Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 19.09.2024, Az.: 1 ORs 13/24
Strafbarkeit wegen der Besetzung und Nutzung einer nicht mehr in Betrieb befindlichen Justizvollzugsanstalt
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 19.09.2024
- Aktenzeichen
- 1 ORs 13/24
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 25021
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2024:0919.1ORS13.24.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Göttingen - 03.11.2023
Rechtsgrundlagen
- § 123 StGB
- § 267 Abs. 5 S. 1 StPO
Amtlicher Leitsatz
Die Außenmauer einer ehemaligen Justizvollzugsanstalt nimmt an dem Schutz des von ihr begrenzten Raumes teil und ist Bestandteil des befriedeten Besitztums
In der Strafsache
gegen
A. B. ,
geboren am 8. Februar 1999 in C.,
wohnhaft ..., D.,
- Verteidiger:
Rechtsanwalt E., ... -
wegen Hausfriedensbruchs
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig in der Sitzung
vom 19. September 2024, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht F.
als Vorsitzender
Richterin am Oberlandesgericht G.
als beisitzende Richterin
Richterin am Landgericht H.
als beisitzende Richterin
Staatsanwalt I.
als Beamter der Generalstaatsanwaltschaft
Rechtsanwalt E.
als Verteidiger des Angeklagten
Justizsekretärin J.
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom 3. November 2023 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Göttingen zurückverwiesen.
Gründe
Die zulässige Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Das Amtsgericht Göttingen hat am 30. Mai 2023 auf Antrag der Staatsanwaltschaft Göttingen gegen den Angeklagten einen Strafbefehl wegen Hausfriedensbruchs erlassen, der dem Angeklagten am 2. Juni 2023 zugestellt wurde und gegen den er mit Schreiben vom 12. Juni 2023, bei Gericht eingegangen am selben Tage, Einspruch eingelegt hat. Das Amtsgericht Göttingen hat den Angeklagten nach der durchgeführten Beweisaufnahme mit Urteil vom 3. November 2023 aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Den amtsgerichtlichen Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass dem Angeklagten mit Strafbefehl vom 30. Mai 2023 zur Last gelegt wurde, in der Zeit vom 3. bis zum 6. Oktober 2022 gemeinsam mit weiteren Mittäterinnen und Mittätern die ehemalige Justizvollzugsanstalt in der Oberen-Masch-Str. 9 in Göttingen besetzt zu haben. Obgleich ihm die Oberbürgermeisterin der Stadt Göttingen K. am 4. Oktober 2022 ein Ultimatum bis zum 6. Oktober 2022 um 10:00 Uhr gesetzt habe, habe der Angeklagte das Gebäude nicht verlassen. Dieses sei sodann am 6. Oktober 2022 um 15:49 Uhr durch Einsatzkräfte der Polizei geräumt worden. Der Angeklagte habe kurz vor oder nach Beginn der Räumung das Gebäude verlassen und sei über eine im Innenhof aufgestellte Leiter auf die Außenmauer der Justizvollzugsanstalt gestiegen, auf der er in der Folgezeit Platz genommen habe.
