Amtsgericht Osnabrück
Beschl. v. 13.04.2011, Az.: 236 Ls (666 Js 30515/10) 670/10

Pflichtverteidiger haben keinen Anspruch auf rückwirkende Erstreckung ihrer Beiordnung auf ein verbundenes Verfahren; Anspruch eines Pflichtverteidigers auf rückwirkende Erstreckung seiner Beiordnung auf ein verbundenes Verfahren

Bibliographie

Gericht
AG Osnabrück
Datum
13.04.2011
Aktenzeichen
236 Ls (666 Js 30515/10) 670/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 18359
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGOSNAB:2011:0413.236LS666JS30515.1.0A

In der Strafsache
...
hat das Amtsgericht - Strafgericht - Osnabrück
durch
den Richter am Amtsgericht
am 13.04.2011
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Verteidigers Herrn Rechtsanwalt F.vom 25.02.2011, seine Bestellung als Pflichtverteidiger auf das Verfahren (Az.: 526 Js 41129/10) gemäß § 48 Abs. 5 S. 3 RVG zu erstrecken, wird als

u n b e g r ü n d e t z u r ü c k g e w i e s e n .

Gründe

1

Der im vorgenannten Schreiben gestellte Antrag auf Erstreckung der Pflichtverteidigerbeiordnung auf das Verfahren 526 J5 41129/10 gern.§ 48 Abs.5 S. 3 RVG ist zurückzuweisen.

2

Durch Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 1.11.2010 wurden die Verfahren 236 Ls 695/10 und 226 Ls 670/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, wobei das Verfahren 226 Ls 670/10 führte, vgl. Bl. 37 Bd. II d.A. Weiter erfolgte nach dem Verbindungsbeschluss die Beiordnung des Rechtsanwalts F. zum Pflichtverteidiger. Da zum Zeitpunkt der Bestellung bereits die beiden Verfahren verbunden waren, ist der Rechtsanwalt somit lediglich in einem Verfahren zum Pflichtverteidiger bestellt worden. Im Beschluss des AG Osnabrück vom 1.11.2010 wurde auch keine Erstreckung i. S. des § 48 Abs. 5 S. 3 RVG vorgenommen. Es kann daher nur die Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung für ein Verfahren aus der Landeskasse erfolgen.

3

Insoweit verweise ich auch auf den Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 24 11 2010 - 15 KL5 6/09. Dort hat das Landgericht Folgendes ausgeführt:

"Die Kammer ist vielmehr der Auffassung, dass sich die in § 48 Abs. 5 Satz 1 RVG geregelte Rückwirkung lediglich auf das nach der Verbindung führende Verfahren beziehen kann und daher die Gebühren nur für das führende Verfahren gegenüber der Staatskasse geltend gemacht werden können.

Ist ein Verteidiger in einzelnen, später verbundenen Verfahren zunächst als Wahlverteidiger tätig und erfolgt seine Bestellung zum Pflichtverteidiger erst nach Verfahrensverbindung, so besteht für seine Tätigkeit in den einzelnen Verfahren bis zur Verbindung jeweils ein gesonderter Gebührenanspruch gegen seinen Mandanten, der nicht der Staatskasse in Rechnung gestellt werden kann (OLG Rostock RVGreport 2009, 304; OLG Celle, Beschluss vom 02.01.2007 -1 Ws 575/06; Landgericht Osnabrück, Beschluss vom 12.06.2008 -2 Qs 55/08-; Landgericht Osnabrück, Beschluss vom 23.10.2008-2 Qs 105/08-).

Aufgrund der Tatsache, dass der Erinnerungsführer erst nach der Verbindung der Verfahren zum. Pflichtverteidiger bestellt worden ist, handelt es sich um eine Beiordnung in lediglich einem Verfahren. Dass für eine Erstreckung des Vergütungsanspruchs auf die vor der Verbindung noch einzelnen Verfahren im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG kein Raum besteht, folgt aus dem Umkehrschluss der Regelung des § 48 Abs.5 Satz 3 RVG. Eine nicht zwingende sondern lediglich in das Ermessen des Gerichts gestellte Erstreckung des Gebührenanspruchs des Pflichtverteidigers gegen die Staatskasse auf verbundene Verfahren sieht das Gesetz ausschließlich für die Konstellation vor, dass ein Rechtsanwalt vor der Verfahrensverbindung bereits in einem Verfahren als Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist. Daraus folgt, dass für die vorliegende Konstellation -die Pflichtverteidigerbestellung erst nach der Verfahrensverbindung- eine Rückwirkung des Gebührenanspruchs auf andere als das führende Verfahren zu verneinen ist. Für eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG auf die vorliegende Konstellation der Pflichtverteidigerbeiordnung nach der Verfahrensverbindung besteht mangels planwidriger Regelungslücke keine Veranlassung Aus der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 1111 2003 (BT-Drucksache 15/1971, Seite 200-201) geht hervor, dass mit§ 48 Abs. 5 Satz 3 RVG klargestellt werden soll, dass sich die Ruckwirkung nicht automatisch auf verbundene Verfahren erstrecke, in denen bisher kein Pflichtverteidiger bestellt gewesen sei Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber selbst für den Fall einer bereits im Vorfeld der Verfahrensverbindung erfolgten Pflichtverteidigerbestellung in einem Verfahren die Gebührenerstreckung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat, folgt, dass für den vorliegenden Fall der Pflichtverteidigerbeiordnung nach Verfahrensverbindung für eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Erstreckung -geschweige denn für eine durch den Erinnerungsführer geltend gemachte zwingende Erstreckung- kein Raum ist."

4

Der Anspruch des Rechtsanwalts F. gegen die Staatskasse ist daher auf die entstandenen Gebühren im führenden Verfahren 226 Ls 670/10 beschränkt und der Antrag auf nachträgliche Erstreckung zurückzuweisen.