2016, Bl. 354 d.A.). Der Sachverständige hat im Einzelnen dargelegt, warum sich das "latente Risiko" aus dem Verantwortungsbereich des Architekten - also des Streithelfers - verwirklicht hat (aaO., Bl. 355 d.A.). Dabei hat der Sachverständige G. relativ wenig Chancen gesehen, dass der Dachdecker - die Klägerin - das Problem wahrnehmen konnte (Bl. 355 d.A.: "Ich habe aber Zweifel daran, ob er diesen Schwachpunkt hätte erkennen können"). Der eigentliche Schwachpunkt habe in dem Firstpunkt gelegen (Bl. 355 d.A. mit Skizze Bl. 233 d.A. und Foto 2 im schriftlichen Gutachten). Die Abdichtung sei nur einige Zentimeter über den Firstpunkt herübergezogen worden, was zu kurz sei für harte, schneereiche Winter (Bl. 356 d.A.). Die Dachabdichtung hätte bei richtiger Planung und Ausführung bis zur Attika geführt werden müssen (Protokoll v. 05.10.2016, Bl. 399 d.A.). Zu feuchtes Holz sei nicht verbaut worden und als Ursache für die Feuchtigkeitsschäden "völlig ausgeschlossen" (Bl. 355 d.A.).

Der Sachverständige G. hat im Ergebnis klar die überwiegende Verantwortlichkeit des Streithelfers bejaht, den gen. Schwachpunkt zu berücksichtigen, weshalb er Sorge dafür zu tragen hatte, dass die Abdichtung weiter über den Firstpunkt bis nach außen, d.h. bis zur Traufe heruntergezogen wurde (Bl. 356 d.A.). Zudem habe die Klägerin die Arbeiten so ausgeführt, wie sie zuvor von dem Architekten gezeichnet worden sind (Bl. 356 d.A.).

Insbesondere dieser letzte Punkt zeigt, dass dem Streithelfer zunächst ein technischer Planungsfehler in der Konzeption anzulasten ist (vgl. dazu Thierau/Schmidt in Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, 2. Aufl. § 9 Rn. 23 mwN), dann aber auch Fehler im Rahmen der Bauleitung (dazu Thierau/Schmidt in Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, 2. Aufl. § 9 Rn. 45 ff. mwN), indem er eine zu kurze Abdichtung geplant und entsprechend hat ausführen lassen (eine Korrektur der mangelhaften Planung wäre bei der Bauausführung noch möglich gewesen).

Entgegen der Ansicht des Streithelfers hätte es bei dem angenommenen "systemischen Mangel" nicht überall zu Feuchtigkeitseintritten kommen müssen. Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, wo letztlich das Eindringen in den Dachbereich erfolgt ist, sei auch vom Zufall bedingt, weil es um Schnee- und Windeintrieb gehe (Protokoll vom 05.10.2016, Bl. 397 d.A.). Es hätte auch nicht über Jahre hinweg regelmäßig zu Einregnungen kommen können und müssen, weil in den folgenden Wintern keine erheblichen Schneebelastungen aufgetreten seien; zudem habe man die Lüftungsverhältnisse im Dachaufbau zwischenzeitlich geändert (Protokoll v. 05.10.2016, Bl. 399 d.A.). Dagegen habe der Winter 2012/13 - d.h. die Zeit unmittelbar vor dem Schadenseintritt - starken Schneefall aufgewiesen; aufgrund der damals vorherrschenden sehr niedrigen Temperaturen sei der Schnee relativ spät abgetaut und habe als Feuchtigkeit in den Innenbereich des Dachs eindringen können (Protokoll v. 05.10.2016, Bl. 399 d.A.).

Unerheblich ist, dass sich der Sachverständige das Objekt nicht vor Ort angeschaut hat. Er hat dies überzeugend damit erklärt (S. 4 des schriftlichen Gutachtens vom 14.03.2016), bei einem seit langem beseitigten Schadenbild und überarbeiteter Dacheindeckung mache ein Ortstermin keinen Sinn mehr. Es waren überdies hinreichend aussagekräftige Unterlagen zum "Urzustand" des Dachs vorhanden: Das Gutachten wurde anhand der vorliegenden Privatgutachten B. (Bl. 13 ff. d.A.) - vom Streithelfer in Auftrag gegeben - und W. (Bl. 22 ff. d.A.) - von der Haftpflichtversicherung des Streithelfers beauftragt - sowie der von den Parteien überreichten Anlagen und des Akteninhalts insgesamt erstattet.

3. Ob der Beklagte die Leistungen der Klägerin, soweit sie seitens des Streithelfers zunächst ohne Vollmacht des Beklagten in Auftrag gegeben worden sein sollten, genehmigt hat, kann ebenfalls offen bleiben, wenngleich der Umstand, dass der Beklagte es sehenden Auges hingenommen hat, dass die Klägerin tätig wurde und den Auftrag ausführt, für eine solche Genehmigung spräche (in diese Richtung auch OLG Brandenburg, Urt. v. 08.12.2016 - 12 U 192/15, BauR 2017, 891; OLG Naumburg, Urt. v. 30.09.2011 - 12 U 12/11, IBR 2012, 68; OLG Stuttgart, Urt. v. 31.05.2002 - 5 U 98/01, BauR 2004, 1350 - nachgehend BGH, Beschl. v. 27.05.2004 - VII ZR 243/02: "...kann die Berufung des Bauherrn auf die fehlende Vollmacht des Architekten treuwidrig sein, wenn er weiß, dass der Unternehmer im Vertrauen auf den [unwirksamen] Anschlussauftrag seine Leistungen erbringt und er dem nicht widerspricht").