Diese Tat sei nach Ansicht des Amtsgerichts nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachzuweisen und der festgestellte Sachverhalt erfülle auch keinen Straftatbestand. Das Amtsgericht erachtete nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den folgenden Sachverhalt für erwiesen:
"In der Zeit ab dem 03.10.2022 besetzte eine Personengruppe unbekannter Größe die ehemalige Justizvollzugsanstalt in der Oberen-Masch-Str. 9 in Göttingen. Die Oberbürgermeisterin der Stadt Göttingen K. setzte dieser Gruppe am 04.10.2022 das Ultimatum bis zum 06.10.2022 um 10:00 Uhr das Gebäude verlassen zu haben. Sollten dann noch weiterhin Personen im Gebäude sein, würden Strafanträge gestellt werden und die zwangsweise Räumung der JVA eingeleitet. Zumindest ab kurz vor 10 Uhr am Morgen des 06.10.2022 saß der Angeklagte gemeinsam mit vier weiteren Personen auf der über drei Meter hohen Außenmauer der ehemaligen JVA. Dabei lagen zusätzlich Taschen und andere persönliche Gegenstände neben bzw. zwischen den auf der Mauer sitzenden Personen. Es war nicht festzustellen, dass ab diesem Zeitpunkt noch Körperteile der auf der Mauer sitzenden Personen in den von der Mauer umgrenzten Bereich der ehemaligen JVA hereinreichten. Um 10 Uhr am 06.10.2022 verlängerte der Stadtbaurat der Stadt Göttingen das Ultimatum bis 12 Uhr. Im Laufe des Tages standen die Personen auf der Mauer unter anderem in Kontakt mit den polizeilichen Einsatzkräften, der Politikerin der Grünen L. M. und dem Rechtsanwalt N. O.. Es wurde im Laufe dieses Tages immer wieder thematisiert, wie und unter welchen Umständen der Angeklagte und die weiteren vier Personen die Mauer in Richtung Obere-Masch-Straße verlassen können. In diesen Gesprächen ging es zum Einen um die Sicherheit der auf der Mauer Sitzenden und zum anderen um die Frage, ob ihre Personalien aufgenommen werden müssen bzw. wie für die Seite der Polizei sichergestellt werden kann, dass die Personalien der fünf Personen sicher festgestellt werden können. Um ca. 21 Uhr verließen der Angeklagte sowie die weiteren vier Personen mit Hilfe einer männlichen Person über eine Leiter die Mauer. Ein Vorsatz zum Verweilen innerhalb der JVA war ab 10 Uhr beim Angeklagten nicht mehr vorhanden, ein Verlassen der Mauer auf der Außenseite des Gebäudes ohne Hilfe nicht ohne erhebliche Verletzungsgefahr möglich."
Gegen den Freispruch wendet sich die Staatsanwaltschaft Göttingen mit ihrem am 6. November 2023 eingelegten Rechtsmittel, welches sie nach Urteilszustellung am 7. Dezember 2023 mit am 21. Dezember 2023 beim Amtsgericht eingegangenem Schreiben vom 18. Dezember 2023 als Revision bezeichnet und zugleich mit der Sachrüge begründet hat.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten. Sie beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom 3. November 2023 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Göttingen zurückzuverweisen.
Der Verteidiger beantragt,
die Revision als unbegründet zu verwerfen.
Er ist der Auffassung, dass dem Angeklagten nicht nachzuweisen sei, dass er sich nicht nur auf der Mauer, sondern auch innerhalb des Geländes der ehemaligen Justizvollzugsanstalt aufgehalten habe, und dem von der Stadt Göttingen gestellten Ultimatum ein tatbestandsausschließendes Einverständnis zu entnehmen sei.
II.
Die gemäß § 335 StPO statthafte Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 341 Abs. 1, 344, 345 Abs. 1 StPO).
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt auf die Sachrüge zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Wird der Angeklagte freigesprochen, bestimmt § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO, dass die Urteilsgründe ergeben müssen, ob er für nicht überführt (Freispruch aus tatsächlichen Gründen) oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet wird (Freispruch aus rechtlichen Gründen). Dazu bedarf es neben einer Darstellung des Anklagevorwurfs einer Darlegung des festgestellten Sachverhalts mittels einer geschlossenen Darstellung derjenigen Tatsachen zum objektiven und subjektiven Sachverhalt, die das Gericht für erwiesen hält. Erst auf dieser Grundlage ist (bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen) in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können. Denn nur hierdurch wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (st. Rspr., zuletzt BGH, Urteile vom 14. April 2021, 5 StR 102/20, und vom 26. Januar 2022, 6 StR 395/21, jeweils juris, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 267 Rn. 33, 33a, jeweils m. w. N.).
Dabei muss es das Revisionsgericht grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an der Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (vgl. schon BGH, Urteil vom 7. Oktober 1966, 1 StR 305/66, juris, Rn. 20). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979, 4 StR 441/78, juris, Rn. 8). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft, in sich widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit übertriebene Anforderungen gestellt hat (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 10. November 2021, 5 StR 127/21, juris, Rn. 11). Schließlich kann ein Rechtsfehler auch darin liegen, dass das Tatgericht nach den Feststellungen nicht naheliegende Schlussfolgerungen gezogen hat, ohne tragfähige Gründe anzuführen, die dieses Ergebnis stützen können. Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten eines Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind (st. Rechtsprechung, vgl. nur, BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010, 4 StR 285/10, juris, Rn. 7).
Gemessen hieran weist das Urteil mehrere Rechtsfehler auf.
1.
Der Senat teilt bereits die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, wonach die Mauer nicht dem Schutzbereich des § 123 StGB unterfällt, nicht.
Es handelt sich bei der Mauer der alten JVA nicht lediglich um die Begrenzung, die die darin befindliche Fläche zum befriedeten Besitztum macht, sondern um einen Gebäudebestandteil, der zur Zeit der aktiven Nutzung die Flucht von Häftlingen verhindern sollte. Die ehemalige Justizvollzugsanstalt verfügt - jedenfalls nach Kenntnis des Senats - nicht über eine offene Fläche, die nur durch eine Mauer begrenzt und gegen den Zutritt von Personen abgeschirmt wird. Die ehemalige Justizvollzugsanstalt ist vielmehr ein - gleichsam durch sich selbst erkennbar begrenztes - Gebäude. Auch Dächer und andere Umgrenzungen, wie Außenwände und -türen nehmen an dem Schutz des von ihnen begrenzten Raumes teil (vgl. zu dem Dach einer Mehrzweckhalle: OLG Stuttgart, Urteil vom 16. Februar 2024, 1 ORs 25 Ss 1/23; zu Wohnungen i. S. d. § 123 StGB: Stein in: SK-StGB 144. Auflage 2014 § 123 Rn. 10). Bei der Mauer der ehemaligen Justizvollzugsanstalt ist das nicht anders zu beurteilen. Gründe, wegen des Leerstandes und des damit verbundenen Wegfalls der ursprünglichen Funktion des Gebäudes als Gefängnis andere Maßstäbe anzusetzen, bestehen nicht (vgl. Rackow in: BeckOK StGB, 61. Edition 1. Mai 2024, StGB, § 123 Rn. 9 m. w. N.; Stein in: SK-StGB, 144. Auflage, § 123 Rn. 9, 11, 24, 30). Die konkrete bauliche Gestaltung darf der Senat auch berücksichtigen (vgl. zum Lückenschluss durch offenkundige Tatsachen: BGH, Beschluss vom 11. November 2014, 3 StR 451/14, juris, Rn. 4; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 337 Rn. 25). Denn sie ist dem Senat zum einen selbst bekannt und ergibt sich zum anderen aus der Medienberichterstattung über die konkrete Tat.
Hinzu kommt die Höhe der Mauer, die besonders deutlich macht, dass jedenfalls der Bereich auf der Mauer befriedet ist. Auch wenn die amtsgerichtliche Feststellung, die Mauer habe eine Höhe von drei Metern, nicht belegt ist (vgl. hierzu auch Ziff. 3), lässt sich dem Urteil mit ausreichender Gewissheit entnehmen, dass die Mauer durch den Angeklagten mittels einer Leiter verlassen wurde. Diese Feststellung erlaubt den Schluss, dass die Mauer über eine so beträchtliche Höhe verfügt, dass der Hausrechtsinhaber wegen der damit verbundenen Verletzungsgefahr und möglicher Haftungsrisiken ein besonderes Interesse an der Beachtung des Hausrechts hat.
2.