4. Der vom Landgericht angenommene Haftungsanteil des Streithelfers von 70 % am Gesamtschaden, den sich der Beklagte zurechnen lassen muss, ist nicht zu beanstanden.

a) Bei der Abgrenzung zwischen mehreren Schadensverursachern ist zu berücksichtigen, dass Planungsfehler grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des (planenden) Architekten, Ausführungsfehler hingegen in den Verantwortungsbereich des (bauausführenden) Unternehmers fallen. Die Überwachungspflicht des bauleitenden Architekten dient regelmäßig nicht dem Schutz des bauausführenden Unternehmens, sondern dem Schutz des Auftraggebers (vgl. beispielhaft OLG Stuttgart, Urt. v. 19.11.2015 - 2 U 56/15, Nichtzulassungsbeschwerde verworfen durch BGH, Beschl. v. 6.4.2016 - VII ZR 283/15, BauR 2016, 1531). Das rechtfertigt eine Quotierung, bei der der überwiegende Haftungsanteil beim planenden Architekten, also dem Streithelfer zu verbleiben hat. Dementsprechend hat der Sachverständige G. - ohne dass dies den Senat bindet - eine Verantwortung des Streithelfers im Bereich von 80 % angesprochen (Protokoll v. 01.07.2016, Bl. 358 d.A.), auch wenn er sich da letztlich nicht hat festlegen wollen (Protokoll v. 05.10.2016, Bl. 400 d.A.).

Entgegen der Ansicht des Streithelfers lässt sich aus der erwähnten Entscheidung des OLG Braunschweig (Urt. v. 17.01.2013 - 8 U 203/10, BauR 2016, 2107) nichts anderes herleiten. Auch das OLG hat ausgeführt, dass die Haftungsquote von den Umständen des Einzelfalles abhängig ist (juris-Rn. 49). Die Auffassung - unter Bezug auf eine Entscheidung des OLG München (Urt. v. 09.06.2011 - 9 U 502/11, BauR 2011, 1832 ff.) - bei falscher Planungsvorgabe durch den Auftraggeber und unterlassenem Hinweis des Auftragnehmers seien die Mangelbeseitigungskosten grundsätzlich hälftig zu teilen, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer selbst fachkundig oder fachkundig beraten sind und keine Umstände vorliegen, die für eine überwiegende Verantwortlichkeit des einen oder anderen Teils sprächen, besagt für den vorliegenden Fall nichts. Denn in dem vom OLG Braunschweig zu beurteilenden Sachverhalt waren die Pläne (Straßenbau) für den Auftragnehmer erkennbar falsch (OLG Braunschweig aaO., juris-Rn. 50). Das war im vorliegenden Fall gerade nicht so, wie der Sachverständige G. dargelegt hat (Protokoll vom 01.07.2016, Bl. 355 d.A.: "Ich habe aber Zweifel daran, ob er [die Klägerin als Dachdecker] diesen Schwachpunkt hätte erkennen können"), weshalb eine überwiegende Haftung des Streithelfers anzunehmen ist, der als planender und bauüberwachender Architekten im Verhältnis zur Klägerin gleichsam "doppelt" für den Mangel verantwortlich war und zudem mit der fehlerhaften Planung die Grundursache für den Schadenseintritt gelegt hat.

Der Streithelfer, der als planender Architekt für seinen Planungsfehler einzustehen hat, kann sich schließlich im Innenverhältnis gegenüber dem beklagten Bauherrn nicht zu seiner Entlastung darauf berufen, dass die Klägerin seine fehlerhaft geplante Bauleistung obendrein nicht fachgerecht ausgeführt hat (vgl. schon BGH, Urt. v. 04.05.1970 - VII ZR 134/68, VersR 1970, 744; ZfBR 2000, 540).

b) Der Beklagte muss sich als Bauherr den Planungsfehler seines Architekten im Verhältnis zur Klägerin nach §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 23.05.2007 - 13 U 176/02, BauR 2008, 1144, juris-Rn. 80; Werner/Frechen in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 19. Aufl., Rn. 1989), weshalb der Beklagte dem Haftungsanteil des Streithelfers entsprechend zu verurteilen war. Er schuldete als Bauherr der bauausführenden Klägerin mangelfreie Pläne; wie ausgeführt waren die Pläne des Streithelfers nicht mangelfrei, die fehlerhafte Ausführung beruhte wesentlich auf den fehlerhaften Plänen.

5. Die Berechnung des zuerkannten Schadensersatzes (LGU 4) einschl. der anteiligen Zinsen (LGU 7) ist unter diesem Ansatz nicht beanstandenswert.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713, 543 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 EGZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.