Weiterhin ist aus Sicht des Senats die Annahme des Amtsgerichts, das Ultimatum sei ein tatbestandsausschließendes Einverständnis, nicht tragbar. Den Urteilsgründen sind keine Feststellungen zu entnehmen, aus denen geschlossen werden könnte, dass die Oberbürgermeisterin K. oder später der Stadtbaurat mit dem Ultimatum zugleich ihr Einverständnis mit dem Verbleib des Angeklagten im Gebäude - für den Fall, dass er sich hier bereits aufhielt, als das Ultimatum gestellt wurde - oder gar mit einem späteren Betreten desselben - wenn er noch nicht vor Ort gewesen sein sollte - erklären wollte. Aus den Urteilsgründen ergibt sich im Gegenteil nur, dass den auf dem Gelände der alten Justizvollzugsanstalt befindlichen Personen zugesichert wurde, dass die Stadt keine Strafanträge stellen werde, wenn sie das Gebäude bis zum Ablauf der gesetzten Frist räumen, und erst nach Ablauf des Ultimatums mit der zwangsweisen Räumung begonnen werde. Bei einem Strafantrag handelt es sich um eine reine Prozessvoraussetzung, die von der Frage, ob der Straftatbestand erfüllt ist, zu trennen ist. Es obliegt nicht der Stadt als Hausrechtsinhaberin darüber zu entscheiden, ob ein Straftatbestand verwirklicht wurde, sondern nur darüber, ob die begangene Straftat verfolgt werden soll. Der bloße Verzicht auf eine zwangsweise Räumung kann mitnichten als Einladung zum Verweilen verstanden werden.
3.
Der Straftatbestand des widerrechtlichen Eindringens gemäß § 123 Abs.1 Var. 1 StGB ist damit auch auf der Basis der Feststellungen des Amtsgerichts einschlägig. Soweit das Amtsgericht eine Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruchs in der Alternative des Verweilens ohne Befugnis gem. § 123 Abs. 1 Var. 2. StGB abgelehnt hat, hat es zudem unvollständige Feststellungen getroffen, indem es ausgeführt hat, ein Vorsatz zum Verweilen habe ab 10:00 Uhr nicht mehr bestanden, weil ein Verlassen der Mauer auf der Außenseite nicht ohne erhebliche Verletzungen möglich gewesen wäre. Dies ist nicht ausreichend belegt. Wie bereits dargelegt, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, weshalb das Amtsgericht davon ausgeht, dass die Mauer über drei Meter hoch ist. Auch der Umstand, dass die auf der Mauer befindlichen Personen den Einsatzkräften mitgeteilt haben sollen, sie benötigten Hilfsmittel, genügt nicht, um darauf schließen zu können, dass ein Verlassen der Mauer nicht gefahrlos möglich gewesen sei, da es sich hierbei zunächst nur um einen subjektiven Eindruck einer oder mehrerer Personen auf der Mauer handelte, jedoch bereits offenbleibt, ob der Angeklagte diese Ansicht teilte. Zudem hätte es dem Amtsgericht oblegen, zu würdigen, ob es diese Mitteilung, beispielsweise aufgrund der baulichen Begebenheiten, der Größe und sportlichen Befähigung des Angeklagten für glaubhaft erachtet. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Urteil nicht, wann diese Mitteilung erfolgt ist, weshalb sie jedenfalls nicht belegen kann, dass der Angeklagte bereits um 10:00 Uhr die Mauer verlassen wollte, ihm dies aber nicht möglich war.
Sofern der Angeklagte hingegen auf der Mauer verblieben sein sollte, um die Feststellung seiner Personalien zu verhindern, wäre das Verweilen durchaus vorwerfbar. Gleiches gilt, falls der Angeklagte bei seinem Aufstieg auf die Mauer bewusst einen Weg wählte, der ein eigenständiges Verlassen des Geländes unmöglich machte, weshalb dieser Umstand zu erörtern gewesen wäre.
4.
Auch die Beweiswürdigung im Übrigen ist lückenhaft und damit rechtsfehlerbehaftet.
Die Feststellung, der Angeklagte habe sich ab kurz vor 10:00 Uhr bis 21:00 Uhr auf der Mauer befunden, ist nicht ausreichend belegt. Als einziges Indiz für diese Annahme lässt sich dem Urteil entnehmen, der Zeuge P. habe angegeben, dass sich bereits vor 10:00 Uhr Personen auf der Mauer befunden hätten, wobei jedoch offenbleibt, ob der Angeklagte eine dieser Personen war, wie lange diese anschließend auf der Mauer saßen und insbesondere, ob dies durchgängig bis 21:00 Uhr der Fall war. Vor dem Hintergrund, dass die Besetzung nach den Urteilsfeststellungen durch eine Gruppe unbekannter Größe erfolgte, wären Ausführungen dazu erforderlich gewesen, ob sich noch weitere Personen im Laufe des Tages auf der Mauer befanden und über diese das Grundstück verließen. Den Urteilsausführungen lässt sich auch nicht entnehmen, ob der Angeklagte auf dem in Augenschein genommenen Video als eine der auf der Mauer sitzenden Personen erkennbar ist.
Da das Urteil nicht erkennen lässt, ob die Zeugin Q. ausgesagt hat, dass ausschließlich am späten Nachmittag Personen auf die Mauer geklettert seien und ob sie überhaupt etwas zu dem Zeitraum davor sagen und insofern Beobachtungen machen konnte, ist der im Urteil dargestellte Widerspruch zu den Angaben des Zeugen P. nicht nachvollziehbar. Der Senat vermisst zudem eine Würdigung der Angaben des Zeugen P., die das Amtsgericht offenbar ungeprüft seinen Feststellungen zugrunde gelegt hat. Es fehlt auch an einer Darstellung der in Bezug genommenen Protokollinhalte. Ein Verweis auf Urkundeninhalte ist nicht möglich und macht diese nicht zu Urteilsbestandteilen. Hinsichtlich des in Bezug genommenen Videos, dessen Inhalte ungeprüft der Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden, fehlen Darstellungen zur Herkunft des Videos, seiner Länge und des sichtbaren Bildausschnitts.
Ebenso wenig ist nachvollziehbar, weshalb das Amtsgericht dem Zeugen R. keinen Glauben geschenkt hat. Die Ausführungen, die Angaben des Zeugen seien "nicht mehr ausreichend, um festzustellen, dass sich der Angeklagte nach zehn Uhr" innerhalb des Gebäudes aufgehalten habe, da sich aus den übrigen Aussagen Widersprüche ergeben hätten, ist fehlerbehaftet und lässt besorgen, das Amtsgericht sei davon ausgegangen, es bedürfe einer Mehrheit von Zeugen, die einen bestimmten Sachverhalt schildern, um sich eine Überzeugung zu bilden.
Zudem hat das Amtsgericht bei der Würdigung der Zeugenaussagen den Zweifelssatz unzutreffend angewandt, was besorgen lässt, dass es verkannt hat, dass es sich hierbei um keine Beweis-, sondern um eine Entscheidungsregel handelt. Das hatte zur Folge, dass die ihm obliegende Glaubhaftigkeitsbeurteilung der Zeugenaussagen (größtenteils) unterblieben ist.
Da es eher lebensfremd erscheint, dass der Angeklagte, sofern er bereits ab kurz vor 10:00 Uhr auf der Mauer gesessen hätte, dort noch 11 Stunden verblieben sein sollte, obwohl nach den Urteilsfeststellungen offenbar von ihm oder einer der weiteren dort befindlichen Personen eine Leiter organisiert werden konnte, gebot der Zweifelssatz auch nicht die Unterstellung eines solchen Geschehensablaufs, für den keine Anhaltspunkte bestanden und der von dem Angeklagten nicht einmal behauptet wurde.
III.
Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler ist das Urteil gemäß § 353 Abs. 1 StPO mitsamt den zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Göttingen zurückzuverweisen.
Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen waren schon deshalb aufzuheben, weil sie sich teilweise als belastend für den Angeklagten erweisen und er das Urteil nicht anfechten konnte (BGH, Urteil vom 21. Januar 2010, 4 StR 518/09, BeckRS 2017, 108442, Rn. 7).
IV.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens - einschließlich der dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen - war der zur erneuten Entscheidung berufenen anderen Abteilung des Amtsgerichts Göttingen vorzubehalten, weil der endgültige Erfolg des Rechtsmittels derzeit nicht absehbar ist.